Füchtorf/Geschichte

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Geschichte Füchtorfs

Dr. Bernhard Riese (1915-2003)


Das Aufspüren der ältesten Urkunden eines Dorfes kann für den Heimatforscher genau so interessant sein, wie das Schürfen nach Gold im Flußbett, die Suche nach Versteinerungen in einer Kiesgrube oder das Versteckspiel Jugendlicher auf einem Schul﷓ oder Bauernhof. Schon vor dreißig Jahren hatte ich Jagd auf die ältesten Nachrichten über Füchtorf, seine Bauernschaften und Bewohner gemacht. Besonders ergiebig war das Stöbern in den Archiven damals nicht. Als mir der Heimatverein Füchtorf zu Beginn des Jahres mitteilte, daß man eine 850 Jahrfeier veranstalten wolle, machte ich mich erneut auf den Weg, um den ältesten Urkunden über unser Heimatdorf auf die Spur zu kommen. Diesmal war die Suche erfolgreicher, da inzwischen die Archive besser geordnet und ausgestattet, die Urkundenbücher durch Ablichten leichter zugängig und manche wertvolle Veröffentlichungen erfolgt sind. Dazu hatte ich diesmal in Herbert Scholz, dem bischöflichen Architekten aus Sassenberg, einen wichtigen Bundesgenossen, dem ich an dieser Stelle für seine Mitarbeit meinen Dank aussprechen möchte. Trotzdem erforderte schon das Aufsuchen der ältesten Urkunde aus dem Jahre 1134 Ausdauer und Hartnäckigkeit. Erst im vierten angeschriebenen Archiv wurde ich fündig. Da das Studium alter Urkunden für viele eine recht trockene Wissenschaft ist, werde ich versuchen, durch persönliche Kommentare die nüchterne Abhandlung etwas aufzulockern.


Über das wahre Alter einer Ansiedlung können Urkunden nur bedingten Aufschluß geben. Füchtorf war eine altsächsische Bauernsiedlung, deren Ursprünge bis in die germanisch﷓heidnische Zeit zurückreichen. Der große Füchtorfer Esch auf dem übersandeten Geschieberücken zwischen Füchtorf, Subbern und Twillingen mit einer schwarzen humösen Ackerschicht von 1,10 m Mächtigkeit spricht für das hohe Alter der drei Ursiedlungen um diesen Esch. Die älteste Bauerschaft dürfte Subbern sein mit den vollerbigen Höfen Ossenkamp (jetzt Meier), Bernigmann (jetzt Dütting), Erdmann, Grause (untergegangen), Wessel und Krimphoff (jetzt Teepe). In Twillingen entstanden die Vollerben Schulze Twillmann (1871 abgebrannt und verkauft), Pryst (Pries), Heseker und Hüwe. Als kulturell religiöses Zentrum der frühen Bewohner Füchtorfs entwickelte sich die Ursiedlung am Dorf mit den Höfen Mitber (jetzt Ostholt), Bode (jetzt Schulze Wienker), Lohmann (untergegangen) und Nyenborg (untergegangen). Ein Dorf im eigentlichen Sinne gab es noch nicht. Nur auf dem Thie kam man aus allen Himmelsrichtungen zu Versammlungen (Thing) zusammen. Nachdem die Franken im achten Jahrhundert unsere Heimat erobert hatten, errichteten sie in lockerer Nachbarschaft einen Ober﷓ oder Kontrollhof, wie es auch in anderen wichtigen Dörfern geschah. Der Oberhof erhielt den Namen „Vuchthorpe" und wurde mit Dienstmannen (milites) besetzt.


Vor der ersten urkundlichen Erwähnung hatten die bäuerlichen Ursiedlungen rund um den Füchtorfer Esch bereits eine mehrere Jahrhunderte alte Vergangenheit. Der Oberhof Vuchthorpe beweist sinngemäß dieses hohe Alter, da er ja bedeutungvolle Ansiedlungen zur Voraussetzung hatte.


Fromme, unfromme, ketzerische und reformatorische Zeiten wechseln im Leben der Völker und Religionen. Die frühmittelalterliche Frömmigkeit suchte eine Flucht aus der Welt, wie man sie auch heute wieder beobachten kann. Damals indessen galt als erstrebenswertes Ziel das Leben in Klöstern, Stiften und einsamen Klausen. In unserer Heimat kam es zur Gründung vieler Klöster: 815 Liesborn, 822 Korvey, 839 Vreden, 851 Freckenhorst, 952 Geseke, 1080 Iburg, 1185 Marienfeld, 1247 Rengering und 1256 Vinnenberg.


Entstanden sind diese Niederlassungen durch Geld﷓ und Gütergeschenke der Edlen und Vornehmen des Landes. Auch Fürstbischöfe, der Kaiser und der Papst in Rom unterstützten diese Gründungen.


Die ältesten schriftlichen Nachrichten über Westfalen liefert uns das Freckenhorster Heberegister. Es ist ein Einkünfteverzeichnis des um 851 gegründeten Klosters Freckenhorst. Diese älteste Handschrift Westfalens ist zwischen 1059 und 1100 entstanden. Sie wird im Staatsarchiv Münster unter der Bezeichnung Msc. VII 1316 aufbewahrt. Die mit großen und breiten Buchstaben sehr engzeilig in altniederdeutscher Sprache beschriebenen Seiten sind schwer zu lesen und zu entziffern. Mehrere Sprachwissenschaftler und Historiker haben sich mit ihr befaßt. (Friedländer, Wardstein) Möglicherweise bezieht sich der Inhalt dieser Handschrift auf ein früheres Register. Die vielen germanischen Worte deuten auf das neunte oder zehnte Jahrhundert.


Für Füchtorf hat diese Handschrift eine große Bedeutung, weil sie beweist, daß die Vergangenheit unseres Dorfes und seiner Bewohner in die germanisch﷓heidnische Zeit zurückreicht. Sie hat uns die germanischen Namen der Altvorderen überliefert. Sie läßt auch vermuten, daß es mit der Christianisierung und dem Taufen nicht gar so schnell vonstatten gegangen ist. In dem Heberegister I heißt es:

van Fiehtharpa Aceclin thein muddi rokken, ende thein muddi gerstinos maltas.

Von Füchtorf hatte Aceclin zehn Mudden (1 Mudde = 4 Scheffel) Roggen und zehn Mudden Gerste abzuliefern.


An anderer Stelle:

van Fietharpa Thiezeko thein muddi rokken, Raziko an thein selvon tharpa, Gatmar vom themo selvon tharpa, athetcin muddi rokken.

Von Füchtorf hatte Thiezeko zehn Mudden Roggen abzuliefern, ebenso Raziko aus demselben Dorf, Gatmar, auch aus demselben Dorf, gleichfalls zehn Mudden Roggen. In dieser Urkunde begegnen uns die ältesten Füchtorfer (Vor) Namen: Aceclin, Thiezeko, Raziko und Gatmar.


Ein jeder von ihnen hatte dem Kloster Roggen und Gerste, bzw. nur Roggen zu liefern. Zehn Mudden Korn, bei einer Wirtschaftsfläche von 30 Morgen auf dem Sandboden, und ohne entsprechenden Dünger, das war schon eine ganze Menge. Betrachtet man das Einkünfteverzeichnis insgesamt, so wundert man sich über die zahlreichen Schenkungen und Stiftungen, die dem Kloster übereignet waren, andererseits über den unglaublichen Reichtum dieser doch in erster Linie religiösen Zwecken gewidmeten Niederlassungen.


In dem Heberegister 11, dem sogenannten Goldenen Buch befindet sich außer einem Evangeliar aus dem zwölften Jahrhundert eine Registrierung sämtlicher Besitzungen und Einkünfte des Stifts. Dieses Verzeichnis stammt aus dem 14. Jahrhundert. Darin finden wir die vier Füchtorfer Bauern wieder, diesmal aber nicht mit heidnischen, sondern christlichen, in der Taufe verliehenen Vornamen von Heiligen. Auch die Hofesnamen sind angefügt:

Lambert to Ostebur 1 molt Roggen, 1 swyn (=Schwein) (lütke) to Ostebur 1 molt Roggen, 1 swyn de Heseker 1 swyn de junge Twylinger 8 scep. Roggen, 1 swyn.


An anderer Stelle sind genannt:

item Tuilingen 10 silipinis porcum item Albrath Ostebur 30 sil.

Ebenso mußte der Tuilinger 10 Pfund Hülsenfrüchte zum Füttern einer Sau abliefern, und Albrath Ostebur 30 Pfund Hülsenfrüchte.

Unter den abgabepflichtigen Lieferanten für die Küche (koke) finden wir:

... Tuilingen tantum vlas ende linnen.

Ebenso mußte der Tuilinger Flachs und Linnen liefern. Die Menge ist nicht angegeben.

Mit Lambert to Ostebur dürfte Große Ausber, mit Albrath (Albert) to Ostebur Kleine Ausber (jetzt W. Freese) gemeint sein. Der Name Heseker hat sich im Verlauf der Jahrhunderte nicht geändert. Der Name Twylinger, Tuilinger (später Schulze Twillmann) kommt von „twielen" = sich verzweigen. Er war der letzte Hof am Twillinger Esch. Von dort verzweigten sich die Wege nach Süden und Westen. Schulze Twillmann brannte 1870 ab, der Hof wurde verkauft. Die Nachkommen leben in Vohren.


Setzen wir voraus, daß auch bei den vier Füchtorfer Höfen die Reihenfolge im Abgabenverzeichnis beibehalten ist, so können wir mit einer gewissen Berechtigung in folgenden Namen die ältesten, urkundlich erwähnten Füchtorfer Bewohner vermuten:

  • Aceclin Ostebur,
  • Thiezeko Lütke Ostebur,
  • Raziko Heseker
  • und Gatmar Twylinger.


Die Erwähnungen der mit germanischen Namen bezeichneten ältesten Füchtorfer Bauern im Freckenhorster Heberegister lassen den Schluß zu, daß auch die anderen, eingangs beschriebenen Vollerben, bereits in germanischer Zeit hier ansässig waren. Da indessen eine genaue Jahreszahl aus dem Freckenhorster Einkünfteverzeichnis nicht zu ermitteln ist, müssen wir für eine Jubiläumsfeier auf andere Urkunden zurückgreifen. Da die nächsten Nennungen Füchtorfs nicht lange auf sich warten ließen, ist der zeitliche Unterschied nicht groß.


Im Jahre 1133 stiftete Edelherr Rudolf von Steinfurt seine Besitzungen für ein Präemonstratenser Kloster in Clarholz mit einer Filiale für Nonnen in Lette. Über diese Klostergründung unterrichten uns vier Urkunden aus dem Jahre 1133, 1134 und 1146. Das Aufspüren dieser Urkunden, ihre Beurteilung und Bezugnahme auf Füchtorf verlief für mich nicht ohne Erwartung und Spannung. Vorrübergehend sahen wir sogar unsere 850 Jahrfeier in Gefahr. Betrachten wir zunächst die Urkunde aus dem Jahre 1133:

Der Edelherr Rudolf von Steinfurt vermacht in ihr seine Güter an der Zuidersee und in Westfalen zum Nachlaß seiner Sünden und zum Heil seiner Seele für den Dienst Gottes, der heiligen Gottesgebärerin Maria, des heiligen Vitus und aller Heiligen in Lette bei Clarholz. Die Originalurkunde befindet sich im Riyksarchiv in Gelderland, Arnheim. Die einzelnen Besitzungen sind nicht aufgeführt. Der Name Füchtorf kommt in ihr nicht vor. Damit hatten wir auch nicht gerechnet.


Im Anschluß an diese Stiftung stellte vermutlich im Januar 1134 Kaiser Lothar 111 von Supplinburg die eigentliche Gründungsurkunde für den neuen Praemonstratenserkonvent in Lette aus. In dieser Urkunde hatten wir den Namen „Vuchthorpe" erwartet, wurden aber enttäuscht, obwohl der Minoritenpater Venantius aus Münster, mit bürgerlichen Namen Kindlinger, in seiner Übersetzung im Jahre 1793 den Namen „Vuchthorpe" erwähnt hatte. Nach mehrfachen Schreiben entdeckten wir die Urkunde als Leihgabe des katholischen Pfarramtes der supprimierten hochadeligen Praemonstratenser ﷓Propstei Clarholz im erzbischöflichen Archiv zu Paderborn. In der übersandten Fotokopie konnten wir das Wort „Vuchthorpe" nicht finden. Auch die Archivare des Erzbistumsarchivs bestätigten diese Tatsache nach eingehendem Studium der Originalurkunde. Wohl aber wird der Ortsname Elsve erwähnt. Ob hiermit die Bauerschaft Elve gemeint ist, ﷓ kann sein. Ob Kindlinger in seiner Übersetzung Elsve mit Füchtorf gleichgesetzt hat, und zum besseren Verständnis den übergeordeneten Namen Vuchthorpe genommen hat, ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. Elsve, Elwe, Elewen bedeutet Überbleibsel oder Anhängsel. In unserem Fall würde dies bedeuten, daß Elve keine originale Bauerschaft, sondern ein Anhängsel von Füchtorfwar, was ja durchaus den gegebenen Verhältnissen entsprach. Sollte in der Tat mit Elsve unsere Bauerschaft Elve gemeint sein, so hätte sie mehr Grund, das 850jährige Jubiläum zu feiern; denn diese Urkunde ist etwa 1/2 Jahr älter, als die nachfolgende, in der der Bischof von Münster die Schenkungen des Edelherrn von Steinfurt bestätigt und von sich aus noch Gelder und einen kleinen Wald hinzufügt.


In dieser in lateinischer Sprache abgefaßten Urkunde aus dem Sommer des Jahres 1134, die gleichfalls im Erzbistumsarchiv zu Paderborn liegt, wird Füchtorf gleich zweimal genannt. Beide Male ist die Schreibweise die gleiche und zwar Viehtthorpe. Die erste Silbe Vieht oder (Fieht) stammt aus der mittelhochdeutschen Sprache des frühen Mittelalters, kommt von „fiuhte" und bedeutet „feucht". Demnach hieße Viehtthorpe (=feuchtes Dorf), was es ja auch mit seinen umgebenen Mooren wirklich war. Die Silbe „thorpe" kommt von „innen Tropp" und bedeutet „Dorf". Die Dörfer mit den Endungen thorpe oder tharpa sind durchweg germanischer Herkunft, was ja unsere Aussagen über das hohe Alter Füchtorfs bestätigt. Die Bischofsurkunde von 1134, die Sie hier auch im Original abgebildet sehen, lautet in der Übersetzung:

IM NAMEN DER HEILIGEN UND UNGETEILTEN DREIFALTIGKEIT.


Allen Christgläubigen, den gegenwärtig lebenden und den zukünftigen, sei bekannt:

Ein Adliger unseres Landes, Rudolf von Steinfurt, hat zu seinem und seiner Eltern ewigen Gedächtnis das, was er durch Gottes Gnaden und kraft Erbrechts zu eigen hatte, in kirchlichen Besitz übergeben, nämlich in Clarholz eine Kapelle, zwei Höfe, vier Hufen und in Lette eine Kapelle, einen Hof, drei Hufen; in Mackenberg zwei Hufen, in Günneweg eine Hufe, in Vintrup zwei Hufen, in Ruploh eine Hufe, in Beelen eine Hufe, in Füchtorf eine Hufe, in Hesseler eine Hufe, und an dem Küstenort, der Vollenhove heißt, 27 Anteile, die man „warscaph" nennt, damit an demjenigen von diesen Orten, wo es am geeignetsten erscheint, der kanonische Orden nach der Regel des heiligen Augustinus mit Gottes Hilfe eingerichtet werden.


In herzlicher Achtung für dessen (Rudolfs) Glaube und Frömmigkeit habe ich, Werner, Bischof der heiligen Kirche zu Münster; einen Zehnten, den er bekanntlich von unserer Kirche zu Lehen hatte, mit seiner Billigung und allgemeinen Zustimmung des Klerus und der Ministerialen derselben (Stiftung) verliehen. Dieser Zehnte befindet sich aber zum größten Teil in der Pfarrei Beckum, an dem Ort namens Dünninghausen 12 Schilling, in Hesseler drei Schilling, in Havichhorst drei Schilling, in Lembeck ein Schilling, in Haskobrügge ein Schilling, in Lette vier Schilling, in Füchtorf zwei Schilling.


Zur größeren Sicherheit und Förderung seines Vorhabens hat es dem zuvor genannten adligen Mann auch gefallen, das, was er zum Dienste Gottes bestimmt hatte, dem Schutz des seligen Paulos anzuvertrauen. Daher ist er zur festgestetzten Zeit zu unserer Hauptkirche gekommen und hat in unserer, des Klerus und vieler Adliger und Ministerialen Gegenwart alles, was wir oben aufgezählt haben, freiwillig Gott und dem seligen Paulos übertragen.


Und da es recht ist, daß wir Orte, die zu unserer Kirche gehören, fördern, habe ich dafür Sorge getragen, etwas vom Unsrigen dem oben Erwähnten hinzuzufügen, nämlich 12 Groschen in Clarholz, zwei Schilling des Zehnten in Hüttinghausen und einen kleinen Wald bei Hombrink aus dem Lehen des Grafen Egbert auf dessen Bitte und mit dessen Zustimmung.


Des weiteren legen wir fest, daß die Brüder, die dort Gott dienen, die freie Wahl bezüglich ihres Propstes haben sollen, der Bischof ihn aber in sein Amt einführen soll. Wenn sich aber, was Gott verhüten möge, Parteien bei der Wahl bilden sollten, dann möge der Bischof der besseren Partei beipflichten.

Kein anderer soll dort Vogt sein als der, den die Brüder selbst gewählt haben. Sollte er unnütz oder unerträglich sein und es trotz Ermahnung verschmähen, sich zu bessern, sollen sie das freie Recht haben, einen anderen zu wählen. Sollte aber jemand so wenig an sein Heil denken, daß er sich anmaßt, diese (Stiftung) zu verletzen oder auch nur im geringsten anzutasten, dann soll er dem ständigen Bann unterliegen, bis er davon Abstand nimmt.


Und damit diese unsere Verleihung jetzt und in Zukunft unerschütterlich gültig bleibt, habe ich sie auf die vorliegende Urkunde schreiben und durch Aufdrücken unseres Siegels unterzeichnen lassen.

Als zuverlässige Zeugen sind unterschrieben:

  • Heinrich, Propst der Domkirche;
  • Guntram, Dekan derselbigen Kirche;
  • Engelbert, Propst; Balduin, Abt von Liesborn;
  • Gottschalk, Kanoniker und Schulmeister;
  • Dodo, Kanoniker;
  • Liutker, Kanoniker.


Dies aber sind die Adligen, die dabei waren:

  • Hermann, Graf von Kalvelage;
  • die Brüder Bernhard und Hermann von Lippe;
  • Wigbold von Holte und sein Sohn Bernhard;
  • Ludolf, Bruder des oben erwähnten Rudolf;
  • Franco von Diepenheim mit seinen drei Brüdern Liefhard, Werner und Anselm;


und Ministerialen:

  • Bernhard, Kämmerer,
  • Bernhard und Dietmar von Dülmen,
  • Hermann von Laer, Hartwig
  • und sein Bruder Bertram von Daerfeld;
  • Harald von Ahlen, Werenchis von Büren und andere mehr.


Geschehen im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1134, in der zwölften Indiktion, unter der Regierung des frommen und erhabenen Kaisers Lothar, im neunten Jahr seines Königtums, im zweiten Jahr seines Kaisertums.


Wir haben gelesen in Füchtorf eine Hufe. Eine Hufe oder Hube bedeutete im Mittelalter den Anteil von ca. 30 Morgen an Ackerflur und Allmende. Sie entsprach dem Besitz eines Vollerbes. Eine Hofesstätte gehörte nicht zu einer Hufe; denn selbige bezeichnete man als mansus oder domus. Der Bischof Werner von Münster stiftete einen Zehnten, der in Füchtorf 2 Schilling betrug. In der Originalurkunde ist das Zehntgeld mit zwei solidi angegeben. Ein solidus war ursprünglich eine römische Goldmünze. Wer genügend solidi hatte, war ein solider Mann. Die Wertbeständigkeit dieser Münze klingt demnach noch heute in dem Wort solide nach. Zur Zeit der Erstellung der Bischofsurkunde war ein Silberschilling im Umlauf, der der abendländischen Solidusmünze nachgebildet war. Darum erfolgte die richtige Übersetzung als Schilling.


Von den bisher erwähnten drei Urkunden, der Stiftung Rudolfs von Steinfurt, der Kaiser﷓ und Bischofsurkunde finden sich auch Abschriften bzw. Übersetzungen im Osnabrücker Urkundenbuch. In der Kaiserurkunde (O. U. B. Nr. 254) ist das Wort Elsve mit n geschrieben, also Elsne. Dr. Philippi weist 1892 bereits darauf hin, daß die Ortsnamen in dieser Urkunde verstümmelt wiedergegeben sind. So kommt z. B. der Ortsname Othepe vor, der zu keinem paßt. Ob nun Kindlinger, wohl der beste Kenner mittelalterlicher Urkunden Westfalens, in Othepe Füchtorf erkannt oder das Wort Elsne aüf unser Dorfbezogen hat, muß dahingestellt bleiben.


Kommt das Wort Füchtorf in der Kaiserurkunde auch nicht vor, so können wir uns leicht trösten, da es einige Jahre später in einer Papsturkunde genannt wird.

Am 23. Mai 1146 (OUB Nr. 1672) bestätigt Papst Eugenius III Privilegien und Besitzungen des Klosters Clarholz. Darin wird ein Mansus in Veytthorpe unter den Schenkungen mit aufgezählt. Es begegnet uns hier zum vierten Mal das gleiche Wort, wenn wir von y =1 und dem fehlenden h absehen.


Auf der weiteren Suche nach den ältesten Erwähnungen Füchtorfs in mittelalterlichen Dokumenten fand ich in den Regesta Historiae Westfalens von Dr. Erhard aus dem Jahre 1854 eine mir bislang unbekannte Schenkungsurkunde zwecks Gründung des Klosters Marienfeld. Sie datiert aus dem Jahre 1184, dem Jahre vor der Gründung des Klosters. Niedergeschrieben ist sie in einem Abschriftenbuch (Kopialbuch). Nach diesem Dokument übereignete der Edle Widekindus de Rehte zusammen mit seiner Mutter Luthrudis mehrere Besitzungen dem monasterii campi sancte Marie (=Marienfeld). Zu den Schenkungen gehörte Mansus in Vehtorp. Die Schreibweise ist wiederum die gleiche und bestätigt unsere Deutung des Ortsnamen als feuchtes Dorf. Zur Gründung des Klosters Marienfeld kam es erst im Jahre 1185, nachdem genügend Dotierungen vorhanden waren. Bei dem Mansus in Vehthorpe handelt es sich wahrscheinlich um den Hof Krimphoff (jetzt Teepe) in Subbern; denn er war das einzige Vollerbe in Füchtorf, das im Mittelalter dem Kloster Marienfeld abgabepflichtig war. Fragen wir uns an dieser Stelle, warum Krimphoffnach Marienfeld und zuvor die vier Füchtorfer Vollerben nach Freckenhorst abgabepflichtig bzw. eigenbehörig wurden, so kann nur das Lehnswesen dafür die Erklärung liefern. Vom 9. Jahrhundert an gehörte alles Land dem Kaiser, der es an seine Fürsten und Edlen (nobiles) weitergab. Diese belehnten weltliche und geistliche Herren, sowie Klöster, die man als Grundherrschaften bezeichnete.

  Die Reihenfolge im Landbesitz war demnach:
  1) Kaiser = oberster Lehnsherr,
  2) Fürsten, Adelige, Edle (nobiles) = Lehnsherren,
  3) niederer Adel, Klöster, weltliche und geistliche Herren = Grundherren,
  4) Bauern a) Freie = liberi b) Eigenbehörige oder Leibeigene


Nur die Höfe und Bauern (liberi), die schon vor dem durchorganisierten Lehnswesen vorhanden waren, konnten ihre Selbständigkeit bewahren. (In Füchtorf z. B. bis ins 16. Jahrhundert). Von den Höfen, die nach dem Aufkommen der Lehnsherrschaft entstanden, gerieten die meisten in Abhängigkeit. Genau so erging es später den Halberben, Erbköttern und Markkotten. Diesen Vorgang kann man an den Füchtorfer Bauernhöfen deutlich veranschaulichen. Krimphoff in Subbern Nr. 7 wurde als letzter Hof in der Ursiedlung am Mattergraben gegründet, vermutlich erst im 9. oder 10. Jahrhundert. Ebenso entstanden die Höfe Heseker, Hüwe und Twyliner als letzte Vollerben rund um den Füchtorfer Esch. Der als Einzelhof auf der Elve sowieso später erbaute Hof to Ostenbur (Ausber) geriet in Abhängigkeit, vielleicht auch auf Grund seiner frühzeitigen Teilung. Während somit die aus germanischer Zeit stammenden Vollerben in Subbern und am Dorfe ihre Unabhängigkeit bewahren konnten, gerieten die im Zeitalter der Lehnsherrschaft entstandenen Höfe in klösterliche Abhängigkeit.


Die Dienstmannen (milites), später Ritter genannt, traten erst im Verlauf der weiteren Jahrhunderte als Grundherren auf den Plan.

Nachdem wir in den ältesten Urkunden Füchtorfs aus dem 12. Jahrhundert bereits von mehreren vollerbigen Höfen gehört haben, tritt uns im Jahre

  • 1209 (Westf. U. B. Nr. 60)
    der erste Ahnherr derer von Vuchtorpe entgegen. In einem Vergleich der Äbtissin Ida von Überwasser mit den Kindern eines Dienstmannes wird Rolandus de Vugthorpe als Zeuge genannt.
  • 1223 (WUB 5 Nr. 187)
    wird in einer Kaufurkunde des Klosters Marienfeld Vreckenhorst und Vuchtorpe erwähnt. Es scheint sich nach 1200 die Schreibweise mit V durchgesetzt zu haben.
  • 1227 (WUB 243)
    wird das Vollerbe „mansus Netelnstroit" in Twillingen bezüglich eines zu zahlenden Zehnten erwähnt. Dies ist abgesehen vom Freckenhorster Heberegister die erste urkundliche Nennung eines Füchtorfer Bauern.
  • 1233 (WUB 307)
    bekundet Bischof Ludolf das Eingeständnis des Edlen Otto von Horstmar, daß er dem Kloster Varlar aus freiem Entschlusse zu dessen Vogt erwählt sei. Unter den Zeugen ist Hermann de Fuchtorp. Achtzehn Jahre später erscheint zum ersten Mal ein Füchtorfer Pastor auf der Bildfläche.
  • 1251(WUB 527)
    bezeugt er den Verkauf eines Zehnten des Klosters Liesborn. Sein Name war Johanne plebano in Vuchthorpe. Hatte Füchtorf 1251 einen Pastor, so war es bereits Pfarre.

Aus überregionalen historischen Zusammenhängen können wir vermuten, daß Füchtorf bereits 1200 von seiner Mutterkirche Warendorf abgezweigt war; denn Bischof Hermann 11 von Katzenellenbogen (1174 1203) begünstigte und veranlaßte Gründungen neuer Pfarren. Daß die Füchtorfer Kirche zu Ehren der Himmelfahrt Mariens errichtet wurde, könnte ein weiterer Hinweis sein.


In dieser Urkunde von 1251 fungierte als weiterer Zeuge ein miles Rotcherus de Vuchthorpe, vermutlich ein Sohn des vorhin genannten Hermann de Fuchtorp.


  • Am 23. September 1295 (WUB 439)
    werden die Bettelgrenzen zwischen den Dominikanerklöstern Soest und Osnabrück festgelegt. Unter den zur Grenze gehörenden Dörfern wird „Wuchtorp" genannt. Dieser Vorgang ist ein Beweis für den Reichtum der Klöster. Die Dominikaner waren aber auch schlaue Leute. Sie schrieben Füchtorf „Wuchtorp", also mit W. Das ist sprachlich richtiger als „Vuchtorp" mit V; denn ein V gab es im Niederdeutschen eigentlich nicht. Ein V wurde wie F gesprochen. Darum ist auch die älteste Schreibweise „Fiehtharpa" die richtigere, aber im 14. Jahrhundert hatte man dieses Wort wohl schon vergessen. Latein war Mode geworden.


Betrachten wir die ältesten Füchtorfer Urkunden im Zusammenhang, so erscheinen zunächst die vollerbigen Bauern als Nachkommen der freien Germanen unseres uralten Grenzortes. Danach lernten wir die milites de Vuchthorpe als Bewohner des vermutlich nach 800 erbauten Oberhofes kennen. An dritter Stelle berichten die Urkunden über den ersten Füchtorfer Pastor. Das Auffinden alter Urkunden ist dem Zufall und nicht selten glücklichen Umständen zu verdanken. Füchtorf wird bereits im 11. Jahrhundert erwähnt. Auch Bewohner unseres Heimatdorfes sind in dieser frühen Zeit bereits namentlich genannt. Aber erst 1134 können wir Füchtorf urkundlich mit einer exakten Jahreszahl in Zusammenhang bringen. Das wahre Alter Füchtorfs geht weit ins vorige Jahrtausend zurück.