Landau und die Südpfalz/Adressbuch 1932/Geschichte der Stadt Landau

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Landau und die Südpfalz/Adressbuch 1932
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Streifzug durch die Geschichte der Stadt Landau

Von Oberstudienrat Hagen

Das für unser Einwohnerbuch in Betracht kommende Gebiet stellt ein von drei Flüssen und einem Gebirgsrand umsäumtes Gebiet dar, das an allen Segnungen des Gottesgartens der Rheinebene nach Güte des Bodens, Beschaffenheit des Geländes und Stimmung der Luft teilnimmt. Sitze großer Fürsten und Bischöfe hat es unter dem Drucke der Ueberlieferung römischen Staatsgliederung (civitas Nemetum, Speyer) allerdings nicht aufzuweisen. Damit ist unserem Gebiete die Besonderheit eines Uebergangslandes zwischen den Hauptstädten des allamannischen und des rheinfränkischen Volksstammes ausgeprägt.

Trotzdem hat es wesentlich in den Gang der Geschichte eingegriffen. Seine fruchtbare, von Auen und Forsten durchzogene Erde lockte von allen Seiten immer neue Ansiedler an, sich auf ihren Bodenschwellen und Hügeln häuslich einzurichten: Sicherheit, Ausschau, Höhenfrohgefühl! Aber die überragenden Bergeshöhen mit ihren rauschenden Hainen räumten sie der Gottheit ein. Diesem echt germanischen Wesenszuge verdankt wohl die merkwürdig sich ausreckende Felsgestalt des Trifels ihre erste Weihe, wie auch der einsam-schwermütige Gutenberg (Wodansberg).

Als dann die Frankenkönige unser Land siegreich überzogen, vergaben sie den neuen Reichsboden an ihre Getreuen teils als Allod,. teils als Lehen (z. B. Frankeweiler!); das in ihrem Gefolge einziehende Christentum löste den Wodanskult ab und noch lebte noch etwas von ihn in St. Michael fort wie auch in Volkssagen, so vom Merowinger Dagobert, dessen Spuren bis nach Frankweiler reichen. Das angeblich von diesem gegründete Benediktinerkloster Weißenburg. im deutschen Speyergau gelegen, griff pastorisierend in unser Gebiet herein; die seinem Schutzpatron, dem hl. Petrus-, geweihten Kirchen und Kapellen, so z. B. in dem eingegangenen Dorfe Mühlhausen weisen daraus hin, nicht minder die Personennamen Peter-, Peters, Peters, Petry, Petermann. In Wettbewerb trat alsbald das erst in Blidenfeld, dann bei Klingen gebaute, dem hl. Michael geweihte Kloster Merowinger und Karolinger, der Erzbischof von Mainz, schufen beiden Abteien in unserem Gebiet feste Heimstätten. Feld, Wiesen und Wald (Mundat!), Land und Leute und die Botmäßigkeit über sie mußten jene Klöster als Lohn zu gewinnen; ja, die Abtei Klingenmünster erhielt zu ihren eigenen Dörfern noch als Reichslehen die Burg Landeck mit ihren zahlreichen Ortschaften. Zu diesen gehörten nach des Verfassers Einsicht auch Dammheim, Eutzingen und Queichheim, aus dessen Hinterlande aus der „Landouwe“ eine neue Gemeinde zwischen Bodenschwellen emporwachsen sollte. Und das kam so:

Der mit der Herrschaft Landeck belehnte Graf Emich IV. von Leiningen brauchte für die von seiner Burg zu weit entfernten, ihn untertänigen Dörfer in der Ebene einen festen Verwaltungsmittelpunkt. Dazu schien ihn die Landaue geeignet. Die uns seinen Frohnhof sich ausbreitende Siedlung (1266 erstmals urkundlich erwähnt) ließ er durch König Rudolf, den ihm wohlgeneigten Habsburger, in den Rang einer Stadt mit den Rechten und Gnaden von Hagenau erbeben (1274) und durch Augustiners-Chorherren geistlich betreuen, wozu Landau sich von der Queichheimer Kirche loslösend, eine eigene Pfarrei erhielt (1279). Wohl schon die beiden Emiche - Vater und Sohn - haben ans ihrem Reichslehen die vier Dörfer Oberbornheim (St. Justin), Dammheim, Queichheim und Eutzingen der neuen wohlbefestigten Stadt Landau als untertänige und zinspflichtige Vororte angegliedert. Als folgerichtige Handlung König Adolf (von Nassau) erscheint uns jetzt sowohl die Verschenkung seines Dammheimer Güter an die Stadtgemeinde Landau (1292) als auch die Einverleibung der Queichheimer Reichskirche in die Landauer Pfarrei (1294).

Unterdessen war Landau aus seiner Botmäßigkeit unter den Grafen von Leiningen herausgekommen. 1289 war nämlich deren Linie Landeck ausgestorben und Rudolf von Habsburg hatte die Stadt Landau aus dem erledigten Reichslehen herausgenommen. War Annweiler bereits 1219 von dem mächtigen Hohenstaufen Kaiser Friedrich II. zu einer Reichsstadt erhoben worden, hatte ferner Germersheim (urkundlich um 1090 auftauchend) 1276 von Rudolf von Habsburg die gleiche Gunst erlangt, ebenso 1285 Godramstein, so war 1289 mit dem Aussterben der Leiningen-Landeck dem genannten Reichoberhaupt die Gelegenheit geboten, sein Reichsortsystem an der Queichlinie auszubauen. Demgemäß hatte Rudolf Landau zur Reichsstadt gemacht (1290) und derselben Anteil an den Haingereiden verliehen. Während jene Städte mit Speyerer Recht begnadigt waren, wonach sie vom Hauptrecht oder Buteil, ferner vom Schoßpfennig, von der Gerichtbarkeit des Landvogts im Speyergau und von Naturalleistungen und Frondiensten befreit waren, so verblieb Landau beim Hagenauer Stadtrecht, welches 1286 auch die neue Landstadt Bergzabern unter den Grafen von Zweibrücken erhalten hatte. Hageneuer Recht gewährte den letzten beiden Städten unter anderem Freiheit vom Zoll und Geleitegeld im ganzen Reich, eigenen Gerichtstand, ferner das Forst-, Weide- und Marktrecht unter königlichem Schutz. Um die Zeit der Ermordung König Albrechts I. (1308) erlangte der Landauer Stadtrat das Recht, Gericht und Schultheiß in Albersweiler zu besetzen; dazu gehörten der Gerichts- oder Taßberg (= Dachsberg, jetzt Taschberg genannt), der Hubhof nebst Hauptrecht samt den übrigen Gefällen an Fastnachtshühnern und Kapaunen, sowie der Steinberg (Gneis-Granit), dessen Besitz die Stadt beim Verkaufe (1538) sich vorbehielt so daß sie berechtigt war, auch in der Folge noch Material für Straßenpflaster und Festungsbau zu entnehmen.

Zu jenen Mächten die sich von Kaiser und Reich mit altem Reichsboden begaben ließen, hatte sich mittlerweile auch das Bistum Speyer gesellt. So manche Ortschaft mit der Abtei Limburg mit der Grafschaft auf dem Lutramsforst, mit dem Bienwald (von den Hohenzollern) hatte das Hochstift Speyer gewonnen. Neben der Abtei Heilsbrück besaß es den Blutbann. Die ständige Geldverlegenheit Ludwigs des Bayern benutzte Bischof Emich, Graf von Leiningen um sich von diesem König die Stadt Landau verpfänden zu lassen (1324). Die Entwickelung Landaus, überhaupt der ganzen Südostpfalz wurde durch den schwarzen Tod, der unter Geißlerfahrten und Judenverfolgungen das Rheintal (1348/49) durchtobte, durch Mißernten und Erdbeben einige Jahre aufgehalten. Aus dieser Zeit hat sich der städtische Turm an der Stiftskirche als Wahrzeichen Landaus, alle Stürme überstehend, erhalten. 1412 und 1432 kaufte Landau von einem Ganerben der Herrschaft Madenburg das Dorf Mühlhausen samt Gemarkung und allen Rechten; 1508 schloß die Stadt Landau diese Erwerbungen ab mit dein Kaufe Nußdorfs. Damit hatte Landau sämtliche sechs bannstößigen Dörfer an sich gebracht.

Im Vollgefühl dieser Macht erstrebte die Stadt immer dringender die Befreiung von der Pfandschaft des Hochstiftes Speyer. Maximilian I. „der letzte Ritter“. willfahrte dieser Bitte, 1511 wurde Landau an Kaiser und Reich zurückgegeben und 1517 das kaiserliche Stadtgericht der Kommunalbehörde eingeräumt.

Zur politischen Trennung vom Hochstift kam alsbald die kirchliche Loslösung vom Bistum Speyer. 1524 begann Joh. Bader das Reformationswerk im Landauer Bezirk. Der Stadtrat und die Bürgerschaft nahmen sich seiner an und setzten auch auf sittlichem Gebiete manche Verbesserung durch. Auch Bergzabern und Germersheim schlossen sich der neuen Bewegung an, jenes durch Nikol. Thomä, dieses offen seit 1556 durch Dr. Schmidt, erst lutheranisch dann reformiert.

Ueber Burg und Stadt Germersbeim gebot seit 1330 jene weltliche Macht, die sich seit Barbarossas Zeiten neben das Hochstift Speyer eingezwängt hatte. Ludwig der Bayer hatte ihr außer Germersheim das Siebeldinger Tal, Annweiler nebst dem Trifels, Nikastel, Gutenberg u. a. verpfändet. Auch an Burg und Herrschaft Landeck gewann die Kurpfalz Anteil, vermehrte ihn 1570 und war 1709 im alleinigen Besitz dieses stattlichen Gebietes. In Edenkoben erlangte sie nach dem Schirmrecht die zweite Berufungsinstanz, das Zustimmungsrecht über Schultheiß- und Schöffenwahl und über Käufe und Verkäufe der Abtei Heilsbrück, ferner Anteil an Gerichtsbarkeit und Gefällen darüber (1539). Endlich wurde durch den Kurfürsten Friedrich III. den Frommen, das Kloster Heilsbrück aufgehoben ( 1560).

Auch mit der Reichsstadt Landau wollten die Pfalzgrafen fertig werden« so wegen des Geleites. Doch diese, die den Bauernkrieg glücklich überstanden und sich durch Aufblühen von 12 bzw. 13 Zünften gekräftigt hatte, widerstand - ob zu ihrem Wohle, ist nach der Besetzung durch Ludwig XIV. (1679) recht zweifelhaft geworden. Geschwächt durch die unsäglichen Qualen des Dreißigjährigen Krieges, fiel sie fremdem Zugreifen in die Hände. wie auch Germersheim, Bergzabern und Edenkoben 1689 lohten ringsum unbarmherzige Feuersbrünste. Schwerste Zeit brachte außerdem noch der „Spanische Erbfolgekrieg“, wobei die neu umgebaute Festung Landau gleich vier fürchterliche Belagerungen über sich ergehen lassen mußte.

Endlich kam die Stunde der Erlösung. Durch Deutschlands Freiheitskriege (1813-1815) dem deutschen Vaterlande zurückgewonnen, hat sich unsere Südostpfalz im Rahmen des aus 44 Herrschaften gebildeten Rheinkreises, der durch König Ludwig I. von Bayern den altehrwürdigen Namen Rheinpfalz erhielt, aus all den Qualen und Heimsuchungen erholt, ja gekräftigt. Die vielartigen Hemmnisse, besonders die Zollschranken zwischen den Ländern und Ländchen. deren Bildung wir oben entwickelt haben. waren beseitigt und gefallen. Durch eine neu geschaffene Festung nebst Besatzung nahm Germersheim frischen Aufschwung Als Bezirksstadt mit Aemtern und verschiedenen Schulen ausgestattet, hob sich Bergzabern, woraus ein Jakob Theodor Tabernaemontanus und der Historiker Georg Weber hervorgegangen waren, sowie durch Kuranstalten und Landwirtschaft Die Kantonsstadt Edenkoben erhielt Aemter und Mittelschulen und wurde durch Getreide-·und Weinbau (Letten, Kirchberg, Schneckenberg, Bergel und Heidewingert z. B.) wohlhabend.

Beinahe alle diese Vorzüge wußte Landau in sich zu vereinigen, zumal es Mittelpunkt eines fünfzackigen Eisenbahnsternes wurde und als Ausgangsort romantischer Wanderungen in das sagenverklärte Burgenland des Pfälzer Waldes mehr und mehr Geltung gewann. Nach 1871 des Festungsgürtels ledig, drängte sich Landavia immer stärker aus der alten Straßen „quetschender Enge“ hinaus in ihre Feldgemarkung, so dass nunmehr- die Altstadt aufs reizendste von einem Kranze boulevardähnlicher Ringstraßen und hübscher Villen umsäumt wird. Zu den alten Sehenswürdigkeiten (Kirchen, Zeughaus mit Kreuzgang und Museum) sind moderne gekommen, wie das stattliche Justizgebäude, die neue Post, wohl eine der bedeutendsten Verkehrsanstalten Bayerns, die in deutscher Renaissance monumental aufragende Harr‘sche Handelsschule, die von Landaus Ehrenbürger, Herrn Dr. Aug. Ludowici gestiftete Festhalle, die modern eingerichtete Volksschule, das evangelische Predigerseminar der Pfalz.

Auch in anderer Hinsicht ging Landau der Südostpfalz voran: in Geschichtsschreibung und Druckerei. Ansätze zur Chronik kennen wir. aus dem fünfzehnten und dem siebenzehnten Jahrhundert. Die Geschichtsschreibung selbst eröffneten Gerichtspräsident Joh. von Birnbaum und Pfarrer Lehmann.

Die erste Druckerei in Landau schuf Dr. med. Silberling 1792 (siehe „Pfälzer Land“ 1921 Nr. 48!). Auf Glöckner und Georges folgte das Kaußlersche Unternehmen. Seit 1865 gab es das „Annweiler Wochenblatt“ wöchentlich zweimal heraus; vom 1. Oktober 1867 an kam diese Zeitung als Annweiler Wochenblatt. zugleich Landauer Anzeiger“ dreimal in der Woche heraus. Um 1. Januar 1868 erschien das Blatt als Landauer Anzeiger, zugleich Annweiler Wochenblatt“ und am 28. Juli 1869 als “Anzeiger für die Kantone Landau, Annweiler und Bergzabern“. Seit dem 1. April 1870 kam diese Zeitung täglich heraus.

Erst nach Landau traten Bergzabern und Germersheim auf den Plan. Der „Germersheimer Anzeiger“ wurde ursprünglich von L. Georges in Landau gedruckt.

Außerdem gewinnt Landau als Hauptpunkt der Turn- und Sport-Bewegung in der Südpfalz, so durch sein Stadions mehr und mehr Ansehen und Bedeutung.