Kurenwimpel
Geschichte
Ab 1844 mussten alle Fischerboote den Kurenwimpel führen und dadurch ihren Heimathafen anzeigen. 1844 wurde von der Regierung in Königsberg für 136 fischereiberechtigte Ortschaften der beiden preußischen Haffe verordnet: "daß jeder Berechtigte bei Ausübung der Fischerei... auf der Spitze des Mastes eine wenigstens zwei Fuß lange und einen Fuß breite Flagge von derjenigen Farbe, welche der Ortschaft, woselbst er seinen Wohnsitz hat, von der Regierung erteilt worden ist, führen soll."
Mit dieser Maßnahme sollte die Kontrolle der Fischerei erleichtert werden, weil immer wieder Fischer bei der unberechtigten Ausübung des Fischfangs angetroffen wurden. Wer ohne Ortsflagge fuhr, wurde mit 1 bis 10 Talern Strafe belegt, wer mit falscher Flagge segelte, zahlte zwischen 10 und 50 Talern. Die Orte der Ostküste des Kurischen Haffes fuhren mit rot-weißer Kennzeichnung, die Südküste hatte blau-gelb. Die Orte auf der Kurischen Nehrung führten die Farben schwarz-weiß.
Schematischer Aufbau eines Wimpels
Der Wimpel an der Spitze des Mastes ist in fünf Abschnitte gegliedert, wobei der erste zum Bug zeigt, der zweite auf dem Mast steht und die letzten drei Teile zum Heck gerichtet sind.
- (zum Bug zeigend) Symbole der Elementarkräfte: Mond (kleine Raute), Sonne (große Raute) und Windbänder symbolisieren die Himmelskörper. "Damit diese Kräfte dem Fischer günstig seien, fügt er sein Symbol der Hoffnung und des friedlichen Zusammenlebens hinzu, ein Kreuz im Quadrat. Das Quadrat und das Kreuz zeugen von der Wechselwirkung der Religionen, der alten heidnischen und der heutigen christlichen."
- Der obere Teil des Wimpels zeigt ein Symbol des Wohlstands. Er verweist darauf, was der Fischer besitzt, z.B. sein Haus, sein Vieh. Hier ist auch der Ort zur Darstellung von Dorfansichten.
- (auf der Mastspitze) Symbol des Glaubens: Alte und neue Götter schützen den Besitz des Fischers und seiner Familie. Häufig zu finden ist die Darstellung des Wellengottes Bangputtis, dessen eine Hand zum Himmel und dessen andere Hand auf die Wellen zeigt. Was aussieht wie eine Harfe oder Lyra sind symbolisierte Schlangen, die für die Erdgöttin stehen. Eingearbeitet wird oft ein Kreuz. Ein Kleeblatt steht für Erfolg und Glück.
- Symbol der Familie: das nach oben herausragende Kreuz zeigt, dass der Fischer die Achtung seiner Familie genießt. Ein Kreuzchen von einem Kreis umgeben stellt die Ehefrau dar, am Rand werden die Kinder symbolisiert.
- Besitz: Ein T zeigt einen Kurenkahn an, nach unten offene Dreiecke zeigen die Anzahl von sonstigen Boote an. Hier werden auch andere irdische Errungenschaften (oder Träume) dargestellt wie ein Fahrrad oder ein großes Haus.
- Arbeit: Die Anzahl der Helfer wird durch Löcher in der Mütze des Fischers dargestellt. Handelt es sich um einen Verwandten, dann wird es durch eine Abzweigung vom Kreuzlein gezeigt.
Unter den Teilen 3. und 4. befindet sich waagerecht das hölzerne Schild mit den Farben des Heimathafens. Unter Teil 5. flattert der Wimpel. Alle Schilde mit den Ortskennungen sind waagerechte Rechtecke.
(Beate Szillis-Kappelhoff)