Ariernachweis
Geschichte
Der Ariernachweis (auch: arischer Nachweis) war der während des Dritten Reiches von Beamten, öffentlich Bediensteten und anderen Berufsgruppen verlangte Beleg ihrer Abstammung aus der "arischen Völkergemeinschaft". Wer diesen Nachweis nicht erbringen konnte, durfte in der Regel seinen Beruf nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und musste zahlreiche Benachteiligungen bis hin zur Verfolgung aus rassistischen Gründen erdulden.
Die Durchführungsverordnung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 11. April 1933 bestimmte: "Als nicht arisch gilt, wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil nicht arisch ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat."
Der Nachweis der arischen Abstammung erfolgte durch die Vorlage von 7 Geburts- oder Taufurkunden (des Probanden, der Eltern und der vier Großeltern) sowie 3 Heiratsurkunden (der Eltern und Großeltern). Ersatzweise konnte ein beglaubigter Ahnenpass oder eine beglaubigte Ahnentafel vorgelegt werden.
Unter arischer Abstammung verstand man 1933 die Abstammung aus der "arischen Völkergemeinschaft", worunter europäische und von ihnen abstammende Völker verstanden wurden. Damit wurde der sprachwissenschaftliche Begriff Arier (für den indisch-iranischen Zweig der Indogermanen) als ein politisch motivierter Rassebegriff umgedeutet, der sich im gesellschaftlichen Leben insbesondere als Ausdruck des Antisemitismus gegen die als "nichtarisch" eingestuften Juden richtete und deren Ausschluss aus allen öffentlichen und qualifizierten Stellungen zum Ziele hatte. Die Physische Anthropologie, die Wissenschaft, die sich mit der Rassenkunde des Menschen befasst, kannte - und kennt - den Begriff der "arischen Rasse" nicht. Dies verdeutlicht, dass der Gebrauch des Begriffs "arisch" rein politisch-rassistisch motiviert war.
Nach 1933 wurde der Personenkreis, der den Nachweis der "arischen Abstammung" für die Großeltern zu erbringen hatte, u. a. auf alle Angestellten und Arbeiter des Reiches und der Gemeinden, auf Ärzte, Juristen und Schüler höherer Schulen ausgedehnt. Das Reichserbhofgesetz und die Aufnahmebedingungen der NSDAP verlangten sogar den Nachweis der "rein arischen Abstammung" - auch für den Ehepartner - bis zum Jahre 1800 zurück, die SS bis 1750 zurück.
Wörtliche zitiert nach [1]: Mit den Nürnberger Gesetzen von 1935 erweiterte sich der Ariernachweis auf alle Bürger des Deutschen Reichs. Der Ariernachweis wurde dadurch ein Bestandteil des Alltags der deutschen Bevölkerung. Die Nürnberger Gesetze bedeuteten nicht nur eine Verstärkung der wirtschaftlichen Ausgrenzung der Juden, sondern auch den Verlust politischer Rechte durch das "Reichsbürgergesetz" vom 15. September 1935. Mit diesem Gesetz wurden die Juden vom NS-Regime zu Bürgern minderen Rechts degradiert. Das zweite auf dem Nürnberger Parteitag von 1935 verkündete Gesetz Zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre verbot Eheschließungen zwischen Juden und Deutschen auf Grundlage des Ariernachweises. Unter der dringenden Notwendigkeit der Ahnenforschung wuchs die Zahl der Sippenforscher enorm an. Eigens für diese Ahnenangelegenheiten wurde die Reichsstelle für Sippenforschung (ab 1940 Reichssippenamt) gegründet, welche die Abstammungsnachweise auf Grund der Urkunden ausstellte. (Zitatende)
Zitiert nach [2]: Seit 1935 (mit Wirkung der Nürnberger Gesetze) für alle Deutschen eingeführter Nachweis der deutschen oder artverwandten Abstammung bzw. des Grades eines fremden Bluteinschlages durch Vorlage entsprechend beglaubigter Urkunden. Häufig wurde auch eine Ahnentafel oder ein Ahnenpass angefertigt. Der Abstammungsnachweis war Voraussetzung für die Zugehörigkeit zu nationalsozialistischen Organisationen und für die Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen, wie beispielsweise die Erteilung einer Heiratsgenehmigung etc. (Zitatende)
Diese so von Millionen Deutschen zu erbringenden "Ariernachweise" führten zu einer Scheinblüte der Genealogie bzw. der Sippenforschung, wie es damals hieß, die 1945 ihr Ende fand.
Bestimmungen
Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (Berufsbeamtengesetz), wurde in der Zeit des Nationalsozialismus am 7. April 1933 erlassen.
Ziel des Gesetzes war die Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes. Sowohl Juden ("Beamte nicht arischer Abstammung") als auch politische Gegner des Nationalsozialismus ("Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten") sollten in den Ruhestand versetzt bzw. aus dem Dienst entlassen werden und so vom Beamtenstand ausgeschlossen werden. Alle seinerzeit im Beamtenstatus befindlichen Personen hatten den sogenannten Ariernachweis zu erbringen, der belegen sollte, dass die Person keine Vorfahren jüdischen Glaubens hatte. Es liegt auf der Hand, dass dieser Nachweis nur mit hohem bürokratischem Aufwand zu erbringen war, da die Quellen für die Abstammung häufig weit verstreut in den Taufregistern der Kirchen an den Geburtsorten der Vorfahren zu finden waren.
Einzelerfahrungen
- Den kleinen Ariernachweis meines Großvaters, das heißt, die Abstammung bis zu den Urgroßeltern mütterlicher- und väterlicherseits fand ich im Stadt- und Landesarchiv der Stadt Wien, den meines Großonkels, der beim Militär war, in den Militärunterlagen des Militärarchivs der Stadt Wien. Den großen Ariernachweis, den mein Großvater für seine höhere berufliche Laufbahn brauchte, musste er selbst erstellen lassen. Er fuhr in die jeweiligen Länder oder beauftragte jemanden, Nachforschungen für ihn anzustellen. Viele dieser Archive existieren seit dem Krieg nicht mehr, Informationen sind daher schwerer zu beschaffen als damals. Benutzer:Andrea59
- Ein Ariernachweis war offenbar auch für die Aufnahme meines Vater an eine höhere Schule erforderlich. Meine Großmutter "sammelte" zu diesem Zweck die Daten der Vorfahren in einem amtlichen Vordruck (Deutsches Einheits=Familienstammbuch mit Sippen= und Ahnentafel, hrsg. vom Reichsbund der Standesbeamten Deutschlands E.V.) und fuhr mit dem Fahrrad zu den Pfarrämtern der umliegenden Dörfer. Dort wurden die jeweiligen Einträge mit einem Kirchensiegel "abgestempelt". Diese "Forschung" deckte aber letztlich nicht gleichmäßig alle Vorfahrenzweige ab: Während noch alle 8 Urgroßeltern des Probanden genannt und auch jeweils mindestens eine Amtshandlung (Geburt/Eheschließung/Tod eigentlich: Taufe/Heirat/Begräbnis) abgestempelt ist, so sind nur 12 Ururgroßeltern von 16 genannt, davon nur 8 mit einem Stempel versehen. Man kann man den Eindruck bekommen, dass mit einer hinreichenden Anzahl von abgestempelten Einträgen der Anforderung Genüge getan war. Die eingetragenen Daten sind korrekt, lediglich zwei nicht gestempelte und auch nur mit Jahreszahl angegebene Geburtsangaben weichen um 1 bzw. 13 Jahre von den Daten meiner Nachforschungen ab. mario
- Durch die Zweckbestimmung des Nachweises wurden zum Teil die Fakten modifiziert. Dies geschah mitunter sogar trotz einer Beglaubigung/Unterschrift. Uwe
- Vgl. dazu z.B. auch:
- Im übrigen sei an dieser Stelle davor gewarnt, Angaben aus den "Ariernachweisen" unkritisch zu übernehmen. Für die meisten Betroffenen und die Pfarr- und Standesämter war der "Ariernachweis" eine lästige Pflicht, und nicht selten sind die Angaben ungenau recherchiert oder auch schlicht falsch. Im Einzelfall mögen auch bewußt Daten gefälscht worden sein, um den geforderten Nachweis der "arischen" Abstammung erbringen zu können. [3]
Bilder Ahnenpass
Die Bilder dieser im Privatbesitz befindlichen Dokumenten aus der Zeit des Dritten Reiches, werden nur und ausschliesslich zu kulturhistorischen, zeitgeschichtlichen und aufklärenden Zwecken zur Verfügung gestellt. Der Missbrauch zu propagandistischen Zwecken ist gesetzlich verboten.
Wo werden die während des Dritten Reiches erstellten "Ariernachweise" aufbewahrt?
Hierzu schreibt die WGFF unter http://www.genealogienetz.de/vereine/wgff/faq/faq_nszeit.htm :
Die während des Dritten Reiches erstellten "Ariernachweise" mußten zwar zu verschiedenen Anlässen Behörden oder Parteidienststellen vorgelegt werden, aber sie wurden nicht zentral gesammelt, sondern verblieben bei dem jeweiligen Probanden. Daher gibt es auch heute kein Archiv, in dem "Ariernachweise" aufbewahrt werden; die "Ariernachweise" sind im Besitz der Familien zu suchen. Eine Ausnahme betrifft Angehörige der SS: In personenbezogenen Akten des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS können im Einzelfall auch Ahnentafeln überliefert sein. Diese Unterlagen befinden sich im Bundesarchiv - Berlin Document Center (vgl. die Hinweise des Bundesarchivs: "Personenbezogene Unterlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus").
Bundesarchiv
Abteilung Deutsches Reich
Finckensteinallee 63
12205 Berlin
Tel.: 01888-7770-411
Fax: 01888-7770-111
mailto:berlin@barch.bund.de
Internet: http://www.bundesarchiv.de/aufgaben_organisation/abteilungen/reich/00340/index.html
Weblinks
- Artikel Ariernachweis der deutschen Wikipedia
- Volkmar Weiss, Die Vorgeschichte des arischen Ahnenpasses, Genealogie 50. Jg. (2001)
Gesetze und Verordnungen
- Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933.
- Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 11.04.1933
- Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935
- Nürnberger Gesetze
Quellen
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[1] Deutsches Historisches Museum Berlin, Der Ariernachweis
[2] Diese Quelle wird ergänzt sobald wiedergefunden
[3] Webseite der WGfF, hier: Häufige Fragen:Nationalsozialismus