Australische Auswandererbriefe (1934)/24

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
< Australische Auswandererbriefe (1934)
Version vom 30. November 2013, 15:12 Uhr von PLingnau (Diskussion • Beiträge) (Neuanlage)
(Unterschied) ← Nächstältere Version • aktuelle Version ansehen (Unterschied) • Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Der Heimat Bild“ - Australischen Auswandererbriefen nacherzählt von Walter Fläming
Inhalt
<<<Vorherige Seite
[23]
Nächste Seite>>>
[25]
Der Heimat Bild Flaeming 1934.djvu
unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.

Im gleichen Jahare schon gab Friedrich Berkow seine Farm seinem Aeltesten, dem Fritz, der nun schon 36 Jahre alt, seit sechs Jahren mit Frau und Kind bei den Alten in „Marienlust" wohnte und das Neuland - an die 1200 Acker - neben dem alten Besitz in eigener Regie verwaltete. Den Jüngsten hatte der Vater als Farmhand von seinem 20. Jahre ab weit im Lande herumgeschickt. Jetzt stand er viele Tagereisen weg in Diensten auf einer riesigen Rinderfarm. Die Marie hatte einen deutschen Siedler in Lobetal geheiratet und schon vier Kinder an der Schürze hängen. Emilie war ganz nahe bei des Vaters Farm geblieben, hatte einen Paplitzer Jungmann, den Christian Deter, geheiratet, der erst Anno 1882 herüberkam. Sie hatten bescheiden angefangen und waren mit Hilfe von Vater Berkow schneller als alle anderen vorangekommen. Die Emmi war von jeher ein resolutes Frauenzimmer und hatte es durchgesetzt, daß auf einem Drittel ihres neuen Grundes eine Geflügelzucht eingerichtet wurde, von der alle Woche zweimal eine große Eierfracht nach Adelaide abging. Ihr Mann hatte seinen besonderen Spaß daran, mit ihr up Paplitzsch zu vertellen. Und schon nach einem halben Jahr schnackte sie mit Vater und Mutter, als wäre sie an der Paplitzer Bäke großgezogen. Und so schlich sie sich ohne ihre besondere Absicht noch mehr denn bisher in ein heimwehkrankes Mutterherz ein.


*

den 23. August 1890.

Lieber Vetter!

      Nun haben wir unsern Vater auch begraben. Er ist gerade 70 Jahre alt geworden; aber bis an seine letzte Stunde ist er immer rüstig gewesen. Obwohl wir, lieber Vetter, uns nie von Angesicht zu Angesicht gesehen haben, wollen wir doch treue Freundschaft halten, wie es unsere Väter taten. Das habe ich dem Alten noch zu allerletzt in die Hand versprechen müssen, daß wir immer „die Tucheimer“ hier bleiben wollen; das meint, wir sollen ja die deutsche Heimat nicht vergessen. Darum schreibt uns immer genaue Antwort aus unsere Briefe und schickt auch immer ein paar deutsche Zeitungen mit. Ihr könnt Euch gewiß nicht vorstellen, welche Freude der alte Mann jedesmal hatte, wenn er von seinen Dörfern da drüben lesen konnte. Und von Vater und Mutter her kenne ich Paplitz so gut, als wäre ich da schon spazieren gegangen den „Sack“ und den „Kreuzgang“ und den „Winkel“ und „hinter der Stege“, die „Kälbertrift“ und das „Kossatenfeld“ und noch vieles mehr.

      Ich habe jetzt einen großen Besitz, wo mir doch Vater seine Farm auch noch gegeben hat; an die 2100 Acker. Vater sagte, nun seien wir sogar größer als Vorwerk Gehlsdorf, aber alles allerbester Acker. Bloß mit dem Rindvieh richten wir uns jetzt ein. Ich habe nur noch 120 Haupt von allen Arten, aber außerdem 80 Bullochsen und 42 Pferde. Wir haben, wo doch immer mehr Farmer zukommen, nicht mehr ausreichende Weide in der Nähe; und dann machen uns auch die großen Viehzüchter das Leben sauer. Mein Bruder hat sich weit von hier angesiedelt, wo es mit dem Regen schon noch mehr Lotteriespiel ist als bei uns. Ich werde ihm schreiben, daß er sich auch um die Paplitzer kümmern soll. Dann werdet Ihr wohl mal einen Brief kriegen, woraus ihr merkt, daß man auch ohne Wasser ackern kann.

      In den letzten Jahren sind ja wieder eine ganze Reihe aus dem Lande Jerichow zu uns herübergekommen. Einige davon aus Warchau, Wülpen und Tucheim habe ich sogar kennengelernt. Die haben uns auch von Paplitz erzählt; aber Dich, lieber Vetter, und Deine Familie haben sie nicht näher gekannt. Deinen Namen wußten sie wohl und auch, wo Dein Hof steht. Sie haben eine ganze Ernte hindurch bei mir gearbeitet und Sonntags mit meiner Schwester Emilie und meinem Schwager Krischoan platt 'eschnackt. Das war so ein Fest für die. Es waren alles ordentliche Leute, die gewiß tüchtig vorankommen werden.