Ziegelei Teufel
Hierarchie
Regional > Historisches Territorium > Deutschland 1871-1918 > Königreich Preußen > Ostpreußen > Landkreis Insterburg > Kirchspiel Aulowönen / Aulenbach (Ostp.) > Ziegelei Teufel
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Gründung
Die Ziegelei wurde 1902 von Friedrich Wilhelm gegründet und firmierte in Ihren ersten Jahren als Ziegelei Friedrich Wilhelm. Belegt ist dies durch eine Anzeige in der Tonindustrie-Zeitung und Keramische Rundschau von 1902, Band 26,Teil 2 :
Neueingetragene Firmen :
Datei:Aulowönen - Ksp. Aulenbach - 1904-00-00 - Adressbuch der Ziegelein Teufel .pdf Datei:Aulowönen - Ksp. Aulenbach - 1930 - Benno Teufel.pdf
Datei:Aulowönen - Ksp. Aulenbach - 1925-00-00 - Adressbuch der Ziegelein Teufel .pdf
Sie lag im Landkreis Insterburg (Ostpreußen), im Kirchspiel Aulowönen / Aulenbach (Ostp.), an der Chaussee von Insterburg kommend am südlichen Ortseingang, also südlich vom Ortskern von Uszupönen, das später in Aulowönen eingegliedert wurde. Die Ziegelei befand sich auf der linken Straßenseite vor der Mühle Schiemann. In alten Karten von Uszupönen sind im Ort 2 Mühlen eingetragen, die Ziegelei befand sich auf einer leichten Anhöhe. Vermutlich stand auf dem Ziegeleigelände zu früheren Zeiten also eine Mühle. Die zweite Mühle (Schiemann) ist bis heute erhalten.
Im Januar 1904 heirat der Kaufmann Georg August Teufel (*20.12.1873) aus Wessolowen (Kreis Gerdauen), die 22-jährige Tochter des Firmengründers, Emma Helene Wilhelm (*24.02.1881) aus Uszupönen. Er wird im Februar 1912 zum Amtsvorsteher des Amtsbezirks Aulowönen (Ostpr.) gewählt, das Amt tritt er am 27.3.1912 an, vermerkt ist : Ziegeleibesitzer Georg Teufel in Ußupönen für 6 Jahre.
Im Adressbuch der Ziegeleien, Chamottefabriken und Tongruben Deutschlands 1904 findet sich nachfolgender Eintrag :
Uszupönen, Post Auluwönen, z.h. Wilhelm, F. (z.h. bedeutet Handziegelei).
Der Übergang von Friedrich Wilhelm auf Georg August Teufel ist also zwischen 1904 und 1912 erfolgt. Seit dieser Zeit wurde Firma stets Teufel´s Ziegelei genannt.
Wirtschaftliche Entwicklung
Georg August Teufel verstarb 1 Tag vor Beginn des Weltkrieges 1914 (†30.07.1914) im Finanzamt Insterburg an einem Herzschlag. Zurück blieb seine 32-jährige Ehefrau Emma Helene Teufel geb. Wilhelm mit ihrem Sohn Benno Teufel 8 Jahre und Ihrer Tochter Ilse Teufel 3 Jahre (*14.05.1911). Emma Helene Teufel und Ihre Schwester Therese Wilhelm hatten bereits als junge Mädchen die Ziegelei mit aufbauen geholfen, dies in teilweise schwerster Arbeit und nun mußte Sie den Betrieb fortführen.
Da die Eltern Friedrich Wilhelm, der Ziegeleigründer und seine Ehefrau Helene Wilhelm, geb. Giedigkeit (*1854 / †05.03.1936) noch lebten und relativ rüstig waren, konnten sie noch viel helfen. Die Hauptlast trug Emma, da Ihre Schwester Therese den Bauuntenehmer Eduard Bröker aus Gutschallen geheiratet hatte und mit Ihm dorthin zog.
Benno Teufel (*27.03.1906) stieg ca. 1920/22 nach Abschluß der Unterprima (8. Klasse) in den Betrieb ein. Seine Mutter Emma führte zusammen mit Ihm und unter Aufsicht seines Großvaters den Betrieb; Emma leitete die Ziegelei und später übernahm Benno den landwirtschaftlichen Betrieb. Die Ziegelei Teufgel florierte gut, nach dem 1. Weltkrieg arbeiteten 30 – 40 Russen dort, alles freundliche Männer, die "abends schöne russische Lieder sangen".
Am 1. 12. 1923 schlossen sich die Landgemeinden Groß Aulowönen und Uszupönen zur neuen Landgemeinde Aulowönen zusammen, der bisherige Name Uszupönen entfiel und war nunmehr Teil des Ortes Aulowönen.
Nachdem Friedrich Wilhelm starb (vermutlich vor 1925), übernahm Emma Teufel die alleinige Geschäftsführung, unterstützt von ihrem Sohn.
Im Adressbuch der Ziegelein 1925 ist folgendes vermerkt :
Uszupönen, P(ost) T(elegramm) Aulowönen, O-Pr. - E(isenbahn) Groß-Aulowönen. z.d. (=Dampfziegelei) Teufel, Wwe.(Wittwe) Emma, (Mz, Dz, Dr = Maschinenziegel (Mauerziegel), Dachziegel und Drainagerohre)
Sie wirtschafte gut und sparsam, führte das Geschäft allen Widrigkeiten zum Trotz und so besaßen Sie außer der Ziegelei geschätzte 400 Morgen (85 ha) und insgesamt 91 Stück Vieh mit Jungvieh und einem Zuchtbullen, 30 Schweine, aber nur etwa 10 Pferde. Darunter ein Kaltblüter, der Georg August Teufel mitsamt selbstgebautem Riesen–Rodelschlitten, mal durchgehen wollte, sowie Hühner, Enten, und Hunde.
Die Ziegelei wurde von Benno Teufel vermutlich ab dem 01.01.1940 übernommen und vermutlich im gleichen Jahr stillgelegt, als es nicht mehr genug Brennmaterial für die Befeuerung des Ringofens gab.
Der Ringofen
Vom Ringofen der Teufelschen Ziegelei existieren heute keine Bilder mehr. Nach den Aussagen von Benno Teufel handelte es sich um einen Hoffmannschen Ringofen :
- Friedrich Eduard Hoffmann (1818 - 1900) konstruierte als Erster einen Ringofen, der ununterbrochen in Betrieb sein konnte. 1859 erhielt er das Patent für seine Erfindung. Der erste Ringofen wurde im Jahre 1859 in Schwolin bei Stettin errichtet. In den nächsten Jahren setzte sich das Konstruktionsprinzip rasch durch, sodass 1870 bereits 1000 solcher Öfen existierten.
- Der Ringofen nach Hoffmann hat um den Schornstein 10 bis 16 Brennkammern im Kreis oder Oval angeordnet. Bis auf die Kammer, in der die Luft zur Verbrennung eintritt, sind alle anderen Kammern zugemauert. Die Kammern werden von oben mit Kohle beschickt. Die Luft ströhmt von der offenen Kammer über die eigentliche Brennzone zur Rauchabzugsöffnung. Die Brennzone wandert in Richtung der strömenden Luft kontinuierlich über mehrere Tage durch die einzelnen Kammern und brennt das Ziegelmaterial nacheinander. Aus der bereits abgekühlten Kammer werden die fertig gebrannten Ziegel entnommen und durch getrocknete, ungebrannte ausgetauscht. Die heute noch vorhandenen Ringöfen sind technische Denkmale, da sie durch technisch modernere Tunnelöfen abgelöst wurden.
aus : Die Tonziegel, Tourismusverband Ruppiner Seenland e.V (http://www.deutschetonstrasse.de/), 2003
- Der Brennprozess ist wie folgt beschrieben. Am 1. Tag wird der Lehm und der Ton abgebaut, anschließend zu Ziegel, Dach- oder Drainrohlinge gepresst. Vom 2.-5. Tag werden die gepressten Rohlinge durch die Ofen-Abluft getrocknet. Nun werden die Rohlinge in die Kammer eingesetzt (Foto) und die Kammer verschlosen. Der Brennvorgang wird gestartet (5.-9. Tag). Nach einem erfolgreichen Brennvorgang beginnt der Abkühlvorgang (10.14. Tag). Nach ca. 14 Tagen wird die Kammer wieder geöffnet und die fertigen Ziegek werden ausgehoben. Das Feuer wandert innerhalb von 12-15 Tagen einmal komplett durch den Ofen
aus: Prospekt Grillrath - Gebrannt für Generationen, Grillrather Ziegel und Klinkerwerk GmbH & Co. KG, Erkelenz (http://www.grillrather.de), 2013
Ansichten der Ziegelei
Teufels Landwirtschaft
Neben der der Ziegelei, die Mauersteine, Dachpfannen und Drainagerohre aus Ton herstellte, entstand in den Jahren 1905 bis 1920 auch ein größerer landwirtschaftlicher Betrieb. In Niekammer’s landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, Band III) 1932 ist die Größe des Guts wie folgt vermerkt :
- * Gut Emma Teufel: 87,5 ha, davon 63 Acker, 22,5 Weiden, 2 Hofstelle, 13 Pferde, 45 Rinder, davon 20 Kühe, 24 Schweine; Ziegelei - Mauersteine, Dachpfannen, Dränagerohre; Telefon: Aulowönen Nr. 14
Das Gut wurde seit 1920 von Benno Teufel bewirtschaftet. Er wurde bereits am 16.08.39, weil Reserve – Offizier, eingezogen, der 2. Weltkrieg begann am 1.09.39 und er blieb 6 Jahre von Polen über Norwegen, Finnland und der Westfront fort. Seine Ehefrau Elfriede Teufel, geb. Rautenberg, Tochter des Aulenbacher Gastwirtes August Rautenberg führte den Hof, nachdem Ihre Schwiegermutter Emma Teufel sich auf das Altenteil zurückgezogen hatte und zwischen 1940-1943 zeitweise Königsberg und Stuttgart weilte, unterstützt von Nachbarn und Kriegsgefangenen oder sie verpachtete teile des Landes.
So kaufte man noch 1942 einen neuen Deutz-Diesel–Trecker F2M 315, weil der alte Lanz–Bulldogg von 1928 nur noch zum reparieren da stand. Der Trecker kostete damals 6.000,-- Reichsmark, wurde bar bezahlt und der schrottreifen Lanz erlöste noch 2.000,-- RM. Einen ganzen Winter (vermutlich 1943/44) hatte man im Ringofen der Ziegelei, die ungefähr 1940 stillgelegt worden war, 30 Wehrmachtspferde unterbringen müssen, kassierte gut von der Wehrmacht ab (pro Pferd und Tag 3,-- (Reichsmark). Ende 1944 fielen 2 Bomben durch russische Bomber auch auf die Ziegelei. Diese, in Vorbereitung der russischen Offensive flogen jeden Nachmittag Punkt 5 Uhr mit "1 Mähmaschine" wie wir die russischen Flugzeuge nannten wurden, über die Ziegelei hinweg und hatten scheinbar Lust, ihre kleinen Bomben auf die Ziegelei abzuwerfen und Zielübungen durchzuführen.
Elfriede Teufel blieb, nachdem der Treck mit allem Vieh etc. bereits im Oktober 1944 fort mußte, nur mit polnischen Hilfsarbeitern auf dem Gut bis zum 19. Januar 1945, als die Russen 8 km von Aulenbach entfernt waren und der Himmel leuchtend rot war von den Kämpfen. Sie verbrachte den letzten Tag zuhause um dann nachts um 2 Uhr bei Eis, Schnee und 20° Kälte ab in ein ungewisses Dasein mit ihrem DKW-Meisterklasse zu flüchten. Der große Opel der Teufels war längst annektiert. Mit dem Vorderradantrieb des DKW schaffte sie es bis Berlin in 12 Tagen.
In Aulenbach auf dem Gut blieb nur noch fremdes Flüchtlingsvieh zurück, tüchtig brüllend, weil es gemolken werden wollte und (sonst) immer jemand zum melken da war.
aus : Aufzeichnungen von Elfriede Teufel, geb. Rautenberg im November (1999)
Ansichten des Teufel´schen Hofes
Allgemeines
Im Jahr 2010 verfasste Horst Seidler einen Bericht "Meine Kindheit in Ostpreußen" in dem er u.a. über die Zieglei Teufel berichtet. Horst Seidler war der Neffe von Benno Teufel :
" Ein großer Anziehungspunkt für uns war die Ziegelei meines Onkels Benno Teufel. Heimlich schlichen wir uns auf das Gelände zum "Lehmstich", zu den Gruben, wo der Lehm gefördert wurde. Oder wir spielten mit den Lohren, mit denen der Lehm zur weiteren Verarbeitung ins Werk befördert wurde, was nicht ganz ungefährlich war. Ja, wir schoben die Lohren sogar die Schräge zum Brennofen hinauf, um dann mit ihnen wieder herunter zu fahren. Wir durften uns dabei natürlich nicht vom Ziegelmeister erwischen lassen. Den weichen, zur Weiterverarbeitung fertigen Lehm ergatterten wir gern zum "Schmugeln". Wir machten kleine Kügelchen, steckten diese auf einen dünnen, biegsamen Stock, und konnten diese dann über weite Entfernungen auf ein von uns anvisiertes Ziel befördert.
Für meinen Bruder Gerd (Seidler) und seinen Freund Gerhard Gronau, der mit seiner Familie über uns im ersten Stock unseres Hauses wohnte, dienten unter anderem die vielen kleinen Fensterscheiben der Ziegelei als Zielscheibe, allerdings zu einem Zeitpunkt, als kriegsbedingt in der Ziegelei (ca. 1941) nicht mehr gearbeitet wurde. Als meine Tante (Elfriede Teufel, geb. Rautenberg) von diesem Schießwettbewerb erfuhr (mein Onkel war Soldat), und auch wer daran beteiligt war, ließ sie die Sache auf sich beruhen. In der Ziegelei wurden Ziegelsteine, Dachpfannen und Drainagerohre gefertigt. Bevor diese gebrannt wurden, mußten sie für einige Tage in langen, luftigen Schuppen zum Trocknen gelagert werden. Hier hielten sich gern Eulen auf, die für uns Kinder von großem Interesse waren. In der Ziegelei fanden viele Mänger aus unserem Ort Arbeit ....."
Karten
Was ist aus geworden
Das Kirchdorf Aulowönen (ab 1938 Aulenbach) existiert heute unter Kalinowka / Калиновка), liegt knapp 20 Kilometer nördlich von Insterburg (heute Tschernjachowsk) an der Reichsstrasse R137 nach Gross Skaisgirren (Kreuzingen). Heute sind im Dorf noch eine Menge alter Häuser erhalten. Das Wohnhaus Teufel ist unmittelbar nach der Einnahme Aulenbach 1945 vermutlich einem Brand zum Opfer gefallen oder zerstört worden. Im Jahre 1991, also kurz nach Mauerfall und Peristroika besuchten einige ehemalige Aulenbacher Ihren alten Ort und berichteten :
- .... weiter gings zum Anwesen Teufel. Von Hof und Ziegelei fndet man keine Spur. Im Garten zwischen der Ziegelei und dem Wohnhaus ist zugedeckt durch Bäume und Büsche der Russenfriedhof. Auf dem Ziegeleigelände bis hin zum Weg nach Waldfrieden entstehen große hohe Hallen. Ob da eine Fabrik oder Kolchose entsteht konnte ich nicht feststellen. Das Haus von Otto Schiemann in dem die Müllermeister wohnten ist auch nicht mehr. Der neue Friedhof (früher gegebüber der Ziegelei)ist ein kleiner Wald geworden.
aus: Reisebericht "Wir waren in Aulenbach", Erich Gettkandt (10.06.1991)
Heute befindet sich auf dem ehemaligen Geländer des Teufelschen Besitzes ein moderner landwirtschaftlicher Betrieb.