Gewahrsamsmacht Frankreich - Kriegsgefangenenlager (WK II)
Die deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand
Die Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen in französischer Hand beginnt im Jahre 1943 in Nordafrika und endet im Dezember 1948 mit dem letzten Heinkehrer aus dem französischen Mutterland.
Kriegsgefangene im französischen Mutterland (1945-1948)
Um die französische Volkswirtschaft und das Land bereits während des Krieges wieder aufzubauen, bedurfte Frankreich einer großen Anzahl von Kriegsgefangenen (1.7 Millionen). Da die im eigenen Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen für die Aufbauarbeit nicht ausreichten, wandte sich Frankreich mit diesem Anliegen an die Alliierten. So begannen am 22.Februar 1945 die ersten Übergaben deutscher Kriegsgefangener aus britischer und vor allem aus amerikanischer Hand. Die Übergaben vollzog sich in mehreren, zeitlich von einander getrennten Kontingenten, da Frankreich zunächst nicht in der Lage war, gemäß der Genfer Konvention für ausreichende Ernährung, Unterkunft, Bekleidung und Gesundheitsfürsorge zu sorgen. Diese Zustände änderten sich jedoch bald auf starkes Drängen der Amerikaner allmählich. Nach Abschluss der Kriegsgefangenenübernahme betrug die Anzahl der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich im Oktober 1945 ca. 1.065.000 Mann. Diese Gefangenen wurden im französischen Mutterland in Lagern (Depots) zusammengeführt und von dort zu den verschiedensten Arbeiten im gesamten Lande eingesetzt.
Die Miltärregionen in Frankreich
Die Verantwortung für die deutschen Kriegsgefangenen trug das frz. Kriegsministerium, welches die Kriegsgefangenenlager nach militärischen Gesichtspunkten in Militärregionen (frz), die in der Regel mehrere Departments umfasste, organisierte und diesen Regionen ein oder mehrere Kriegsgefangenenlager, den so genannten Dépôts (= Grundform der Gewahrsamshaltung), numerisch zuordnete.
Die Kriegsgefangenen-Depots in Frankreich
In den verschiedenen Militärregionen Frankreichs wurden neben den normalen Arbeitslager (Dépôts) auch für einen bestimmten Personenkreis spezielle Dépôts eingerichtet.
Die Lager in den französischen Besatzungszonen
Deutschland
In ihre nördlichen Besatzungszone (Raum Koblenz, Mainz) übernahmen die Franzosen am 10.Juli 1945 von den Amerikanern 8 Kriegsgefangenen-Sammellager mit 182.000 Insassen. Diese Lager waren:
- Sinzig
- mit 25.200 Kriegsgefangenen
- Andernach
- mit 16.000 Kriegsgefangenen
- Siershahn
- mit 25.000 Kriegsgefangenen
- Bretzenheim
- mit 17.200 Kriegsgefangenen
- Dietersheim
- mit 33.600 Kriegsgefangenen
- Koblenz
- mit 21.200 Kriegsgefangenen
- Hechtsheim
- mit 21.600 Kriegsgefangenen
- Diez
- mit 22.000 Kriegsgefangenen
Solange der Krieg anhielt, war die 1. französische Armee unmittelbar für die Kriegsgefangenen in französischer Hand verantwortlich. Nach Schaffung der französischen Besatzungszone wurde durch eine Weisung aus Paris am 17. Dezember 1945 in Baden-Baden eine „Direction des Prisonniers de Guerre Allemagne-Autriche“ eingerichtet, die dem „Commendement Supérieur des Troupes d’Occupation“ (C.S.T.O.) angeschlossen war.
Es hatte folgende Aufgaben:
- 1. Die Regelung des Transitverkehrs bei Kriegsgefangenen, die aus Frankreich oder aus den alliierten Besatzungszonen kamen;
- 2. die Kontrolle bei der Entlassung von Kriegsgefangenen aus Frankreich oder aus den alliierten Besatzungszonen, sofern die Heimkehrer in der französischen Besatzungszone ansässig waren;
- 3. die Leitung und Verwaltung der Dépôts in der französischen Besatzungszone;
- 4. die Verteilung der arbeitsfähigen Kriegsgefangenen, und
- 5. die Heranziehung der Kriegsgefangenen als Zeugen bei Untersuchungen über tatsächliche oder angebliche Kriegsverbrechen.
Dem „Dépôt principal 2301“ in Baden-Baden unterstanden drei „Dépôts de transit“ und zwar:
- Nr. 1 in Bretzenheim
- Nr. 2 in Tuttlingen
- Nr. 3 in Malschbach
Im Hinblick auf den Arbeitseinsatz gab es außerdem drei „Dépôts principaux“, nämlich:
- 231 in Waldkirch für die Südzone
- 232 in Bretzenheim für die Nordzone
- 233 in Innsbruck für Österreich
Österreich
Die Arbeitsleistungen der Kriegsgefangenen in Lagern Deutschlands und Österreich fallen nicht ins Gewicht. Die Arbeitsfähigen unter ihnen wurden schon bald ins französische Mutterland abtransportiert. Die verbliebenen Lagerinsassen arbeiteten weitgehend nur für den Unterhalt der Dépôts, in geringem Umfange auch für die französischen Streitkräfte.
Die Dépôts auf deutschen und österreichischem Territorium wurden – beginnend am 01.04.1946 - bis September 1948 nach und nach aufgelöst.
Die Lager in Nordafrika (1943 – 1948)
Die während des Afrikafeldzuges 1943 in französischer Kriegsgefangenschaft gelangten deutschen Kriegsgefangenen wurden auf Anordnung der provisorischen französischen Regierung in Algier zunächst in das Lager GERYVILLE. Spätere deutsche Kriegsgefangene wurden in die nachgeordneten Kommandostellen in Tunesien und Marokko in ca. 30 Dépôts (= Grundform der Gewahrsamshaltung) untergebracht.
Im Dezember 1944 bestanden ca. 30 Dépôts in Nordafrika mit ca. 25.000 - 28.000 deutschen Kriegsgefangenen in Algerien, Tunesien und Marokko. Bis September 1947 wurden alle deutschen Kriegsgefangenen aus Nordafrika in das französische Mutterland überführt, um dort als Arbeitskräfte eingesetzt zu werden.
Nur eine kleine Gruppe von Spezialisten ( 50 Mann in Algerien, 1.500 Mann, 500 in Tunesien und mehr als 200 Mann, welche die Minenräumung zu Ende sollten, verblieben noch einige Zeit in Nordafrika.
Der Arbeitseinsatz der deutschen Kriegsgefangenen
Während in den Niederlanden und Belgien deutsche Kriegsgefangene in geschlossene, militärisch gegliederten und geführten Verbänden als SEP („Surrendered Enemy Personnel“ (feindliches Personal, das sich ergeben hat)) zur Minenräumung dort eingesetzt wurden, geschah die Minenräumung in Frankreich unter Verstoß gegen den Artikel 32 der Genfer Konvention, die verbot, „Kriegsgefangene zu unerträglichen und gefährlichen Arbeiten zu verwenden …“. Die französische Regierung vertrat jedoch die Meinung, dass die Minen, die von den Kriegsgefangenen selbst vor ihrer Gefangennahme bzw. von den deutschen Streitkräften auf französischem Boden, in französischen Häfen und an der französischen Küste gelegt worden seien, auch von den Gefangenen wieder beseitigen zu lassen. Ein Protest des IKRK blieb erfolglos. So wurden deutsche Kriegsgefangene, beginnend ab 1943 in Nordafrika auch nach 1945 in Frankreich zum Minenräumen eingesetzt. Von den über 40.000 erwähnten Gefangenen (23.06.1946) sind ca. 10 % bei diesen Déninagekommandos ums Leben gekommen.
War die Minenräumung die gefährlichste, so war der Einsatz in den Kohlenbergwerken (ca. 50.000 Mann) wohl die härteste Arbeit. Dieses lag zum einem an der schlechten Behandlung, Versorgung und den vielen Überstunden als auch an den unzulänglichen Arbeitsbedingungen, die sich nur allmählich besserten. Die wichtigsten Bergwerkskommandos in Frankreich waren über das ganze Land verteilt.
Freizeitgestaltung in den Kriegsgefangenenlager
Die außerordentlich starke Aufsplitterung der Dépôts in einzelne, häufig recht kleine Arbeitskommandos und der Arbeitseinsatz selbst ließen eine kontinuierliche Freitzeitgestaltung , wie sie etwa in den USA und in Großbritannien zu beobachten war, in Frankreich kaum aufkommen. Trotzdem gab es da und dort Lagerkonzerte, Lagertheater, Ausstellungen, Fortbildungskurse und Sportveranstaltungen.
Lagerzeitungen
Die Mehrzahl der Kriegsgefangenen mussten sich aber darauf beschränken, die von ihren Kameraden herausgegebenen und von der französischen Zensur überwachten Lagerzeitungen oder Bücher aus den Lagerbibliotheken zu lesen.
Aus diesen Zeitungen hat man später Mikrofilme gemacht. Diese sollen in dem folgenden Katalog und unter der angegebenen Signatur verfügbar sein.
Association pour la Conservation et la Reproduction Photographique de la Presse.- Catalogue de microfilms : 1998 / Association pour la Conservation et la Reproduction Photographique de la Presse [ préf. de Pierre Albert].- Paris : A.C.R.P.P., 1998.- 306 p. ; 30 cm
Das alphabetische Dépôts-Verzeichnis
Im nachfolgenden wird versucht, die bekannten allgemeinen Arbeits-Mannschaftslager (frz) (Kriegsgefangenenlager), Arbeitskommandos und Hospitäler der Gewahrsamsmacht Frankreich alphabetisch aufzulisten.
Quelle:
Die deutschen Kriegsgefangenen in französicher Hand 1943-1948; Zur Geschichte der Deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges , Band XIII, Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1971.
Aus der Reihe ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN KRIEGSGEFANGENEN DES 2.WELTKRIEGES. Herausgegeben von Professor Dr. Erich Maschke, Leiter der Wissenschaftlichen Kommission für deutsche Kriegsgefangenengeschichte