Bicker (Familienname)
Bicker (Familienname)
Herkunft und Bedeutung
Eine allgemeingültige Interpretation des Namens Bicker und damit der von ihm abgeleiteten Schreibformen Bieker bzw. Biecker (aber auch Biker, Bikker, Bieger etc.) dürfte nicht möglich sein. Die meines Erachtens plausibelste Erklärung für die Herkunft dieses Namens leitet ihn aus dem althochdeutschen „pichan“ bzw. dem mittelhochdeutschen „bicken“ ab, welches sowohl „hauen“ als auch „stechen“ bedeuten kann. Auch die mit Bicker zusammengesetzten Namen wie Aalbicker (Aale werden gestochen), Nußbicker (Nußhauer) oder Steinbicker (Steinhauer) lassen diesen Deutungsansatz zu.
Bicker als Beiname
Nach E. Weise soll Bicker - wohl im Sinne von „stechen“ ausgehend - im mittelalterlichen Waffenhandwerk ein ehrender Beiname gewesen sein. Aus dem Bremer Rittergeschlecht von Luneberg hat sich so gegen Ende des 14. Jahrhunderts eine Linie mit dem Namen Bicker von Luneberg abgetrennt, die auch als Bicker von Bockhorst (1328), Bicker von Elme (1349) und Bicker von Borneborch (1367) aufgetreten sind. Schließlich verdrängte der Beiname Bicker den älteren Geschlechternamen von Luneberg und seit der Mitte des 15. Jahrhunderts ist dann das Richteramt in der Beverstedter Börde im erblichen Besitz der Bicker (von Luneberg).
Die Deutung des Namens Bicker als einen militärischen Beinamen mag im Fall der Bicker von Luneburg vielleicht zutreffen, es scheint mir aber nicht möglich zu sein diese Namensdeutung zu verallgemeinern. Ausgehend von ihrer zumeist bäuerlichen Herkunft dürften die meisten Träger des Namens Bicker wohl kaum in der Lage gewesen sein sich einen militärischen Beinamen zu erwerben, oder zumindest als „Soldat“ die Bezeichnung Bicker - die dann wohl weniger als Berufs- denn als Tätigkeitsname (Bicker - Pikenier) zu deuten wäre - zu erlangen.
Andererseits lassen sich viele der im norddeutschen Raum auftretenden Bicker eindeutig auf abgespaltene und verbürgerlichte Nebenlinien dieser Bicker von Luneberg zurückführen.
Bicker als Herkunftsname
Für eine Interpreteation des Namens Bicker als Herkunftsname bieten sich die folgenden Orte an:
• BICKER - in der Grafschaft Lincoln, England
• BICKEN - bei Herborn, Hessen
• BICKERN - bei Bochum, seit 1897 Wanne
Der Ort Bicker in der Grafschaft Lincoln in England dürfte wohl kaum ernsthaft in Frage kommen um den Namen in Deutschland zu erklären, im Gegensatz zu den zahlreichen Vertretern dieses Namens in England.
Die von Allmann angegebene Deutung des Namens Bicker als Herkunftsname vom Ort Bicken bei Herborn könnte zwar die regionalen Vorkommen des Namens in Oberhessen und im Sauerland erklären, aber vor dem Hintergrund der eher periphären Lage Bickens zum Verbreitungsgebiet im westfälischen und nordeutschen Raum befriedigt dieser Deutungsansatz nicht! Eine Namensentstehung über "von Bicken" (1590) zu Bicker (1621), wie sie Allmann angibt, erscheint mir wegen der zu dieser Zeit in Marburg bereits weitgehend abgeschlossenen Namensbildung zweifelhaft, insbesondere da der von ihr genannte „Handwerker“ Bicker wohl mit dem aus Niederaula stammenden und 1621 in Marburg eingebürgerten Zimmermann Henrich Bickert identisch sein dürfte.
Andere Herkunftsorte, z.B. Bickenbach im Hunsrück oder im Odenwald, wenngleich beide in der Nähe zu sehr frühen Nennungen des Namens Bicker liegen, dürften ebenso wie die Gemeinde Bickern (ab 1897 Wanne) bei Bochum wohl zu anderen Herkunftsnamen geführt haben.
Bicker als Berufsname
Interpretiert man den Namen Bicker als Berufsname, abgeleitet aus dem mittelhochdeutschen "bicken", ergeben sich zwei Deutungsmöglichkeiten, nämlich:
• im Sinne von "stechen" oder
• im Sinne von "hauen"
Bezüglich der Bedeutung im Sinne von "stechen" ist z.B. der zusammengesetzte Name Aalbicker (s.o.) selbstredend. Eine weitere Möglichkeit den Namen Bicker als Berufsnamen in der Bedeutung von stechen zu inter-pretieren bietet sich in Verbindung mit der Pike an. Die Pike (aus dem frz. "piquer" - stechen) löste in der Mitte des 15.Jh. die Hellebarde als Hauptstoßwaffe der Fußtruppen ab. Der Name Bicker könnte dann jemanden bezeichnen, der eine Pike besaß, oder als Soldat ("Pikenier") mit einer Pike bewaffnet war. In diesem Sinne sei auch auf den spanischen "Pikador" (berittener Stierkämpfer mit Lanze) verwiesen.
Ein Indiz für die Entstehung des Familiennamens Bicker aus dem mittelhochdeutschen „bicken“ in der Bedeutung von „hauen“ dürfte im Siegel des Gießener Rentmeisters Hermann Bickerich (+18.9.1493) zu sehen sein. Dieses zeigt „... unter einer schräggelegten Haue (Bicke) einen Sechsberg, auf dessen Spitze die Haue gerichtet ist“. Unter der Bicke versteht man „... eine spitze Haue [Spitzhacke] zur Boden- und Steinbearbeitung“. In diesem Zusammenhang sei auch auf den noch heute gebräuchlichen Pickel hingewiesen. Demgemäß würde der Name Bicker einen mit der Bicke arbeitenden Menschen bezeichnen und wäre als Berufsname zu interpretieren, wobei das genauere Berufsbild des "Bicker" noch offen ist. Die im Vergleich mit anderen Berufsnamen relativ geringe und überwiegend auf den nord- und westdeutschen Raum sich erstreckende Verbreitung läßt eine „bäuerliche“ Bodenbearbeitung mit der Bicke als Berufsbild unwahrscheinlich erscheinen. Vor dem Hintergrund der frühen Bickervorkommen im Lipper Bergland, dem Sauerland sowie dem oberhessischen Raum (Vogelsberg) scheint mir die Verwendung der Bicke zur Steinbearbeitung ein interessanter Aspekt zu sein. Diesen kann man vielleicht dahingehend auslegen kann, daß der Name Bicker eine Art „bergmännischen“ Beruf bezeichnete.
Bicker als patronymischer Name
Ausgehend von der Namensendung -er könnte der Name Bicker auch als eine patronymische Namensbildung auf den Namen Bick interpretiert werden. Er stünde dann in einer Reihe mit den patronymischen Namen "Bicking" oder "Bickerich". Andererseits ist auch eine Namensverkürzung, z.B. von Bickerich auf Bicker belegt
Varianten des Namens
Bieker, Biecker, Biker, Bikker, (?)Bieger
In USA auch: Beaker.
Ebenso zusammengesetzte Formen wie: Aalbicker, Nußbicker, Steinbicker.
Geographische Verteilung
Verbreitungsgebiete vor 1600 Vor 1600 lassen sich in Deutschland folgende Hauptverbreitungsgebiete des Namens Bicker feststellen:
• in Norddeutschland zwischen Bremen und Lübeck,
• in Ostwestfalen rund um das Lipper Bergland,
• im Rheinland,
• im Hochsauerland und im angrenzenden Waldeck,
• im Südsauerland rund um Drolshagen und Olpe sowie
• in Oberhessen von der Wetterau bis zum Marburger Land.
Daneben erscheint der Name Bicker noch in einer Reihe lokaler Gebiete, so in Thüringen und Württemberg. Ferner sei hier auch noch auf die nachfolgenden frühen Zufallsfunde verwiesen. So werden in der ersten Hälfte des 15.Jahrhunderts in der Erfurter Matrikel zwei Bicker genannt, nämlich 1409 „Johannes Henricus dictus Bicker de Iutia“ sowie 1451 „Jacobus de Bicker“.
Der Name Bicker findet sich nicht nur in Deutschland sondern auch auch in England , insbesondere aber in den Niederlanden (Amsterdam). Nähere Auskunft über diese Bicker, die sich über ganz Holland (und wohl auch dessen Kolonien) ausgebreitet haben, müßten sich aus dem Familienarchiv "Bicker van Zwieten" im „Algeemen Rijksarchief“ am Hof von Holland zu Den Haag ermitteln lassen.
Die norddeutschen Bicker
Auf Vertreter dieser Bicker trift man vor allem in den Veröffentlichungen der Norddeutschen - und Niedersächsischen Familienkunde. Viele der norddeutschen Bicker dürften ihren Ausgang von den bereits im 13. Jahrhundert, allerdings unter z.T. noch anderen Geschlechternamen, auftretenden späteren Bicker von Luneberg nehmen.
Mushard schreibt 1720 über diese Bicker von Luneberg: "Das hochadliche herkommen dieser nunmehro ausgestorbenen Familie ist von undencklichen Jahren her sehr rühmlich und ihre Macht sehr groß gewesen. Ihr Erb-Sitz war das alte feste Schloß Lunebergen nicht weit dem Goeste-Fluß im damahligen Ertz-Stifft Bremen gelegen / wovon hoch die Burgstelle zu sehen. Wobey Sie das Cämmerer-Amdt vom Ertz-Stiffte erblich gehabt / und daher eine eigene Curiam in der Stadt Bremen gleich den Herren von Dumünde / von Issendorf und anderen. In der ganzen Börde Beverstede sind diese Herren gewesen Erb-Richter zu Halse und zu Haupte in aller Form / wie es nun ihre Nachkommen und Erben die Herren Burgmänner zu Lunebergen besitzen. Auch haben Sie in Friesland durch heyrathen grosse Güther bekommen von den Adelichen Geschlechtern deren von Inhusen und Knipens ohne ihren grossen Erb-Gütern / welche Sie in diesem Lande gehabt und besessen haben."
Das nebenstehende Wappen dieser Bicker von Luneberg erscheint u.a. 1620 in der Nikolaikirche zu Rinteln und 1697 auf dem Fensterbild des Tade Bicker aus Bremen. Es wird heute von den „aus Lübeck/Bremen“ stammenden Bicker geführt.
Neben dem oben aufgeführten Beispiel des Tade Bicker zeigt auch die Geschichte des Buxtehuder Bürgemeisters Segebad Bicker , daß sich viele „verbürgerlichte“ Zweige von dieser Familie abgespalten haben. So findet sich in den Buxtehuder Kirchenbüchern, die 100 Jahre nach dem Hexenprozeß beginnen, noch immer der Name Bicker.
Die Bicker in Ostwestfalen und im Lipper Bergland
Die Bicker in Ostwestfalen scheinen aus dem Lipper Bergland zu stammen. In Retzen (bei Schötmar) wird der Name bereits seit dem Ende des 15. Jahrhunderts genannt, während sich die Bicker aus Hameln bis zur Mitte des 17.Jahrhunderts nach Schwalenberg zurückverfolgen lassen, wo zu dieser Zeit ein Paul Bicker(t) und ein Hans Heinrich Bicker(t) lebten. Es dürfte naheliegen, daß Angehörige dieser Bicker mit der Zeit in die umliegenden Orte ihrer Heimat gewandert sind, so daß z.B. die Bicker in Bad Salzuflen, Herford oder auch Rinteln auf die Bicker aus Retzen bzw. Schwalenberg zurückzuführen sein könnten.
Die Bicker im Rheinland
Graf Heinrich von Sponheim und seine Frau Kunigunde belehnen am 09.08.1290 Konrad, Schultheiß zu Boppard, mit den Weingärten in der Mark des Dorfes Osterspai, die sie im Tausch von Heinrich Herrn von Isenburg erworben und besessen hatten. Diese Weingärten werden mit ihren Besitzern aufgezählt, u.a. auch: „...die Weingärten im Grunde haben Bicker und seine Erben...“. Dies ist, abgesehen von dem Bremer Adelsgeschlecht, die älteste mir bekannte Nennung des Namens Bicker in Deutschland.
1528 erhält im benachbarten St. Goar der "Pfaffe Conrad Bicker" von dem katzenelnbogischen Zollschreiber "6 fl. Dotation von einer fruemesse" ausgezahlt.
Rheinaufwärts im Großraum Köln werden ebenfalls eine Reihe von Bicker genannt, wobei nicht geklärt ist ob in den Kölner Akten evtl. „Sauerländer“ Bicker anzutreffen sind.
Die Bicker im Hochsauerland und angrenzenden Waldeck
In der Gegend zwischen Brilon und Marsberg findet sich der Name Bicker ebenfalls schon sehr früh in einer größeren Anzahl und regionalen Streuung. Die ältesten Erwähnungen gehen zurück nach Marsberg (1615), Brilon und Heddinghausen (1660). Auch im benachbarten waldeckschen Diemelstadt/Rhoden (1642) und Arolsen ist der Name seit dem 17.Jh. nachweisbar. Wanderungen von westphälischen Orten ins waldecksche sind für Heddinghausen-Massenhausen nachweisbar und dürften auch für andere Orte (Vasbeck, Helsen) nicht ausgeschlossen werden.
Bei Brilon liegt ein zweiter Schwerpunkt der Bicker-Vorkommen im Hochsauerland, wobei hier heute die Schreibweise Bieker dominiert. Interessant hieran ist, daß es vom benachbarten Ort Rösenbeck im 19.Jh. eine Heirat zu den Bieker in Neustadt/Hessen gibt! Eine Beziehung zwischen den Bieker in beiden Gegenden ist jedoch äußerst fraglich.
Die Bieker im Südsauerland rund um Drolshagen
Die größte Anzahl an historischen Vorkommen des Namens Bieker findet sich im Gebiet des Ebbegebirges zwischen Meinerzhagen und Olpe, sowie im südlichen Sauerland.
Die Vielzahl an frühen Bicker-Vorkommen in diesem Gebiet läßt auf eine bereits langjährige Anwesenheit des Namens in diesem Gebiet schließen. Bereits im 14. Jh. lassen sich in Attendorn und Leinschede Namen nachweisen, die evtl. als Vorläufer des Namens Bicker angesehen werden können. In Leinschede erscheinen gegen Ende des 13. Jh. zwei Brüder de Bikehem als Hofbesitzer und Lehnsleute des Grafen v. Arnsberg, und in Attendorn kann eine Ratsherrenfamilie de Beck zwischen 1300 und 1350 nachgewiesen werden. Diese Kaufleute besaßen u.a. ein Recht auf freie Wollausfuhr aus England (-> Bicker ?) sowie einen Freibrief des Königs von England. Nach 1350 wird in Attendorn ein Familie van der Beyke genannt.
Zu den Bieker aus dem südlichen Sauerland zählen u.a. auch die "Bieker aus Dirkingen" zu denen das nebenstehende Wappen gehört (Dt. Wappenrolle, Bd. 51, Nr. 8922/88). Es wurde von Michael Bieker, Landwirt in Drolshagen-Lüdespert 1988 neu angenommen für sich und die Nachkommen des Stammvaters Hubert Bieker (* ca. 1630 Husten - + Dirkingen vor 1707) soweit sie noch den Familiennamen des Wappenstifters führen.