Minden/Schiffmühle
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Einleitung
Die Ostgoten sind schuld
Die ersten Schiffmühlen, die urkundlich erwähnt wurden, stammen aus dem Jahr 536 nach Christi Geburt. Die Ostgoten belagerten Rom und kappten die Wasserzufuhr zu den Wassermühlen in der Stadt, um die Römer auszuhungern. Daraufhin ließ ein römischer Feldherr im Tiber Kähne verankern, auf denen Mahlwerke von Landmühlen errichtet wurden. Als Antrieb wurden zwischen den Kähnen Wasserräder in die Strömung des Tiber gehängt.
Damit wird deutlich, dass Schiffmühlen spezielle Wassermühlen sind. Deren Mahlwerk wird zwar mit Wasserkraft angetrieben, steht aber nicht am Ufer, sondern ist zumindest auf einem Schiff montiert. Vor allem im Mittelalter und in der jüngeren Neuzeit wurden auf allen größeren mitteleuropäischen Flüssen Hunderte Schiffmühlen eingesetzt. Deren Leistung allerdings war stets gering (Fließgeschwindigkeit). So schrieb um 1850 ein Mühlenbau-Meister, dass eine solche Schiffmühle „schwerlich etwas Beträchtliches leisten könne“. Aber im Gegensatz zu machen Bächen fielen große Flüsse seltener trocken. Schiffmüller ware darüber hinaus allerdings flexibel und konnten ihre Mühle dahin bugsieren, wo die von ihnen gewünschte Strömung im Flußbett herrschte, was bei schmalen Bächen nicht möglich war.
Mittelalterliche Schiffmühlen auf der Weser
Auf das Jahr 1326 geht die erste urkundliche Erwähnung von Mindener Schiffmühlen zurück, als die Stadt gleich sechs Liegeplätze für Schiffmühlen auf der Weser verpachtete. Damit gehört Minden zu den ältesten Schiffmühlen-Standorten in Deutschland. Auf einem Minden-Kupferstich von Wenzel Hollar aus dem Jahr 1650 sind zwölf Schiffmühlen zu sehen, die auf dem Fluss im Schutz der Stadtmauer gestaffelt nebeneinander lagen. Zu dieser Zeit sind zwei verschiedene Schiffmühlen-Typen bekannt. Bei einem Typ befinden sich Wasserräder auf beiden Seiten des tragenden Hausschiffes, bei dem anderen ein Wasserrad zwischen Hausschiff und Wellschiff – wie bei der Mindener Schiffmühle.
Zerstörungen
Die Kräfte der Natur und kriegerische Handlungen beseitigten die Schiffmühlen auch in Minden zusehends. So zerstörten schwedische Truppen während des 30jährigen Krieges im Jahr 1634 zu Beginn ihrer Belagerung der kaiserlichen Truppen in der Weserstadt die Mindener Schiffmühlen durch Artilleriefeuer. Als sich Anfang des 19. Jahrhunderts die Dampfschifffahrt auch auf der Weser verstärkt durchsetzte und die Schiffmühlen „im Weg“ lagen, verschwanden die schwimmenden Mahlwerke zusehends von der Wasserstraße. Der Beschluss des Wiener Kongresses, dass die Benutzung aller Wasserstraßen jedermann frei stehe, bedeutete das Ende der Schiffmühlen.
Anfang des 19. Jahrhunderts lag vermutlich noch eine Schiffmühle vor den Mauern der Stadt Minden, wie eine Stadtansicht des Malers Strack aus den Jahren 1803/1807 zeigt. 1907 stellte die vermutlich letzte Schiffmühle auf der Weser in Bodenwerder, in der Schleif- und Polierarbeiten für die Bearbeitung von Obernkirchener Sandstein durchgeführt wurden, den Betrieb ein.
Rekonstruktion einer Schiffmühle
Im Jahr 1998 entstand in Minden die Idee der Rekonstruktion einer Schiffmühle aus dem 18. Jahrhundert, wie sie bis ins 19. Jahrhundert auf der Weser in Minden gelegen und gemahlen hat. Die Planung, Konstruktion und Bauausführung der rekonstruierten Mindener Schiffmühle, die 1998 auf der Weser vor Anker ging, wurde vom damaligen Leiter des Mühlenbauhofes des Kreises Minden-Lübbecke in der Nachbarstadt Petershagen-Frille, Wolfgang Kuhlmann, ausgeführt. Einem Mann, der schon bei der Instandsetzung von mehr als 40 historischen Wind- und Wassermühlen im “Mühlenkreis Minden-Lübbecke” Erfahrungen gesammelt hatte. Als Mühlenexperte konnte er für die Schiffmühle aus verschiedenen Quellen Informationen zusammenstellen und Fehlendes einfügen. Vor allem aus Eichenholz wurde die rund 226.000 Euro teure Mühlen-Rekonstruktion erstellt. Nur für den Unterbau des Daches wurde Lärchenholz verwandt.
Verbund: Haus- und Wellschiff
Der Schiffskörper mit dem großen Hausschiff (13 Meter lang, vorne 4,40, hinten 5,65 Meter breit) und dem kleineren Wellschiff (Länge 11,60 Meter, vorne 1,25, hinten zwei Meter breit) als Auflager für die Wasserradwelle besteht aus Stahl - aus Haltbarkeitsgründen. Die Mahltechnik und die Beutelkiste, in der das Mehl ausgesiebt wird, in dem elf Meter langen und sechs Meter breiten Mühlengebäude dagegen entspricht wieder alter deutscher Bauart. Der Antrieb der so genannten Kamm- und Korbräder aus Holz und letztlich des rund 800 Kilogramm schweren Mahlsteines im frei stehenden Mühlenbett erfolgt durch die Wasserkraft der Weser, die die zehn jeweils fünf Meter breiten Schaufeln des eichenen Wasserrades mit seinen fünf Metern Durchmesser antreibt. Die Mindener Schiffmühle ist die einzige betriebsbereite Schiffmühle auf einem Fluss in Deutschland, in der der Weg des Getreides bis zu Schrot und Mehl genau verfolgt werden kann.
Heutiger Unterhalt
Unterhalten wird die Schiffmühle vom Verein Schiffmühle Minden e.V., der auch für den Betrieb der Schiffmühle sorgt. Die Mitglieder des Vereins sind ausschließlich ehrenamtlich tätig. Zudem beschäftigt der Trägerverein um 2010 drei hauptamtliche Schiffmüller, von den zwei zuvor in speziellen Förderprojekten für Langzeitarbeitslose beziehungsweise ältere Arbeitnehmer tätig waren. [2]