Ludwig von Vincke - Reise nach Brandenburg
Abschrift des in Briefform verfassten Reiseberichts aus dem Jahre 1798 von Ludwig von Vincke.
Autor: Frank Müller, 2023
Quelle[1] der Handschrift von Ludwig von Vincke
Kurzfassung
Reisetagebuch in Briefform an die Eltern und die weitere Familie über eine Dienstreise von Berlin nach Linum (Torfstich im Rhinluch, Rhinschleuse), Fehrbellin, Neustadt (Spiegelfabrik, Königliche Gestüte), durch die Prignitz nach Havelberg (u. a. bei Minister Voß), Wilsnack (Heiligblut-Wallfahrtsbräuche), Perleberg, Eldenburg (Aufenthalt in der Familie des Oberamtmanns Meyer); Beschreibung der Landschaft, der wirtschaftlichen Lage, der Land- und Forstwirtschaft, der Verwaltungsstrukturen u. a., 9.4.1798-15.4.1798; anliegend Notizzettel mit Wissenswertem zur Reise, Reisekosten; [Text vom Landesarchiv NRW]
Liste der erwähnten Orte
Linum, Tegel, Spandau, Heiligensee, Neubrück, Henningsdorf, Bötzow, Flatow, Amt Königshorst, Ruppiner See, Berlin, Fehrbellin, Neustadt an der Dosse, Walchow, Protzin [Protzen], Manker, Garz, Barsikow, Bückwitz, Campehl [Kampehl], Seegletz [Segeletz], Dreetz, Köritz, Priegnitz [Prignitz], Landgestüt Lindenau, Havelberg, Gut Neuendorf, Stüdenitz, Eldenburg, Wilsnack [Bad Wilsnack], Halle, Perleberg, Wittenberge, Minden, Herford, Verbitz [Ferbitz], Lenzen, Seehausen, Seedorf, Sterbitz, Rudow
Liste der erwähnten Personen
Lisette, Borsche [wahrscheinlich Samuel Gottfried Borsche (1767–1821)], Kriegsrat Wilckens, Koenen / Könen [wahrscheinlich Johann von Könen (1727–1805)], Familie Lenthe, Herr Humboldt, Mühlenbeck, Graf von Blumenthal, Prediger Hensel, Oberamtmann Fromm, König Friedrich II, Amtmann Hanisch, Geheimer Oberbaurat Riedel, Condukteur Clemen, Kaupesrat Siebecke, Herr von Kriegsheim, König Friedrich Wilhelm I, Feldmarschall Möllendorf, Dom-Rentmeister Balckow, Minister Voß, Bürgermeister Kribbenstapel, Herr Saldern, Fräulein von Borstel [wahrscheinlich von Borstell], Lottchen, Oberamtmann Meyer, Ernst [wahrscheinlich Ernst Idel Jobst Victor von Vincke (1768–1845)], Kaufmann Schulze, Amtmann Baath, Prediger in Seedorf [wahrscheinlich Friedrich Christoph Wolterstorff]
Hinweise
Alle vom Autor der Abschrift Frank Müller vorgenommenen Ergänzungen und Korrekturen sind in eckige Klammern gefasst. Worttrennungen wurden entfernt, um die Volltextsuche zu verbessern.
Abschrift
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Linum d[en] 9ten April 1798.
Ich eile, die Augenblicke der Muße, welche sich nur am Abend des ersten Reisetages darbieten[?], sogleich zur schriftlichen Bemerkung der Ereignisse desselben zu benutzen, um diese meinen besten Eltern u[nd] Geschwistern und Niecen [Streichung] vollständigens mittheilen zu können, als es nach Verlauf einiger Tage möglich seyn würde – Nachdem ich dich liebste Lisette und Sie bester Herr Schwager heute Morgen verlassen hatte, brachte ich noch in der Eile allerlei kleine Geschäfte in Ordnung, nahm von meinem lieben Borsche Abschied, dem ich noch einen ganzen Zettel voll Bestellungen hinterließ, und ging um 3/4 9. vom Krieges[-]Rath Wilckens begleitet zu Könen, voll Furcht, daß ich doch zu spät gekommen seyn möchte. Dieser war indeßen auch noch nicht fertig – wir fuhren erst um 1/2 10 Uhr ab – zum Oranienburger Thore hinaus, vor welchem die neue Reihe hübscher Häuser und geräumiger Gärten einen so erfreulichen Anblick fortschreitender Kultur gewährt, welche bald den öden Flugsand in fruchtbare Gärten verwandeln wird, und für den nachher so traurigen einförmigen Weg, durch die vom Raupenfraß, Windbruch u[nd] Diebstahl entblößte Kirchenheide bis Tegel einigermaßen entschädigt. Hier brachte ich vor 2 1/2 Jahren einen sehr angenehmen Nachmittag mit der Lenthenschen Familie zu; das Dorf ist klein, das darum liegende Gut der H[er]rn Humboldt gewinnt durch die schöne Lage an einem weiten See [gestrichen: welcher] im deßen Mitte einige kleine Werder [gestrichen: u] im Hintergrunde die Thürme von Spandau zur Seite das Dorf Heiligensee liegt, inniges Intereße, die Versuche von Anlagen im englischen Geschmack sind in dem unfruchtbaren Sande verunglückt, und eine gewiße[?] Anza[h]l von Maulbeerbäumen wird noch mit vielen Kosten unterhalten, davon das Gut ein ehemaliges Vorwerk des Brets[?] Mühlenbeck, als es in Erbpacht gegeben wurde, auf einer
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Fläche von 2 1/2 Wisp[e]l Aussaat anfänglich 100,000 M[ar]k unterhalten sollte, die indessen allmählich bis auf 2000. ermäßigt worden sind. Heute hielten wir uns nicht auf u[nd] fuhren nachdem wir die Pferde gewechselt hatten weiter durch die hier besser bestandene Forst, bei Neubrück [bei Hennigsdorf] über die Havel, welche mit ihren ganz ausgetretenen Gewässer eine große Wiesenfläche bedeckte, aus welcher noch hier und da eine Heudirne[?] hinverwagte[?] die in dem gelinder[?] Vieler[?] nicht hatten weggeführt werden können, durch das Dorf Henningsdorf, durch die wohlbestandenen Botzowische [Bötzowische] Forste, nach Bötzow. In diesem sehr großen Dorfe, deßen Bewohner ungeachtet ihres ziemlich guten Bakers [Bäckers] u[nd] gutem hinlänglichen Wiesenwachses sich in traurigen Umständen befinden, weil die Nähe von Berlin sie zu liederlichen Wirthen gemacht hat, befindet sich ein ziemlich unbedeutendes königl[iches] Amt, womit auch die Besorgung der Poststation verbunden ist. Wir kehrten im Kruge ein, nachdem wir vorher dem Gefechte zweier Stiere beigewohnt hatten, um welche sich das ganze Dorf versamlet hatte, um dem Sieger nachher die Führung der Dorfheerde, welche Morgen auf die kahle Weide ausgetrieben werden sollte, zur Vermeidung künftiger Streitigkeiten und Unordnungen bei mehreren Herrschern, zu übertragen. Gleich hinter Bötzow kamen wir in den Kremer [Krämer], einem schönen großen Holze welches noch einen großen Schatz von Eichenbauholz enthält u[nd] großtentheils königl[icher] Forst ist; wir fuhren darin [gestrichen: x] 2 Meilen ununterbrochen fort bis sich uns vor dem Dorfe Flatow die schöne weite Aussicht auf die große Niederung eröf[f]nete welche sich von Cremmen bis Rathenow, vom Ruppiner Kanal bis zur Havel erstre[c]kt, und die unerschöpfliche Fundgrube von Torf enthält, welcher für jetzt nur in Linum u[nd] an einigen andern Punkten gestochen wird. Flatow ist ein großes wohlhabendes Dorf worin sich ein Gut des Grafen von Blumenthal befindet. Wir hatten noch 1 Meile von hier bis Linum auf welcher wir eine lange Sanderhöhung
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durchschnitten welche dieses Luch, von dem andern sogenannten Havelländischen Luche in dessen Mitte sich das Amt Königshorst befindet, abschneidet. Gegen 6 Uhr waren wir in Linum, tranken erst noch Kaffee beim Prediger Hensel einem Schulfreunde von Könen, u[nd] gingen dann zum Ober[-]Amtmann Fromm, welcher uns die Nacht beherberget. Dieser hat das Amt Fehrbellin in Pacht, bewohnt aber das hiesige zu demselben gehörende u[nd] beträchtlichste Amtsvorwerk. Fehrbellin Dienstags d[en] 10t[en] April Heute Morgen um 9 Uhr fuhren wir von Linum aus. Könen mußte sich von der Lokalität des Torfstichs u[nd] des Rhinlaufs unterrichten, da er kürzlich bei der Kommission angestellt worden ist welcher die Niederlegung des Rhins, zum Behuf der bessern Betreibung u[nd] Abziehung des Wassers aus dem Torfstiche, aufgetragen worden ist. Wir fuhren den über eine Stunde langen Birkhahn[-]Damm entlang bis an den Rhin, Friedrich der 2te ließ durch diesen Damm das damals noch ganz unzugängliche Luch durchschneiden, um auf die Birkhühner[-]Jagd gehen zu können. Am Rhin bestiegen wir einen Kahn u[nd] fuhren auf diesem wieder bis zu der großen Rhinschleuse, bei welcher der Rhin aus dem Ruppiner See ausfließt, welche in diesem unhaltbaren sumpfigen Boden ein wahres Meisterstück in ihrer Art ist, aber auch eine Summe von 215000 rt [Reichstaler] kostete, u[nd] jetzt da man den ersten Plan zur Veränderung des Rhins verlassen hat, ganz unnütz ist – Von hier fuhren wir nach dem Torfstiche zurück, der heute wieder angefangen hatte – vier Arbeiter werden immer zusammen in Arbeit gesetzt – das heißt ein Pflug – u[nd] ihnen zum Tagewerk ein Distrikt von 85 Fuß lang, 5' breit zugemessen, welchen sie 4 Fuß 2 Zoll tief ausstechen müssen – jeder Torf ist 1' 2" l[an]g 4" [gestrichen: dick] breit 5" hoch, trocknet aber beträchtlich ein u[nd] je kleiner er wird, desto besser ist er.
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Von den 4 Arbeitern räumt der erste die Oberfläche des Bodens bis auf den Torf, etwa 1 Fuß hoch ab – ein andrer sticht darauf mit einem Grabscheit die Törfe nach dem Augenmaße ab – der dritte hebt diesen darauf mit einer Schaufel aus u[nd] legt sie auf den Bord – von welche sie der vierte mit einer Harke aufgreift u[nd] im Haufen zusammen[gestrichen: ge]setzt – Für ein Tagewerk erhalten diese 4 Arbeiter 1 rt [Reichstaler] 11 g [Groschen] im Verding – gewöhnlich fangen sie im Sommer um 3 Uhr Morgens an u[nd] könn[en] dann, wenn sie recht fleißig sind, schon früh Nachmittags ihre 9 gg [Groschen] verdient haben. Die Törfe werden nachher noch einmahl umgesetzt u[nd] dann wenn sie völlig ausgetrocknet sind, verkauft an die Einwohner der Orte wo Torf gegraben wird. Das 1000 zu 10 g [Groschen], an andre bei Landdebit zu 14 g [Groschen], und nach Berlin zum Wasserdebit für 19 g [Groschen] verkauft – 6000 St[üc]k sind nach dem darüber angestellten Versuchen 1 Haufen Kiefern[-]Holz in der Feuerung gleich, soviel werden daher auch gerechnet u[nd] unter 1 Haufen Torf immer 6000 St[üc]k verstanden. Diesen beza[h]lt die Brennholzadministration hier zur Stelle mit 5 rt [Reichstaler] 4 g [Groschen]; die Fracht bis Berlin kostet noch vom Haufen 3 rt [Reichstaler] 4 g [Groschen] u[nd] geschiehet zu Wasser auf Kähnen auf welche der Torf unmittelbar [gestrichen: ???] von den Torfmiethen eingeladen wird. Mann bedient sich beim Verkaufen eines Korbes, welcher 25 Törfe faßt, gibt aber wegen des Zerbröckelns u[nd] Zerfallens auf 10 Körben, noch 1. Korb zu – Im vergangenen Jahre sind 42 Mill[ionen] Törfe gestoch[en], nach Berlin 5500 Haufen verkauft, dadurch über 500 Menschen beschäftigt u[nd] über Linum an 20,000 rt [Reichstaler] in Umlauf gebracht worden – Heute Mittag aßen wir beim O. A. [Oberamtsmann] Fromm u[nd] besuchten dann mit dem Ob[er] Torf[-]Inspekt[or] Sieke, welcher auch den Auftrag erhalten die westfälischen Torfgräbereie[n] in diesem Sommer zu bereisen, einen anderen Districkt des Linumschen Luches um die Abzugsgraben des Wassers aus dem Torfstiche in Augenschein zu nehmen – die Unterthan[en] werd[en] für das Land welches sie zum Torfstiche abtret[en] mit 1 rt [Reichstaler] 8 g [Groschen] jährl[ich] pro Morg[en], bis e ihne[n] nach 6 Jahren ausgetorft u[nd] wieder planiert zurückgegebe[n] wird entschädigt – Um 8 Uhr langten wir hier an wo wir in der Apotheke ziemlich gutes Unterkomm[en] gefunden haben.
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Fehrbellin den 11ten April 1798. Den heutigen Tag haben wir beinahe gänzlich im Freien zugebracht – wir sind die ganze Gegend fleißig durchwandert, um uns von der wichtigen [???] der Niederlegung des Rhins zur besseren Benutzung der Torfstiche, vollständig zu unterrichten. Soweit ich die Sache zu beurtheilen vermag, verdient dieselbe allen Beifall, ungeachtet des von so vielen Seiten dagegen erhobenen Geschreies, obgleich freilich die Commission welche dieses ausführte besser gethan haben würde, sich vorher ehe sie zum Werke selbst schritt mit allen Interessenten u[nd] Eigenthümern des Grund und Bodens auseinanderzusetzen, welches jetzt nachdem die Sache ausgeführt worden ist, ohne diese vorher abzufinden, viele Weitläufligkeiten u[nd] un[n]ütze Kosten macht – aber leider bei den meisten Unternehmungen der Art wird bei uns hiergegen gar sehr gesündigt – Um die Interessenten, deren unmittelbar am Rhin belegenen Wiesen u[nd] Weiden durch die Senkung des Flusses verloren, hierfür zu entschädigen, ist ein Bewässerungsgraben 16 Fuß breit 4 Fuß tief, ätwas [etwas] über 2000 Ruthen (1 Meile) lang, mit 7 Stauarchen angelegt worden, welcher sein Wasser oberhalb Fehrbellin aus dem Rhin empfängt u[nd] sich unterhalb Lenzke [Lentzke] wieder mit demselben vereinigt – hierdurch werden die Wiesen u[nd] Weiden zwischen diesem Graben u[nd] dem Rhin bis Maitag bewässert u[nd] [gestrichen: diese] der Zweck wirklich
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auf das allervollkommenste erreicht – Auch die sehr beträchtliche königl[iche] Mühle bei Lenzke [Lentzke] hat nüdrigens gelegt u[nd] deshalb ganz neu gebauet werden müssen, welches viele Streitigkeiten mit der Kammer gemacht hat, die hier überhaupt so häufig vorfallen, daß es vom allerbestem seyn würde wenn die Torfadministrazion das ganze Amt in Erbpacht nähme. Bei der Lenzker [Lentzker] Mühle befindet sich zugleich ein jedoch nur unbedeutendes Amtsvorwerk, welches jetzt in der Art benutzt wird, daß der nah[???] [gestrichen: einen Theil] im ersten Jahre in frischen Dünger mit Winterung, derselbe im 2ten Jahre mit Gerste u[nd] Klee besämt[?], im 3ten Jahre der Klee genutzt, im 4ten die eine Hälfte mit Brachfrüchten[?] bestellt wird, die andre Hälfte aber Brache liegt – im fünften Jahre dieselbe Folge wieder angefangen wird. Dieses ist unstreitig nach meiner Einsicht die allerzweckmäßigste u[nd] beste Eintheilung für die meisten Gegenden der Mark – aber sie setzt freilich die freien Disposizionen durch völlige Reparazion voraus u[nd] wird durch die meistens allzu großen Flächeninhalt der Bauergüter die hier oft mehr Acker haben als in Westfalen ein Gut von 12–1500 rt [Reichstaler] Einkünfte u[nd] dabei [???]pern sehr erschwert. In der Stadt Fehrbellin ist noch ein andres drittes Amtsvorwerk, dieses läßt sich aber weil es in Kommunion mit den Ackerbürgern liegt u[nd] hier die Separazion sehr schwierig ist nicht gehörig nutzen. Wir aßen heute Mittag bey dem [gestrichen: ???] Amtmann Hanisch, welcher dieses Vorwerk vom O. A. [Oberamtmann] Fromm in Afterpacht genommen hat, zusammen mit dem Geh[eimen] Ob[er-] Bau[-] Rath Riedel aus Berlin der gleichfalls Mitglied der Rhin Rindertagungs Kommission ist u[nd] uns allenthalben begleitete. Die Stadt Fehrbellin zählt etwa 160 Feuerstellen, die Häuser sind ziemlich gut u[nd] besser als in dem größern Theile unsrer so traurigen nahrungsloßen märkischen Provinzial Städte – Handwerker u[nd] Ackerbau, auch die Branntweinbrennerei welche sich durch den Torfstich in der Nachbarschaft sehr aufgenommen hat, sind die Hauptnahrungszweige der Einwohner. Fabriken gibt es hier gar nicht –
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Heute Abend langte auch der Condukteur Clemen, ein sehr geschickter junger Mann u[nd] guter Gesellschafter, bald darauf auch der Kaupes[?] Rath Siebecke einer unsrer ersten Wasserbauverständigen ein [gestrichen: sehr] wegen seiner vielen Erfahrungen u[nd] vorzüglichen praktischen Kenntnisse sehr schätzbarer Mann der sich vom Mühlenburschen u[nd] Zimmergesellen durch seine vorzüglichen Talente zu dem Posten eines Ober[-] Mühlen[-] Inspektors heraufgearbeitet hat, dabei auch ein guter Gesellschafter ist, obgleich er von seinem frühern Leben noch eine gewisse Rohheit beibehalten hat – beide begleiten uns nach der Elde – Neustadt an der Dosse d[en] 19ten Apr 1798 Wir sind heute Nachmittag um 2 Uhr hier angelangt – die 8 Meilen von Fehrbellin führten uns durch eine äußerst interessante Gegend, den südlichen Theil des Ruppinischen Kreises, u[nd] einen der besten, bevölkertsten u[nd] angebautesten Theilen der Mark – über Walchow Protzin, Manker, Garz, Barsikow, Bückwitz, Campehl [Kampehl] hierher durch lauter schöne wohlhabende Dörfer u[nd] von jeder kleinen Anhöhe über welche wir hinfuhren konnten wir immer wenigstens 6 bis 10 Kirchtürme zählen – der Boden ist auch sehr gut, ein fruchtbarer Lehmgrund, der erst kurz vor Neustadt bei Campehl [Kampehl] wieder von einer sich von Seegletz [Segeletz], Dreetz, Köritz bis in die Prignitz erstreckenden Sandscholle, unterbrochen wird. Bei Barsikow fanden wir den Acker vorzüglich gut bearbeitet, schon der erste Anblick zeigte, daß hier die me[c]klenburgische Koppelwirthschaft eingeführt sey, Reihen von Obstbäumen scheiden die Koppeln von einander, der Weg war zu beiden Seiten mit Weiden schön besetzt, das Feld
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mit sehr guten lebendigen Hecken – in der Mark eine leider höchst seltene Erscheinung – eingefaßt – auch [gestrichen: ???] fielen [gestrichen: ???] uns einzeln auf dem Felde stehende Obstbäume auf – wir hörten nachher, daß der Herr v[on] Kriegsheim der das hiesige ehemalige königl[iche] Vorwerk um viele Jahre in Erbpacht egull[?] der thätige Wirth sey welcher alles dieses hier veranstaltet u[nd] die letztgedachten Obstbäume zu dem Ende gesetzt hat, um dadurch ein bestimmtes [gestrichen: des] Tagewerk zu bezeichnen, welches ein jeder di[e]nstbußender Bauer beackern muß – eine sehr zweckmäßige Einrichtung wobei beide Theile gewinnen u[nd] das Nachtheilige des Naturaldi[e]nstes sehr gemildert wird. Wir haben heute Nachmittag die hiesige Spiegelfabrik u[nd] königl[iche] Gestüte besucht u[nd] besehen. Die erstre liegt einige hundert Schritt von der Stadt, alle dabei beschäftigten Arbeiter wohnen hier zusammen – sie wurde von Friedr[ich] Wilh[elm] I angelegt, nachher der Splittgerber[schen] Handlung übergeben u[nd] hat ein Monopolium über alle preuß[ischen] Provinze[n] außer Westfalen, Anspach [Ansbach] u[nd] Baireuth [Bayreuth] – die hiesigen Spiegel werden wegen ihrer vorzüglichen [gestrichen: Rhei] Reinigkeit u[nd] Helle den besten venezianischen Spiegeln zur Seite gesetzt, daher es ihn[en] auch so wenig an Arbeit fehlt daß die Nachfrage nicht einmahl völlig befriedigt werden kann, ungeachtet sie allerdings sehr viel theurer als die auswärtigen Spiegel sind. Diese vorzügliche Güte besticht darauf, daß das Spiegelglaß nicht geblasen, sondern gegossen wird, welches wir morgen sehen werden. Heute besuchen wir bloß die fernere Fabrikation, die Spiegeltafeln werden nach der erforderlichen
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Größe des Spiegel in kleinere Tafeln zerschnitten, auf einen Sandstein festgeklebt; auf einen andern Sandstein gleichfalls eine Spiegelplatte geklebt u[nd] eine auf der andren mit dazwischengestreuten feinem nassen Sand vermittelst einer durch ein Mühlenwerk hervorgebrachten Bewegung, hin und her geschoben oder geschäuert [gescheuert] – hier schleift eine die andre ab und das Spiegelglaß bekummt [bekommt] dadurch ein ganz mattes Ansehen darauf wird es doßirt d[as] h[eißt] von Handarbeitern mit Schmiergel [Schmirgel] abgerieben, wodurch es wieder helle wird – dann auf einer Art von Drehscheibe fazetti[e].rt d[as] h[eißt] die Enden abgeschliffen oder vielmehr abgeflächt [abgeflacht] – dann kömmt [kommt] es in die Poliermühle wo es auf dieselbe Weise wie bei der ersten Vorarbeit behandelt, nur hier nicht zwei Spiegelgläser aufeinander, sondern das untenliegende Glaß durch einen darüber hin u[nd] her geschobenen Filz, abgeschliffen, und statt des Sandes, englische rothe Erde dazwischen gestreut wird. Nun ist das Glaß soweit fertig, daß es mit der Folie belegt werden kann; zu dem Ende wird es auf einen Tisch gelegt, mit Tunksilber bestrichen u[nd] auf dieses die Zinnfolie gelegt, auch alles übrige Tunksilber ausgepreßt – und nun kann diesselbe in Rahmen gefaßt werden. Die Fabrik beschäftigt um 500 Menschen die aber [gestrichen: alle] meistens im großen Elende, in den elendesten Hütten wohnen, wie es denn überhaupt die partie honteuse [französisch: Schande] aller Fabriken ist, daß die ersten Vorarbeiter, auf welche doch alles beruhet, dabei im kümmerlichsten Elende ihr Leben gewöhnlich hinfristen müssen – – das Gestüte liegt nahe bei der Stadt,
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das Amt Neustadt mußte demselbem die nahgelegenen, beträchtlichen Weiden u[nd] Wiesen abtreten, u[nd] es besteht eigentlich aus zwei von einander ganz abgesonderten u[nd] getrennten, nur durch eine Allee verbundene Gestüte – dem Friedrich Wilhelm Gestüte, dessen Bestimmung es ist die Beschäler für die Landgestüte zu liefern, und dem Landgestüle Lindenau von welchem [gestrichen: Pferde] Hengste [gestrichen: auf] in alle Gegenden des Landes verschickt werden. Beide sind mit sehr geräumigen, vortref[f]lichen massiven Gebäuden versehenen die sämtlich nun aufgebauet wurden u[nd] ausserordentlich viel gekostet, die ganze Anstalt aber ihren Zweck durchaus nicht erreicht hat. Die Stadt Neustadt bestehet nur aus einer Strasse von meist elenden kleinen Häusern, deren Bewohner nicht die wohlhabendsten zu seyn scheinen. Havelberg d[en] 13ten April Gestern Morgen um 6 Uhr gingen wir noch in die Spiegelhütte um einem Spiegelgusse beizuwohnen welcher einen sehr schönen Anblick gewährt – wir fuhren dann um 7 Uhr weiter, beinahe ununterbrochen in Kiefern[- ]Waldungen wo wir auf 3 ½ Meilen bloß das Gut Neuendorf u[nd] das Dorf Stüdenitz berührten, hierher – die Priegnitz [Prignitz] in welche wir gleich hinter Neustadt eintraten unterscheidet sich sogleich sehr merklich durch die ganz verschiedene Bauart der Häuser, Tracht u[nd] Sprache der Einwohner
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– Wir logi[e]ren hier auf der Domfreiheit welche von der Stadt Havelberg – diese liegt auf einer nur kleinen aber sehr eng bebaueten Insel in der Havel – der dem gegenüber auf dem an 80 Fuß hohen Ufer der Havel – u[nd] am Fuße von dieser Anhöhe, zwischen derselben u[nd] der Havel ziehet sich eine lange Reihe von 300 Häusern fort, welche zusam[m]en eine ganz abgesonderte Mediatstadt bilden, die ganz unter dem Dohme [Dom] stehet u[nd] an 2000 Seelen enthalten soll, u[nd] den Namen der Havelbergischen Berge führt – dieses gewährt vorzüglich aus dem oben auf dem Berge belegenen Garten des Feldmarschalls Möllendorf der hier Domdechant ist, eine außerordentlich schöne Aussicht, auf die Stadt Havelberg, die ebenerwähnten Havelberger Berge, u[nd] die umliegenden schönen Wiesen u[nd] Weiden – Wir langten hier um 16 Uhr an, machten sogleich einen Gang in die Stadt, welche sehr eng u[nd] schlecht gebauet, aber wegen des ansehnlichen Handels u[nd] einiger Fabriken sehr lebhaft ist – u[nd] gingen dann durch die Havelbergischen Berge der Havel entlang, wo ausserordentlich viel Thätigkeit herrscht, die Männer von der Fischerei, Holzflösserei u[nd] Handwerken leben, das weibliche Geschlecht aber vom kleinsten Kinde bis zum alten Mütterchen mit Stricken von Strümpfen für die Armee beschäftigt ist – [gestrichen: dieser beim] Eine geübte Strickerin strickt täglich 2 auch wohl 3 Strümpfe, [gestrichen: de] spinnt u[nd] bereitet noch vorher die Wolle dazu vor u[nd] erhält für das Paar, derer
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zwei aus einem Pfund Wolle gestrickt werden (welche 4–5 g [Groschen] das lb [Pfund] kostet) 6 gg. [Groschen] – freilich ist auch das Garn so dick wie mäßiger Bindfaden, u[nd] die Strick[-]Stücke nicht viel dün[n]er als ein kleiner Finger u[nd] die Strümpfe welche nachher gewalkt werden[,] können daher wohl nicht von gar langer Dauer seyn, indessen gewährt es doch den Einwohnern einen sehr einträglichen Erwerbszweig, da sie keinen Augenblick unbenutzt lassen. Nachmittags tranken wir bei dem Dom[-]Rentmeister Balckow, deßen Sohn mein Kollege bei der Kammer ist, einige Flaschen ganz vorzüglich guten Rheinwein – machten noch einen Spatziergang und brachten den Abend beim Minister Voß zu – wo anfangs musizi[e]rt, nachher gespielt wurde – u[nd] da ich kein Theil hieran nahm, brachte ich diese Zeit im Zimmer der Ministerin Voß zu, die sich sehr freute von dir theuerste Schwester Lisette ausführlichere Nachricht zu erhalten u[nd] ich konnte ihr nicht genug von den Veränderungen die sich neuerlich in deiner häuslichen Einrichtung zugetragen haben, erzä[h]len – Es wurde nachher halb kalt halb warm an ungedeckten Tischen saupi[e]rt – der Minister Voß war bei so verzüglich guter Laune u[nd] von allen neuerlichen Veränderungen so genau unterrichtet, daß ich es nun gar nicht im mindesten nicht bezweifle ihm amtl[?] Juni d[es] J[ahres] wieder seinen alten Platz im General[-] Direktorium einnehmen zu sehen –
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Amt Eldenburg d[en] 15t[en] April Erst heute Morgen um 4 Uhr erst langten wir hier an – [???] Reise hierher war so unglücklich, als eine Reise mit Vorspann zwar in der Regel immer seyn sollte, bei mir aber doch bis jetzt noch nie gewesen ist – wir waren seit gestern Morgen um 6 Uhr, auf 7 Meilen 22 Stunden lang unterwegens – kaum 1 Stunde von Havelberg fiel einer der Vorspänner, ein alter Bauer aus einem Dorfe 1 Stunde von Wilsnack, der sich hinten auf den Koster gesetzt hatte von diesem herunter – es war ein Glück, daß er nicht ins Rad fiel da er denn unfehlbar gerädert worden seyn würde, jetzt zerbrach er nur das Schlüsselbein – wir setzten ihn, da er nicht nach Havelberg zurück, sondern lieber nach Wilsnack wollte, in deßen Nähe er wohnt – in den Wagen u[nd] boten vergeblich die ganze Gewalt unsrer geistlichen u[nd] weltlichen Beredsamkeit auf, um ihn zu trösten, aber das war alles tauben Ohren gepredigt, einem Priegnitzer [prignitzer] Bauer, der seinen rechten Arm verloren glaubte, welches er sich gar nicht wollte ausreden lassen! Doch fing er an sich zu beruhigen, nachdem ich so glücklich gewesen war, nur erst seine Empfänglichkeit für ein Pfeifchen Taback wieder rege zu machen, u[nd] dieses that denn auch wirklich die beste Wirkung, und er wurde nun so redselig über seine häusliche Lage, daß ich ihm alle Augenblicke von neuem Feuer schlagen möchte – So kamen wir denn endlich auf einen sehr sandigen traurigem Wege, um 10 Uhr nach Wilsnack, ich war die letzte Stunde vorausgegangen u[nd] hatte den Thiviusgus[?] schon bei der Hand, der den Schaden für nicht gefährlich erklärte u[nd] gleich zum Verbande schritt. Nun fragten wir denn auch nach unserem Vorspann, welches wir durch die Havelbergische Vorspann Expedition bis hierher hatten bestellen lassen – Dieses aber war gar nicht vorhanden u[nd] bloß für den Krieges[-]Rath Siebecke, der mit uns fuhr, bestellt worden. Wir mußten dieses nun erst selbst thun, worüber denn 4 Stunden
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hingingen. Diese liessen uns Zeit dem Bürgermeister Kribbenstapel einen Bekannten von Koenen, welcher in Halle das Unglück hatte eine Hand im Duelle zu verliren, zu besuchen u[nd] alle Merkwürdigkeiten der Stadt recht ausführlich zu besichtigen, – diese ist eine Mediatstadt u[nd] gehört dem H[er]rn Saldern – welcher kürzlich nun Fräulein v[on] Borstel heuratete, welche du liebes Lottchen glaube ich kennst – der indessen bloß die beschwerlichen Ehrenrechte der Gerichtsbarkeit u[nd] des Patronatsrechts ausübt. Die Stadt hat 150 Häuser u[nd] ist recht lebhaft u[nd] unter unsern Mediatstädten eine der wohlhabendsten – die hiesigen Pferdemärkte sind weit u[nd] breit berühmt. Die Kirche ist ein großes schönes Gebäude, vor der Reformazion war sie, wegen des hier aufbewahrten heiligen Blutes eine sehr besuchte Wallfahrt – hiervon trägt sie noch viele Spuren – auch sahen wir noch die Überreste einer Wa[a]ge, worauf die Mönche damals einen jeden Pilger nach seinem moralischen Werthe abwogen u[nd] den Betrag seiner Sünden nach Zentner u[nd] Quentchen, zusammt der für deren Abbüssung zu prästirnden Geldsummen, bestimmten – eine in der That trefliche Erfindung von der es sehr zu wünschen wäre, daß sie allmählich mehr kultivirt worden seyn möchte, denn welch eine trefliche Sache würde es nicht seyn, wenn man in der Welt wo man sich mit so vielen Schelmen u[nd] Schurken zu thun hat, eine solche moralische Wa[a]ge immer zur Hand hätte – welche trefliche Sache besonders für den Staat, wenn er auf einer solchen Wa[a]ge alljährlich die Moralität aller seiner Diener prüfen könnte! Von Wilsnack bis Perleberg fuhren wird 2 Meilen lang ohne ein Dorf zu berühren, durch zum Theil sehr wohl bestandene Waldungen – wir hätten einen weit angenehmren u. dabei kürzeren Weg den fruchtbaren Elbeufer entlang über Wittenberge fahren können, der Vorspannbesteller in Havelberg hatte aber
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für gut befunden, uns dem Sand [gestrichen: gebogen] durchsegeln zu lassen – war aber dabei dennoch so unverantwortlich zu Werke gegangen, daß wir in Perleberg wieder keine Pferde fanden u[nd] erst darnach auf den Dörfern herumschicken mußten. Hierdurch wurden wir bis 8 Uhr dort aufgehalten u[nd] hatten volle Muße die Stadt u[nd] Gegend zu besichtigen – Perleberg ist die Hauptstadt der Priegnitz, nicht so groß u[nd] noch viel schlechter u[nd] enger gebauet als Minden, ungefähr wie Herford, nur viel lebhafter u[nd] wohlhabender als letztres – auf dem Markte stehet ein großer Roland u viele Häuser sind wegen ihrer Bauart als Bau[-]Antique-Hölen wirklich merkwürdig – die Einwohner leben von Handewerken u[nd] von vielem sich hier aufhaltenden Adel aus der Priegnitz – Um 8 fuhren wir endlich ab u[nd] legten die folgenden 2 Meilen bis Verbitz sehr langsam zurück – ich konnte von der Gegend nichts sehen, das langsame ruhige Fortschreiten des Wagens und mein dabei sehr guter fester Schlaf überzeugten mich indessen, daß sie sehr sandig u[nd] uninteressant seyn mußten – In Verbitz wechselten wir nach neuem langen Aufenthalte um 1 Uhr Pferde – um [gestrichen: 6] 3. passirten wird die unfern der Elbe belegene Stadt Lenzen, von welcher wir in der Dunkelheit nichts als das sehr schlechte Pflaster bemerkten und langten um 4 Uhr hier endlich an, wo wir für unsere beschwerlichen Reise durch die gute Aufnahme des Oberamtmanns Meyer reichlich entschädigt wurden. Koenen legte sich noch etwas zur Ruhe – ich blieb aber auf u[nd] schrieb einen langen Brief an Ernst – Wir haben hier eine sehr interessante Familie kennen gelernt und den Tag sehr angenehm in derselbigen
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zu – der Oberamtmann Meyer ist eine sehr thätiger guter Landwirth, ein vortreflicher Vater und sehr tüchtiger Beamter der die Unterthanen sehr gut behandelt, dabei ein recht wohlhabender Mann, da alle seine Vorgänger auf diesem sehr der Ueberschwemmung ausgesetzten Amte, bankerot geworden. Die Oberamtmannin ist eine sehr thätige eifrige Wirthin, welche ganz vortreflich für alle unsre Bequemlichkeiten gesorgt hat. Der älteste Sohn ist Referendarius bei der Kam[m]er, ein recht guter Mensch u[nd] guter Freund von mir, wir fanden ihn hier u[nd] er wird uns auf der weiteren Reise begleiten – der zweite ist Oekonom[,] ein sehr guter Mensch der ein von seinem Vater gepachtetes adliches Gut ganz allein bewirthschaftet – der dritte Sohn hatte vor 4 Wochen das Unglück das Bein zu brechen, er liegt noch zu Bette, sein gefälliges of[f]nes Gesicht nahm mich gleich sehr für ihn ein u[nd] ließ mich sein Unglück doppelt bedauern – Von den Töchtern lernten wir [???] kleinste die mit dem Kaufmann Schulze in Seehausen verheurathet ist nicht kennen – die beiden folgenden sind sehr gescheute [???]lige Mädchen von denen die ältere vorgestern den Amtmann Baath[,] ein Freund von Borsche[,] heurathete den wir auch noch hier trafen – die zwei jüngsten sind noch ganz klein – Wir haben das junge Ehepaar heute Morgen bei seinem ersten Kirchgange in die Kirche zu Seedorf ¼ Stunde begleitet, u[nd] hier eine ganz erbärmliche Predigt wie sie sich von einem Mann der im Kandidatenstande ein Alter von 65 Jahren erreichte, nicht besser erwarten läßt, mit angehört – den Nachmittag haben wir einige recht hübschen Spatziergänge gemacht u[nd] die Eldenburger Mühle, welche ein Hauptgegenstand unsrer Kommission ist, näher in Augenschein genommen Das Wetter ist so schön als wir es nur irgend wünschen können u[nd] wir befinden uns daher hier in jeder Rücksicht sehr wohl.
[Blatt] 77 [landwirtschaftliche Notizen zur Eldenburger Umgebung]
Eldenburg 1 lb Waizenl[an]d u d Gerste pedget u & Bade im Sommer u Herbst z strenge 2 stell Hafer d ob gut trängt Roggen f. Roggen 3 f 1 Feltechs, 1 M[orgen] 143 πB. Feltweiden stell 2 M nicht nöthig – 4) milchen Vieh und Holländerei f d Hufbeppeln von Mai bis Nov. 130 Stk nur à 1 ½ Morgen – à 8 rt 6 p vergachtet, wovon 5rt 3. Anschlege 5) 2te Holland Hute v. 62 Kühe à 10 rt Geh – für Felt koppeln – Spekulazion des Beamten – 6) Gäste Vieh u Jungkuhhute v. 98 Stk – 7) 400 Schafe a) Wailzl[an]d Wailzen 20 M[orgen] Einf. 5 ½ Korn Gerste 22 Morgen Einf. 6 Korn Hafner 22 Morgen Einf. 5 Korn b) Gerstl[an]d Roggen 18 Morgen Einf. 4 ½ Korn Gerste 20 Morgen Einf. 5 ½ Korn c) Haferland R[oggen] 14 Morgen Einf. 4 Korn H[afer] 16 Morgen Einf. 4 Korn 8 jährig R[oggen] 10 Morgen Einf. 3 Korn
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215 heltaht 3 à 5 rt. Jungveh erl 112 Huhn (2 unchege Vieh à 1,16 gr 1 unchege Vieh à1 rt) 8) Holländkentr Pächter df 13. Stk einige Hüfner, 10 Stk zur Sommerweide, 5 Pferde, 20 Schweine halb am legulab 3 Sch. Erbst 3 Oh Hofw 1 W. Rog 5 Sch. Gerste 1/2 Sch. Lein 6 zu früh (+ für solche 3 W. Kauft 1 Fund Ha 5 Sch. Stroh.) 9 Kl. Holz – gibt Pacht für 110 Kühe à 8. G gr. – 50 Stk f d. halt wieder – d. Jäger u Kuhkoppel – 17 55 rt. Goldt. 12 Kälber od p Stk 3. rt – 1 felt Kalb 1 Süßmilchkäse – 12 Stk Kühe v. Verpächter in feltkoppel kl Reparet. ex propre. att Bullen 5 1/2 gr. 10 Kühe 4 rt. 9) Torfstich f Sterbitz Steezow höhrige Dgg. 7 binn Koppeln v. 967 M. – 3 Jahr & Weide, Sommer, Winterkorn, 3 — Weide – 7 Außkoppeln v 613 M. 2 J. Weide u Remmskorn 4 – Weide – v. ersten 1/7 bis 2/7 Weide 1/7 Sommerk – 3/4 Weide, v. letztem 1/7 Weide 1/7 Sommerkorn – 4/7 Weide 1/7 Brache 3. 4 l Herwe, Einhalb 16 u. 18 M. im Gerst, 14 u 16 M im Hafer Lde Gerste geräth halb – Roggen gut, daher Hafer für Gerste u. Roggen für Hafer daher xx Gerste id in d Sommw v M. vertheilt u dav. 1/3 t Gerste 2/3 t Hafer t Sack vermeschlpt Kühe à 7 rt. verpachtet à 4 rt. verpeschlapp à 580 t Weide d. desten f Geld gesetzt. à Kuh 12 lb Heu 100 Sch. 50 lb – v. 1 M. gut inmehig 1210 Heu à 20 gr. angeschlagen lut 9 lb, schlecht 4 lb – Sterbitz Plaggdüngung kein Gerste – gute Hafer ld à 16 u 18 M Einf. 4 Han – Ziegelei & Torf nur güstes Vieh – d. Kuh a 3 x rt. veranschlag Rudow Roggen f Roggen – 2/3 d Winterg gedgt –
- ↑ Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen Abteilung Westfalen, V 105 (Nachlass Ludwig Freiherr Vincke), Nr. 557 Permalink: https://www.archive.nrw.de/archivsuche?link=VERZEICHUNGSEINHEIT-Vz_07d8e36b-1fd5-4a51-a843-fd0400ab2c04