Erkennungsmarke
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Erkennungsmarken der alten Armee |
Vorgeschichte
Eine Metallmarke, die im Kriege von allen Soldaten an einer Schnur um den Hals getragen wird. Sie dient zur Feststellung der Persönlichkeit bei Gefallenen und Verwundeten. Die Geschichte der Erkennungsmarke beginnt mit einer Legende. Ein Berliner Handwerksmeister, dessen Söhne im preußischen Heer dienten, soll eine Identitätsmarke hergestellt haben, die er seinen Söhnen mit ins Feld gab. Anhand dieser Marke sollte, falls ihnen etwas zustieß, ihre Identität geklärt werden. Selbiger Handwerksmeister soll diese Marke dem preußischen Kriegsministerium zur Einführung in die Armee vorgeschlagen haben und bediente sich dabei des Vergleichs mit der bereits bekannten Hundesteuermarke. Das war natürlich ein Fehler, denn wie konnte man einem preußischen Soldaten zumuten, eine "Hundemarke" zu tragen. König Wilhelm I. soll sich über ein solches Ansinnen sehr erregt haben. Schließlich habe er sich aber doch von den Vorteilen einer solchen Identitätsmarke überzeugen lassen und ihre Einführung in der preußischen Armee zugestimmt - soweit die Legende. [1]
Der königlich preussische Generalarzt Dr. F. Loeffler erwähnt in seinem 1868/69 erschienen Buch über das "Preußischen Militär-Sanitätswesen und seine Reform" [2] erstmals "eine Recognoscirungsmarke": "... Gleichwohl wird seitens des Norddeutschen Bundes dem durch die Erfahrung von 1866 konstatierten Bedürfnisse durch reglementarische Einführung einer besonderen Recognoscirungsmarke entsprochen werden. Bei der Mobilmachung wird jeder Soldat eine Blechmarke erhalten, welche an einer Schnur um den Hals (auf bloßem Leibe) getragen wird und welche mit der Bezeichnung des Truppenteils und der Nummer, welche der Inhaber in der Matrikel seines Truppenteils hat, versehen ist. ..."
In dem 1896 erschienen Buch über die "Heere und Flotten der Gegenwart" wird erwähnt, dass bereits im Kriege 1866 gegen Österreich die Identitätsmarken von Soldaten in abergläubischer Todesfurcht fortgeworfen wurden. Noch acht Monate nach der Schlacht bei Königgrätz konnten von den dort gefallenen Preußen nur 429 identifiziert werden. Nach Theodor Fontane waren in dieser Schlacht aber 99 Offiziere und 8.794 Mann der preußischen Armee gefallen. Es erscheint fraglich, ob die Marke bereits während des Feldzuges von 1866 in der gesamten preußischen Armee Verwendung fand, vermutlich wurde sie nur von wenigen Truppenteilen getragen. Bei den Verhandlungen des Genfer Komitees vom Roten Kreuz war bereits mehrfach darüber diskutiert worden, dass man Mittel zur Feststellung der Identität von Schwerverwundeten und Toten finden müsse.
Auf jeden Fall muss die Identitätsmarke bereits während des Krieges 1870/71 in der preußischen Armee in Gebrauch gewesen sein, denn es gibt Berichte, nach denen man den toten Soldaten die Erkennungsmarke und Soldbücher abgenommen habe. In der "Geschichte der Bekleidung und Ausrüstung der Königlich Preußischen Armee in den Jahren 1806-1878" von Mila [3] heißt es über die Erkennungsmarke: "§ 593. Behufs besserer Feststellung der Identität der im Gefecht gebliebenen oder der bewusstlos vorgefundenen Verwundeten erhält beim Ausmarsch ins Feld (nach §110 der Verordnung über das Sanitätswesen der Armee im Felde vom 29. April 1869) jeder Soldat eine auf dem bloßen Leibe um den Hals an einer Schnur zu tragende Blechmarke, welche mit der dem Inhaber in der Matrikel des Truppenteiles beigegebenen Nummer und mit der Bezeichnung des Truppenteils selbst versehen ist; z. B. -75- Rh.Cür.R. 8 - 2.E." (75 = persönliche Nummer, Rh. = Rheinisches, Cür. = Kürassier, R. = Regiment, 8. = Nummer des Regiments, 2. E. = 2. Eskadron, d. Verf.)
Ursprünglich wurde die Marke "Rekognitionsmarke" benannt und hatte die Form eines Rechteckes; die Kriegs-Sanitäts-Ordnung vom 10. Januar 1878 gab ihnen die Bezeichnung "Erkennungsmarke" und eine elliptische Form." Mit Sicherheit ist also anzunehmen, dass es diese Marken bereits im Jahre 1869 in der preußischen Armee gab und sie bei der Mobilmachung 1870 an die Soldaten ausgegeben wurde. Waren auf der Erkennungsmarke zunächst einmal nur die abgekürzte Truppenteilbezeichnung und die laufende Nummer eingeschlagen, unter der in der Regiments-Matrikel (Stammrollen) die Personalien des jeweiligen Trägers eingetragen waren, so ging man 1914/15 von diesem Schema ab. [4]
Weltkrieg 1914-1918
Erkennungsmarken wurden schon zu Friedenszeiten vorbereitet und bei der Mobilmachung ausgegeben, in der Regel eine ovale Marke aus Zinkblech mit zwei Löchern für die Schnur. In Form und Abmessung gab es zu Kriegsbeginn verschiedene Versionen, neben ovalen Marken gab es auch rechteckige Muster die z. B. häufig in Bayern Verwendung fanden. Auf den Erkennungsmarken war die abgekürzte Bezeichnung des Truppenteils (z. B. Regiment, Bataillon oder Kompanie) sowie die Nummer der Kriegsstammrolle des Trägers eingeschlagen, bei Offizieren zusätzlich auch Nachname und Dienstgrad. Marken aus Neusilber oder versilberte Marken, deren Beschriftung in Schreibschrift eingraviert waren, beschafften sich die Offizier oft selbst.
Die Trageschnur sollte in den Landesfarben gearbeitet sein (Preußen schwarz-weiss, Bayern blau-weiss, Sachsen grün-weiss, Württemberg schwarz-rot, Hessen rot-weiss), doch wurden oft auch nur ungefärbte Hanfschnüre verwendet. Statt der der vorschriftsmäßigen Trageweise um den Hals trugen die Soldaten die Marken auch häufig in Brustbeuteln oder befestigten sie an der Uniform. [5]
Nach der Verordnung vom 28.07.1915 [6] wurde eine verbesserte Version eingeführt, fortan wurde der vollständige Vor- und Nachname, Wohnort, Geburtsdatum und die abgekürzte Bezeichnung des Truppenteils sowie die Nummer der Kriegsstammrolle des Trägers eingeschlagen. Für die genaue Bezeichnung des Truppenteils traten ab Mitte 1915 auch einheitliche Abkürzungen in Kraft. Bei Versetzung des Soldaten zu einen anderen Truppenteil wurde die neuen Angaben unterhalb oder auf der Rückseite eingeschlagen, die vorigen Angaben wurden durchgestrichen. [5]
Um die Identität eines Gefallenen auch nach der Abnahme der Erkennungsmarke feststellen zu können, wurde laut Verordnung vom 16. Nov. 1916 [7] eine Markenversion mit Sollbruchstelle eingeführt, somit konnte man die Marke in zwei Hälften teilen. Bei ältere Erkennungsmarken ohne Sollbruchstelle wurden die Trennschlitze nachträglich angebracht und zusätzliche Angaben auf dem unteren Teil oder auf der Rückseite eingeschlagen. Den Gefallenen wurde nur die untere Hälfte der Erkennungsmarke entfernt, während die obere Hälfte bei dem Leichnam verblieb.
Mit Verordnung vom 16. Sept. 1917 [8] wurde noch eine Durchbohrung im unteren Teil der Erkennungsmarke eingeführt, zur Erfassung konnte man jetzt die eingesammelten unteren Hälften an einer Schnur aufreihen. [5]
Aus Berichten von Frontsoldaten des Krieges 1914-1918 erfahren wir, dass vor den Fronteinsätzen stets auch Appelle stattfanden und die Soldaten ihre Erkennungsmarken vorzuweisen hatten. Einer dieser Soldaten berichtet, dass man den Teilnehmern eines geplanten Stoßtruppunternehmens vor Beginn alle Papiere und die Erkennungsmarke abnahm und jeder dieser Soldaten nur einen Zettel mit seinem Namen und Anschrift seines Feldwebels bei sich führen durfte. Man wollte dem Gegner keinerlei Hinweis auf den Truppenteil geben, der ja auch auf der Erkennungsmarke vermerkt war. Aus dieser Erfahrung hatte man gelernt und die Beschriftung der Erkennungsmarken im 2. Weltkrieg geändert. Erkennungsmarken gab es auch bei der Kaiserlichen Marine und der Schutztruppe. Es sind auch Marken bekannt, die vermutlich nach dem 1. Weltkrieg 1919 an Angehörige der vorläufigen Reichswehr ausgegeben wurden. [4]
Bezeichnungen
- um 1866 Blechmarken / Identitätsmarken / Erkennungszeichen [9]
- um 1868 Recognoscirungsmarken [10]
- (um 1870 Hundemarke [im Volksmund und unbestätigte Legende!]) [4]
- um 1877 Rekognitionsmarken [3]
- 10. Jan. 1878 Erkennungsmarken [3]
Literatur
- Generalarzt Dr. Friedrich Loeffler: „Das Preussische Militär-Sanitätswesen und seine Reform - nach der Kriegserfahrung von 1866“, 1. Teil, Verlag August Hirschwald, Berlin 1868, S. 63 ff. Weiterleitung
- Generalarzt Dr. Friedrich Loeffler: „Das Preussische Militär-Sanitätswesen und seine Reform - nach der Kriegserfahrung von 1866“, 2. Teil, Verlag August Hirschwald, Berlin 1869, S. VIII und 363.
- Dr. Ludwig Waldenburg: „Berliner Klinische Wochenschrift“, Nr. 23 - 6. Jahrgang, Berlin 1869, Seite 240, 1. Spalte, 2. Absatz, Zeile 29. Weiterleitung - Scan 252
- Kriegsministerium (Hrsg.): "Instruktion über das Sanitätswesen der Armee im Feld vom 29. April 1869", E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1869, 498 Seiten.
- Kriegsministerium (Hrsg.): „Kriegs-Sanitäts-Ordnung vom 10. Januar 1878“, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1878, 1. Band in sechs Teilen + Anhang; 2. Band umfasst Beilagen (neuer Abdruck um 1888/89).
- Adalbert Mila: „Geschichte der Bekleidung und Ausrüstung der Königlich Preußischen Armee in den Jahren 1808 bis 1878.“, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1878, § 593 - Punkt 3, Seite 14. Weiterleitung
- Dr. J. von Pflugk-Harttung: "Die Heere und Flotten der Gegenwart. - Das Heer, die Flotte, das internationale rote Kreuz" (7 Bände), Verlag Schall & Grund, Berlin 1896.
- Kriegsministerium (Hrsg.): ‚‘Bekleidungsordnung - Zweiter Theil.’’, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1903, 2. Teil, § 81, S. 149. Link Abbildung
- Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt., E. S. Mittler & Sohn, Berlin 31. Juli 1915, 49. Jahrgang, Ausgabe Nr. 34, S. 335-337. Link Abbildung
- Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt., E. S. Mittler & Sohn, Berlin 18. Nov. 1916, 50. Jahrgang, Ausgabe Nr. 52, S. 493-494. Link Abbildung
- Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt., E. S. Mittler & Sohn, Berlin 22. Sept. 1917, 51. Jahrgang, Ausgabe Nr. 47, S. 462-463. Link Abbildung
- Hauptmann a. D. Walter Transfeldt: „Wort und Brauch im Deutschen Heer“, v. Diepenbroick-Grüter & Schulz Verlag, Hamburg 1942, Nr. 172 - Seite 104.
- Jürgen Kraus: Die feldgraue Uniformierung des deutschen Heeres 1907–1918. Band 1, Verlag-Militaria, Osnabrück 1999 (2. Auflage 2009), S. 271-273.
Weblinks
- Kurze Abhandlung zur deutschen Erkennungsmarke (deut.): Weiterleitung
- Archiv an deutschen Erkennungsmarken aus dem 1. WK (franz.): Weiterleitung oder über Google-translate
- Abhandlung zu deutschen Erkennungsmarken (franz.): Weiterleitung oder über Google-translate
- Umfangreiche Abhandlung zu deutschen Erkennungsmarken (franz.): Weiterleitung oder über Google-translate
- Abhandlung zu deut. & internat. Erkennungsmarken (engl.): Weiterleitung oder über Google-translate
- Abbildungen zu deutschen Erkennungsmarken (engl.): Weiterleitung oder über Google-translate
Einzelnachweise
- ↑ Hauptmann a. D. Walter Transfeldt: „Wort und Brauch im Deutschen Heer“, v. Diepenbroick-Grüter & Schulz Verlag, Hamburg 1942, Nr. 172 - Seite 104.
- ↑ Generalarzt Dr. Friedrich Loeffler: „Das Preussische Militär-Sanitätswesen und seine Reform - nach der Kriegserfahrung von 1866“, 1. & 2. Teil, Verlag August Hirschwald, Berlin 1868/69.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Adalbert Mila: „Geschichte der Bekleidung und Ausrüstung der Königlich Preußischen Armee in den Jahren 1808 bis 1878.“, E. S. Mittler & Sohn, Berlin 1878, § 593 - Punkt 3, Seite 14.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Klaus Woche (Leiter des Gräbernachweises in der DD-WASt), DSJB 1987 und 1988, Schild-Verlag München.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 Jürgen Kraus: Die feldgraue Uniformierung des deutschen Heeres 1907–1918. Band 1, Verlag-Militaria, Osnabrück 1999 (2. Auflage 2009), ISBN 978-3-902526-33-5, S. 271-273.
- ↑ Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 31. Juli 1915, 49. Jahrgang, Ausgabe Nr. 34, S. 335-337.
- ↑ Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 18. Nov. 1916, 50. Jahrgang, Ausgabe Nr. 52, S. 493-494.
- ↑ Kriegsministerium (Hrsg.): Königlich Preussisches Armee-Verordnungs-Blatt. E. S. Mittler & Sohn, Berlin 22. Sept. 1917, 51. Jahrgang, Ausgabe Nr. 47, S. 462-463.
- ↑ Generalarzt Dr. Friedrich Loeffler: „Das Preussische Militär-Sanitätswesen und seine Reform - nach der Kriegserfahrung von 1866“, 1. Teil, Verlag August Hirschwald, Berlin 1868, S. 64.
- ↑ Dr. Ludwig Waldenburg: „Berliner Klinische Wochenschrift“, Nr. 23 - 6. Jahrgang, Berlin 1869, Seite 240.