Australische Auswandererbriefe (1934)/33

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
< Australische Auswandererbriefe (1934)
Version vom 30. November 2013, 16:30 Uhr von PLingnau (Diskussion • Beiträge) (Neuanlage)
(Unterschied) ← Nächstältere Version • aktuelle Version ansehen (Unterschied) • Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[32]
Nächste Seite>>>
[34]
Der Heimat Bild Flaeming 1934.djvu
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.

Und das steht nicht einmal in unserer eigenen Macht. Und ihr wißt ja selbst aus Euren Verhältnissen, wie schwer es ist, den Berg wieder hochzukommen, den man hinuntergeschlittert ist.

      Seht, so geht das jetzt mit der Neusiedlung vor sich: Vielen von unseren Farmern sind bei der allgemeinen schlechten Marktlage ihre Besitztümer zu groß geworden. Sie möchten wohl gern verkaufen und in der Stadt in Ruhe ihre Zinsen verzehren. Aber wer verfügt schon über so einen Batzen Geld? Da setzen sie sich eben kleiner, aber der überschießende Lageplan kann nicht einfach brach liegen. Der frißt Steuern. So sehen sie sich nach Neusiedlern um. Aber solche Leute sind dünn gesät, die da gleich mit allen Wirt schaftsgeräten, dem nötigen Vieh und Saatkorn und einem Sack voll Betriebskapital anrücken. Ein Haus zumindest müssen sie sich auch bauen. Den Boden kaufen - das kommt überhaupt nicht in Frage; da werden wahnsinnige Preise gefordert. Aber wenn der Neukolonist als bescheidenem Unterpächter dem Großfarmer einen Teil seiner Arbeit abnehmen will - das geht an. Nur ist er dann nicht Herr auf eigenem Grund. Dann braucht er außer der Einrichtung seines Wirtschaftsbetriebes keinen Schilling. Das geht dann - wie das hier heißt - fifty-fifty, um die Hälfte. Also, die halbe Ernte dem Pächter, die halbe Ernte dem Verpächter.

      Wir haben hier mit allen neuen Errungenschaften ackern gelernt; denn Australien ist ein kultiviertes Land geworden mit Eisenbahnen und Chausseen, mit Telegraphenlinien und Kaninchenzäunen, mit eigenen Industrien und prächtigen Hafenanlagen, mit Motorrädern, Autos und Traktoren. Am günstigsten für uns gut sitzenden Altfarmer liegen die Düngungverhältnisse auf unserem Grund und Boden. Da schmeißen wir pro 3 Acker - das macht etwa 4 Morgen oder 1 Hektar - 1½ - 2 Zentner Superphosphat aus; und dann läuft die Karre. Der noch unberührte Boden im Busch braucht erst nach 10 Ernten einige Nachhilfe; wird er als Weide genutzt, kann man 20 Jahre ohne Düngung auskommen. Wir pflügen wohl auch schon mit Traktoren; aber da wir sehr viele Pferde haben, wollen wir die bei der Bestellung auch nutzen. So spannen wir zehn nebeneinander ein, die lenken wir auf zwei Leinen. Das lernt nicht jeder; und ein richtiger Farmhand, der das gut versteht, kann einen Batzen Geld auch heute noch machen. Wir zahlen durchschnittlich bei freier Wohnung und Kost hier in der Nähe der Stadt bis 20 Schillinge Wochenlohn für den Knecht; in der hillen Erntezeit kommen wir bis über 3 Pfund. Je weiter die Farm von der Stadt abliegt, desto mehr muß man für Lohn ausgeben. In den Buschfarmen sind Leute am teuersten.

      Ohne Erntemaschinen kommen wir nicht aus. Der Weizen wird mit dem combined Harvester geerntet. Das ist eine raffinierte Maschine. Sie schneidet bloß die Aehren oben ab. Automatische Transporter bringen sie in die Maschine hinein. Da werden sie im gleichen Arbeitsgang gedroschen und gereinigt. Die Spreu wird abgeblasen, und der reine Weizen wandert in die Säcke. Das stehengebliebene Stroh brennen wir einfach ab, da wir keine Verwendung dafür haben.

      Um den Verkauf brauchen wir uns kaum bemühen. Die Makler rennen uns schon gleich nach der Saatzeit die Häuser ein. Ueberall an den Eisenbahnlinien und großen Chausseekreuzungen haben sie ihre Riesenspeicher stehen. Dahin liefern wir gleich vom Felde aus; seht, so brauchten wir auch gar keine Scheunen mehr. Wir schließen aber nicht gegen festen Preis ab, sondern lagern dort unser Getreide solange, bis uns der Markt günstig scheint. Solange bleibt der Weizen unser Eigentum; und wenn uns die Firma nicht paßt, holen wir ihn einfach wieder raus und geben ein mäßiges Speichergeld. Meine letzte Ernte hube ich so verkauft: Beim Einlagern bekam ich pro Buschel 3 Schillinge 6 Pence als Abschlagszahlung. Das ist sehr angenehm, denn dann hat man fur Neuanschaffungen gleich frisches Geld in der Hand. Nach 5 Wochen gab ich bei guter Weizenbörse Verkaufsauftrag und erhielt tags darauf abermals pro Buschel 1 Schilling Nachzahlung.