Moltrecht (Familienname)
Die Moltrecht sind ein brandenburg-preußisches Geschlecht, das sich bis ins 15. Jahrhundert in Magdeburg zurückverfolgen lässt. Es brachte u.a. angesehene Kaufleute, Wissenschaftler, Politiker und Geistliche hervor.
Herkunft
Der Name Moltrecht wird im Jahre 1485 erstmals schriftlich erwähnt. Hans Moltrecht wird in den Aufzeichnungen des Klosters Unser Lieben Frauen als Großpächter in Salbke aufgeführt. Im Jahre 1486 wird Peter Moltrecht als Propst zu Plötzky genannt.
Im 17. Jahrhundert lebte eine wohlhabende und angesehene Bürgerfamilie Moltrecht in Magdeburg. Joachim Moltrecht (1615-1678) bekam am 03.09.1642 die Bürgerrechte der Stadt Magdeburg verliehen.
Das Bürgerrecht war zur damaligen Zeit ein Privileg und mit dem des niederen Adels vergleichbar. Bürger konnte nur werden, wer Hausbesitz und Eigentum in der Stadt nachwies, Steuern und Abgaben zahlte sowie Wehrdienst zur Verteidigung der Stadt leistete. Die Zahl der Bürger betrug damals maximal 10% der Stadtbevölkerung.
Joachim Moltrecht war Großgrundbesitzer und Eigentümer mehrerer Häuser, Brau- und Backstuben. Er war zudem Bäckermeister und Angehöriger der Brauer- und Bäckerinnung zu Magdeburg. Seine Söhne waren ebenfalls Bürger, Großgrundbesitzer, und Angehörige der Brauer- und Bäckerinnung zu Magdeburg.
Sein Sohn, Johannes Moltrecht, heiratete am 07.10.1665 Catharina Elisabeth von Hagen, Tochter des Frantz von Hagen, Notar und Amtssekretär der Domvogtei zu Magdeburg.
Wappen
Wappen der Bürgerfamilie Moltrecht zu Magdeburg 1642
Wappen aus der Brandenburger Linie
(Eingetragen in der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle unter Nr. 83328) [1]
Führungsberechtigt sind die ehelichen Nachkommen von Johann Gottfried Moltrecht (1763-1847). Er war königlich preußischer Musketier im Altpreußischen Infanterie-Regiment 46 und Gutspächter in Rogäsen, Brandenburg.
Linien der Familie Moltrecht
Ab dem 17. Jahrhundert verteilten sich die Moltrecht auch über die Grenzen des Herzogtums Magdeburg hinaus. Es entstanden im Laufe der Zeit mehrere Linien:
Magdeburger Linie: Ursprung des Geschlechtes Moltrecht. Bis heute findet man den Namen in und um Magdeburg.
Brandenburger Linie: Begründer der Brandenburger Linie war Andreas Moltrecht (1678-1736). Er ging 1728 nach Brandenburg an der Havel, wo er Bürger und Lohgerbermeister war. Seine Nachkommen waren u.a. auch in Westpreußen, Sachsen und dem Baltikum ansässig.
Sächsische Linie: In Leipzig und Dresden lebten im 18. und 19. Jahrhundert angesehene Kaufmannsfamilien mit dem Namen Moltrecht. Ihr Begründer war Johann Christian Moltrecht, der um 1710 nach Leipzig ging. Einige seiner Nachkommen waren ab dem 19. Jahrhundert in Hamburg, später auch in Bremen ansässig.
Baltische Linie: Johann Daniel Moltrecht (*26.07.1758 Brandenburg a.d.H.) wanderte ins Baltikum aus, wo seine Nachkommen bedeutende Theologen und Wissenschaftler waren. Nach dem 1. Weltkrieg und der Revolution gingen einige seiner Nachkommen zurück nach Deutschland. Sein Ururenkel Erich August Moltrecht war verwandt mit der russischen Zarenfamilie Romanov.
Ostasiatische Linie: Johann Heinrich Moltrecht (*1723) segelte 1746 als Soldat der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie nach Batavia. Er hieß dort Jan Henrik Moltrecht und war später Ratsherr der Niederländisch-Ostindischen Regierung. Seine Nachkommen bekleideten hohe Positionen in der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie und in der Regierung von Ceylon. Sie leben heute unter dem anglisierten Namen Moldrich in Australien.
Bekannte Namensträger
Andreas Moltrecht, Gelehrter, Buchdrucker und Verleger in Helmstedt um 1660. Er druckte u.a. Bücher über Wissenschaft, Politik, Astronomie, Astrologie und Anthologie.
Johann Heinrich Moltrecht, geb. 1723, Offizier in der Kolonialarmee Niederländisch-Ostindiens, Richter in Batavia, Ratsmitglied der obersten Regierung von Niederländisch-Ostindien in Batavia.
Hannibal Moltrecht, 1812-1882, Hamburger Maschinenbauer und Unternehmer, Leiter der Hamburger Feuerwehr, Mitglied der Hamburger Bürgerschaft, Konstrukteur und Erbauer einer der ersten deutschen Dampffeuerspritzen und eines ersten Eisenbahntelegraphen. Er entstammte einer angesehenen Kaufmannsfamilie aus Dresden. Der „Moltrechtweg“ in Hamburg-Fuhlsbüttel wurde nach ihm benannt. Sein Schwiegervater war der bekannte Konstrukteur und Unternehmer Johann Georg Repsold.
Karl Moltrecht, 1860-1919, angesehener deutsch-baltischer Theologe, Propst zu Pilten im Kurland. Er gehört zu den sogenannten "Märtyrern der Revolution" ('Baltisches Märtyrerbuch' von D. Oskar Schabert) und wurde am 20.01.1919 während des russischen Bürgerkrieges von den Bolschewisten im Gefängnis von Tuckum hingerichtet.
Dr. Arnold Christian Alexander Moltrecht, 1873-1952, deutsch-baltischer Arzt und Entomologe. Er entdeckte und erforschte zahlreiche Tierarten, von denen viele nach ihm benannt wurden. Siehe auch Wikipedia Russland.
Dr. Horst Werner Friedrich Moltrecht, 1923-2006, persönlicher Referent von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller, Ministerialdirektor im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York und bei der Welternährungsorganisation in Rom, stellvertretender Direktor des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank.
Sonstige Personen
Heinrich Robert Moltrecht, 1808-1854, Kaufmann und Postmeister zu Leipzig, Besitzer des Rittergutes Mölkau. Die "Moltrechtstraße" in Leipzig wurde nach ihm benannt.
Friedrich Wilhelm Ferdinand Moltrecht, 1823-1887, Brennereiverwalter auf Gut Groß Behnitz im Westhavelland. Besitzer des Gutes war der Großindustrielle August Julius Albert Borsig. Es war eines der größten (2.700 ha), wirtschaftlichsten, modernsten und bekanntesten Güter zu der Zeit in Deutschland.
Friedrich Ferdinand Hermann Moltrecht, 1837-1920, Maschinenbauer, Direktor und Inhaber der Maschinenfabrik 'Moltrecht & Co.' in Meissen.
Friedrich Heinrich Otto Moltrecht, 1877-1955, königlich preußischer Rittmeister der Kavallerie, Landesältester des Landkreises Lüben/Schlesien, Besitzer des Schlosses und Rittergutes Groß Krichen in Schlesien, Vorstandsmitglied der Lübener Zuckerfabrik.
Karl Ernst Hans Moltrecht, geb. 1920 in Berlin, Maschinenbauingenieur, Professor an der Ohio State Universität, Autor mehrerer bekannter Bücher über Maschinentechnik. Ihm wurde 1983 von der Ohio State Universität der Charles-Ellison-McQuigg-Preis für seine hervorragenden Leistungen als Dozent verliehen.
Familie Moltrecht und Napoleon
Im Jahr 1813 informierte der Leipziger Kaufmann Friedrich Ludewig Moltrecht einen Handelspartner aus Frankfurt am Main in einem Brief über die Niederlagen der französischen Truppen. Dieser Brief wurde jedoch abgefangen und Friedrich Ludewig Moltrecht auf direkten Befehl Napoleons verhaftet und wegen Verrates am Kaiser vors Kriegsgericht gestellt. Seine Frau, Helene Henriette Friedericke Moltrecht, schrieb einen Brief an Napoleon, in dem Sie Ihn um Gnade bittet. Bevor es zu einem Urteil kam, wurde Leipzig von preußischen Truppen befreit und Friedrich Ludewig Moltrecht entging so knapp dem Todesurteil. Viele Zeitungen berichteten damals über diese "Heldentat", u.a. die Augsburger Allgemeine Zeitung am 31.10.1813. Handlungen gegen Napoleon waren sehr gefährlich und wurden gnadenlos mit dem Tode bestraft.
Diese Lithographie aus dem Jahre 1838 von P. Degobert trägt den Titel "La Famille Moltrecht implora la Générosité de Napoleon" (Familie Moltrecht erbittet Napoleons Gnade) und spiegelt die damaligen Geschehnisse wieder.
Namensbedeutung
Dem Familiennamen Moltrecht liegt mittelniederdeutsch Molt (Malz) zugrunde. Er zählt vermutlich zu der Gruppe der Berufsnamen aus dem Brauhandwerk (Molter = Mälzer). Zur damaligen Zeit, als die Familiennamen im Raum Magdeburg entstanden sind (zwischen 1350 und 1400), rief man Handwerker nicht immer mit ihren Berufsnamen, sondern teilweise auch nach ihrem Werkzeug, ihrem Erzeugnis, ihrem Arbeitsplatz oder anderen berufstypischen Auffälligkeiten. Bei dem Namen Moltrecht handelt es sich möglicherweise um einen Appellativ, also einen Spitznamen in Ausrufeform. „Moltrecht“ könnte also auf neuhochdeutsch soviel bedeuten wie „malze recht“. Für den Berufsnamen Molter, aus dem der Name Moltrecht möglicherweise entstanden ist, findet sich als frühes urkundliches Beispiel 'Bertoldus dictus Moltere' (Bertold genannt Molter) um 1300 zu Hamburg.
Geographische Verteilung
Relativ | Absolut |
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Literaturhinweise
- Volltextsuche nach Moltrecht in der Familienkundlichen Literaturdatenbank
- Arbeitsgemeinschaft Genealogie Magdeburg 'Familienforschung Heute Heft 15'
- Allgemeine Deutsche Wappenrolle Band VIII
- 'Die Bistümer der Kirchenprovinz Magdeburg: Das Bistum Brandenburg' von Fritz Buenger
- Historische Nachrichten der Brau- und Bäckerinnung Magdeburg
- Magdeburger Bürgerrolle
Weblinks
Buchdrucke von Andreas Moltrecht [2]
Die elektronische Wappenrolle des Wappen-Herold [3]
Genealogie der Familie Moldrich von Ceylon [4]
Moltrecht's Green Tree Frog, benannt nach Dr. Arnold Moltrecht [5][6]
Moltrecht's Minnow, benannt nach Dr. Arnold Moltrecht [7]