DNA-Genealogie

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Strukturmodell eines Ausschnitts aus der DNA-Doppelhelix (B-Form) mit 20 Basenpaarungen.

Allgemeines

Unter DNA-Genealogie versteht man die Verbindung der traditionellen Genealogie und Familiengeschichtsforschung auf der Grundlage schriftlicher Quellen mit der Analyse und Auswertung des menschlichen Erbguts, der DNA (zu englisch Desoxyribonucleic acid; auch DNS zu Desoxyribonukleinsäure). Dazu wird eine Speichelprobe oder mit einem Wattestäbchen eine Probe von Zellen aus der Mundschleimhaut entnommen, aus der dann in spezialisierten Laboren das Erbgut isoliert wird. Dabei wird in der Regel weniger als ein Prozent der DNA entschlüsselt und auf individuell unterschiedliche Merkmale hin untersucht. Die dabei festgestellten Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen zwei oder mehr Personen lassen Rückschlüsse auf eine nähere oder fernere Verwandtschaft zu.

Grundsätzlich können verschiedene Arten der DNA untersucht werden: die DNA des Y-Chromosoms (yDNA), die Mitochondrien-DNA, die autosomale DNA und die DNA des X-Chromosoms.

Geschichte der DNA-Genealogie

Verschiedene Arten der DNA

Y-Chromosomen / Y-DNA

Mitochondrien / mtDNA

Autosomale DNA

Rechtsfragen

Die Rechtslage hinsichtlich DNA-Tests ist von Land zu Land unterschiedlich; teilweise besteht auch Uneinigkeit darüber, inwieweit oder wie die Gesetze, die sich zunächst auf medizinische Gentests und/oder Vaterschaftstests beziehen, auf die erst seit einigen Jahren erhältlichen "direct-to-consumer tests" (DTC tests, d. h. direkt an Kunden verkaufte Gentests), wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, anzuwenden sind. Die folgenden Angaben zur Rechtslage dienen daher nur der allgemeinen Information, aber nicht der individuellen rechtlichen Beratung. Es gelten die Hinweise zu Rechtsthemen der Wikipedia.

Die Rechtslage in Deutschland

Der Umgang mit Gentests ist in Deutschland grundsätzlich durch das Gendiagnostikgesetz (GenDG) geregelt. Dieses Gesetz ist 2009 verabschiedet worden, als frei verkäufliche DNA-Tests, wie sie für die DNA-Genealogie benutzt werden, noch kaum verfügbar waren (insbesondere gab es noch keine Tests der atDNA). Daher fehlen in diesem Gesetz ausdrückliche Regelungen zum Umgang mit solchen frei verkäuflichen DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie.

Das Gendiagnostikgesetz findet gemäß § 2 Anwendung auf den Umgang mit genetischen Untersuchungen und Proben "zu medizinischen Zwecken, zur Klärung der Abstammung sowie im Versicherungsbereich und im Arbeitsleben" (§ 2 Abs. 1 GenDG). Das Ziel dabei ist es, "eine Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften zu verhindern" [1]. Für medizinisch-diagnostische genetische Untersuchungen und für Abstammungstests gilt ein Arzt- bzw. Facharztvorbehalt; das bedeutet, dass Gentests im Rahmen von medizinischen Untersuchungen und Vaterschaftstests nur durch entsprechend qualifizierte Ärzte bzw. Fachärzte durchgeführt werden dürfen (vgl. § 7 GenDG).

Das Gendiagnostikgesetz gilt aber ausdrücklich nicht für "genetische Untersuchungen und Analysen und den Umgang mit genetischen Proben und Daten zu Forschungszwecken" (§ 2 Abs. 2 GenDG). Die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie sind nach Auffassung der Anbieter den Forschungszwecken zuzurechnen, die durch GenDG nicht eingeschränkt werden, denn dabei geht es um die Bestimmung von Haplogruppen der yDNA oder mtDNA, um biogeographische Herkunftsanalysen und um das Matching, bei dem anhand von übereinstimmenden DNA-Segmenten mehr oder weniger entfernte Verwandte gefunden werden können. Daher werden die in der DNA-Genealogie üblichen DNA-Tests auch in Deutschland angeboten.

Der DNA-Test von 23andme ist genau wegen dieser Rechtslage für Kunden aus Deutschland auf die "ancestry reports" beschränkt und enthält keine "health reports" (medizinische Auswertungen). Es ist allerdings trotzdem möglich, über das Internet von verschiedenen Anbietern außerhalb Deutschlands auch eine medizinische Auswertung der Rohdaten eines genealogischen DNA-Tests zu erhalten. In Deutschland sind solche Auswertungen ohne begleitende ärztliche Beratung durch das Gendiagnostikgesetz untersagt; die Tätigkeit von Anbietern außerhalb Deutschlands wird durch diese Gesetzesbestimmungen aber nicht eingeschränkt.

Mit Blick auf die strengen Regelungen des Gendiagnostikgesetzes für Abstammungs- bzw. Vaterschaftstests (§ 17 GedDG) ist zu bedenken, dass die DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie durchaus auch als Abstammungs- bzw. Vaterschaftstest genutzt werden können. Es ist dringend davon abzuraten, solche genealogischen DNA-Tests zur Überprüfung oder Widerlegung einer zweifelhaften Vaterschaft an Minderjährigen ohne Wissen aller eventuell Beteiligten durchzuführen; hier drohen empfindliche Bußgelder ([§ 26 Abs. 1 Nr. 7 GenDG]).

Die Nutzung von DNA-Tests oder der Ergebnisse von DNA-Tests durch Versicherungen ist durch das Gendiagnostikgesetz weitgehend untersagt ([§ 18 GenDG]); ausgenommen sind nur Lebensversicherungen mit einer außerordentlich hohen Versicherungssumme von mind. 300.000 € (vgl. [§ 18 GenDG]).

Die Rechtslage in anderen Ländern

Die Rechtslage in anderen Ländern kann sich von der in Deutschland deutlich unterscheiden. Über die Situation in Frankreich, Großbritannien und in den USA informiert die ISOGG.

Probleme, die sich aus einem DNA-Test ergeben können

Im Zusammenhang mit DNA-Tests im Rahmen der DNA-Genealogie können sich unvorhersehbare Probleme für den Probanden selbst oder andere Personen ergeben.[2] Diese möglichen Probleme werden im Folgenden dargestellt, ohne dass es dafür allgemeinverbindliche Lösungsvorschläge geben kann.

Erkenntnisse über bestehende oder nicht bestehende Verwandtschaften

Durch einen DNA-Test und das Matching können unbekannte nahe Verwandte gefunden werden, etwa eigene Halbgeschwister oder Halbgeschwister der Eltern. Auch könnte festgestellt werden, dass eine nahestehende, vermeintlich verwandte Person der eigenen Familie gar nicht blutsverwandt ist. Der Grund dafür dürfte in der Regel eine falsch zugeschriebene Vaterschaft bzw. ein un- oder außereheliches Kind sein, seltener eine unbekannte Adoption oder eine Samenspende. Die Aufdeckung einer falsch zugeschriebenen Vaterschaft, die Feststellung, eventuell selbst ein "Kuckuckskind" zu sein, oder auch die Entdeckung von unbekannten nahen Verwandten könnte eine erhebliche Belastung für die betreffenden Personen und/oder deren soziale Familien darstellen. Auch würde sich in einem solchen Fall die schwierige Frage stellen, wie man selbst mit einem solchen Wissen umgehen würde: Behält man diese Informationen für sich oder informiert man die betreffenden Personen?

Adoption

Adoptionen unterliegen einer besonderen Geheimhaltung. In Deutschland erfolgen Adoptionen von Minderjährigen als sogenannten Inkognito-Adoption, bei der Herkunftsfamilie die Identität der Adoptivfamilie nicht erfahren kann.[3] Adoptierte haben aber das Recht, im Alter von mindestens 16 Jahren die Identität der leiblichen Eltern zu erfahren, indem sie eine Geburtsurkunde mit den entsprechenden Angaben erhalten [4]) oder Einsicht nehmen in die Vermittlungsakten beim zuständigen Jugendamt [5].

Über einen DNA-Test ist es möglich, dass Adoptierte biologische Verwandte und ggf. auch ihre biologischen Eltern finden, und zwar auch dann, wenn keine Akten dazu vorhanden sind (Adoptionen aus dem Ausland; nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist) oder Angaben zum leiblichen Vater fehlen. Umgekehrt kann es auch passieren, dass ein DNA-Test zu der Feststellung führt, dass ein naher Verwandter (Geschwister, Halbgeschwister, Cousin ...) zur Adoption freigegeben worden ist, wovon die Familie möglicherweise gar nichts weiß. Schließlich könnten auch die biologischen Eltern ihr zur Adoption freigegebenes Kind finden, falls beide einen DNA-Test gemacht haben.

Dadurch werden unter Umständen unvermeidlicherweise die Rechtsvorschriften zum Adoptionsgeheimnis umgangen. Hier stellt sich ggf. das Problem, die Interessen und Rechte der verschiedenen Beteiligten gegeneinander abzuwägen: das Recht des Adoptierten auf Kenntnis seiner Abstammung; das Problem, dass ein Adoptierter möglicherweise gar nichts von der Adoption weiß und unerwartet davon erfährt; das Interesse der leiblichen Eltern auf Geheimhaltung der Freigabe eines Kindes zur Adoption; das Interesse der Adoptiveltern an einer Aufrechterhaltung des Adoptionsgeheimnisses.

Samenspende

Die Problemlage ist hier vergleichbar mit der von Adoptionen. Über einen DNA-Test ist es möglich, dass mithilfe einer Samenspende gezeugte Kinder biologische Verwandte und ggf. auch ihren biologischen Vater identifizieren.[6] Grundsätzlich haben in Deutschland Kinder im Falle der Zeugung durch eine Samenspende ein Recht darauf, die Identität des Samenspenders zu erfahren Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag.

  • DNA bei Ancestry.com (englisch) im Rahmen eines allgemeinen, kostenpflichtigen Abonnements ist für die Nutzer Eingabe und Erstellung eines Haploprofils möglich, diverse Suchoptionen vorhanden (z.B. Nachname, Haplo-match, Verbreitung). 2014 wurde der Vertrieb von Y-DNA- und Mitochondrien-DNA-Tests eingestellt. Es werden nur noch autosomale Tests angeboten.[7]

Siehe auch

Ehemalige Anbieter

  • DNA Heritage (englisch) wurde im April 2011 aufgegeben. Kunden konnten ihre Daten zu Family Tree DNA transferieren [8]
  • GeneTree (englisch) als kommerzieller Ableger von SMGF 2013 eingestellt. Den Kunden wurde die Möglichkeit angeboten, die Daten durch Abtippen zu Ancestry.com zu übertragen.[9]
  • y-base (englisch) wurde von DNA Heritage betrieben und im April 2011 aufgegeben. Kunden konnten ihre Daten zu Family Tree DNA transferieren.[8]


DNA-Datenbanken

  • GEDmatch Datenbank zum Vergleich autosomaler DNA-Ergebnisse verschiedener Anbieter. Als Betreiber wird auf der Webseite eine GEDmatch. Inc. angegeben, die Domäne ist jedoch auf die Privatperson Curtis Rogers in Florida registriert.
  • ySearch und mitoSearch (englisch) betrieben von Family Tree DNA, kostenlose Eingabe und Erstellung eines Haploprofils möglich, diverse Suchoptionen vorhanden (z.B. Nachname, Haplo-match, Verbreitung)

Anonyme Datenbanken

Vergleichstabellen selbstgemacht

Private Erfahrungsberichte

Quellen

  1. So die Erläuterung des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften.
  2. Vgl. hierzu auch Blaine T. Bettinger: The Family Tree Guide to DMA Testing and Genetic Genealoy. 2016, S. 35-41 (Kapitel "Ethics and Genetic Genealogy")
  3. Vgl. den Artikel "Adoption (Deutschland)" in der Wikipedia.
  4. Vvgl. § 63 Abs. 1 Personenstandsgesetz: "Ist ein Kind angenommen, so darf abweichend von § 62 ein beglaubigter Registerausdruck aus dem Geburtseintrag nur den Annehmenden, deren Eltern, dem gesetzlichen Vertreter des Kindes und dem über 16 Jahre alten Kind selbst erteilt werden."
  5. Vgl. § 9b Adoptionsvermittlungsgesetz; die Vermittlungsakten werden 100 Jahre nach Geburt des adoptierten Kindes vernichtet
  6. Über die Identifikation eines anonymen Samenspenders hat am 30.5.2017 die niederländische Zeitung "De Volkskrant" berichtet; vgl. auch hier.
  7. Artikel Ancestry.com. In: Wikipedia, the free encyclopedia (in Englisch). (23.2.2015)
  8. 8,0 8,1 Alasdair Macdonald: DNA Heritage database and Ybase transferred to Family Tree DNA. (20.4.2011, abgerufen am 23.2.2015)
  9. Artikel GeneTree. In: Wikipedia, the free encyclopedia (in Englisch). (23.2.2015)
  10. Artikel Sorenson Molecular Genealogy Foundation. In: Wikipedia, the free encyclopedia (in Englisch). (23.2.2015)


Die Doppelhelix der DNA
Weitere Informationen zur DNA-Genealogie siehe Portal:DNA-Genealogie
1-zu-1-Vergleich zweier DNA-Kits bei Gedmatch.com