Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/325
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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte | |
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in den Marschen, demnächst aber auch in den landesherrlichen Bezirken Holsteins, und in einem großen Theile Schleswigs, wo von den alten Bonden, die einst in ganz Dänemark die eigentlichen Reichsgenossen gewesen waren, aber dort meistens verschwanden, viele sich behaupteten. Wie stand nun die Kirche zu diesen Ständen, dem Adel, der Bürgerschaft, den Landbewohnern?
Wie wenig die Kirche nicht nur den Fürsten, sondern auch dem Adel gegenüber mit ihren Dienern und Besitzthümern gesicherten Bestand hatte, davon liegen Beispiele genug vor. Als Johannes von Deest 1254 Bischof von Lübeck geworden war, fand er sich, wie berichtet wird (16), genöthigt, da er alles verwüstet fand, 800 Mark an baarem Gelde sowohl an die Grafen als an die Ritter, welche die Kirche anfeindeten, auszuzahlen, damit sie aufhörten, und er Frieden mit ihnen haben könne. Es scheint besonders als ob die Gebrüder von Ranzau feindselig gewesen, denn 1256 mußten sie den Schaden ersetzen, den sie der Lübecker Kirche zugefügt hatten. Es wird ferner berichtet, er habe viele Ritter und Knappen seiner Diöcese wegen ihrer Ausschreitungen excommunicirt und sie gezwungen sich auszusöhnen und Brüche zu zahlen. Es war am Ende denn immer die Excommunication das Mittel der Kirche, die Widersacher zu bezwingen. Bei den Feindseligkeiten Gerhards gegen die Lübecker Kirche, welche dahin führten, daß er 1324 zu einer sehr demüthigenden Abbitte sich verstehen mußte, war besonders auch Marquard von Westensee *) betheiligt gewesen. Von den Lembeken, einem übermüthigen Geschlecht, hatten die Mönche zu Lügumkloster zu leiden; von Haseldorf aus plünderten die Raubritter geistliches wie weltliches Gut: Hartwig Heest vergriff sich sogar an dem Official des Hamburger Dompropsten 1352. Und wo war irgend eine geistliche Stiftung, die nicht über Gewaltthaten der benachbarten Edelleute
Die Friesen behaupteten fortwährend die Freiheit des Bodens. Im mittleren Theile des Landes waren der Bonden viele, freilich auch viele Festebauern oder Lansten auf alten Krongütern und auf den Besitzthümern der Geistlichkeit, dieselben aber doch nicht sonderlich schlechter gestellt als die Bonden, und selbst die Bauern auf den Besitzungen, die dem Adel zugefallen waren, hießen noch immer Lansten. Erst im 17. Jahrhundert findet man im Schleswigschen die ersten Spuren der Leibeigenschaft.
(16) Archiv f. St. u. Kirchengesch. II. 290.
*) vgl. W. Mantels, Lübeck u. Marquard von Westensee. Lübeck 1856.