Theater Insterburg

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Das Theater in Insterburg

In Zeitungmeldungen der Königsberger Hartungschen Zeitung von 1912 wird folgendes berichtet:

Königsberger Hartungsche Zeitung Tagesmeldungen 1912

Datum Meldung
01.10.1912 Wie uns nach der „Ostd. Volksztg.“ gedrahtet wird, hat der Bezirksausschuß in Gumbinnen das Gesuch des Magistrats der Stadt Insterburg, eine Anleihe von 350 000 Mark für den von der Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Stadttheaterbau aufzunehmen, genehmigt. Auf Grund dieses Beschlusses hat nunmehr der Magistrat beschlossen, an die weitere Baufrage heranzutreten. Es wird seine Aufgabe sein, einer besonderen Theaterkommission die einzelnen Wünsche der Bauausführung zu unterbreiten; es wird darauf ankommen, ob die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung wieder dem Magistratsantrag zustimmt. – Wie wir erfahren, hatte sich das Komitee, das zum Protest gegen den Stadtverordnetenbeschluß gewählt worden war, noch nicht an den Bezirksausschuß um Versagung der Genehmigung gewandt.[1]
02.10.1912 Zur Entwickelungsgeschichte der Insterburger Theaterfrage, die dort sehr lebhaft die Gemüter beschäftigt, geht uns folgende zusammenfassende Darstellung zu:

In Insterburg finden sich seit Jahren etwa von Anfang Juni bis Mitte September in einem neben dem Gesellschaftshause erbauten feuergefährlichen Holzgebäude Vorstellungen statt, und zwar werden Schau- und Lustspiele sowie insbesondere Operetten und teilweise auch kleine Opern und klassische Dramen aufgeführt. Im Winter gastierte hier ein aus Mitgliedern des Königsberger Stadttheaters zusammengestelltes Ensemble. Im letzten Winter fanden 20 Vorstellungen statt, außer wurde nach Schluß der Königsberger Opernsaison noch drei Opernaufführungen mit dem Königsberger Theaterorchester veranstaltet. Alle diese Vorstellungen fanden in dem dafür einzig in Betracht kommenden Gesellschaftshause statt, auf einer kleinen Bühne, die wohl für kleinere Aufführungen ausreicht, aber den Ansprüchen klassischer und schwierigerer moderner Stücke natürlich nicht genügen kann. Dazu herrscht dort eine so jämmerliche Akustik, daß bei halbvollem Hause (dies ist die Regel) nur ein kleiner Bruchteil der Zuschauer die auf der Bühne gesprochenen Worte vernehmen kann. Hauptsächlich um diese greulichen Verhältnisse zu verbessern, fand vor einigen Jahren ein Umbau statt, der 150 000 Mark kostete, aber bezüglich der Akustik nichts geholfen hat. Da nun ein anderes Gebäude zu Theaterzwecken nicht zur Verfügung steht – das oben genannte Sommertheater ist nicht heizbar -, regten schon vor einem Jahre die Stadtverordneten S. und O. in der Stadtverordnetenversammlung die Erbauung eines Theatergebäudes und wohl auch die Unterhaltung des Theaters auf der Kosten der Stadt an. Soweit ich mich erinnere, wurde damals das Projekt als vollständig aussichtslos nach kurzer Debatte fallen gelassen. Inzwischen müssen aber wohl Freunde des Projekts weiter im stillen gewirkt haben, denn am 27. Juni d. J. trat plötzlich der Magistrat mit einer Vorlage, welche die Erbauung eines Stadttheaters auf Kosten der Stadt für 350 000 Mark forderte, vor die überraschte Stadtverordnetenversammlung. Es waren damals von 36 Stadtverordnetenmandaten 6 durch Tod, Wegzug u.s.w. erledigt, und 7 Stadtverordnete waren auf Ferienurlaub auswärts, sodaß nur 23 über die Vorlage beschließen konnten.

Nachdem der Oberbürgermeister sowie die Herren S. und O. sehr warm sich für die Vorlage ins Zeug gelegt hatten, mehrere Stadtverordnete dagegen, darunter unser Reichstagabgeordneter und der Stadtverordnetenvorsteher, ebenso dringend vor Annahme der Vorlage, insbesondere mit Rücksicht auf die finanziellen Folgenden der Stadt, gewarnt hatten, wurde die Vorlage schließlich mit 12 gegen 11 Stimmen angenommen. Jetzt entstand in den Bürgerkreisen, zumal da vor dieser Stadtverordnetensitzung über die Vorlage tiefstes Stillschweigen beobachtet war, eine immer mehr zunehmende Erregung, die zunächst zu der Einberufung einer Vorversammlung führte, in der von allen Rednern der Bau eines Theaters auf Kosten der Steuerzahler entschieden abgelehnt und die Einberufung einer allgemeinen Bürgerversammlung beschlossen wurde. Diese Bürgerversammlung fand am 10. September statt, und man weiß, daß sie eine Resolution annahm, wonach an Magistrat und Stadtverordnete das Verlangen gerichtet wurde, ihren Beschluß rückgängig zu machen, widrigenfalls der Bezirksausschuß als höhere Instanz angegangen werden sollte. Dieser sollte eventl. Seine Genehmigung zur Aufnahme eines Darlehens von 350 000 Mark versagen. Es wurde auch hervorgehoben, daß jedenfalls die Bausumme, wie das bi allen derartigen Bauten der Fall sei, erheblich höher sein, wahrscheinlich ½ Million erreichen würde, was für die Bürgerschaft, die jetzt schon 230 Prozent Zuschlag an Kommunalsteuern bezahlen muß, eine bedeutenden Erhöhung der Kommunalsteuern bedeuten würde.

Zum Verfolg der Angelegenheit wurde, wie uns noch von anderer Seite geschrieben wird, ein besonderes Komitee eingesetzt, welches die Resolution den städtischen Körperschaften zugehen ließ. Nachdem die Stadtverordnetenversammlung sich am 23. September mit der Sache beschäftigt und die Resolution dem Magistrat als Material überwiesen hatte, trat am 30. Das gewählte Komitee nochmals zu einer Besprechung zusammen. Eine Antwort war ihm vom Magistrat nicht zugegangen. Das Komitee war der Meinung, daß man durch Mitteilung der Resolution an den Bezirksausschuß nicht aus dem Rahmen der Selbstverwaltung ausgetreten sei, und daß das Recht der Beschwerde mit ein Fundament der Selbstverwaltung bilde. Es wurde bedauert, daß die gesetzlichen Vertreter einen mit einer Stimme Majorität gefaßten Beschluß aufrecht erhalten, indem sie an einen Theaterbau denken, während die herrschende Teuerung die wirtschaftliche Lage des Mittelstandes in hohem Grade bedrängt. Das Komitee bedauerte ferner, daß die Resolution in der Stadtverordnetenversammlung nicht nach materieller Richtung hin behandelt worden ist. Wenn vorläufig von der Absendung der Resolution an den Bezirksausschuß Abstand genommen wird, so geschieht dies in der bestimmten Erwartung, daß die von der Stadtverordnetenversammlung eingesetzte Theaterkommission mit Geldforderungen an die Stadtverordnetenversammlung nicht herantreten wird, d.h. daß das ganze Projekt begraben werden wird. Geschieht ersteres dennoch, dann soll die Resolution an den Bezirksausschuß zur Absendung gelangen. (Inzwischen ist, wie wir schon unter „Königsberger Nachrichten“ mitgeteilt haben, vom Bezirksausschuß das Gesuch des Magistrats, eine Anleihe von 350 000 Mark aufzunehmen genehmigt worden. Die Red.) [2]

03.10.1912 Das Königsberger Stadttheater eröffnete Dienstag seine Insterburger Wintersaison, die erste unter der Leitung des neuen Direktors Berg-Ehlert, mit einer wohlgelungenen Aufführung von „Zar und Zimmermann“. Das Haus war, obgleich zurzeit ein Zirkusunternehmen hier gastiert, gut besucht, die Darsteller wurden an den Aktschlüssen durch großen Beifall ausgezeichnet.[3]

Quellen

  1. Verfasser: * (unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 01.10.1912, Morgen-Ausgabe 461, S. 9, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
  2. Verfasser: (unbekannt), Quelle: Königsberg Hartungsche Zeitung, 02.10.1912, Ausgabe 462 2. Morgenausgabe, S. 2, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
  3. Verfasser: n. (unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 06.10.1912, Morgenausgabe 464, S. 10, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz