Schmelz (Kr.Memel)/Familie Krosien
Bitte beachten Sie auch unsere Datensammlung aller bisher erfassten Personen aus dem Memelland |
Richard Friedrich Emil Krosien und Annike Krosien, geb. Andulaite
Richard Friedrich Emil Krosien, * 21.02.1870 in Russ
+ 04.10.1946 in Bremervörde
2.Ehe
oo 01.12.1905 in Schmelz (StA)
Annike Krosien, geb. Andulaite, * 06.06.1871 in Adl.Schmelz, + 21.01.1953 in Bremervörde
Die Kinder der Familie Richard und Annike Krosien:
- Richard Franz Krosien, * 07.11.1908 in Schmelz, + 12.12.1982 in Bremervörde
- Henry Kurt Krosien, genannt Heinz, * 28.07.1911 in Schmelz, + 20.06.1973 in Marienheide
oo 30.08.1939 in Memel (StA), Ella Pogies, geschiedene Harder, * 30.04.1913, + 21.11.1992 in Marienheide, Sohn Olaf aus dieser Ehe mitgebracht * 01.05.1934 + 04.04.1989
- Kinder:
- Martina Gisela Krosien, oo Werner Jäger, deren Kinder: Manuela Jäger, Ralf Jäger
Werner Gerd Krosien, * 01.02.1942 in Memel, + 10.05.1982
Fred Henry Krosien, oo Ilse Mielke, deren Kinder: Tanja Krosien, Ilona Krosien
Annemarie Elisabeth Krosien, * 14.08.1949 in Marienheide, + 16.09.1980, oo Frank Wilhelm, deren Tochter Anja
Eva Edda Krosien, oo Reinhard Mikat, deren Kinder: Lena-Marie Mikat und Max Mikat
- Kinder:
- Elisabeth Krosien, * 27.08.1912 in Schmelz, + 24.02.1946 in Zschadrass, oo Herbert Rugullis, Weiteres unbekannt, Tochter Edith
- Else Krosien * 18.04.1915 in Schmelz, + 06.03.1997 in Bremervörde
- Kurt Krosien im frühen Kindesalter verstorben
- Walter Krosien im frühen Kindesalter verstorben
Großvaters Beruf und der seiner Vorfahren
Gerhard Krosien erzählt:
Auf dem Hof sitzt der alte Großvater auf einem Hocker. Er sitzt vor der Voliere, in der Memeler Hochflieger, die heimische Taubenrasse, seines Militärdienst leistenden Sohnes hin- und herflattern. Er hat als zugelassener Fischer auf dem Kurischen Haff ein kleines zerrissenes Fischernetz zu seiner Rechten an dem Maschendraht der Voliere befestigt und flickt die schadhaften Stellen. Auf seinem linken Oberschenkel sitze ich, sein damals etwa sechsjähriger Enkel. Mir erzählt Großvater, während er die Maschen des Netzes repariert, von seinen Erlebnissen in der Fremde, als er einst freigeschriebener Seilergeselle gewesen war. „Du musst nämlich wissen, alle meine Vorfahren waren Seiler in unserem Heimatort Russ am Memelstrom, und so wurde ich es aus Familientradition auch. Als es dort mit Handel und Wandel bergab ging und man als Seiler nicht mehr das tägliche Brot für seine Familie verdienen konnte, zog unsere Familie nach Memel-Schmelz um. Schließlich konnte man in der See- und Handelsstadt Memel sein Glück machen.“
In Schmelz richtete Großvater den lang gestreckten Hof seines Anwesens mit allem für die Seilherstellung Notwendigen ein, wie diversen Haken und Ösen an den Endmauern, Kurbeln, Feuerstellen, Lagerschuppen und sonstigen Einrichtungen und Geräten. Immer wieder duftete es auf dem Hof nach Holzkohlenteer, mit dem die Seile imprägniert wurden, nach Hanf und anderem Fasermaterial. Als stets neugierigen Bowke ließ Großvater mich öfter als einmal unter seiner gestrengen Anleitung selbst Seile drehen. So entwickelte ich mich schließlich zu „seinem fachkundigen Gehilfen“, dem in Sachen Seilherstellung so leicht keiner etwas vormachen konnte.
Bei Großvaters Erzählung fielen Städtenamen, wie Venedig, Genua, Friedrichshafen, Frankfurt am Main und andere. Ich wusste damals nicht viel mit alledem anzufangen. Aber Großvater muss wohl in der ganzen großen Welt gewesen sein! Und seine Geschichten waren immer so spannend und lehrreich!
Eine Erzählung über das Fischen mit seinem Enkel finden Sie hier: Fischzug_mit_Schlubberche
Halbbrüder von Richard Franz Krosien
- Arthur Krosien
Arthur Krosien (im Portal Krosin geschrieben, Geburtsdatum unbekannt) entstammt meines Wissens der ersten Ehe des Richard Friedrich Emil Krosien. Er, seine Ehefrau Louise (von uns Kindern Tante Liesl genannt) und deren Tochter Ruth wohnten in Memel in der Mühlenstraße 7. Der Kontakt aller zu der Familie seines Vaters beschränkte sich auf gelegentliche Besuche. Lediglich an Ruth in jungen Jahren und an "Tante Liesl" vermag ich mich zu erinnern. Tante Liesl schenkte uns Bowkes in unserer Kinderzeit mehrfach kurz vor Weihnachten jeweils einen Karton Bleisoldaten. In der neuen Heimat in Niedersachsen lernte ich später die erwachsene und verheiratete Ruth (Unger) und Tante Liesl näher kennen. Beide wohnten in Wetzlar, sind inzwischen aber verstorben. Nach Mitteilung des Suchdienstes der BRK ist Arthur Krosin (Krosien) 1947 in einem sowjetischen Kriegsgefangenenlager verstorben. Weitere Angaben kann ich nicht machen.
- Ernst Krosien
Richard Franz Krosien und Maria Meta Krosien, geb. Willumeit
Richard Franz Krosien, * 07.11.1908 in Schmelz, + 12.12.1982 in Bremervörde
oo 20.08.1932 in Memel (StA)
Maria Meta Willumeit, * 11.11.1910 in Memel, + 07.04.1999 in Bremervörde
Die Kinder der Familie Richard und Maria Krosien:
- Karlheinz Krosien, * 24.01.1934 in Schmelz, + 14.12.2008 in Bremervörde
- Gerhard Henry Krosien
- Werner Krosien, * 1937, Schmelz, + ca. 1939 Rippenfellvereiterung Memel
- Elfriede Krosien, oo Rolf Hackmann, * 25.07.1938 Bremerhaven, + 13.03.2008 Bremerhaven, deren Kinder: Helke Hackmann, Jens, Hackmann, Meike Hackmann, Axel Hackmann
- Helga Krosien, * 7.9.1941, Schmelz, + 13.9.1945 Bremervörde
- Reinhard Krosien, oo Ingrid Meyer
V. Querstraße 4
Das Grundstück mit Haus und Garten lag in der V. Querstraße 4.
Das Grundstück in der V. Querstraße 4 war in einen Hofraum und in einen Garten - den Kirschgarten - aufgeteilt.
Der Hofraum wurde durch einen geschlossenen dunkelfarbigen etwas über 2 m hohen Holzzaun an seiner West- und Ostseite umsäumt. Zwischen Wohnhaus mit ungefähr 12 m Länge und dem Holzzaun befanden sich ein Tor für Passanten und eine breite zweiflügelige Pforte für Fahrzeuge, wofür insgesamt etwa 4 m der Gesamtbreite
- etwa 16 m - des Hofgrundstücks verwendet wurden. Das Hofgrundstück, das eine Länge von etwa 30 m hatte, also eine Gesamtfläche von etwa 480 qm umfasste, wurde vom 10 m breiten Wohnhaus mit kleinem Vorgarten, einem Wirtschaftsgebäude, einem kleinen Kräuter- und Blumengarten, dem Wasserbrunnen, einem "Plumpsklo" mit einem Kinder- und einem Erwachsenensitz sowie drei Taubenschlägen mit Voliere in Anspruch genommen.
Der anschließende "Kirschgarten" wurde vom Hofraum durch einen ebenso hohen Holzzaun mit jeweils 5 cm breiten Lücken zwischen den Holzleisten und einer abschließbaren Pforte abgegrenzt. Seine Länge betrug ungefähr 50 m, die Breite wie die des Hofgrundstücks. Er war an der West-, Süd- und Ostseite von einem Bretterzaun von etwa 1,80 m Höhe mit jeweils brettbreiten Lücken zwischen den einzelnen Brettern umgeben. An der Westseite des Zaunes folgte innen auf der gesamten Zaunlänge eine dichte Himbeerhecke, beides dafür vorgesehen, kalten Haffwind - und natürlich auch ungebetene Gäste - fernzuhalten. Beide Seiten des Mittelgangs wurden von Stachelbeer- und Johannisbeersträuchern gesäumt, die von zahlreichen Sauerkirschbäumen überragt wurden. Jedes Frühjahr während der Kirschbaumblüte ein "Traum in Weiß"!
Unmittelbar hinter dem Südzaun befand sich der Steilabfall einer schon längst ausgebeuteten Kiesgrube, der beliebte Teffpunkt und Spielplatz der Schmelzer Marjellens und Bowkes.
Erzählungen von Gerhard Krosien auch zum Kirschgarten können Sie hier lesen.
Ausflüge
Das Kurische Haff und die Schmeltelle, das war immer was für Schmelzer Bowkes. Am Haff lagen - vor allem nach dem eisigen Winter - die schwarzen Fischerkähne angekettet, teils umgestülpt, teils nicht, auf dem sanft abfallenden steinigen Ufer des Fischergangs. Da machte es richtig Spaß, flache Steine gekonnt übers Wasser hopsen zu lassen, ehe sie schließlich untergingen. Da lagen auch zahllose vertrocknete Schilfhalme herum, die der Westwind vom Schweinsrücken und von der Kurischen Nehrung an Land geworfen hatte und die nun wie Angelstöcke aussahen. Sie wurden beim Gang am Schmeltelle-Ufer entlang Richtung weiße Schmeltelle-Brücke von uns immer wieder ins Wasser getaucht, womit wir unserem kindlichen Übermut freien Lauf ließen.
Am Schmeltelle-Ufer war es zu dieser Jahreszeit noch recht nass. Aber wir hatten ja "hohe Schuhe" an. Kalt war´s auch noch. Dagegen hatte Mutti uns dick eingemummelt. Außerdem trugen wir doch lange Strümpfe und unseren geliebten Tirolerhut! Was konnte uns damals anhaben? Wenn die Tuntel vor Kälte auch rot war, Spaß hat´s uns immer wieder gemacht!
Der König-Wilhelm-Kanal war für die Schmelzer, auch für uns, oft genug Ziel ausgedehnter Spaziergänge oder Wanderungen. Wir genossen dann die Ruhe und den betörenden Duft der weiten Landschaft. Oft verweilten wir irgendwo auf einer Kanalbrücke und betrachteten von oben die sich im Sonnenschein ruhig im Wasser treiben lassenden Fische. Hin und wieder begrüßten wir auch ein langsam vorübergleitendes Wasserfahrzeug. Die Seele erholte sich dann vom Alltag.
Allerdings mussten wir die rechte Seite des Kanaldeichs schon 1941 als Fluchtweg benutzen. Damals postierten sich große Mengen von deutschen Militärfahrzeugen jeder Art und Größe in den Straßen von Schmelz, und die Bevölkerung wurde evakuiert. Jedoch verwies man uns damals nur auf das Umland, da man wohl mehr von einer Vorwärtsbewegung als von einem Rückzug ausging, womit man seinerzeit richtig
lag. Es begann der "Siegeszug gen Osten".
Großvater hatte 1941 rasch einen Leiterwagen mit zwei Pferden davor organisiert, auf den nun so allerhand Hausrat sowie Mutter und wir Kinder kamen. Dann ging´s los auf dem Deichweg Richtung Drawöhnen. Dort gewährten Muttis Schwester Gertrud und ihr Ehemann, dortiger Dorfschullehrer, für die Dauer der Evakuierung Bleibe.
Großvater machte Kutschieren sichtlich Spaß. Schließlich hatte er im Ersten Weltkrieg bei der Kavallerie gedient. Immer wieder beobachtete ich heimlich, wie er mit leiser Stimme zu den beiden Pferden redete. Doch einmal wurde er während der Fahrt aber etwas lauter als sonst! "Wirscht du schwatter Düwelwohl mal anständig trecke! Lätst de ganze Arbeit dem Schimmel moake. Wacht, fier di hoal ik glieks eine Kaddick-Pietsch! Denn werde wi moal sehn, ob was nützt."
Großvater band kurzerhand die Zügel am Wagen fest, stapfte vom Deichweg hinunter in die Heidelandschaft und schnitt von einem Wacholderstrauch einen großen Ast mit stacheligen Nadeln ab. Mit dem setzte er sich wieder auf seinen Kutschbock. Das Pferd muss Großvaters Absicht wohl richtig gedeutet haben. Denn es ließ sich von da ab zum Ziehen des Wagens nicht mehr nötigen!
Die Kurische Nehrung und der Ostseestrand waren für die Memeler eine von Gott geschenkte Naturapotheke - zu jeder Jahreszeit!
Im Sommer war Baden angesagt. Für ein paar Groschen ging´s mit der Fähre übers Haff. Wir Schmelzer reisten noch billiger!, nämlich vom Fischergang aus mit dem Kahn. Die "Großen" brauchten nur ein bisschen ihre Arme beim Rudern zu bewegen.
Anstrengend war dann bloß der Weg quer über die Nehrung: Loser feiner Sand überall. Am anstrengendsten war´s dann aber vom Fuß bis zum Gipfel der mächtigen Düne. Das ging immer: Zwei Schritte vorwärts, einen Schritt zurück! Der lockere Dünensand rutschte immer wieder nach unten. Und
heiß war er für uns "Barfüßler" noch dazu!
Aber die ganze Anstrengung verflog, wenn man vom Gipfel der Düne die Wellen der Ostsee sah und die frische Brise die Nase umfächelte! So schnell die kleinen Beine uns Schmelzer Bowkes trugen, ging´s durch den harten Strandhafer hinunter an den Strand. Oberhose runter, "Köpper" in die nächste Welle! Eine Wohltat!
Zu den "Übrigen" ging es dann hinterher. Die hatten einen schönen "Lagerplatz" irgendwo am Strand bezogen, wo erst einmal die mitgebrachten Saftflaschen mit feuchten Lappen umwickelt und in den heißen Sand gesteckt wurden. Bewährte Kühlmethode! Denn so blieb der Saft schön kühl.
Nebenbei - und vor allen Dingen nach stürmischem Wetter - sammelten wir Bowkes und Marjellens Bernstein am Ostseestrand. Damals fanden wir viel davon, mussten aber alles bei bestimmten Stellen abliefern. Dafür bekamen wir wenigstens etwas Schulmaterial, das seinerzeit rar war.
Im Herbst duftete die ganze Nehrung nach Pilzen. Großvater, Vater und ich ruderten - mit großen Weidenkörben bewaffnet - hinüber und brachten abends unsere reichliche Jagdbeute heim.
Und im Winter ging so manche Rodeltour von einer Düne hinunter. Vorsicht war lediglich vor wütenden Elchen geboten.
So hatte damals jede Jahreszeit auf der Kurischen Nehrung ihren Reiz!
Henry Kurt Krosien, genannt Heinz und Ella Pogies
Henry Kurt Krosien, genannt Heinz, * 28.07.1911 in Schmelz, + 20.06.1973 in Marienheide
oo 30.08.1939 in Memel (StA)
Ella Pogies, geschiedene Harder, * 30.04.1913 in Schmelz, +21.11.1992 in Marienheide, Sohn Olaf aus dieser Ehe mitgebracht * 01.05.1934 + 04.04.1989
Ihre Kinder:
- Martina Gisela Krosien, oo Werner Jäger
- deren Kinder: Manuela Jäger, Ralf Jäger
- Werner Gerd Krosien, * 01.02.1942 in Memel, + 10.05.1982,oo Bärbel Vogt
- deren Kinder: Kerstin Krosien, Melanie Krosien
- Fred Henry Krosien, oo Ilse Mielke,
- deren Kinder: Tanja Krosien, oo Sascha Gruschka, Ilona Krosien, oo Kai Isenberg
- deren Tochter Janet Isenberg
- Annemarie Elisabeth Krosien, * 14.08.1949 in Marienheide, + 16.09.1980, oo Frank Wilhelm
- deren Tochter Anja
- Eva Edda Krosien, oo Reinhard Mikat
- deren Kinder: Lena-Marie Mikat und Max Mikat
In neuer Umgebung - Bremervörde
Gerhard Krosien schreibt:
Am 31. Juli 1944 war meine memelländische Kinderzeit zu Ende. Evakuierung der Familie! Zuerst nach Osterode/Ostpreußen, dann in die Nähe von Plathe in Pommern, schließlich nach Bremervörde in Niedersachsen.Nach viel zu kurzer ungetrübter Kinderzeit im Memelland nun - wohl für immer,das wurde so nach und nach bewusst - in fremder, aber immerhin friedvollerer Umgebung!
Schwere Zeiten waren es nach 1945, nach Kriegsende, für meine ganze Familie und für mich - für viele. Auch hier war das Land durch den schrecklichen Krieg ausgepowert. Die angestammte Einwohnerschaft (die Einheimischen) hatte damals nur noch wenig. Die hilfesuchend herbeiströmenden Heimatlosen (die Flüchtlinge) kamen zumeist mit dem an, was sie am Leib trugen oder in kleinem Handgepäck mit sich brachten. Sie hatten im Grunde nichts!
Weitere Kurzgeschichten finden Sie unter Zeit nach der Flucht aus dem Memelland