Stendorf (Kr.Osterholz)

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Hierarchie

Regional > Bundesrepublik Deutschland > Niedersachsen > Landkreis Osterholz > Ritterhude > Stendorf


Postkarte von Stendorf um 1960




Einleitung

Stendorf, Gemeinde Ritterhude, Kreis Osterholz, Niedersachsen.


Name

Politische Einteilung

Stendorf ist ein Ortsteil von Ritterhude und hat 600 Einwohner (2008)



Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

Evangelische Kirche

Stendorf gehört zur ev.luth. Kirchengemeinde "Zum Heiligen Kreuz" in Werschenrege, einer Neugründung innerhalb der ev. luth. St. Martini Gemeinde in Bremen-Lesum.


Geschichte

Zum Ortsteil Stendorf gehören die bis 1929 selbständigen Dörfer Stendorf, Wollah und Groß-Erve, die alle ein beachtliches Alter haben. Bei der Spurensuche nach der Vergangenheit erweist sich Stendorf sogar als der älteste Teil der Großgemeinde Ritterhude. „Stenthorpe" wird bereits in der „Vita Willehadi", der um 860 aufgeschriebenen Lebensgeschichte des heiligen Willehad erwähnt. Willehad, der erste Bischof Bremens, starb 789 in Blexen und wurde im Bremer Dom, den er wenige Jahre zuvor gegründet hatte, beigesetzt. Sein Grab wurde schon bald zu einem Wallfahrtsort, dort ereigneten sich viele Heilungen, die man als Wunder bezeichnen muss. Aufgeschrieben wurden diese Wunder zwischen 860 und 865 n.Chr. vom Bremer Erzbischof Ansgar. Er berichtet von mehreren Frauen, denen am Grab Willehads das verlorene Augenlicht wieder geschenkt wurde. „In ähnlicher Weise wurde auch eine Frau aus Stendorf nach längerer Blindheit mit Hilfe des Heiligen geheilt als sie sich betend niederlegte," lautet die Übersetzung und in der Fußnote ist vermerkt, dass Stendorf nördl. von Lesum und südwestl. von Osterholz-Scharmbeck liegt.

Urkundlich wird Stendorf seit 1187 erwähnt. Zu dieser Zeit stiftete Erzbischof Hartwig II. das Anscharikapitel in Bremen und bestimmte zum Unterhalt der Kanoniker und Chorherren die Einkünfte der erzbischöflichen Meierhöfe zu Schlutter (bei Delmenhorst), Leeste (Kreis Syke) und Stendorf. Der Besitz wurde in einer am 22. Juni 1188 von Papst Clemens III. ausgestellten Urkunde bestätigt. Nach einer Urkunde aus dem Jahr 1244 musste der in Stendorf tätige Meier des St. Anscharikapitels dem Kloster Lilienthal den Zehnten von zwei in Wollah gelegenen Häusern liefern, wofür er durch eine bestimmte Menge Getreide schadlos zu halten war.



"Die Börde Lesum" von Pastor Heinrich Hoops
Ausschnitt über Stendorf aus diesem Buch, das 1909 vom damaligen Lesumer Pastor herausgegeben wurde, wie folgt:

Als ich kürzlich mit meinen Kindern in Wollah und Stendorf weilte und ihnen von den weißen Nonnen aus edlem Geschlecht erzählte, die an der Aue im Waldesschatten ihr Kloster hatten, von dem Rauschen der Klostermühle, von den umwohnenden Rittern, die im Morgengrauen mit ihren Edelfräulein ausritten zur Jagde, den Falken auf der Hand, als ich von ihren Schlössern und Burgen redete, mit Wall und Graben wohlverwahrt - da glänzten ihre Augen, und sie riefen: "O Vater, wenn es doch noch so wäre, wie damals!" Mochte ich nun auch die Kehrseite des Bildes zeigen und die Bedrückung beklagen, die die Bauern in jener Zeit zu erdulden hatten, mochte ich auch von dem Ausplündern der Kaufleute durch die Raubritter erzählen, von der Unsicherheit der Straßen, von den beständigen Fehden, die bald hier, bald dort die Schlösser und Dörfer in Schutt und Asche legten, von Wölfen und anderem Raubgetier, das die Wälder bewohnte, so daß die Leute nur mit Angst und Furcht einen Wald betraten - es halft nichts; die Kinder blieben dabei: "Wenn's doch noch so wäre, wie einst!" Der Sinn für Romantik, der in den Kreuzzügen so stark hervorbrach, ist unserm deutschen Volk so tief ins Gemüt gepflanzt, daß es immer erneute Enttäuschungen und Ernüchterungen ruhig mit in den Kauf nimmt. Und wir lieben unser Volk wegen dieses Sinnes für Romantik, mögen wir auch zum Vorteil für unsre Lebensentwicklung ein gut Teil nüchterner georden sein, als unser Volk in den Tagen der Kindheit es war.

Diesem romantischen Zugefolgend, möchten wir gern möglichst klare Bilder aus jener Zeit der Ritter und Burgen hinter dem Schleier der Vergangenheit herovrholen. So möchten wir auch wissen, wo die Herren von Stendorf ihre Burg gehabt habenund wie sie ausgesehen. Aber es ist ein unerfüllbarer Wunsch; keine Beschreibung, keine bildliche Darstellung davon ist auf uns gekommen. Wir müssen uns mit der Nachricht begnügen, daß in alter Zeit ein adliger Hof in "Stenthorpe" gewesen ist, der schon 1187 und 1188 in latinischen Urkunden genannt wird [1]; er war danach verpflichtet, alljährlich ein Schwein, Geldpflicht, Eier u. a. an das St. Ansgarikapitel in Bremen zu liefern.

1248 erhielt Kloster Lilienthal ein Haus in Stendorf; 1257 und 1299 besaß das Kloster bereits vier Häuser daselbst. 1286 werden die Gebrüder Jakob und Johann von Stendorp genannt, als Blutsverwandte und Vettern der Gebrüder Johannis Heinrich und Gerfried von Stendorpe. 1337-1357 erscheint wiederholt ein Ritter (Knappe) Lüder von Stendorp, 1341 außer ihm auch ein Hinrich von Stendorp. Um 1380 lebte der Knappe Meinhard von Stendorp. Albert und Hinrich von Stendorp werden 1440 genannt[2]. Von da an hören wir nichts mehr von diesem alten Rittergeschlecht, dessen Herrensitz wahrscheinlich der jetzige "Meierhof", d. h. der Vollhof von Joh. Heumann gewesen ist.

Interessant sind folgende Bemerkungen in einem Verzeichnis der Güter und Gerechtsame der Bremer Dompropstei im Jahre 1384[3], die sich im Wortlaut anführe: "Infrascripta bona pertinent ad preposituram sancti Anscharii Bremensis: Decima tam major quam minor Sthendorppe. Item una terra in Stendorppe solvit II molt. Siliginis quam modo colit Eler. Item II aree ibidem una solvit VIII pullos alia XVI pullos. Item nota, qoad prepositus sancti Anscharii potest mittere LX porcos cum apro ad silvam, que vulgariter dicitur Lessmerwolt, cum ibidem fuerit pastus etc et hoc Jus habet ratione curie in Stendorppe. - Item olde lude upp der Borde de seggen, de Hoff tho Stendorpe hebbe de rechtycheyt (= Gerechtigkeit). In dem leßmerwolde war dar Inne wane dat hete eyn Untal (= begrenzte Zahl). Dat bedudet alßovele, dat men nach driven opp den wolt alßo vele swine, alßo de genne (= als derjenige) bedarff, de In den Hove wanet, unde mach ock Howen (= hauen) it den selven wolde, wes dem vorher. hove not unde bedarff ys". - Das lateinisch Geschriebene besagt, daß die Präpositur zu St. Ansgarii den großen und kleinen Zehnten in Stendorf besaß und noch einige Weizenabgaben von drei Grundstücken daselbst zu fordern hatte. Ferner hatten sie das Recht, sechzig Schweine mit einem Eber in den sog. Lesumer Wald zu schicken, wenn dort Weidegang sei, und dies Recht hatten sie in Rücksicht auf den Hof in Stendorf. - Die plattdeutschen Bemerkungen sind ohne Weiteres verständlich. Derartige Anrechte an die "Gemeinheiten" haben sich ja vielerorts bis auf dem heutigen Tag erhalten.

Aus den folgenden Jahrhunderten haben wir keine Nachrichten über Stendorf. Erst aus dem Jahre 1685 hören wir wieder einiges aus einem Bittschreiben[4] der Eingesessenen zu Stendorf und Erve; es gewährt uns einen Einblick in mancherlei Nöte, besonders auch in die Plagen, die mit der Abfabe des Zehnten verbunden waren: "Wir Arme leute haben vergangen winter, wan wir unser Vieh nicht haben wollen todt hungern laßen, unsere Heuser abdecken, und daß Viehe damit futtern mussen." Sie klagen ferner, sie hätten "ganzt und gahr kein Hewlandt" .... "Zum Viertten haben wir unß Arme Leute zum hochsten zu beschweren, daß der jetzige Heuerling (= Pächter des Zehnten) Hinrich Kühliken unsern Zehnten nicht ehender, biß er sein Korn eingeführt, ziehen will. Eß mag denn sein, daß Er auß ein undt andern stücke auff vielfältigeß bitten den Zehnten, welchen wir aber mit unsern eigenen Pferden Ihm inß Hauß und auff den Balcken bringen müßen, Ziehet. Wan nun in der Ernedte ein unbeständig wetter einfällt, so stehet unser Korn auff dem Felde undt verdirbt, wodurch Unß Armen Leuten ein großer Schaden geschicht." Sie bitten deshalb, daß der Zehnte an keinen andern, als an sie selbst "verheuret" werde.

Seitdem haben sich die Verhältnisse in Stendorf wesentlich gebessert. Der Ort scheint eine ruhige Entwicklung zu nehmen. Die Mehrzahl der Bewohner beschäftigt sich mit Ackerbau. In den letzten Jahren siedeln sich auch, besonders in dem untern Teile des Orts, mehr und mehr Arbeiter an, die in den Fabriken der Umgegend ihr Brot verdienen; die Einwohnerzahl ist infolgedessen nicht unerheblich gestiegen. Sie beträgt gegenwärtig 254.

Stendorf bildet eine poitische Gemeinde. Gemeindevorsteher ist seit 1882 der Landmann Diedr. Blendermann (vorher war es Klaus Blendermann).


Quellen

  1. (Vgl. Brem. Ukb. I. 67: In einem Verzeichnis der Einkünfte der von dem hl. Anschar für arme Kleriker gestifteten zwölf Präbenden aus der Zeit um 1187 heiß es: In die Thome dabit de curia Stenthorpe unum porcum .... de Stenthorpe totidem (i. E. quatuor solidos denariorum ent quinque unicias ovorum) ..... Item ... de Stenthorpe XXIV allecia ad panes, simul omnibus. Hamb. Ukb. Nr. 277 vom 22. Juni 1188. Danach bestätigt Papst Clemens III. in einer Bulle diese Besitzungen: Curtem in Stenthorpe com pertinentiis suis.
  2. (Vgl. Mushard, S. 516. Halenbeck, 50 Ausfl., S. 215)
  3. (Hodenberg, II, XXXII-XXXII.)
  4. Staatsarchiv zu Hannover


Allgemeine Übersicht

Höfegeschichte


Falls Sie die alte Höfenummer kennen, können Sie auch einen Hof direkt anwählen:

Stendorf Nr. 1
Stendorf Nr. 2
Stendorf Nr. 3
Stendorf Nr. 4
Stendorf Nr. 5
Stendorf Nr. 6
Stendorf Nr. 7
Stendorf Nr. 8
Stendorf Nr. 9
Stendorf Nr.10
Stendorf Nr.11
Stendorf Nr.12
Stendorf Nr.13
Stendorf Nr.14
Stendorf Nr.15
Stendorf Nr.16
Stendorf Nr.17
Stendorf Nr.18
Stendorf Nr.19
Stendorf Nr.20
Stendorf Nr.21
Stendorf Nr.22
Stendorf Nr.23
Stendorf Nr.24
Stendorf Nr.25
Stendorf Nr.26
Stendorf Nr.27
Stendorf Nr.28
Stendorf Nr.29
Stendorf Nr.30
Stendorf Nr.31

Flurnamen

Internetlinks

Offizielle Internetseiten

Zufallsfunde

Ansichtskarte vom alten Stendorf
Ansichtskarte von Stendorf

Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

<gov>STEORF_W2861</gov>