Herforder Chronik (1910)/229
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haben wir uns aber ganz anders zu denken, als es sich heute darstellt. Bis in den Meyerschen Garten hinein reichte einst die Fortsetzung des Lübberbruches, welches ja auch tiefer lag als heute. Der Boden, auf welchem heute der Bahnkörper ruht, die Gastwirtschaft von Winkelmann steht, und endlich die bis zum Lübberbruch reichende Reihe der Häuser mit ihren Gärten ist aufgetragenes Land, am meisten der hochgelegene Teil der Gärtnerei, dessen Erhöhung ein Verdienst des jetzigen Besitzers ist.
Das unmittelbar vom Wasser bespülte Flußufer war, wie wir es auch noch jetzt sehen, nicht viel über dem Wasserspiegel der Werre erhaben; es stieg ganz allmählich an bis an das erwähnte Bruch, mithin lange nicht zur Höhe des Bahnkörpers. Dort entsprang die Quelle, deren niedrige Lage die Ursache war, daß bei Hochwasser die Fluten das schwache Gerinsel verstopften, und daraus entstanden, worüber oft geklagt ward, beständig neue Arbeiten und Geldausgaben.
Diese Quelle darf nicht mit der schon erwähnten Quelle in den Anlagen bei der Wittekindbrauerei verwechselt werden. Die Quelle am Lübbertor muß bald nach ihrer Entdeckung eingefaßt sein und hatte seitdem einen Ausfluß aus zwei Röhren, die wahrscheinlich in ein Becken mündeten. Viele Menschen sollen das mineralische Wasser gegen mancherlei Leiden, wie starken Ausschlag und geschwollene Beine, gebraucht und bessere Erfolge als mit dem zuvor gebrauchten Pyrmonter Wasser erzielt haben.
Aus welchen Ursachen der Besuch der Quelle dann nachgelassen, ist aus den Schriften nicht ersichtlich, und von den Jahren 1723-1743, also zwanzig Jahre lang, fehlt jede Kunde von dem Brunnen. Man hatte ihm keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt und seine Einfassung verfallen lassen. Dennoch lebte er im Gedächtnis der Herforder fort.
Im Jahre 1743 nahm sich seiner der Stadtphysikus Dr. Storch an, ein Mann, der nicht nur als Arzt und Gelehrter - er ist der Chronist seiner Vaterstadt Herford geworden - sondern auch als Menschenfreund vor vielen hervorragte, ein Mann, dessen Andenken der Neustädter Geistliche gelegentlich der Eintragung von seinem Ableben 1757 im Kirchenbuche mit den Worten ehrte: 1757 am 26. Juli starb der Dr. und Stadtphysikus Karl Ludwig Storck, 51 Jahre 9 Monate alt. Er starb am Schlage auf der Straße im Gehen und lag an der Hecke des Böckerschen, itzo Culemanschen Hofes (heute Steffen), da er, wie man aus seinen kurz vorher geführten Reden vernomen, ins Fraterhaus (erg. zu gehen) gedachte (wohl zu einem Krankenbesuch), respectu animi et vitae (d. i. in Anbetracht seiner Sinnesart und seines Lebens) ein ungemein gelittener und dienstfertiger Mann,“ ...
Mit Eifer widmete sich Storch der Brunnenangelegenheit, die der leidenden Menschheit zum Wohle und seiner Vaterstadt zu unberechenbarem Vorteil zu gereichen versprach. Er suchte in einem eingehenden Gutachten vom 16. August 1743 die Mindener Regierung, die damals Königl. Kriegs- und Domainen-Kammer hieß, für den Plan einer Ausgestaltung des Brunnens zu erwärmen. Er hob in seiner Schrift hervor, daß nach dem Urteil des Ratsapothekers Bonorden,