Alles was Recht ist
Alles, was recht ist
Wer sich mit Familienforschung befasst, wird mit einer Vielzahl von rechtlichen Fragen konfrontiert, deren kompetente Beantwortung entscheidend für Freude oder Frust bei der Forschung werden kann.
Von Bedeutung ist vor allem, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen man Zugang zu den für die Forschung relevanten urkundlichen Quellen erhält und was im Zusammenhang mit der Sammlung von personenbezogenen Daten und deren Veröffentlichung zu beachten ist.
Die Nutzungsmöglichkeiten an den seit dem 1.1.1876 (in Preußen seit dem 1.10.1874) bei den Standesämtern geführten Personenstandsregistern sind im Personenstandsgesetz (PStG) geregelt. Die aus der Sicht der Genealogen in der Vergangenheit sehr restriktive und beklagenswerte Rechtslage hat zwischenzeitlich durch das Personenstandsrechtsreformgesetz grundlegende Änderungen erfahren, die zum 1.1.2009 in Kraft getreten sind.
„Rechtliches“ vs. „berechtigtes Interesse“
Bis zum 31.12.2008 konnte Einsicht in die Personenstandsbücher, die Durchsicht der Bücher und die Erteilung von Personenstandsurkunden gemäß § 61 Absatz 1 PStG nur von Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und von Personen verlangt werden, auf die sich der jeweilige Eintrag bezieht, sowie von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen. Weitergehende Einschränkungen bestanden für besonders sensible Daten (nichtehelichen Geburten, Adoptionen, Geschlechtsumwandlungen), die uneingeschränkt und zu Lebzeiten nur für diejenigen Personen zugänglich waren, auf die sich der jeweilige Eintrag bezieht. Anderen Personen standen Benutzungsrechte und Auskunftsansprüche nur zu, wenn sie ein „rechtliches Interesse“ am Erhalt bestimmter Daten oder Urkunden glaubhaft machen konnten, d. h. wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines Dritten zur Verfolgung eigener Rechte oder zur Abwehr individueller Ansprüche erforderlich war. Ein rechtliches Interesse in diesem Sinne wurde durch verschiedene Gerichtsurteile, z. B. für den Gläubiger eines Verstorbenen, für einen durch das Nachlassgericht oder den Nachlasspfleger beauftragten Erbenermittler, für den im Erbscheinsverfahren tätigen Notar oder den potenziellen Erben bejaht. Verneint wurde das Vorliegen eines rechtlichen Interesses dagegen von Gerichten für die „nur“ privaten Forschungszwecke eines Universitätsprofessors, für ein „nur“ berufliches Forschungsinteresse an der Erstellung eines Musikerlexikons, für die private Familienforschung in der Seitenlinie, ja selbst für einen Ehegatten bezüglich des für eine frühere Ehe des anderen Ehegatten angelegten Familienbuches.
Das Interesse an der Erforschung der eigenen Familie wurde lediglich als „berechtigtes Interesse“ angesehen und war damit nicht ausreichend, um vom Standesamt z. B. Auskünfte über Seitenverwandte (Geschwister, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen usw.) zu erhalten. Zur Ermittlung der eigenen Seitenverwandtschaft bedurfte es deshalb der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht von nach § 61 PStG antragsberechtigten Personen, um von den Standesämtern Auskünfte oder Urkunden über Personen zu erhalten, mit denen kein direktes Verwandtschaftsverhältnis bestand. Bei Vorlage einer entsprechenden Vollmacht durfte der zuständige Standesbeamte die Ausstellung von Personenstandsurkunden nämlich nicht verweigern.
Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 PStG gilt seit dem 1.1.2009 zunächst weiterhin, dass Personenstandsurkunden uneingeschränkt denjenigen Personen zu erteilen sind, auf die sich der Registereintrag bezieht, sowie deren Ehegatten, Lebenspartnern, Vorfahren und Abkömmlingen. Andere Personen haben Anspruch auf Erteilung von Personenstandsurkunden vor dem Ablauf von bestimmten Sperrfristen (s. u.) nur, wenn sie ein „rechtliches Interesse“ (s. o.) am Erhalt der Urkunden darlegen können.
Neu ist eine beachtenswerte Erleichterung für Geschwister, die sich etwas „versteckt“ im zweiten Halbsatz des § 62 Abs. 1 Satz 2 PStG findet. Geschwister haben danach für die Beschaffung von Geburts- und Sterbeurkunden einer Schwester bzw. eines Bruders nur mehr ein „berechtigtes Interesse“ darzulegen, so dass bereits ein Hinweis auf genealogisch gelagerte Forschungsinteressen zum Erhalt der besagten standesamtlichen Urkunden ausreicht.
Sperrfristenregelungen
Mit der Änderung des Personenstandsgesetzes wurde eine sozusagen „doppelte“ Sperrfristenregelung neu eingeführt. Danach gilt für die Auskunftserteilung und die Ausfertigung von Personenstandsurkunden durch die Standesämter zunächst, dass in den Fällen, in denen der letzte Beteiligte eines Personenstandsfalles vor mehr als 30 Jahren verstorben ist, kein „rechtliches Interesse“, sondern nur mehr ein „berechtigtes Interesse“ dargelegt werden muss. In diesen Fällen reichen genealogische Forschungsinteressen mithin aus, um die jeweiligen Personenstandsurkunden zu erhalten. „Beteiligte“ an Personenstandsfällen sind beim Geburtenregister die Eltern und das Kind, beim Eheregister die Ehegatten und beim Lebenspartnerschaftsregister die Lebenspartner.
Weitaus bedeutsamer ist allerdings, dass Personenstandsregister nicht mehr zeitlich unbeschränkt geführt werden und auch nicht dauerhaft in der Verwahrung der Standesämter verbleiben. Eheregister und Lebenspartnerschaftsregister werden zukünftig nur noch über einen Zeitraum von 80 Jahren, Geburtenregister über einen Zeitraum von 110 Jahren und Sterberegister über einen Zeitraum von 30 Jahren geführt (§ 5 Abs. 5 PStG). Nach dem Ablauf dieser Fristen sind die Personenstandsregister nunmehr (einschließlich der Nebenregister und Sammelakten) nach den jeweiligen archivrechtlichen Vorschriften den zuständigen öffentlichen Archiven zur Übernahme anzubieten. (§ 7 Abs. 3 PStG). (Original Text siehe unten) Für die Benutzung der Register gelten sodann nur noch die nachstehend noch anzusprechenden Benutzungsregeln der Archivgesetze und nicht mehr die Regularien des Personenstandsgesetzes. Dies gilt auch schon dann, wenn die Überführung der Register in die Archive noch aussteht und sich die Register noch in den Standesämtern befinden (§ 61 Abs. 2 PStG). Nach dem Ablauf dieser Sperrfristen stehen die standesamtlichen Register dem Familienforscher damit praktisch uneingeschränkt für Forschungszwecke zur Verfügung.
Auf die vor dem 1.1.1876 geführten staatlichen Zivilstandsregister findet das Personenstandsgesetz keine unmittelbare Anwendung. Für die Einsichtnahme in Zivilstandsregister und die Durchsicht dieser Bücher bedarf es nur eines „berechtigten Interesses“. Dazu hat jedes Bundesland Aus- und Durchführungsverordnungen, die sich kaum voneinander unterscheiden.
- Anmerkung des Vorstands: Original Gesetzestext: §7 Abs.(3) Nach Ablauf der in § 5 Abs. 5 genannten Fristen sind die Personenstandsregister, die Sicherungsregister und die Sammelakten nach den jeweiligen archivrechtlichen Vorschriften den zuständigen öffentlichen Archiven zur Übernahme anzubieten;
Kirchenbücher und kirchliche Archive
Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Personenstandsgesetzes am 1.1.1876 stellen Kirchenbücher die amtlichen Verzeichnisse für Personenstandsfälle dar. Seit der Einführung der standesamtlichen Registerführung dienen die Kirchenbücher allerdings nur noch der Dokumentation rein kirchlicher Amtshandlungen. Die Benutzungsmöglichkeiten für kirchliches Archivgut der evangelischen Kirchen sind relativ einheitlich geregelt, von geringen Unterschieden bei den geltenden Schutzfristen abgesehen. Die evangelischen Landeskirchen haben zum Teil auf der Grundlage einer EKD-Richtlinie vom 10.10.1997 kirchliche Archivgesetze erlassen, die in Verbindung mit den Kirchenbuchordnungen auch auf die in den einzelnen Pfarrarchiven befindlichen Kirchenbücher Anwendung finden. Einige Landeskirchen arbeiten allerdings noch auf der Grundlage älterer landeskirchlicher Gesetze und Verordnungen. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass für personenbezogenes Archivgut evangelischer Kirchengemeinden in der Regel Sperrfristen zu beachten sind, die zehn Jahre nach dem Tod, 90 bis 100 Jahre nach der Geburt oder 60 Jahre nach der Entstehung der Unterlagen (bei Unkenntnis über die Lebensdaten) enden. Außerhalb dieser Sperrfristen sind die Einsichtnahme und die Durchsicht von Archivgut bei Vorliegen eines „berechtigten Interesses“ für jedermann möglich.
Für den Zugang zu Kirchenbüchern aus der Zeit vor dem 1.1.1876 ist ein mit der Familienforschung verbundenes „berechtigtes Interesse“ ausreichend. Auf Kirchenbücher jüngeren Datums wurde in der Regel die Vorschrift des § 61 PStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung entsprechend angewandt. Verfahrenstechnisch steht wohl zu erwarten, dass außerhalb der kirchlichen Sperrfristenregelung ein „berechtigtes Interesse“ als ausreichend angesehen wird, um Auskünfte aus den Kirchenbüchern und ggf. auch Urkunden über kirchliche Amtshandlungen zu erhalten. Ergänzend zu den kirchlichen Archivgesetzen gelten darüber hinaus Benutzungsordnungen, die den Zugang zum Archiv und zum Archivgut von einer schriftlichen Antragstellung und der Erteilung einer Benutzungsgenehmigung durch die kirchlichen Stellen abhängig machen.
Innerhalb der katholischen Kirche gelten ebenfalls Benutzungsregeln, die den für die evangelische Kirche geltenden Regularien weitestgehend entsprechen. Grundlage ist hier die „Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche vom 19.9.1988“, die in allen Diözesen als kirchliches Gesetz in Kraft gesetzt wurde. Die Archivanordnung wird ergänzt durch die für die diözesanen und pfarramtlichen Archive geltenden Benutzungsordnungen. Die Einsicht und die Durchsicht von Kirchenbüchern zum Zwecke der Familienforschung sind für Kirchenbücher aus der Zeit vor dem 1.1.1876 uneingeschränkt möglich, weil insoweit das mit der Familienforschung verbundene „berechtigte Interesse“ als ausreichend angesehen wird (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der Archivanordnung). Für jüngere Kirchenbücher galt bisher eine sinngemäß dem § 61 PStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung entsprechende Regelung, d. h., als unmittelbar Betroffener hatte man einen Anspruch darauf, authentische Abschriften oder Ablichtungen der dokumentierten kirchlichen Amtshandlungen zu erhalten.
Ansonsten gelten für Personalakten und personenbezogenes Archivgut Sperrfristen. Unterlagen dieser Art stehen erst 30 Jahre nach dem Tod bzw. 120 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person zur Einsicht zur Verfügung. Weitergehende Sperrfristen gelten für bischöfliche Geheimakten, Handakten und Nachlässe (60 Jahre). Archivgut, dessen Schlussdatum weniger als 40 Jahre zurückliegt, steht nichtbetroffenen Dritten generell nicht zur Verfügung.
Staatliche Archive
Die Benutzungsmöglichkeiten von Archivalien, die in staatlichen Archiven verwahrt werden, sind durch das Bundesarchivgesetz und durch die inhaltlich mehr oder weniger gleichlautenden Landesarchivgesetze geregelt. Kleinere Unterschiede bestehen auch hier bei den zu beachtenden Sperrfristen, die bei personenbezogenen Unterlagen 30 Jahre nach dem Tod bzw. 90 bis 110 Jahre nach der Geburt der betroffenen Person enden. Ansonsten aber stehen auch die staatlichen Archive dem Familienforscher – entsprechend den jeweils geltenden Benutzungsordnungen – nahezu uneingeschränkt offen.
Datenschutz
Das Rahmengerüst, in dem sich die Familienforschung bewegt, sind Geburts-, Heirats-, Scheidungs- und Sterbedaten von Personen, die im Idealfall um weitere persönliche Informationen (Beruf, Aufenthaltsorte usw.) bis hin zu einem lückenlosen Lebenslauf ergänzt und festgehalten werden. Je nach der individuellen Herangehensweise beschränkt sich das Forschungsinteresse auf einen engeren (nur die unmittelbaren Vorfahren) oder weiteren (alle Nachfahren einer bestimmten Person) Personenkreis bis hin zu einem weit über den eigenen Familienkreis hinausgehenden und nur mehr flächendeckend begrenzten Personenkreis, wie er sich z. B. bei der Erarbeitung von Ortsfamilienbüchern auftut. In diesem Zusammenhang stellt sich mithin die Frage, ob und ggf. welche personenbezogenen Daten Familienforscher erfassen und auch veröffentlichen dürfen.
Es wird gemeinhin angenommen, diese Frage beantworte sich unmittelbar durch Anwendung der Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes, wonach nämlich eine Erhebung, Speicherung, Veränderung, Nutzung und Übermittlung von personenbezogenen Daten nur zulässig sind, wenn eine Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene eingewilligt hat oder die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können (§ 4 Abs. 1 BDSG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG). Diese Annahme ist allerdings nur bedingt zutreffend.
Wer die Familienforschung als Hobby betreibt, tut dies regelmäßig aus persönlichem Antrieb, verfolgt dabei mehr oder weniger breit angelegte historische Forschungen und im wahrsten Sinne des Wortes familiäre Zwecke. Sicherlich – der Blickwinkel des Familienforschers ist schließlich auch gegenwartsbezogen – spielen in diesem Zusammenhang auch personenbezogene Eckdaten von lebenden Personen eine Rolle. Aber dennoch, Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit eines effektiven Datenschutzes wären konterkariert, wenn sozusagen eine allumfassende und undifferenzierte Einbeziehung jedweder Datenverarbeitung in die Datenschutzgesetze (d. h. im Zweifel bis hin zum privaten Notiz- und Adressbuch) ernsthaft erwogen oder umgesetzt würde. Aus diesem Grund ist durch das Bundesdatenschutzgesetz vorgegeben, dass das Gesetz auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch natürliche Personen dann keine Anwendung findet, wenn die Datenverarbeitung „ausschließlich für private oder familiäre Tätigkeiten“ erfolgt (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG und § 27 Abs. 1 Satz 2 BDSG). Das Bundesdatenschutzgesetz findet deshalb auf das bloße Sammeln und Erfassen personenbezogener Daten durch Familienforscher keine Anwendung. Die „Schnittstelle“ zwischen privat bzw. familiär, sprich: datenschutzrechtlich irrelevant, und nicht mehr privat bzw. familiär ist allerdings dann berührt, wenn Ergebnisse der Familienforschung „weitergegeben“ oder veröffentlicht werden sollen.
Soweit die Weitergabe oder Veröffentlichung von Daten lebender Personen wiederum nur innerfamiliär, d. h. nur innerhalb der unmittelbaren Verwandtschaft erfolgt, wird man dies als uneingeschränkt zulässig ansehen können, weil dort regelmäßig ein „berechtigtes Interesse“ an der Kenntnis des unmittelbaren familiären Umfeldes vorausgesetzt werden kann, dem überwiegende Interessen lebender Personen in der Regel nicht entgegenstehen. Wird der innerfamiliäre Rahmen durch eine uneingeschränkte Weitergabe oder Veröffentlichung von Daten allerdings verlassen, ist Folgendes zu beachten:
1. Die Erfassung, Weitergabe und Veröffentlichung von personenbezogenen Daten bereits verstorbener Personen ist ohne deren individuelle Zustimmung (und ohne Einhaltung von Schutzfristen) zulässig, denn das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ endet mit dem Tod. Ein postmortal fortwirkender Persönlichkeitsschutz beschränkt sich auf den Schutz der Menschenwürde sowie den Schutz des allgemeinen Lebensbildes gegen grob ehrverletzende Entstellungen, Erniedrigungen und Herabwürdigungen, aber nicht auf die reinen Lebensdaten. 2. In allen Fällen, in denen eine ausdrückliche Einwilligung des bzw. der Betroffenen dazu vorliegt, ist die Weitergabe und Veröffentlichung personenbezogener Daten uneingeschränkt zulässig. 3. Fraglich ist, ob eine Weitergabe und Veröffentlichung von personenbezogenen Daten lebender Personen auch ohne individuelle Einwilligung der Betroffenen als zulässig angesehen werden kann, wenn deren Daten aus „allgemein zugänglichen Quellen“ zusammengestellt wurden oder sich die Daten auf eine einfache Nennung des Namens (ohne weitere Daten) beschränken.
Soweit genealogische „Grunddaten“ (Namen, Titel, Beruf, Lebensdaten) bereits öffentlich zugänglich sind, ließe sich der Standpunkt vertreten, die Weitergabe oder neuerliche Veröffentlichung könne keine Verletzung von Individualrechten Dritter mehr darstellen (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG). Überzeugender erscheint demgegenüber allerdings das Argument, dass sich eine einmal erteilte Zustimmung zur Veröffentlichung von privaten Lebensdaten nur auf den ursprünglichen Veröffentlichungszweck und die ursprüngliche Veröffentlichungsquelle beschränkt, so dass daraus keinerlei Rechte zur erneuten Veröffentlichung der Daten an anderer Stelle oder deren Weitergabe hergeleitet werden können.
Mit der Frage nach der Zulässigkeit einer nur „einfachen Namensnennung im Internet“ hatte sich bereits der Europäische Gerichtshof zu befassen und er hat eine Namensnennung ohne ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen als Verstoß gegen die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr angesehen (Urteil vom 6.11.2003, http://www.jurpc.de/rechtspr/20040030.htm). Vor diesem Hintergrund ist bei der Veröffentlichung von Lebensdaten lebender Personen selbst dann Vorsicht geboten, wenn sich diese Angaben auf deren Namen beschränken oder die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen stammen. Auf rechtlich gesicherten Terrain bewegt man sich nur, wenn und soweit die Betroffenen einer Veröffentlichung ausdrücklich zugestimmt haben.
Urheberrecht
Im Zusammenhang mit der Familienforschung und der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen ist letztendlich auch das Urheberrecht zu beachten. Nach den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) genießen persönliche geistige Schöpfungen im weitesten Sinne urheberrechtlichen Schutz, d. h. die Vervielfältigung, Verbreitung, Ausstellung und die öffentliche Wiedergabe derart geschützter Werke darf nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Urhebers oder von ihm ggf. mit Verwertungsrechten ausgestatteter Dritter erfolgen. Selbst unbeabsichtigte Verletzungen von Urheberrechten und von ebenfalls im UrhG geregelten Leistungsschutzrechten können Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz begründen (§§ 97 ff. UrhG) und außerdem strafrechtliche Folgen haben (§§ 106 ff. UrhG). Materielle Voraussetzung für das Entstehen von Urheberrechten und vergleichbarer Schutzrechte ist nach deutschem Recht nur, dass ein Werk („eine individuelle geistige Schöpfung“) vorliegt, das den Werkbegriff des UrhG erfüllt, den dort genannten Werkkategorien (§§ 2-4 UrhG) entspricht oder dem Katalog der mit so- genannten Leistungsschutzrechten ausgestatteten Leistungen unterfällt (§§ 70 ff. UrhG). Für die Entstehung dieser Schutzrechte ist es nicht erforderlich, dass die jeweiligen Werke mit den Kennzeichen ©, ® oder ™ gekennzeichnet sind. Zu den wichtigsten urheberrechtlich geschützten Werkarten und Leistungsschutzrechte begründenden Leistungen gehören:
• Sprach- und Schriftwerke (z. B. Bücher, Zeitschriften, Vorträge, Briefe auch in digitaler Form usw.); • Werke der bildenden Kunst (z. B. Gemälde); • Fotos, Lichtbilder und Filme; • Pläne, Skizzen, Zeichnungen; • Computerprogramme; • Datenbanken (auch als sogenannte „kleine Münze“ in Form von Linksammlungen, Telefonbüchern, Karteikarten).
Ein urheberrechtlicher Schutz besteht im Regelfall bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Für Fotoaufnahmen (einfache Lichtbilder, die nicht im Rang von Lichtbildwerken stehen) gilt eine Schutzfrist von 50 Jahren nach der erstmaligen Veröffentlichung bzw. 50 Jahren nach der Herstellung, wenn das Bild nicht veröffentlicht wurde. Datenbanken, die nicht im Range eines Datenbankwerkes stehen, sind für einen Zeitraum von 15 Jahren nach der Herstellung bzw. erstmaligen Veröffentlichung geschützt. Bei der Verwendung von Lichtbildaufnahmen ist zudem zu beachten, dass etwaige Persönlichkeitsrechte von abgebildeten Personen erst zehn Jahre nach deren Tod enden.
Erleichtert ist der Umgang mit den sogenannten „Amtlichen Werken“, die nämlich generell vom Urheberrechtsschutz ausgenommen sind (§ 5 UrhG). Darunter fallen z. B. Gesetze, Verordnungen, Erlasse, Bekanntmachungen und sonstige Veröffentlichungen, die im öffentlichen Interesse von staatlichen Stellen herausgegeben wurden. Das Datenmaterial muss allerdings unverändert wiedergegeben werden und es besteht die Verpflichtung, auch die ursprüngliche Quelle anzugeben (§§ 62 f. UrhG). In den Archiven vorgehaltene Findbücher sind übrigens keine amtlichen und damit frei verwertbaren Werke im vorgenannten Sinne (http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk19980729_1bvr114390.html).
Zulässig ist es auch, den Inhalt urheberrechtlich geschützter Werke mit eigenen Worten („Abstracts“) wiederzugeben oder daraus kürzere Passagen wörtlich zu zitieren. Zitate sind allerdings nur erlaubt, wenn sie als solche kenntlich gemacht sind und der Urheber nebst Quelle genannt wird (§ 63 UrhG) – dies dürfte durch die diversen Plagiatsfälle bei Doktorarbeiten inzwischen weithin bekannt sein.
Beliebig nutzen kann man demgegenüber die sogenannten „gemeinfreien Werke“. Hierbei handelt es sich um Werke und Leistungen, denen entweder schon aus sich heraus kein urheberrechtlicher Schutz zukommt oder deren urheberrechtlicher Schutz (spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) abgelaufen ist. Auch dies sollte allerdings nicht unkritisch geschehen, denn Texte von Shakespeare sind zwar „gemeinfrei“, können aber dennoch nicht einfach der jüngsten Shakespeare-Werkedition entnommen werden, die nämlich unbeschadet ihrer gemeinfreien Textinhalte als Sammelwerk im Sinne des § 4 UrhG sehr wohl noch geschützt ist.
Keinen urheberrechtlichen Schutz genießen im Übrigen die genealogischen Kerndaten von Personen, auch wenn sie bereits andernorts veröffentlicht sind. Diese Daten wurden nämlich nicht in einer urheberrechtlich relevanten Art und Weise „erfunden“, sondern in den einschlägigen Quellen (standesamtliche Register, Kirchenbücher, Bürgerbücher, Steuerkataster u.ä.) allenfalls „gefunden“. Die auch Familienforschern abzuverlangende wissenschaftliche Fairness gebietet es allerdings, auf fremde Arbeitsergebnisse und deren Fundstelle hinzuweisen, soweit sie Eingang in die eigene Forschung finden. Eine doppelte rechtliche Komponente beinhaltet die Frage, ob und wie mit Reproduktionen aus staatlichen oder kirchlichen Archiven verfahren werden kann und darf. Die Benutzungsordnungen der Archive, zu deren Einhaltung jeder Benutzer verpflichtet ist, sehen insoweit in der Regel vor, dass Reproduktionen von dort lagernden Archivalien nur mit Zustimmung des Archivs veröffentlicht, vervielfältigt oder an Dritte weitergegeben werden dürfen.
Auch auf die nach Maßgabe der Benutzungsordnungen ggf. zur Verwendung „freigegebenen“ Archivalien finden allerdings die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes Anwendung. Die Verwendung und Veröffentlichung von Archivalien kann deshalb trotz des Vorliegens einer Erlaubnis zur Veröffentlichung durch das verwahrende Archiv Urheberrechte Dritter verletzen – so entschied das OLG Zweibrücken 1997 zum urheberrechtlichen Schutz einer in einem Archiv verwahrten handschriftlichen Chronik über jüdische Friedhöfe. Dies gilt insbesondere für in den Archiven verwahrte Bilder, Fotografien, Landkarten, Nachlässe und Manuskripte.
Es ist deshalb für jeden Familienforscher ratsam, sich mit den Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes vertraut zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass die eigene Veröffentlichungspraxis keine Rechte Dritter verletzt.
Gesetze, Regelungen und Entscheidungen im Internet
Personenstandsgesetz: http://www.buzer.de/gesetz/7606/
Personenstandsrechtsreformgesetz http://www.buzer.de/gesetz/7607/
Bundesdatenschutzgesetz: http://www.buzer.de/gesetz/3669/
Urheberrechtsgesetz: http://www.buzer.de/gesetz/4838/
Archivgesetze und kirchliche Regelungen:
http://www.archivschule.de/DE/service/archivgesetze
Gerichtsentscheidungen zum Archivrecht: http://de.wikisource.org/wiki/Archivrecht