Stände

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Einleitung

In der Soziologie: soziale Kollektivgebilde, die im Unterschied zur bloßen sozialen Schicht Interessengemeinschaft, Solidarität, genossenschaftl.-organisator. Verbindung der einzelnen und eine gewisse Abgeschlossenheit besitzen, die aber nicht so weit geht wie in der Kaste. Im Unterschied zur Klasse ist der Stand nicht durch eine ökonomische Lage und oder das Bewusstsein dieser Lage allein, sondern vor allem durch exklusive Tradition und konservatives Ethos (Standesbewusstsein) bestimmt.

Man unterscheidet echte und unechte Stände, d.h. gewordene, natürliche (Bauern-, Bürger-, Adelsstand, Proletariat als sog. vierter Stand) und gemachte, künstliche (Berufsstände: Geistlichkeit, Beamtenschaft, Gelehrten-, Richter- und Handwerkerstand); doch ist diese Trennung anfechtbar, da die eigentlichen Erbstände (Adel, Freie, Unfreie) schon im Mittelalter zu Berufsständen wurden. In der modernen Industriegesellschaft sind berufsständische Vereinigungen und Organisationen Relikte historischer Ordnungsvorstellungen oder jüngerer Versuche, die auf eine berufsständische Ordnung zielten.

Siehe: Ständestaat

Die Provinzialstände (Westfalen)

Vier Stände

Das Königlich Preußische Gesetz vom 27. März 1824 wegen Anordnung der Provinzialstände (Westfalen) bestimmte auf der Grundlage des am 5. Juni 1823 erlassenen Allgemeinen Gesetzes wegen Anordnung der Provinzialstände für den ständischen Verband der Provinz Westfalen die Einrichtung von vier Ständen.

Danach bestand:

  • I. Der erste Stand aus den vormals unmittelbaren Reichsständen;
  • II. Der zweite Stand aus der Ritterschaft;
  • III. Der dritte Stand aus den zur Vertretung des bürgerlichen Gewerbes geeigneten Städten;
  • IV. Der vierte Stand aus den übrigen, im zweiten und dritten Stande nicht begriffenen, Grundbesitzern.

Erster Stand

Die Mitglieder des I. Standes, die Angehörigen der ehemals reichsunmittelbaren Fürsten- und Herrenhäuser, erhielten in der Ständeversammlung eine Virilstimme (d.h. Einzel- oder Kopfstimme), die durch ein Mitglied ihrer Familie oder durch ein Mitglied des II. Standes vertreten werden konnte.

Dieser erste Stand wurde namentlich berufen. Die Häuser des ersten Standes besaßen demnach eine bedingte Landtagsfähigkeit für ihren Stand. Denn die Virilstimme konnte erlöschen, wenn der Übergang nicht im Erbwege erfolgte, wie es beim Verkauf der Grafschaft Rietberg durch den Grafen von Kaunitz-Rietberg an die Familie Tenge geschah.

2. bis 4. Stand

Für den II. bis IV. Stand wurde bestimmt, daß die Gruppe jeweils aus 20 zu wählenden Mitgliedern bestanden. Die zu Landtagsabgeordneten wählbaren Mitglieder hatten folgende Bedingungen zu erfüllen: 1. Grundbesitz in auf- und absteigender Linie ererbt oder auf andere Weise erworben und zehn Jahre nicht unterbrochen. Im Erbfalle wurde die Zeit des Besitzes des Erblassers und des Erben zusammengerechnet; von der Bedingung des zehnjährigen Besitzes konnte nur die Krone dispensieren. 2. Gemeinschaft mit einer der christlichen Kirchen. 3. Vollendung des dreißigsten Lebensjahres. 4. Unbescholtener Ruf.