Ziegelei (Handwerk)

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Einleitung

Ziegel, auch Backsteine, Mauersteine oder Dachziegel, wurden ans in der Tongrube gestochenen Ton angefertigt. Um daraus Ziegelsteine herstellen zu können, mußten die Ziegler den Lehm in einen weichen, formbaren Zustand versetzen. Dazu wurde Wasser unter den Lehm gemischt und dieser eingesumpft. Enthielt der Lehm zuviel Ton - Ziegler sprechen von zu fettem Lehm - muss Sand beigegeben werden, um ihn zu magern.

Früher mußten die Lehmmacher den Lehm dann mit den Füßen barfüßig in Gruben durchgetreten und stampfen. Dabei wurde aufgrund der Feuchtigkeit und bei kalkhaltigen Lehmsorten die Haut spröde, rissig und trocknete aus. Ständig klebte Lehm an Händen und Beinen, und man ermüdete schnell von der Anstrengung. Mit einer Lehmhacke zerkleinerten die Lehmmacher die großen Klumpen zur Erleichterung der Fußarbeit. Wenn die so vorbereitete Lehmware für die Handarbeit ausreichend verformbar war, wurde sie von Zieglern in die Ziegelformen gestrichen und an der Luft getrocknet. Die getrocknete Backmasse wurde dann in Ziegelöfen gebrannt.

Entlastung der Lehmmacher
Pferdegöpel: Lehmzerkleinerung
Maschine: Kollergang

Maschinenverarbeitung

Später gab es auch Ziegeleien, auf denen Pferde diese schwere Arbeit verrichteten. Die von den Pferdejungen ständig angetriebenen Arbeitstiere zogen dabei eine Karre (Schlagkarre) im Kreis über eine Mischbühne, auf welcher der Lehm von den Rädern zerdrückt und gemischt wurde. Diese Emtwicklung bedeutete für die Ziegler eine große Arbeitserleichterung. Größere Handstrichziegeleien besaßen mehrere dieser Mischbühnen, um den Bedarf an aufbereiteten Lehm für die Produktion decken zu können.

Später wurde der gestochene Lehm mit rollenden Rädern (Kollergang) oder zwischen Walzen zur Handarbeit streichfähig vorbereitet und ab dem 19. Jhdt. auch von Maschinen geformt.

Bei der Maschinenverarbeitung wurde der vorbereitete Lehm aus der vierseitigen Öffnung eines Zylinders in Form eines Bandes hervorgepreßt, von einem fortrollenden Blatt (Bretterablage) aufgenommen und durch eine Abschneidevorrichtung in Ziegel geteilt. Andere Maschinen pressten trocknen Lehm in Formen zusammen.

Teycgeloven (Ziegelofen)

In mittelalterlichen Urkunden gibt es lokale Hinweise auf Ziegeleien in städtischem Besitz, welche offensichtlich nach Stadtgründungen und deren Befestigung an geeigneter Stelle in Stadtnähe eingerichtet worden waren.

  • 23.11.1376 Johann Zedermanns und seine Frau Aleke bekunden den Bürgermeistern, Schöffen und der Atadt Borken für erhaltene Ziegel 15 Schillinge Pfennige schuldig zu sein…
    • Quelle: Archiv der Stadt Borken.

Familienname Ziegellofen in Borken

Bei entsprechend mächtigen Tonabstichen lohnte sich dann auch ein fester Standort im Gelände zum dauerhaften Betrieb Brennofens für die Ziegelei. Der Betreiber solch einer Anlage hatte häufig einen geachteten Stand in der Bürgerschaft, die ihm manchmal auch zu einem dem entsprechenden Beinamen verhalf.

  • 30.06.1341 tritt als Schöffe des Gerichts in Borken Wescelo de Telichove (1385 Jacob ton Telchove (= Ziegelofen)) auf.
    • Quelle: Archiv der Stadt Borken.

Landmarke: Ziegelofen

So konnte ein Ziegelofen durchaus zur Landmarke werden:

  • Im Jahre 1404 bekennt „Heinrich von Lette Vrygreve der Grafscap Heydene“, dass die von Heyden den Gebrüdern Johan und Gosen Blomesaden versetzt hätten „deb Vryenstohl halff geheyten Hessekinch alse de belegen is in deme Kerspele van Borken bey der Landwere an den Teycgeloven (Ziegelofen) und den Ban halff der da horet van Ramestorpe over den Loensberghe bet an de Smetincmohle to Gemene…“
    • Quelle: Ledebur, Leopold von: Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des preußischen Staates (1835)
Feldbrandofen 1927 (Sign.HV-Vreden)

Feldbrandofen

Zu einer Feldbrandziegelei gehörte ein Ofentyp, der dieser periodisch betriebenen, mobilen Ziegeleianlage entsprach. Der Feldbrandofen, auch Meiler genannt, wurde nicht aufgemauert, sondern bestand ausschließlich aus den zu brennenden Rohlingen.

Die Aufbauarbeiten des Ofens überwachte der Ziegelbrenner, ein erfahrener, meistens älterer Ziegler. An der Ofensohle legte er Schürgassen an, die während des Brandes für die nötige Luftzufuhr sorgten und von wo aus der Ofen später angezündet wurde. Darüber wurden abwechselnd in Lagen Ziegelrohlinge und Feinkohle aufgeschichtet. Aus statischen Gründen liefen die Aussenwände des Meilers zur Krone hin konisch zu, wobei höhen von bis zu 8 Metern erreicht werden konnten.

Nach Beendigung der Aufbauarbeiten mussten die Außenseiten des Meilers mit Lehm abgedichtet werden, um die Ziegel während des Brandes gegen Feuchtigkeit zu schützen und um eine unkontrollierte Luftzufuhr zu verhindern (Gefahr der Entstehung vor Wildfeuern). Während der gesamten Brennphase, die ja nach Größe des Meilers zwischen zwei und sechs Wochen liegen konnte, kontrollierte der Brenner das Feuer und regulierte den Ofenzug. Der Brand war beendet, wenn sich das Feuer bis zur Ofenkrone durchfefressen hatte.

Backsteinziegelei und Kalk

Zum ausgehenden Mittelalter scheint es bereits Verbindungen der Produktionen von der „Backsteinbäckerei“ mit der Kalkbrennerei gegeben haben:

  • 24.02.1460 (Estomihi) Der Rat (der Stadt Brakel) vereinbart mit Meister Bernd dem Tegeler, daß der Rat diesem ein Ziegelhaus baut und Freiheit von Schoß und Pferdehaltung gewährt und im ersten Jahre 1 Viertel Roggen und in den drei anderen Jahren 2 Scheffel gibt. Dafür soll Bernd im ersten Jahre 16 Scheffel Kalk und 1.000 Steine und in den anderen drei Jahren 2.000 Steine liefern und den Scheffel Kalk dem Rat für 2 ½ Pfennige und den Bürgern für 3 Pfennige und 1.000 Steine für 2 ½ Gulden verkaufen. Zeugen (dedingeslude): Ernst von Geysmare und Johann von Dey.
    • Quelle: Urkunde, Stadtarchiv Brakel
  • 1761 Befehl des französischen Brigardiers Fischer, 30.000 Ziegel und 50 Wagenladungen Kalk nach Balve zu bringen, und dessen Weitergabe an die öffentlichen Stellen.

Pfannenziegelei und Backsteinbäckerei

24.02.1567 Caspar von Schwansbell [d. Ä. ?] und Jaspar Tegeler, Bürger zu Lünen, schließen einen Vertrag: Schwansbell gibt für die erhaltenen Steine und Pfannen den Brockkamp als Pacht und erhält noch 22 Taler. Das Geld erhalten Reinhard Kremer und Dietrich Koipen, Richter und Bürger zu Lünen. Der Brock mit den beiden Kämpen und dem Wisch wird für 5 Jahre verpachtet. Tegeler liefert dafür künftigen Sommer aus dem ersten Brand 2.000 Pfannen und aus dem zweiten Brand nochmals 2.000 Pfannen. Die darauffolgenden 4 Jahre gibt er aus dem ersten Brand jeweils 2.000 Pfannen. Der Richter siegelt, die Vertragspartner unterschreiben die beiden Ausfertigungen.

  • Quelle: Urkunde Haus Schwansbell

Qualitätskontrolle

  • 1782 Franz Thüleder zu Menden beklagte sich bei dem Freiherrn v. Landsberg über den "Ziegelbäcker" Winterhoff auf der platten Heide zu Menden wegen Herstellung schlechter Ziegel.

Dachziegel, Drainröhren

Dachziegel wurden nach Anfang des 20. Jahrhunderts meist mit der Hand, Drainröhren auf Maschinen in gleicher Technik wie Mauersteine gefertigt und erforderten nur eine Plattenablage mit ringförmiger Austrittsöffnung.

Regionale Verbreitung

Seit dem 13. Jahrhundert wurden vor allem in West- und Mitteldeutschland die Dächer mit Schiefer gedeckt, so blieben z.B. in Frankfurt am Main die Pfannenziegler und Ziegeldecker gegenüber den Schieferdeckern (Stein- und Layendecker) unbedeutend.

Arbeitsgeräte

Hoffmann`sche Ringofenziegelei

Im 19. Jhdt. wurden die getrockneten Ziegel in Öfen unterschiedlicher Konstruktionen gebrannt. Der noch Anfang des 20. Jahrhunderts vollkommenster Ziegelofen war der ringförmige Brennofen mit kontinuierlichem Betrieb.

Zieglerschulen

Zieglerschulen lagen meist außerhalb von Wohn und Beschätigungsorten. In den Archivalien dieser Schulen können weitere interessante Informationen für Familienforscher zur Anfertigung vertiefender Biografieen zu finden sein. Im „Ziegler Sonntagsblatt“ vom 26.08.1900 sind angeführt:

  1. Höheres technisches Institut für Ziegelei-Fachkunde in Cöthen in Anhalt. Nur zur Ausbildung von Ziegelei-Ingenieuren (5 Semester)
  2. Städtische Zieglerschule in Lauban (Schlesien). Sie erhält große Zuschüsse von den Ziegeleibesitzer-Vereinigungen; auch vom preußiechen Ministerium wurde ihr ein Staatszuschß von 2.500 Mark für das laufende Jahr bewilligt.
  3. Zieglerschule in Lemgo, verbunden mit Heizerschule, 2 bzw. 3 Kurse zu 3 Monaten. Schulgeld für einen Kursus 65 Mark, (Heizerschule 40 Mark). Näheres zu erfahren durch den Fachlehrer Burghardt-Lemgo. (Staatszuschuß aus Lippischen Landesmitteln 1.000 Mark jährlich).
  4. Staatsschule für Thonindustrie in Bechyn in Böhmen (119 Schüler 1899)
  5. Staatsschule für Thonindustrie in Znaym in Mähren (250 Schüler)
  6. Staatsschule für Thonindustrie in Teplitz -Schönau in Böhmen

Zusätzlich 1895

  1. Fachschule für Thonindustrie in Bechyne (Bechin) Böhmen
  2. Fachschule für Thonindustrie in Kolomyja [poln.] in Galicja (Galizien)

Beruf und Familienname

Museumspädagogik Westfalen