Leichenpredigt

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Leichenpredigten

Reden am Grabe eines Verstorbenen, Leichenpredigten, hat es wohl seit der Zeit gegeben, als Menschen begannen sich mit einem gewissen Begräbnisritus von ihren verstorbenen Angehörigen zu trennen.

Bereits Anfang des 16. Jahrhunderts wurde es in lutherisch protestantischen Pfarreien üblich, am Grabe Leichenpredigten mit dem Lebenslauf des Verstorbenen zu halten. Man wollte dem Toten eine "Gute Nachrede" widmen. Etwa um das Jahr 1550 gab es dann auch schon Leichenpredigten in gedruckter Form.

Die Ausbreitung dieses Brauches erfolgt zwangsläufig in den Gebieten, in denen die Bevölkerung gänzlich oder überwiegend dem lutherischen Glauben angehörte. Die katholische Kirche lehnte diesen Brauch ab, ebenso wie die lutheranische Kirche den Totenzettel ablehnte.

Um das Verbreitungsgebiet dieser Schriftstücke zu markieren sollte man im Norden eine Linie von Osnabrück über Hannover nach Berlin und im Süden von Mainz über Würzburg nach Bamberg ziehen. In der östlichen Ausdehnung erreichte der Brauch der Anfertigung von Leichenpredigten die Gebiete Schlesien, Pommern und auch Polen.

Obwohl die katholische Kirche den Leichenpredigten vom Grundgedanken her nicht positiv gegenüber stand, wurde der Brauch auch in katholischen Gemeinden, vorwiegend in Süddeutschland übernommen und geduldet.

Auch im östlichsten Ausbreitungsgebiet, im katholischen Polen wurden gedruckte Leichenpredigten gefertigt und im 17. und 18. Jh. den Trauernden übergeben. Größere Sammlungen dieser Objekte gibt es davon heute in Lemberg und in Krakau.

In der Regel waren es früher der Adel und das gehobene Bürgertum welche die Möglichkeit nutzten, zum Andenken an einen Verstorbenen gedruckte Leichenpredigten zu verteilen, um so ein letztes Mal in einer Art Biographie den Lebensweg und besonders die guten Taten des Dahingegangenen aufzuzeigen.

Die Ausgabe von Leichenpredigten waren eine kostspielige Angelegenheit, die sich meist nur Wohlhabende leisten konnten. Die Drucklegung einer Auflage belief sich in der Regel zwischen 100 bis 300 Stück.

Leichenpredigten konnten den Umfang eines dünnen Heftes mit wenigen Seiten, wie auch den einer Buchausgabe haben. Sie enthielten oftmals nicht nur den vollen Lebenslauf, den Werdegang und die guten Taten des Verstorbenen, sondern nicht selten auch dessen Ahnentafeln und Nachkommenlisten.

Die Große Zeit der Leichenpredigten war Mitte des 18. Jahrhunderts vorüber. Es wurden zwar weiterhin, bis in das 20. Jahrhundert, sogenannte Grabreden, Trauerreden, Trauerworte, Worte am Grabe oder Gedächtnisreden gedruckt. Sie waren jedoch in ihrer Anlage einfacher gestaltet und auch für den einfachen Bürger bezahlbar. So war lange Zeit Brauch, auch in katholischen Gemeinden, jeden Verstorbenen mit einer schriftlichen Leichenpredigt zu verabschieden.

Schon früh hatte man aus genealogischer und sozialgeschichtlicher Sicht den Wert der Leichenpredigten erkannt und hat sie in staatlichen Archive und Universitäten gesammelt um die Fülle der darin enthaltenen Informationen und Daten auswerten zu können. Eine besonders große Sammlung und wissenschaftliche Auswertung dieser Hinterlassenschaften ist an der Marburger Universität zu finden.

Gedruckte Verzeichnisse

Weblinks

Siehe auch