Das Stadtbuch und die Chronik von Gangelt

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Im neunten Bande dieser Zeitschrift (1887, S. 218) berichtet Herr Dr. J. Hansen über eine Brüsseler Handschrift (Nr. 14739) mit dem Titel: "Stadtbuch von Gangelt, in diese Form und Ordnung gebracht 1644", 348 Folioseiten, und spricht die Vermuthung aus, dass dieses Stadtbuch dasselbe sei wie die in Gangelt selbst aufbewahrte Historia Gangeltae des Jakob Kritzraedt. Die Vermuthung trifft zu; die Brüsseler Handschrift ist eine genaue Kopie des in Gangelt noch heute aufbewahrten Stadtbuchs; sogar die Seitenzahlen stimmen in beiden Handschriften überein. Die Handschrift ist noch nicht lange in Brüssel; sie wurde vor einigen Jahrzehnten unter dem Nachlasse des Pfarrers Raetz in Gangelt zum Verkauf gebracht, von einem Geistlichen aus dem benachbarten Schinfeld für 10 Pfennige (!) angekauft und nach Brüssel verschickt.

Gegenwärtig existieren in Gangelt selbst noch drei Handschriften des Geschichtswerkes. Die zwei ersten sind von Kritzraedt selbst geschrieben, wie ein Vergleich der Schriftzüge mit der von Kritzraedt verfassten und unterschriebenen Widmung eines Predigtbuches, welches der Gangelter Pfarrkirche gehört, deutlich zeigt, weichen aber, wie im Titel, so auch in der Anordnung und in der Auswahl des Stoffes vielfach von einander ab. Die dritte, welche im Besitze des dortigen Pfarrarchivs sich befindet, ist eine im vorigen Jahrhundert ohne Verständniss angefertigte Abschrift der zweiten Handschrift und kommt daher an dieser Stelle weiter nicht in Betracht. I. Die erste Handschrift, 348 Kleinfolioseiten, wird auf dem Rathhause in Gangelt aufbewahrt und trägt den Titel: "Stadt-Buch Gängelt in diese Form und Ordnung gebracht Anno Christi 1644". Auf den vier ersten nicht nummerierten Blättern steht zunächst eine Zusammenstellung aller Kapitelüberschriften, dann ein "Teutsches und Lateinisch Rheimgedicht über das Wapffen dero Stadt Gangelt", endlich die Widmung. Die letztere beginnt:

"Dem Wolledelgeborn und Gestrengen Herrn H. Wilhelm von Hanxler, Amptmann des Kirspels und Gerichtszwangs Gangelt, wie auch den Achtbaren, Vornehmen und Weisen Herrn Scheffen, Bürgermeistern, Geswoeren und fort gantzen Gemeinten dero Stadt Gangelt"; ausgehend dann von Petrarkas Wort: Magne urbes parvos cives habent et parve magnos quosdam habuere, verspricht der Verfasser zu zeigen, wie viele berühmte Männer aus seiner Vaterstadt Gangelt - "andere mögens nennen ein Nest verächtlich oder den Rübkamp lecherlich" - hervorgegangen sind, und schliesst: "Dahero dan diesse Chronik mit recht ahn Ew. Wolled. Gcstr. dediciert werden will, weill Sie mehrentheils auss Ew. Archivo und alten Schrifften, welche so guttwillig mir communiciert seindt, hergenohmen und aussgezogen, dessen alle posteritet billig Dank sagen solle mit ewiger Gedachtnus". Unterschrieben ist die Widmung: Archaus Neoterus Philopatrides, und am Rande daneben steht von derselben Hand: I. K. S. J.

p. 321. Auf der hier genannten Seite theilt der Verfasser über sich Folgendes mit: "Jacobus Kritzraedt Societatis Jesu Sacerdos nach vollendeten Understen Schulen, zu Rurmundt und Philosophia zu Collen under P. Adamo Casen von Mastricht, in den Noviciat zu Trier eingangen 24 Aprilis 1623. Wardt Priester und thete seine erste Mess uff S. Michaelstag 1632, der erste mit eilff anderen in der newen Kirchen zu Collen kurtz zuvor vollendet; jetzt in der Mission Societ. Jesu in Sittart vom 14 Septembris 1636, alda er anno 1639. 40, l. 2. 3. 4 auss schickung Gottes Gelegenheit gesucht und gefunden dieses Alphabetum der Geistliche und gantze Chronick Gangelt zu versamblen. Zweiter geborener Bruder H. Adami Kritzraedt obgt. (Vgl. Oppenhoff in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins VI, S. 58 f.)"

Mit S. l des Stadtbuchs beginnt eine "Kurtze Summarische Chronick denkwürdigen Sachen und Geschichten Statt Gangelt betreffendt". Den Namen Gangelt leitet er hier von Sanct Gangolfus ab; dann wird zunächst von den Stämmen gehandelt, welche in römischer Zeit zwischen Maas und Rhein wohnten; vom Jahre 1200 ab werden die Ereignisse nach Jahren mitgetheilt, doch erst von 1300 ab eingehender. Auf S. 38 schliesst diese kurze Chronik mit einem Epilog; es folgen bis S. 42 von derselben Hand Nachträge und hier wird zum Jahre 1647 bemerkt: "Wer Lust und Zeit hat, fahre doch fort. Ich muss davon. Was kan doch leichtlicher geschehen, als alle jahr, nemblich wan es umb ist, alle denkwürdige Sachen kürtzlich allhie an seinem orth, wie ich bin vorgangen, ahnzuzeichnen und den lieben Nachkomlingen zu überlassen. Diess begehre Ich abermall, auch wan einige Scheffenbrieff und anderes, so hie nit in ist, vorkommet, liiebey gesetzt werde. Gott bevolhen". Warum der Verfasser bei diesem Jahre zu schreiben aufhörte, zeigt eine Bemerkung der zweiten Handschrift (S. 28), die zugleich deutlich erkennen lässt, dass der Verfasser an beiden Werken gleichzeitig arbeitete: "Endtlich um halben Octobris (1646) ist Auctor dieser Chronik und die gantze Mission auss dem h. Gehorsamb von Sittart abberufen worden, der Auctor auf Cölln gereiset. Also ist kein Ding bestendig auff dieser welt, den allein Gott dienen und lieben. Gott bewahre Euch den alle, Ich muss und will davon; wer Lust hat, der fahre vort; was ist doch Leichtlicher den alle Jahr ahm endt. . . . (wie oben). Das begehr ich von Hertzen und sag hiemit gute Nacht und grossen Dank ahn alle, so mir behülflich gewesen". Uebrigens ist diesem Wunsche des Verfassers nicht entsprochen worden; denn in der ersten Handschrift finden sich keine, in der zweiten nur zum Jahre 1755 unwesentliche Nachträge.

Weiterhin werden im Stadtbuche S. 52: "Etliche vornehme Personen von Gangelt", dann S. 56 die "Landtherren zu Gangelt" aufgezählt; als solche werden genannt: "Sunici, heidnische Völker zwischen Limburg und Rurmundt", dann die Römer und Franken, König Heinrich I. im zehnten Jahrhundert; Gislebertus, Eidam Ottos I.; Bruno, Bruder Ottos I.; Karl, Sohn Ludwigs, Königs von Frankreich; Gottfried von Bouillon; Heinrich, Herzog von. Limburg und Walram sein Sohn; vom Jahre 1100 ab die Herren von Heinsberg, bis 1361 Gottfried von Dalembroich, Theodorichs III. Sohn, Gangelt an Geldern verpfändete und Reinald II., Herzog zu Geldern, Pfandsherr zu Gangelt wurde; "dessen Bruder Eduard verpfändete es aus Mangel an Geld ahn Joannes, jüngerer Graff von Moers 1364; dessen Erben habens versetzt ahn Wenceslaus und Joanna, Hertzogen in Brabant, 1370"; durch Karls des Kühnen Tochter Maria kam es an Maximilian I. "Under diessen rechtmessigen Pfandts Herren seindt Leenherren gewesen: Joannes I., Herr zu Heinsberg, Godfrieds von Dalem-broichs Sohn; 1439 Joannes, dessen Sohn, Bischoff zu Lüttich, Herr zu Gangelt, Millen, Vucht; 1459 Maria von Loon, dessen Schwester, mit ihrem Ehegemahll Joannes, Graven von Nassow, Vianden, Herr zu Millen; 1479 Isabella oder Elisabeth, welche verheiratet gewesen mit Wilhelmus, Hertzogen zu Jülich und Berg, und diese hat Gangelt gebeutet von Engelberto Graven . Nassow, auch von Maximiliano Keysern abgelöset und eigen gemacht; 1511 Maria, Wilhelmi eingeborene Tochter, verheiratet mit Joannes, Hertzogen zu Cleve und folgents Jülich Berg, Herr zu Heinsberg; Wilhelmus, Hertzog zu Jülich, deren Sohn; und letztlich 1609 Joaunes Wilhelmus, dessen Sohn, ohne Leibserben; darauf die Pfälzer mit Wolfgang Wilhelm".

Auf S. 56 beginnt der zweite Theil des Stadtbuchs mit einer Vorrede, die über Inhalt, Zweck und Quellen volle Auskunft gibt.

"Allhie hab ich ordentlich nach der Jahrzall hinder-einander so vill möglich setzen wollen einen weit.leuffigen Bericht sonderbahren denkwürdigen Geschichten, Zufällen, Veränderungen .der Herren, Brieff und Sigell sowoll in weltlichen Handtlungen und Renthen, als in geistlichen Stifftungen, item alten Gebräuchen, Freyheiten, Ordnungen, Satzungen und anderen Umbständen die Statt und Gemeinte Gangelt betreffendt, also das du, was in vorstehender Chronik mit wenig Worten kürtzlich angedeutet worden, allhie von Wort zu Wort lesen mögest, wie es in Originali Archivi Gangelt und anderstwo abgeschrieben oder aussem Latein treulich verteutscht ist. Und zwar solches hab ich im Jahr Christi 1100 und 1200 mehrentheils auss Genealogia Drymborn auss-genohmen, so ich zeichne mit denen Buchstaben G. D., aber im Jahr 1300 auss dem Archivo zu Heinsberg, so gezeichnet mit A. H. Im Jahr 1400 auss viellen Brieffen und Siegeln, so ahn seinem orth gemeldet worden. Im Jahr 1492 fanget alin ein altes Scheffenbuch des Haupt- und Ober-Gerichts Gangelt sehr unordentlich mit altfrenckischen Brabentschen Buchstaben, auch Brabendischen stylo geschrieben und vom Brandt im Jülcher Vehden 1542 allein übrig blieben, so sich erstreckt bis auffs Jahr 1552. Hernach endtlich hat mir gedienet Protocollum und Acta Gerichts Gangelt, so ich zeichne P. G. oder A. G., wie das Scheffenbuch S. B., neben vielen denckwürdigen Sachen auss Archivo Hanxler auff der Burg Gangelt gezogen. Alles nit ohne grosse müh und arbeit".

Dieser zweite Theil geht bis S. 280, doch sind etwa 50 Seiten unbeschrieben.

  • Auf S. 281 beginnen: "Etliche Kirchen- und Armen Brieff";
  • S. 295: "Gerechtigkeit der 25 gesworen Schütten zu Gangelt aus einer alten Copij rheimenweiss gezogen: In dem Jahr ons Herren als nach Christi geboert | Ein Tausent vyffhondert en Siebentzig vort | Auff den gueden Sint Sebastianus Dagh | Mackden die gesworen Schütten van Gangelt einen Verdrag .....;
  • S. 297: Copia eines alten Leenbuchs des Lantz Millen;
  • S. 301: Copia eines alten Schatz Büchleins der Statt Gangelt, in Archivo erfindtlich, ungefehr um 1530 geschrieben;
  • S. 310: Verzeichnus der Scheffen Haupt Gerichts Gangelt nach A B C:
  • S. 312: Burgemeister der Statt Gangelt so vill erfindtlich;
  • S. 314: Geistliche Personen zu G. gebürtig ab anno 1500;
  • S. 325: Pastoren, Capellanen, Vicarii so vill erfindtlich;
  • S. 328: Drosseten und Amptmänner zu Millen; S. 329: Vogt zu Millen, Vögt zu Sittart;
  • S. 331: Mancherlei Kornmassen;
  • S. 335: Etliche andere denck-würdige Sachen (Nachträge zum zweiten Theil);
  • S. 341 also: "Integrae ecclesiae, Gantze Kirchen: Beeck, Born und Büchten, Breburen, Dremmen, Eicht, Elssloe, oell, Gangelt, Geilenkirchen, Harten, Heinsberg, Herlen, Hulssberg, Merssen, Nutt, Novavilla =Nuistatt, Op Gelein, Obbeicht, Papenhoven, Schennen, Sittard, Susterzeill, Vorenthall, Vucht. Mediae ecclesiae, Halbe Kirchen: Bruensraedt, Clemmen, Guttekoven, Hyllensberg, Holtum, Lymborch, Myllen, Merckelbeick, Oossbeick, Ormont, Roestheren, Rode Winandi oder Winantsrode, Ruraemunda, Spaubeck, Stein. Quartae capellae Decani, Vierte Capellen dem Landtdechandt zugehörendt: Amstenraedt, Berg auf, der Maass, Büngelraedt, Byrgden, Brox Sittart, Cruydorff, Clusa bey Vucht, Havert, Kempen, Kirchhoven, Lynn, Marienberg, Munster Glein, Papenmonster bey Süsteren, Theveren, Montfort, Odilien-berg, Randelraedt, Saeffelen, Waelraedt, Weer, Werdt Stephani oder Stephanswerdt (Vgl. Quix, Geschichte der ehemaligen Reichs-Abtei Burtscheid S. 428, wo ein bis auf Nutt, das unter den "integräe ecclesiae" fehlt, genau übereinstimmendes Verzejchniss des Dechanten Peter Perarius aus den Statuta concilii Susterensis mitgetheilt ist). Der nahm Integra ecclesia und Dimidia ecclesia ist bey Myreo in Notitia Ecciesiarum Belgii c. 85 schon anno 1036 zu lesen ....".
  • Es folgt S. 342: Kurtze Verzeichnus der Herren von Heinsberg;
  • S. 343: Descendentz oder Herkompft Joannae von Löwen oder Brabant, Frawe zu Heinsberg, auss Bütkens, Trophées du Brabant; dann das alphabetische Sachregister am Ende der Handschrift.

II. Die zweite Handschrift befindet sich im Privatbesitze des Herrn Fischenich zu Gangelt und ist betitelt: "Chronik der Stadt, Kirspels und Gerichtszwangs Gangelt biss zum Jahr 1644" (Aus dieser Handschrift scheinen die Auszüge entnommen zu sein, welche Quix a. a. 0. S. 193 ff. mittheilt.). Es sind 358 Seiten in Grossfolio; die Schrift ist kleiner wie die der ersten Handschrift, aber nicht weniger deutlich und stammt wie jene aus der Feder Kritzraedts.

Ueber die Zeit der Abfassung belehrt eine Notiz auf

  • S. 353: "Angefangen mit schreiben 1643 am 29. Juny, geendigt am Sonntag 6. November 1644" ; doch finden sich von derselben Hand Nachträge noch zum Jahre 1646; nach einer Notiz auf S. 41 wurde das Material zu dieser Chronik vom Verfasser gesammelt in den Jahren 1639-1643. Beide Handschriften stammen also aus derselben Zeit; doch verräth schon der Titel der ersteren, dass die zweite die grundlegende ist. Die Chronik stimmt auch inhaltlich meistens mit dem Stadtbuche überein, enthält aber viel mehr Material, besonders solches, welches sich auf kirchliche Verhältnisse bezieht; es findet sich in ihr eine Menge lateinischer Stücke, die im Stadtbuche entweder fehleri oder ins Deutsche übertragen sind; über die Jahre 1600-1644 dagegen, die im Stadtbuche besonders berücksichtigt sind, thcilt sie fast gar nichts mit. Verschieden ist auch die Widmung; sie ist in der Chronik lateinisch verfasst und beginnt also: "Ornatissimis et integerrimis Viris ac Dominis D. Joanni Ritz Serenissimi Neoburgici Commissario, Praefecto in Sittart confirmato 24. octob. 1641. D. Adamo Ritz II.m Consuli et Scabino in Gangelt, Dominis avunculis plurimum observandis"; sie ist unterschrieben: "V. V. D. Dorum Nepos Civis et Servus in Christo I. K. S. I".

Der lateinischen Widmung folgt eine deutsche Vorrede, welche über die Anlage der Chronik Auskunft gibt; sie lautet: "Zum günstigen Leser. Was ich von anno 1632 hero, als R. P. Bollandus, allhie p. 291, mir die erste meldung unsers Gangluden oder Gangelt auss Surio zugeschrieben, und sonderlich von anno 1639 biss 1644 auss vielen Schrifftcn nit ohne grosse Mühe versamblet, habe ich in diese Chronik verfassen wollen, damit, was sonsten in vielen Büchern verstrewet ist, im gegenwärtigen Buch, so in drey theill aussgetheilt, ordentlich gelesen werden mögte. Und zwar hab ich erstlich den zweiten Theill, nemblich alle Brieff und Sachen, volkommentlich nach der Jahr-zall abgeschrieben und darauss die kurtze Chronik des ersten Theills gezogen. Als sich nun mitler Zeit das werk under der Handt über die halbscheidt geheuffet und mehr Sachen zu handen kommen, als ich hie einschreiben können, hab ich viele Stück mit kleineren Buchstaben enger abschrieben und hie und dort noch einiges papier einverfassen müssen, damit nichts denkwürdiges aussgelassen würde. Der dritte Theill ist aus meinem Lateinischen zugleich obenhin verteutscht und abgeschrieben. Derhalben ich freundlichst verhoffe, werdet alles, was unklar und nit so gar deutlich gestelt, in gutem auffnehmen und hiemit in göttlichein Schutz verharren".

Diesem Plane entspricht die vorliegende Handschrift völlig; insbesondere sind mehrere Stücke am Ende jedes der drei Theile der Chronik, am meisten aber am Ende des dritten Theiles, in kleiner und gedrängter Schrift eingetragen. Der erste Theil reicht bis S. 28; ihm sind einzelne Abschnitte angefügt, welche im Stadtbuche am Ende des zweiten Theiles stehen, z. B. die Verzeichnisse der Schöffen, Bürgermeister und Pfarrer, von Gangelt, ausserdem aber noch folgende Stücke: S. 28 Müllen Recht zu Breberen aus des alten J. Hanxlers Schriften; S. 29 Aus einer Lateinischen geschriebenen Chronik auff dem Hauss Geull (vgl. unten); S. 30 Von Jülcher Vehden 1542 und 1543. Der zweite Theil der Chronik geht bis S. 272; es folgt der dritte Theil, "darin etliche Sachen auss dem ersten und anderen Theil allerseits nach der jahr- und blatt zahll disputiert, examiniert, erörtert und erkleret werden". Als Quellen werden besonders im dritten Theil citirt: Teschenmacher, Froissard, Gelenius, Chappeaville, Baronius, Miraeus, Necrologium Heins-bergense u. a.

III. Aus dem reichen Inhalt der zweiten Handschrift will ich hier nur einen Abschnitt wörtlich folgen lassen, der mir für die allgemeine Geschichte besonders werthvoll erscheint, nämlich den Auszug aus einer lateinisch geschriebenen Chronik auf dem Hause Geull (zwischen Aachen und Maastricht), der von 1200-1483 reicht und mit Vorliebe Naturereignisse berücksichtigt. , Aus einer lateinischen geschriebenen chronik auff dem hauss Geull, anno 1644 mir vom jungen herren communiciert, erstreckt sich ungefehr biss 1486.

  • 1201 ein heftiger hagel gefallen.
  • 1202 ein gutt kornjahr als in 100 jahren nit gesehen.
  • 1225 ein grosse truckenheit, dahero ein grosse theure zeit und hunger entstanden. 1245 zu Mastricht ein haan gebohren mit 2 kopffen, mit beyden ass und krähet er.
  • 1270 ist ein schrecklicher hagell gefallen, so gross als menschen köpff oder häupter.
  • 1296 ein grosse theurung, dan die früchten waren auffem feldt verfault, verdorben.
  • 1315 wegen stetigen regens von s. Johans Baptisttag ahn ist ein grosse theurung durch gantz occident oder sonnen nidergang (darunder Gangelt gelegen) entstanden; im feldt stunden die ähren ohn körnlein. Darauff ist ein starke pest kommen und erfolgt.
  • 1335 wegen langweirigkeit des regens grosse theurung. Ein müd [Ein Müd Aachener Mass macht nach der ersten Gangelter Handschrift S. 331 acht Fass = 6 Fass Gangelter Mass, 5 Fass Gangelter Mass = l Malter] spelten oder korns (roggen) galt zu Lüttich 2 königsthaler und 3 müd roggen waren kaum so gutt alss sonsten ein müd. Darauss eine sonderliche extraordinari theure zeit abzunehmen.
  • 1367 eine grosse blater pest, davon die leuth innerhalb 3 tagen hinweg sturben. Und 1362 war ein gut kornjahr.
  • 1382 ein gross erdbieben umbhero, darauff grosse pest.
  • 1387 wurden viele leuth gequelt vom husten und heiserigkeit, viele sturben davon.
  • 1388 war ein so überflüssiger sturtzregen und langweilighe feuchtigkeit, das die Frantzos in belagerung der statt Rurmundt nach einem monat gleich den knyen im dreck stunden.
  • 1391 ein sehr grosse algemeine pest durch gantz Europa, davon unzehlbare gestorben.
  • 1395 am 11. Juny des morgens am tag war umbhero ein grosses erdtbieben (wie auch 1640 am 4. Aprilis morgens zwischen 3 und 4 uhren mit grossem schrecken geschehen). Umb diese zeit, anno 1393 oder 95, war ein grosse theurung des brots allenthalben.
  • 1401 ein sehr grosse pest umbhero und im gantzen Teutsch-land; zu Lüttich 12000 gestorben.
  • 1402 am 15. Februarii ist ein comet stern umbhero erschienen biss auff den 19. Martii.
  • 1410 ein sehr grosse pest, rothe mäuss verdarben das korn,, im winter vergingen sie.
  • 1431 am 7. Octobris ein überauss heftiger sturmwindt von sonnennidergang, vermischt mit regen, hat unzalbahre bäume mit den wurtzeln herumb geworffen; es war kein lebendiger mensch, der solchen windt gesehen oder gehört hatte erzehlen.
  • 1438 ein grosse theurung ahn korn und wein durch gantz Europa; ein müd spelten oder roggen galt zu Lüttich 24 stüver, deren stüver 20 machten einen goltgulden.
  • 1439 ein grosse pest durch gantz Europa, davon auch gestorben Johan herr von Heinsberg, ein vetter Johans bischoff zu Lüttich, auf seinem schloss oben Coblentz [Ueber das Todesjahr Johanns I. von Heinsberg vgl. Lückerath in dem Jahresbericht über die höhere Stadtschule zu Heinsberg f. d. Schuljahr 1890/91, S. 14.].
  • 1445 auff Palmsontag ein gross ungewitter von windt und regen. Item am 23. Mey in der kreutzwochen oder- bet-tagen fur Christi himmelfart hats drey tag stark gefroren, darauff ist ein grosser schnee gefallen; korn und weinstock gantz erfroren.
  • 1450 in Julio ein gross ungewitter mit blixen, hagell, platzregen a meridie oder von mittag; alles korn zerschlagen im feldt. Dennoch galt ein müd roggen kaum 7 stüver.
  • 1451 der herbst dieses Jahres war wermer als der sommer, ein langsamer augst; dan im gantzen monat Julio liat es stets geregnet mit gantz nassem wetter.
  • 1459 Johan von Heinsberg, bevoren bischoff zu Lüttich, herr von Gangelt und Millen, starb zu Diest und ward zu Heinsberg in der kirchen bey seinen voreltern begraben [Ueber seine Grabinschrift vgl. Lückerath a. a. 0. S. 14]. Ein grosse theurung; ein müd roggen galt einen goltgulden. In diessem und folgenden jahr sturben viele ahn der pest.
  • 1462 war ein grosser ueberfluss ahn korn.
  • 1480 ein regenichtes und nasses ungestümes jahr, sehr schlechtes korn und saurer wein.
  • 1481 ein sehr harter winter, 5 tag für Januarius bis zum 18. Februarii; alles ist durch frost verdorben. Darauff ein grosse theurung, viele vom hunger gestorben, wie auch vom rasigen, unsinnigen feber viele menschen zum todt hinweg genohmen.
  • 1483 regiert ein überauss grosse starke pest, also das an vielen orthen das korn auff dem feldt stehen blieben; dan es war niemandt, der es einsamblet.

Quelle:Rauschen, Gerhard, Das Stadtbuch und die Chronik von Gangelt. (Anhang: Mühlenweisthum von Breberen, eine Rechtsaufzeichnung), in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins (ZAGV) 13/1891, Seite 181-190 und 263-264.