Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/096

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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erkennen lasse,[1] heißt es dann doch wieder, das Schema könne nach Art eines Fähnleins, ad modum vexilli, construirt werden. Dieses vexillum ist indessen nur dadurch entstanden, daß man die eine Hälfte des Baumes abschnitt und die sämmtlichen Aeste vom Stamme aus nur nach der einen Seite hin laufen ließ; dieses vexillum ist aber bald nachher ebenfalls einem Baumornamente anheimgefallen und verschwindet als solches wenigstens dem Namen nach gänzlich, während sich die Bezeichnung als arbor consanguinitatis auch in solchen Handschriften siegreich behauptete, wo man über den Charakter einer eben nur oberflächlich gezeichneten Figur wol zweifelhaft sein dürfte. [2]

      Wenn indessen der Stammbaum sich als Schema lediglich aus den römischen Verwandtschaftsformularen und keineswegs aus einer ursprünglichen künstlerischen Idee entwickelt hat, so ist man leider doch nicht in der Lage ganz exakt den Zeitpunkt zu bestimmen, in welchem die thatsächlich überlieferten Genealogieen in figuraler Darstellung der Geschlechtsreihen sich des schematisch ausgestalteten Rechtsformulars zuerst bedient haben; und es ist eine verhältnismäßig recht späte Uebung, den zahlreich vorliegenden Genealogieen älterer und ältester Dynastieen und Familien eine tabellarische Darstellung zu theil werden zu lassen, die endlich im


  1. Stintzing a. a. O. Formatur sic arbor. Nunc formemus arborem.
  2. Mit dein Fähnlein hat es nun aber ein besonderes Bewandtnis. Eine sehr schöne Abbildung dessen, was Andree wahrscheinlich unter dem vexillum verstanden haben wird, habe ich in einem Münchencr Codex germ. 601. in Albrecht von Eybs Eherechtsbuch gesehen, fol. 81. Hier ist überschrieben: arbor consanguinitatis vulgarisata cum autenticis successionis ab intestato und am unteren Ende die Aufschrift: Arbor Johannis Andree 1472. Es ist ein deutlicher Baumstamm mit neun Tafeln, in deren Mitte der Ehecandidat gedacht ist, vier Verwandtschaftsgrade nach oben, und vier Verwandtschaftsgrade nach unten, hier also Sohn und Tochter, Enkel und Niftel, Enkels und Niftels Sohn oder Tochter, Enkels und Niftels Kinds Kind; dort Vater und Mutter, Ahnherr und Ahnfran, Großahnherr und Großahnfrau, Vorahnherr und Urahnfrau. Von den vier oberen Graden gehen nach links abgezweigt die ramusculi mit den absteigenden Linien der vier Voreltern. Da die rechtsseitigen ramusculi fehlen, so könnte man sich leicht das Bild als eine fliegende Fahne vorstellen, es ist aber vom Zeichner der Handschrift doch offenbar nur an den Arbor gedacht, wie die ornamente vermuten lassen.