Dudenrode/Dialekt

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Nu schigged's mäh awwer bahle.“

Eine ziemlich unbekannte Mundart

Der Dialekt der Meißnergegend

Bis weit in die 1950er Jahre wird in den Meißnerdörfern im häuslichen Bereich
noch Platt [1] gesprochen. Dabei gibt es von Dorf zu Dorf kleine Unterschiede,
die dem Kundigen aber sofort verraten, ob er es mit einem Ägypter (Hilgershäuser),
einem Russen (Kammerbächer), einem Bonnsack (Weißenbächer) oder einem
Dippenschisser (Frankershäuser) zu tun hat.
Ein auffälliges Merkmal der Mundart ist die Schwierigkeit, d und t und g und k
auseinander zu halten. „Wird das mit einem harten oder einem weichen d
geschrieben?” war eine häufig gestellte Frage der Jungen und Mädchen in den
Dorfschulen.

Das Nordhessische ist durch Restvorkommen besonders altertümlicher Worte
gekennzeichnet , deren Wortstämme in anderen Mundarten oder Sprachen kaum
noch vorkommen wie densen / dinsen für „mit aller Gewalt an etwas ziehen“.
Davon abgeleitet wird in Weißenbach eine Bauernwirtschaft auch „Dinsewerk“
genannt, was sich auf das Kuhgespann bezieht, mit der die meiste Feldarbeit
erledigt wurde. Auch mit dem „r“ haben die Leute ihre Schwierigkeiten, das klingt
oft wie „ch“. Ein Universalwort ist „machen“. „Ich mache nach Kassel,“ bedeutet:
„Ich fahre nach Kassel.“ Und beim Zissel-Umzug 1959 konnte man auf einem
Kasseler Festwagen eine Beschwerde an die Stadtväter lesen:
„Nu schigged's mäh awwer bahle, in Kassel hann mäh als Umleidungen.“
(Jetzt reicht es mir aber bald, in Kassel haben wir stets Umleitungen).

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Nordhessisch ist ein niederhessischer Dialekt, das Zentrum des
Dialektgebietes ist Kassel. Die Dialektgrenze zum Niederdeutschen
verläuft westlich und nördlich entlang einer Linie Göttingen,
Hofgeismar und Waldeck. Bei Eschwege geht das Nordhessische ins
Nordthüringische über. Die südliche Dialektgrenze zum Osthessischen
und Oberhessischen bildet die Schwalm.

Im nördlichen und östlichen Dialektgebiet an den Grenzen zu Niedersachsen
und Thüringen weist das Nordhessische viele Gemeinsamkeiten mit dem
Nordthüringischen und Eichsfeldischen auf. Es handelt sich also bei der
nordhessischen Mundart um einen rheinfränkisch und thüringisch-
obersächsischen Mischdialekt, der zudem niederdeutsche Einflüsse aus
dem Westen aufweist.
Beispiele für den Dialekt der Meißnergegend:

  • Hinnerdeise Hühnerstall
  • Kötze Kiepe, eine Tragevorrichtung aus Weidenruten
  • Kannel offener Abflussgraben am Straßenrand
  • Über steile Wiese
  • Orain Abhang
  • Hecke niederer Wald
  • Godel Patentante
Ein schönes Beispiel für das Dudenröder Platt ist die Geschichte vom Brummelossen:
D e rLogo Leerstelle.jpgW e t t e r p r o p h e t
Professor Klinkerfuß aus Göttingen kam eines Tages mit zwei seiner Assistenten ins Meißnerland, um dem Berg
einige Geheimnisse der Wetterbildung zu entlocken. Er packte diese Angelegenheit natürlich rein wissenschaftlich an.
So schleppten die Wissenschaftler ihre schweren Meßinstrumente zwei Stunden lang über Berg und Tal.
Müde von der anstrengenden Tour bat der Professor den Bürgermeister von Dudenrode um ein Fuhrwerk.
Der wollte schon recht gern die Männer auf den Meißner fahren, behauptete aber mit Bestimmtheit, daß es zum
Nachmittag ein heftiges Gewitter geben würde. Diese ungeheuere Behauptung ärgerte Professor Klinkerfuß ganz gewaltig.
Hatte er doch mit seinen Prognosen in Göttingen hin und wieder Reinfälle erlebt.
Er wollte also wissen, woher der Dudenröder seine kühne Sicherheit nähme. „Ja,“ sagte der alte Bauer,
„was da min ahler Osse is, der rieb sich hüt morgen den Hengerschten an der Mure, dann gibt‘s allemol en Gewitter!“
Diese Aussage eines Bauern aus Dudenrode wollte der Professor nicht gelten lassen und bestand auf der Fahrt zum Meißner.
Kaum auf der Höhe des Berges angekommen, brach ein Gewitter los, obwohl vorher keine Anzeichen dafür vorhanden waren.
Der Professor mit seinen getreuen Helfern wurde bis auf die Haut naß. Der Bauer zog sich aber einige Kartoffelsäcke über
und lächelte still vor sich hin.
Nach anstrengende Rückfahrt kam der Bauer mit den Wissenschaftlern am Bahnhof an. Hier konnte sich der verschmitzte
Bürgermeister nicht enthalten, zu Ehren seines Ochsens noch einige Worte an die Studierten zu richten:
„Dä drei möget jo kremenal gelehrte Herren sie, aber was en ahler Osse es, der het vom Wetter mehr Verstand im
Hengerschten, als de drei in uren studierten Köppen!“
Das konnte der vor Nässe schlotternde Professor dem Bauern nicht widerlegen.


Dialekt-Hörspiel: „Der Wetterprophet"

Diese Geschichte vom Brummelossen wurde von den Mädchen und Jungen der Weißenbächer Volksschule mit ihrem Lehrer Waldmann zu einem kleinen Hörspiel umgearbeitet und bei einem Schulfunk-Wettbewerb des Hessischen Rundfunks eingereicht. Zu aller Überraschung kam der „Wetterprophet“ auf den zweiten Platz, und die Volksschule Weißenbach erhielt als Preis ein modernes Schulfunk-Empfangsgerät mit einer „Schallwand“, was damals allerletzter Schrei war.

Weil die drei bestplatzierten Hörspiele in einem Tonstudio aufgenommen werden sollten, brauchte der Hessische Rundfunk einen Sprecher für die Dialektrolle im „Wetterpropheten“. Lehrer Waldmann dachte sofort an Heinrich Rehbein, der sich auch bereit erklärte, mit dem Weißenbächer Dorfschullehrer nach Frankfurt zu fahren. Der Aufnahmeleiter war mit der Leistung des Dudenröder Bauern sehr zufrieden und sagte nach der Tonaufnahme, daß es mit Heinrich Rehbein weniger Probleme gegeben hätte, als mit den professionellen Sprechern des Hessischen Rundfunks. Die Rolle eines Assistenten wird übrigens von Dieter Henkel gesprochen, der den Sohn Peter bei den „Hesselbachs“ gepielt hat.

Das Hörspiel wurde zweimal gesendet und ganz Dudenrode und Weißenbach saß am Radioapparat.
Bernd Waldmann hat damals, es müßte das Jahr 1963 oder 1964 gewesen sein, die Schulfunk-Sendung mit einem Uher-Tonbandgerät aufgezeicnet.

Logo Hinweis auf.jpg Hier kann man das Hörspiel „Der Wetterprophet", das nachträglich mit Bildern und Videoclips unterlegt wurde, hören (und auch sehen). Hier klicken !


  1. Im Westen Deutschlands ist der Ausdruck Platt für die Bezeichnung der Dialekte verbreitet, welcher nicht mit dem Plattdeutschen zu verwechseln ist.
    Platt ist vermutlich ein niederfränkischer Ausdruck und bedeutete „verständlich, deutlich“.