Rotkegel (Familienname)
Herkunft und Bedeutung
Der Träger eines roten Kapuzenmantels stand Pate für den Über- und Modenamen Rotkegel und seine zahlreichen Varianten.
Ähnlich wie der Familienname Zippel leitet sich Rotkegel von dem − vor allem von einfachen Leuten getragenen − Kleidungsstück des Kapuzenmantels ab. Die Kapuze wurde im Mittelhochdeutschen als kogel, kugel, gugel, gugele bezeichnet (mittellat. cuculla, lat. cucullus).[1] Mit jener Herleitung hängt auch der Familienname Kügler zusammen.
In der Ikonographie des Mittelalters, in Kreuzigungsdarstellungen - wie zum Beispiel die der Hamburger Kreuzigung aus St. Katharinen von Hinrik Bornemann -, schmückt ein langer Mantelrock aus Samt und Seidenstoff den "Guten Hauptmann", der zu Füßen des Kreuzes Jesu steht und dem mittelalterlichen Betrachter gerade aufgrund seiner prächtigen Ausstattung als Beispiel des "bekehrten Kriegers" und des guten Menschen gilt. Auch der Apostel Johannes und die reuige Sünderin Magdalena werden hier in einem roten Gewand gezeigt.
Weshalb die Wahl der Kleidung und ihrer Farben eine solch große Rolle in der Malerei des Mittelalters spielt, erklärt die Kunsthistorikerin Andrea-Martina Reichel so: In einer frühen Phase, vor dem 12. Jahrhundert, galt der Rock und insbesondere der lange Mantel als "charakteristischer Bestandteil der herrscherlichen Ausstattung". Mit Hermelinen besetzt, diente er in seiner höchsten Ausformung Kaisern und Königen als Krönungsmantel.[2] Kleiderordnungen des Hochmittelalters verboten Bauern und Handwerkern sowohl das Tragen langer Kleidungsstücke als auch das Abweichen vom Einheitsgraubraun des Leinenstoffes. Sie waren "vorschriftsmäßig" in schmucklose Leinenkittel, der "Uniform des kleinen Mannes", und kurze Umhänge gekleidet.
Wenn in Passions-Altartafeln nun einfache Angehörige des Volkes entgegen der gängigen Alltagspraxis stattlichere Kleidung tragen, dann deshalb, weil damit die "gute Gesinnung" und der rechte Glaube des Dargestellten ikonographisch hervorgehoben werden sollte.[3] Die einzelnen Protagonisten des Passionsgeschehens konnten über die "Ikonographie des Kostüms" in gut und böse, in Sympathisanten und in Gegner Jesu, unterschieden werden. Mit dem in der mittelalterlichen Malerei angewandten Verfahren der Farbzuweisung arbeiten gleichfalls die Comic-Zeichner der Moderne.
Die überaus strengen Kleidervorschriften des Hochmittelalters wurden "in den nachfolgenden Jahrhunderten" gelockert bzw. es wurde die "Trägerschicht auf Personen von unterschiedlichen Standeszugehörigkeiten"[4] erweitert.
Der Übername Rotkegel entstand wohl aus dem Erstaunen über die auffallende, weil für einen einfachen Menschen unstandesgemäße Farbe des Mantels. Entweder hatte der Mantelträger den sozialen Aufstieg geschafft und konnte sich mit der herrschaftlichen Farbe Rot schmücken, oder er stand im Dienste eines Standesherrn, der ihm eine Art "Dienstkleidung" (eine "rote Livree") zu tragen gestattete.
Varianten des Namens
- Rotkegel
- Rothkegel
- Rotkehl (zusammengezogen)
- Rotkugel (entstellt aus Rotkögel)
- Rotkogil, Rotermil, Rotrok, Alt-Breslau[5]
- Stephanus Rotkegil consul, 1405 Breslau[6]
- Rotschuch, 1493 Görlitz
Geographische Verteilung
Absolut | Relativ |
---|---|
<lastname-map mode="abs" size="200">Rotkegel</lastname-map> | <lastname-map mode="abs" size="200">Rotkehl</lastname-map> |
Schlesien
Rotkegel, Rothkegel (Beuthen [12], Oppeln [4], Ratibor [5], Neisse)
Rotkehl (Glogau [4], Schweidnitz [2])
Rotkögel (Schweidnitz [8])
Rotkugel (Neisse)
Die Zahlen in eckigen Klammern beziehen sich auf die Häufigkeit der Namen, also Görlitz [20] = 20 mal in Görlitz vorkommend, und so fort aus "den Adreßbüchern der dreißiger Jahre" der entsprechenden Städte.
Bekannte Namensträger
Sonstige Personen
Geographische Bezeichnungen
Umgangssprachliche Bezeichnungen
Anmerkungen
- ↑ Matthias von Lexer: Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 35. Auflage, mit neubearbeiteten und erweiterten Nachträgen, Stuttgart 1979.
Uni Trier, Online-Version: http://germazope.uni-trier.de/Projects/MWV/wbb, hier: 34. Ausgabe Leipzig 1974, S. 78 - ↑ J. Wirsching, Die Manteltracht im Mittelalter, 1915, siehe Kapitel: Der Kaisermantel, zitiert nach A.-M. Reichel
- ↑ zitiert nach: Andrea-Martina Reichel, Die Kleider der Passion. Für eine Ikonographie des Kostüms. Berlin: Dissertation Humboldt-Universität, 1998, S. 213; S. 292, in: http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/kunstgeschichte/reichel-andrea/HTML/reichel-ch3.html
- ↑ zitiert nach: Andrea-Martina Reichel, aaO., S. 213
- ↑ H. Reichert, Die deutschen Familiennamen nach Breslauer Quellen, Breslau 1908, hier: S. 117
- ↑ aus: Stadtbuch, zitiert nach Bahlow, Schlesisches Namenbuch, 1953
Literaturhinweise
- Hans Bahlow, Schlesisches Namenbuch (1953)