Striegau/Verwaltung 1905

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
< Striegau
Version vom 25. November 2006, 13:15 Uhr von VZimmer (Diskussion • Beiträge) (neu)
(Unterschied) ← Nächstältere Version • aktuelle Version ansehen (Unterschied) • Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Übersicht über die Verwaltung in Schlesien am Beispiel der Stadt Striegau, 1905

Quelle: SEIFERT, Wilhelm: „Der Kreis Striegau. Ein Beitrag zur Heimatkunde für Schule und Haus“ Striegau: Verlag von A. Hoffmanns Buchhandlung (1905).


1. Die Verwaltung einer Dorfgemeinde erfolgt durch den Gemeindevorstand. An der Spitze desselben steht der Gemeinde-Vorsteher. Grosse Güter bilden eine selbständigen Verwaltungsbezirk: den Gutsbezitk mit dem Guts-Vorsteher. Ihre Pflichten und Rechte sind denen der Gemeinde-Vorsteher gleich. Grössere Gemeinden allein oder mehrere kleinere Gemeinden zusammen bilden einen Amtsbezirk mit einem Amtsvorsteher an der Spitze, ihm ist die polizeiliche Gewalt auf dem Lande übertragen.

Bei den königlichen Standesämtern werden Geburten und Sterbefälle gemeldet und Eheschliessungen vollzogen.

Mehrere Amtsbezirke bilden einen Kreis, welcher von dem königlichen Landrat und dem Kreis-Ausschuss verwaltet wird. Beamte des Kreises sind der Kreissekretär, der Kreisbaumeister, der Kreisarzt, der Kreistierarzt, die Gandarmen, die Chausse-Aufseher u.a.m.

Die Verfassung der Stadt Striegau ist durch die Städteordnung von 1808 geregelt. An der Spitze der städtischen Verwaltung steht der Bürgermeister und der Magistrat. Alle Beschlüsse über neue Einrichtungen und über das Vermögen der Stadt gehen von den Stadtverordneten aus, die von ihren Mitbürgern gewählt werden, um die Stadt in allen Beziehungen zu vertreten.

Die Flurkarten führt das königliche Katasteramt.

Im Provinziallandtage ist der Kreis durch zwei Abgeordnete vertreten.

In das preußische Abgeordnetenhaus entsenden die Kreise Schweidnitz und Striegau zusammen zwei, in den Deutschen Reichstag aber nur einen Vertreter.


2. Um die Ausgaben des Staates, der Provinz, des Kreises und der Gemeinden zu bestreiten, werden von den Bewohner Abgaben oder Steuern erhoben. Man unterscheidet direkte und indirekte Steuern. Direkte Steuern sind Grund-, Gewerbe-, Gebäude-, Betriebs- und Einkommensteuer. Indirekte Steuern sind Brau- und Brennereisteuern, Stempelgebühren, Ein- und Ausfuhrzölle u.a.m.


3. Die Rechtspflege wird ausgeübt von dem Amtsgericht in Striegau, welches mit 3 Richtern besetzt ist. Es entscheidet Streitigkeiten bis zum Wertbetrage von 300 Mk. Es führt das Grundbuch und das Handelsregister und leitet die Konkurs-, Vormundschafts-, Erbschafts- und Testamentsachen.

Mit dem Amtsgericht ist ein Schöffengericht verbunden. Den streitenden Parteien ist es gestattet, ihre Sache vor dem Amtsrichter selbst zu verteitigen, während sie bei den höheren Gerichten gezwungen sind, ihren Prozess durch einen Rechtsanwalt führen zu lassen.

Die höhere Instanz ist das Landgericht in Schweidnitz, die nächsthöhere das Oberlandesgericht in Breslau und die höchste das Reichsgericht in Leipzig.

Die von den Gerichten zu Freiheitsstrafen verurteilten Personen verbüssen ihre Strafe in dem Gerichts-Gefängnis. Schwere Verbrecher kommen ins Zuchthaus.

Neben den staatlichen Gerichten halten noch Schiedsmänner Schiedsgerichte ab. Das Amt eines Schiedsmannes ist ein Ehrenamt. Seine Aufgabe besteht darin, Streitigkeiten zu schlichten und einen gütigen Vergleich zwischen den steitenden Parteien herbeizuführen.


4. Kirche und Schule. Die Angelegenheiten der Kirchgemeinden ordnet der Gemeindekirchenrat oder der Kirchenvorstand. An der Spitze der evangelischen Kirchgemeinden steht ein königlicher Superintendent und bei den katholischen Gemeinden ein Erzpriester. Der Kreis Striegau zählt 6 evangelische und 12 katholische Kirchen.

Die Schulen sorgen für die geistige Ausbildung der Kinder. Jedes Kind mus vom 6. bis zum 14. Lebensjahre die Schule besuchen. Man unterscheidet Volkschulen, mittlere Schulen, höhere Schulen, Berufsschulen und Hochschulen. Die Volksschulen unterstehen der Aufsicht des Kreisschulinspektors. Unser Kreis ist in zwei Schulaufsichtsbezirke eingeteilt, einen evangelischen (I) und einem katholischen (II). Am 1. Mai wurden unterrichtet. - von 76 evang. Lehrkräften in 37 Volksschulen 5.571 Kinder, - von 40 kathol. Lehrkräften in 20 Volksschulen 2.713 Kinder. In Striegau befinden sich ausser den Volksschulen noch eine höhere Mädchenschule, ein Realgymnasium, eine Fortbildungschule und zwei Hauswirtschaftschulen.


5. In militärischer Beziehung gehört der Kreis zum Landwehrbezirk Schweidnitz. In Striegau befindet sich ein Bezirks-Kommando.


6. Zeitungen erscheinen In Striegau:

1. "Striegauer Blätter"
2. "Striegauer Anzeiger"
3. "Striegauer Stadtblatt" und
4. "Striegauer Kreisblatt"