Mülheim an der Ruhr

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Mülheim an der Ruhr: historisch – familienkundliche Entwicklung im lokalen und regionalen Zusammenhang, Land und Leute, Siedlung, Sprache, Kirche, Bibliografie, Archive, Quellen, Hinweise...

Disambiguation notice Mülheim ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Mülheim.

Hierarchie

Regional > Bundesrepublik Deutschland > Nordrhein-Westfalen > Regierungsbezirk Düsseldorf > Mülheim an der Ruhr


Lokalisierung der Stadt Mülheim in Nordrhein-Westfalen

Name

  • Mulenheim, Mulhem, Mollem; mundartlich 1955: „Mölm“

Landschaftslage

Die Stadt liegt im Schnittpunkt des niederrheinischen Tieflands mit der Westfälischen Tieflandsbucht und dem Süderbergland in hügelig bewegter, von zahlreichen Industrie- und Wohnsiedlungen im Wechsel mit bäuerlichen Siedlungen regellos übersäten Landschaft. Alter Ortskern in 37 m Höhe auf dem rechten Ufer der unteren, für Schiffahrtszwecke 1955 bis Mühlheim kanalisierten Ruhr, 11 bis 12 km östlich deren Mündung in den Rhein. Das aus mehreren Gemeinden zu einer aufgelockerten, weitläufigen Großstadt zusammengewachsene Stadtgebiet erstreckt sich 1955 mit 4-9 km Radius beiderseits der Ruhr: mit den Ortsteilen Styrum und Dümpten im Nordwesten gegen Oberhausen und Duisburg hin (6-8 km) in die Mittlere Niederrheinebene (niedrigster Punkt in der Ruhraue 27 m), mit den Ortsteilen Heißen, Fulerum und Winkhausen im 0sten gegen Essen hin (10 km) in das löß-lehmbedeckte, ehemals landwirtschaftlich ergiebige Ruhr-Emscherland (höchster Punkt der Stadt beim Flughafen 153 m) sowie mit den Ortsteilen Speldorf, Broich, Saarn und Selbeck im Westen und Süden jenseits des hier flußaufwärts bis 80 m tief eingesenkten Wiesentals der Ruhr auf einen nordwestlichen Abdachungsriegel des Niederbergischen Hügellandes.

Ortsursprung

Wahrscheinlich bald nach der Christianisierung Errichtung einer kleinen Kirche (Hofeskapelle). Die umliegenden Ansiedlungen wuchsen zu Honschaften und schlossen sich später zum Kirchspiel etwa im Umfang des Stadtgebiets von 1955 zusammen. Mülheim zuerst erwähnt im Werdener Urbar um 1000, das Gericht in Mülheim 1093. Das Werdener Urbar nennt die Ortsteile Menden (Mene-thinne) 811, Dümpten (Dumiti) 1000, Alstaden (Alstedon) 1200. Mülheim besaß schon früh Bedeutung in Verkehr und Wirtschaft; die Herrschaft Broich war im Hochmittelalter eine der mächtigsten Herrschaften Westdeutschlands, während die Herrschaft Styrum nie militärische Bedeutung erlangte.

Stadtgründung

Als bei der Einrichtung des Großherzogtums Berg beabsichtigt wurde, bei Einführung der Munizipalverfassung die Gemeinde der ehemaligen Herrschaft Broich zu trennen, erreichten der Bürgermeister und der bereits gebildete Munizipalrat die Vereinigung der ganzen ehemaligen Unterherrschaft, und der Innenminister verfügte im November 1807 auf Grund der Verordnung Murats vom 13.10.1807 über die Organisation der Munizipalverwaltung ihre Einrichtung in Mülheim;

  • 1808 Stadterhebung (Ursprung der städtischen Verfassung).
  • 1846 Revidierte Städteordnung verliehen,
  • 1851 Gemeindeordnung,
  • 1856 Rheinische Städteordnung, ersetzt 1935 durch die Deutsche Gemeindeordnung, 1946 revidierte Deutsche Gemeindeordnung.
  • 1908 Großstadt.

Bezeichnung der Stadt

1733 Städtgen, 1790 offener Flecken, 1820 Marktflecken, 1808 Stadt.

Stadtsiedlung

Bauliche Entwicklung

Stand 1955: Erste Siedlungskerne : der befestigte Edelhof Maurenhof (Murenhof), ferner Schloß Broich und Kloster Saarn. In der Handwerkersiedlung ist noch 1955 die Hauptrichtung der strahlenförmig zur Petrikirche angelegten älteren Straßenzüge zu erkennen. In dieser ehemaligen Altstadt herrschte 1939 das beschieferte bergische Fachwerkhaus mit vorkragendem Obergeschoß vor, durch Bomben größtenteils vernichtet. Die ältesten Mühlen standen an der Kahlenberger und Broicher Schlagd. Ortsteil Broich-Speldorf ist eine Gartenstadt. Kettenbrücke über die Ruhr um 1845 genannt. 3 Brücken für den Durchgangsverkehr: Schloßbrücke 1910, Mendener Brücke 1930, Raffelberg Brücken 1915-17. Reste alter Landwehren erhalten. Bebaute Fläche 1925: 1.310 ha.

Gebäude

Petrikirche (später ref. Kirche), romanischer Turm um 1.000, gotisches Langhaus wohl um 1300 angebaut, Haupt- und Seitenschiff zwischen Chor und Turm erneuert 1870-71 und 1913, zerstört 1943. Schloß Broich, links der Ruhr, zuerst erwähnt 1093, ältere Burganlage spätestens um 1100, ersetzt durch Hochschloß der Rapp Herren von Broich 12. Jhdt., belagert 1240, bei Umbau durch die Herren von Hohenlimburg neuer Palas 14. Jhdt., weitere Belagerungen 1376, 1443, 1598 und 1605, Umbauten im 14., 17. und 18. Jh., um weiteren Verfall aufzuhalten, ist 1955 umfangreiche Wiederherstellung geplant.

Schloß Styrum erbaut als einfaches festes Haus 1289, Ausbau im 14., 15. und 17. Jh., Ausbau zum herrschaftlichen Adelssitz, barock, 1658, Verfall im 18. und 19. Jh., daher Abbruch bis auf 2 unbedeutende Türme und das Torhaus, danach völlige Erneuerung, Besitz des Großindustriellen August Thyssen seit 1890. Zisterzienserinnenkloster Maria Saal in Saarn, gegr. 1214, Neubauten der Wirtschafts- und Wohngebäude, Backstein 1729 und 1755, säkularisiert 1808, Umbau zur Gewehrfabrik nach 1815 (verstaatlicht 1844, verlegt nach Erfurt 1862), 1955 Wohnungen. Klosterkirche (1955 kath. Pfarrkirche), geweiht durch den hl. Engelbert, Erzbischof von Köln, 1221, spätromanischer Chor abgebrochen, Neubau von Chor und Turm 1895. Lutherische Kirche in der Altstadt begonnen 1658. Weitere luth. Kirche 1879. Erste Synagoge um 1790, größerer Ersatzbau 1905, zerstört 1938. Wohnhaus Gerhard Tersteegens um 1500, jetzt wiederhergestellt. Geburtshaus Arnold Kortums, jetzt instandgesetzt. Kasernen vollendet 1899. Rathaus 1912-15. Stadthalle 1923/26, zerstört 1943. Mittelschule 1925/27. Altenhof (ev. Gemeindehaus) 1929/30. Polizeiamt 1936/38. Berufsschule erbaut 1951/52.

Brände, Überschwemmungen

Überschwemmungen 1890, 1925 und 1946.

Zerstörungen 2.Weltkrieg

  • 1. Beschädigt wurden insgesamt 14.364 Gebäude (2.321 völlig zerstört, 6.699 leicht be-schädigt), darunter 13.116 Wohngebäude (1.955 völlig zerstört, 6.696 leicht beschädigt), ferner 16 Straßen- und Eisenbahnbrücken.
  • 2. Fachwerkhäuser der Altstadt fast völlig zerstört. Petrikirche zerstört.
  • 3. Zerstörungsgrad etwa 30%. 300.000 qm Trümmerfläche.
  • 4. Durch Neubau, Wiederaufbau und Instandsetzung (seit 1947) wurden bis Ende 1953: 6.788 Wohnungen gewonnen. Trümmerbeseitigung 1950-52: 264.230 cbm.

Bevölkerung

Ältere Einwohnerzahlen

Kirchspiel Mülheim 1400: 1.200 Einwohner (E.), 1600 : 2.000 E., 1800: 11.000 E.

Seuchen

Cholera und Pocken 1866.

Bevölkerungsverzeichnisse

Berühmte Personen

  • Gerhard Tersteegen, Mystiker und Dichter, * 25.11.1697 Moers, + 03.04.1769 Mülheim, Seidenbandwirker.
  • Karl Arnold Kortum, Arzt, * 05.07.1745 Mülheim, + 15.08.1824 Bochum, Dichter der „Jobsiade" (1785).
  • Franz Dinnendahl, * 1775 Steele, t 1826 Essen, Begründer des Dampfmaschinenbaus im Ruhrtal.
  • Hermann Adam von Kamp, * 1796 Ruhrort, + 1867 Mülheim, erster Geschichtsschreiber Mülheims und Dichter (Alles neu macht der Mai, 1818).
  • Wilhelm Kaulbach, Maler, * 1805 Arolsen, + 1874 München, verlebte Kindheit und Jugend in Mülheim.
  • Wilhelm Oechelhäuser, * 26.08.1820 Siegen, t 25. 9. 1902 Niederwalluf am Rhein, Shakespeare-Forscher und -Übersetzer, Bürgermeister von Mülheim 1852-56.
  • August Bungert, Dichter und Komponist, * 14.03.1845 Mülheim, + 26.10.1915 Leutesdorf a. Rhein.
  • Karl von den Steinen, Völkerkundler und Forschungsreisender, * 07.03.1855 Mülheim, + 1929 Cronberg (Taunus).

Jüngere Einwohnerzahlen

Kirchspiel Mülheim 1807: 11.591 Einwohner (E.), Stadt Mülheim 1807: 5.368 E., vor 1820: 700 Häuser und 4.985 E.; um 1845: 750 Häuser und 9.556 E.; 1845: 10.098 E., 1867: 13.827 E., 1871: 1.575 Häuser und 14.267 E. (davon 9.835 ortsgebürtig; 7.090 m., 7.177 w.); 1880: 22.146 E., 1885: 2.399 Häuser und 24.465 E. (davon 12.230 m., 12.235 w. ; Eppinghofen 457 Häuser und 4.952 E.; Mellinghofen 228 Häuser und 2.384 E.; Muhrenkamp 17 Häuser und 167 E.); 1910 (nach den Eingemeindungen): 112.580 E., 1925: 127.400 E., 1933: 133.279 E., 1939: 136.828 E., 1945: etwa 88.000 E., 1946: 122.370 E., 1950: 149.589 E. - Ende 1949: 8.368 Flüchtlinge (= 5,5% der Bevölkerung). 1951: 153.600 E., 1952: 156.834 E., 1953: 162.035 E. in Mülheim. - Anteil der m. Bevölkerung 1871: 49,7%, 1900: 52,6%, 1925 : 50,1 %, 1946 : 45,3 %, 1952 : 47,6% m. - 1952: 14.056 Flüchtlinge (9% der Bevölkerung).

Sprache

Mülheim liegt in dem schmalen niederfränkischen Grenzgebiet, das den Übergang vermittelt zwischen der Mundart des Ripuarischen und dem Westfälischen; man spricht: beter 'besser', koke 'kochen'; schlechte Tiee 'schlechte Zeiten', Wien 'Wein', aber Künd 'Kind', Huund 'Hund', chit 'ihr', ink 'euch'. Die Mundart wird als „Mölmsch Platt“ bezeichnet.

Wirtschaft

Verwaltung

Rat

  • 1807 Munizipalitätsrat: 3 Räte und 20 Beamte ; erste Sitzung am 18.02.1808.
  • 1846 Revidierte Städteordnung: Magistrat und Stadtverordnetenversammlung.
  • 1851 Gemeindeordnung: Gemeindevorstand und Gemeinderat.
  • 1856 Rheinische Städteordnung: Magistrat und Stadtverordnetenversammlung.
  • 1935 Deutsche Gemeindeordnung.
  • 1945 bis 1946 Bildung eines Bürgerausschusses; erst 12, später 15, dann 24 Mitglieder.
  • 1946Revidierte Deutsche Gemeindeordnung.

Gericht

Gericht in Mülheim 1093 zuerst erwähnt. Schöffengericht im Kirchspiel Mülheim erwähnt 1246. Fürstlich Hessen-Darmstädtisches Gericht noch um 1845 in Mülheim.

Bürgerschaftsvertretung

Zünfte vorhanden.

Landesherrschaft

Landesherren

Mülheim gehörte um 1000 zum Ruhrgau, war Sitz des Edelherrengeschlechts von Mülheim, Nachfolger: Herren von Altena-Isenburg (1200 erwähnt). Übergang zur Grafschaft Berg um 1200. Dann abwechselnd im Besitz der Herzöge von Kleve und des Erzbt. Köln 1400-50. Nach verschiedenem Wechsel in der Herrschaft fiel mit der Belehnung des Herrn von Broich mit der Amtmannschaft des Kirchspiels Mülheim (1446) die Unterscheidung zwischen Kirchspiel Mülheim und der Herrschaft Broich weg; neue Bezeichnung „Bergische Unterherrschaft". Das Kirchspiel Mülheim war Lehen der Herren zu Broich 1443/46-1682 als nie eingelöstes Pfand.

Größte Bedeutung unter Graf Wirich V. von Daun (1473-1546). Nach Ermordung des letzten Daun-Falkensteiners 1659 Übergang der Unterherrschaft Berg an das Haus Leiningen, dann durch Heirat 1766 an Hessen-Darmstadt. Joachim Murat, Großherzog von Berg

Verwaltungseinbindung

Kriegerische Ereignisse

Blutige Wirren im niederländisch-spanischen Krieg, im jülich-klevischen Erbfolgekrieg und im 30jährigen Krieg. Eroberung der Burg Broich durch Spanier 1598. Besetzung der Stadt durch Spanier 1605, Vertreibung 1609. Nach dem 1. Weltkrieg war Mülheim Standort des von Major Schulz gebildeten Freikorps.

Kriegswesen

Wehrhoheit

Wehrhoheit des Landesherrn, Bewaffnung der Kriegstruppe auf Kosten der Honschaften gegen Verpachtung von Gemeindeland. Anwerbung von Söldnern seit Anfang 17. Jh. Unter Napoleon wurden die Aushebungen öffentlich-rechtliche Angelegenheit; heftiger Widerstand der Bevölkerung.

Garnison

8. lothringisches Inf.-Rgt. Nr. 159: ab 1897. Verlegung des Wehrbezirkskommandos von Wesel nach Mülheim. Im 1. Weltkrieg Standort von 10 verschiedenen Formationen, Abzug der letzten Truppen (Garde-Landesschützenbatl.) am 24.09.1920 infolge der Bestimmungen über die entmilitarisierte Zone. II. Inf.-Rgt. 39 nach 1935.

Siegel, Wappen, Fahne

Wappen NRW Kreisfreie Stadt Mülheim.png Beschreibung:

Wappen: Das seit 1890 geführte Wappen zeigt den Schild des letzten Grafen von Daun-Falkenstein (Herrn der Herrschaft Broich) mit den Emblemen seiner einzelnen Besitzungen in den 6 Feldern des einmal geteilten und zweimal gespaltenen Wappenschildes: 1. Rotes Schräggitter in Gold (Dann); 2. Silbernes acht-speichiges Rad in Blau (Falkenstein); 3. Gekrönter doppelschwänziger roter Löwe in Silber (Limburg); 4. (geteilt) obere Hälfte mit goldenem Löwen in Rot, untere Hälfte mit 3 schwarzen Balken in Silber (Oberstein); 5. Goldenes Schildchen in Rot (Broich); 6. Silbernes sechsspeichiges Rad in Blau, in den Ecken 4 silberne Kreuzchen (Reipoltzkirchen).

Wappenerweiterung: seit 1925 mit dreitürmiger Mauerkrone.

Schöffensiegel: Die 3 Schöffensiegel (1536, bezeichnet 1588 und bezeichnet 1629) zeigen übereinstimmend einen gegitterten Schild (Daun), in dem auf 4 Felder verteilt nicht sicher zu deutende Zeichen und Buchstaben stehen.

Stadtfarben : Gelb-Rot.

Notgeld, Papiergeld, Stadtmotive
Notgeld 14.07.1923, Altstadt
Notgeld 14.07.1923, Altstadt

Finanzwesen

Münzwesen

Münzstätte Rellinghausen, Pfennig, Dietr. IV. v. Limburg-Broich (1401-1443), . Hüftbild mit Kranz a. 3 Schrägkreuzen, mit Schwert, a. d. Brust Limb. Löwe.

Vielleicht prägte Pfalzgraf Ruprecht II. um 1370 in M. Pfennige auf Dortmunder Schlag mit: „moneta in moili .." - Broich war neben Rellinghausen Münzstätte der Grafen von Limburg-Bruch : Graf Dietrich VI. (1410-39) münzte hier Weißpfennige auf kurrheinischen Schlag und auf Dürener Schlag, Turnosen auf Aachener Schlag mit der Jahreszahl 1438 und Pfennige; seine Nachfolger Wilhelm II. (1446-78) und Heinrich (1478-85): Weißpfennige auf kurrheinischen Schlag.

  • Notgeld 1917 zu 25 und 50 Pfg. (Zink, acht- bzw. viereckig) mit Stadtwappen; 1918 und 1919 zu 50 Pfg. (Eisen, viereckig) mit Stadtwappen; 1920 zu 50 Pfg. (Eisen, viereckig) mit Stadtwappen bzw. mit Spruch ; 1921 zu 25 Pfg. (Eisen, achteckig) mit „Musfall"; Papiergeld 1923 zu 100.000 Mark.

Steuern

Zehnten und Pachtgelder, zuletzt noch Kohlenzehnt; bei Land- und Reichssteuern legte die Herrschaft die Summe vor und erhielt sie von den Einwohnern in mehreren Terminen zurück.

  • Nach Aufhebung der Eigenbehörigkeit (1808): Grund-, Personal-, Mobiliar-, Patent-, Enregisterment- und Stempelsteuer; an Stelle von Zehnten und Pachtgeldern: hohe Kriegskontributionen bis 1815.
  • Erhebung von Kommunalsteuern 1816/17.
  • Steuerreform und staatl. Einkommensteuer 1859.
  • Hohe Kriegssteuern (Zuschläge bis 350%) 1866-71 und 1877/78.
  • Einführung der indirekten Steuern 1894: Gemeindebiersteuer, Grunderwerbssteuer, Hunde- und Lustbarkeitssteuer.

Zölle

Mülheimer Zoll und die Zöllner erwähnt 1623.

Stadtgebiet

Zusammenfassung des Kirchspiels Mülheim zur Munizipalität 1808. Trennung von Stadtgemeinde und den zum Bürgermeistereiverband zusammengefaßten Landgemeinden 1846. Die Bürgermeisterei (Stadt) Mülheim umfaßte 1871 nur 1 Wohnplatz. Eingemeindung von Eppinghofen und Mellinghofen in das Stadtgebiet Mülheim 1878, dabei Bildung von 3 selbständigen Bürgermeistereien

  • Bürgermeisterei Broich (mit den Orten Broich, Saarn und Speldorf),
  • Bürgermeisterei Styrum (mit den Orten Alstaden, Styrum und Dümpten)
  • Landbürgermeisterei Mülheim (mit den Orten Heißen, Winkhausen, Holthausen, Haarzopf, Menden und Raadt).

Die Stadt Mülheim umfaßte 1885: 4 Wohnplätze: Eppinghofen, Mellinghofen und Muhrenkamp.

  • 1904 Bildung des Stadtkreises Mülheim, zugleich wurden die Landgemeinden Styrum, Speldorf, Broich, Saarn und Holthausen wieder eingemeindet.
    • Der abgetrennte Landkreis Mülheim umfaßte die Gemeinden Alstaden, Dümpten, Heißen, Winkhausen, Fulerum, Haarzopf, Menden und Raadt.
  • 1910 Auflösung des Landkreis Mülheim, dabei Eingemeindung von Heißen, Fulerum, Winkhausen und Dümpten (Alstaden und ein Teil von Nordstyrum fielen an Oberhausen, Haarzopf, Menden und Raadt an den Landkreis Essen).
  • 1920 Eingemeindung von Menden und Raadt.
  • 1925 umfaßte die Stadt:
    • auf dem rechten Ufer der Ruhr die Altstadt mit den eingemeindeten Vororten Styrum, Holthausen, Fulerum, Heißen, Dümpten, Winkhausen, Raadt und Menden,
    • auf dem linken Ufer Speldorf, Broich und Saarn.
  • 1929 Eingemeindung von Selbeck und Ickten.
  • 1885 Stadtgebiet: 811 ha (davon 462 ha Acker, 18 ha Wiese, 7 ha Wald); 1925: 7.800 ha ; 1950: 8.812 ha (davon 25% Acker, 15% Wald, 11% Gärten, 12 % Wiesen) ; 1953: 8.814 ha.

Politische Einteilung

Kirchenwesen

Bistümer seit Mittelalter

Reformation

Fast vollständiger und gewaltloser Übertritt der Kirchengemeinde zum reformatorischen Bekenntnis nach Überlieferung 1555, erste urkundliche Bestätigung 1589. Anschluß an die bergische Synode 1589, später an die Weseler Klassikalsynode. Erste Spuren der lutherischen Gemeinde 1621, Gründung der luth. Gerneinde 1658.

Bekenntnisse

Kirchspiel Mülheim an der Ruhr: (Stadt- und Landgemeinde) 1600: 2.000 Ref., 1650: 200 Luth., 1800: 11.000 Ref., 600 Luth., 1850: 15.000 Ref., 2.000 Luth., 1870: 25.000 Ref. - Stadt Mülheim gegen 1820: 3.604 Ref., 554 Luth., 827 Kath.; 1871: 10.026 Ev., 3.908 Kath., 14 sonstige Christen; 1885: 16.724 Ev., 7.191 Kath., 69 sonstige Christen, 15 andere; 1925: 76.703 Ev., 45.954 Kath., 411 andere. Anteil der Ev.: 1890: 70%, 1925: 60%, 1939: 55%, 1950: 56%, 1952: 56% Ev.

Juden

Aufenthaltserlaubnis für einen Juden zuerst genannt 1627. Ohne Bürgerrecht, hohe Abgaben, beschränkte Erwerbsmöglichkeiten und Schutzbrief bis zur Einführung des Code Napoleon. Synagoge seit 1790. Neue Synagoge 1907. 1871: 319, 1885: 466, 1910: 650, 1925: 626 Juden.

Wohlfahrtspflege

Stand 1955: Kranken- und Versorgungshaus 1647 gestiftet. Als 1818 die Armenpflege aus der Hand kirchlicher Verbände an die Stadt überging, wurden zunächst hilfsbedürftige Kranke unentgeltlich behandelt; Bildung einer Armenkommission. Aufwendungen für die Armenpflege 1835 schon 4.500 Taler. Einsetzung von Kommissionen für bestimmte Bezirke mit je 2 Armenvorstehern 1848. Der Vertreter der Geistlichkeit schied 1859 aus der Armenkommission aus, die Armenpflege wurde rein städtisch. Einrichtung eines städt. Armenbüros nach „Elberfelder System" 1880. Verstaatlichung der Fürsorgepflicht und Bildung eines Bezirksfürsorgeverbandes 1924.

Ev. Krankenhaus 1849, bewährt bei der Cholera- und Pockenepidemie 1866. Waisenhaus 1858. Kath. Krankenhaus St. Marien-Hospital 1886. Armenhaus 1897, 1955 Altersheim. Augenheilanstalt Leonhard-Stinnes-Stiftung 1907. 1925: 2 Krankenhäuser, 2 Waisenhäuser, Versorgungshaus, Augenheilanstalt. Bildung einer Sanitätskommission nach der Epidemie von 1866.

Zusammenschluß von 3 Wasserwerken zur interkommunalen Rheinisch - Westfälischen Wasserwerksgesellschaft nach 1913. Kanalisation rechts der Ruhr meist durch einen Kanal (9 km) zur Kläranlage Kasslerfeld in Duisburg 1925, links der Ruhr ein Kanal von 6 km. Städt. Stauwehr-Wasserkraftwerk Raffelberg 1924 erbaut.

Verbundgaswerk Mülheim und zusätzlich Ferngas von der Thyssen AG. Gasbeleuchtung seit 1856 in Mülheim; Gasanstalt erbaut 1855-56, städt. ab 1886, verbunden mit Kettwig als RHENAG ab 1942. Elektrizität ab 1903.

Bildungswesen

Schulen

Stand 1955: Lateinschule 1595-98, dann wieder 1673. Volksschulen: Schule der ev. Kirche in Heißen 1664, Schule in Eppinghofen 1667, Schule in Styrum 1672, Schule in Saarn 1686, weitere Schulen im Kirchspiel 1695 und 1711, erste gemeindeeigene Schule 1797, Armenschule 1800-72, Hilfsschule 1901. 1950: 32 Volksschulen und 1 Hilfsschule. Höherer Schulunterricht bis 1835 nur privat. Höhere Bürgerschule 1838. Städt. Realschule mit Mädchenklasse 1852, erweitert zum Realgymnasium 1882, Teilung in ein Staatl. Gymnasium mit Realgymnasium und eine Städt. Oberrealschule 1911. Städt. Vorschule für die Realschule 1880. Städt. Höhere Lehranstalt für Mädchen mit angegliederter Vorschule 1892. Knabenmittelschule 1904. Mädchenmittelschule 1913. 1950: staatl. neusprachliches Gymnasium, städt. naturwissenschaftliches Gymnasium für Jungen, städt. neusprachliches Mädchengymna-sium mit Frauenoberschule und Kindergarten. Handwerkerfortbildungsschule (1852) und kaufmännische Fortbildungsschule (1897) vereinigt zur gewerblichen Fortbildungsschule 1906. Private Handelsschulen seit 1896. Haushaltgehilfinnen- und Kinderpflegerinnenschule 1937.

Theater

Privates Centralhallentheater um 1900. Regelmäßige Gastspiele des Düsseldorfer Schauspielhauses in der Stadthalle ab 1926. Nach 1945 Gastspiele von Düsseldorf und Bochum. Städt. Leitung des Konzertwesens seit 1926. Städt. Erster Gesangverein 1839; 1908: 65 Gesang-, Theater- und Musikvereine. Städt. Chorvereinigung gegr. 1926.

Kulturelle Leistungen

Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung 1914, 1955 Max-Planck-Institut; hier wurde das Kohleverflüssigungsverfahren nach Fischer-Tropsch entwickelt. - Pferderennbahn Raffelberg.

Druckereien, Zeitungen

Die erste Druckerei Ende 18. Jh., Herausgeber der „Gnädigst privilegierten Mülheimer Ztg. der neuesten Begebenheiten".

  • 1834 Bote für Stadt und Land, Mülheimer Ztg. ab 1872.
  • 1844 Der Wächter an der Ruhr, vorübergehend.
  • 1850 Rhein-Ruhr-Ztg.
  • 1946 Neue Volksztg., hg. in Herne (KPD.
  • 1946 Neue Ruhr-Ztg., hg. in Essen (SPD).
  • 1948 Westdt. Allg. Mülheimer Ztg., hg. in Essen (unabhängig).
  • 1949 Mülheimer Tagebl., hg. in Essen (CDU).

Artikel-Quellen

  • Deutsches Städtebuch / hrsg. von Erich Keyser; Bd. 3, 3 = Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Städtebuch, 1956 u. Stadtarchiv

Literatur

  • Andrae, Otto: Schiffahrt und Schiffersprache von Mülheim. (1943).
  • Barleben, Dr. Ilse: Mülheim a.d. Ruhr - Beiträge zu seiner Geschichte von der Erhebung zu Stadt bis zu den Gründerjahren, (1959).
  • Buchenau, in: Blätter für Münzfreunde (1916), 48. Blätter für Mzkd. 3, 117 (1837). Blätter für Münzfreunde (1879), 657; (1908), 4017; (1923), 480.
  • Deicke, K.: Der Jobsiadedichter Carl Arnold Kortum, Sein Leben und seine Schriften.
  • Denkschrift zur Jahrhundertfeier der Stadt Mülheim, Geschichtsverein Mülheim-Ruhr, Redlich, (1908), Online
  • Drüse, P.: Mülheim an der Ruhr, Versuch einer Stadtgeographie (Diss. 1925).
  • Engels, W.: Die Landwehren in den Randgebieten des Hzt. Berg, in : Z. des Bergischen Geschichtsver. 66, Heft 2/4 (1938).
  • Essers , Bärbel: Der Altstadtfriedhof – Ein Spaziergang durch die Mülheimer Stadtgeschichte, Sutton-Verlag, Erfurt, (2014), ISBN 978-3-95400-468-, 122 Seiten
  • Gazette numismatigue (1898). 135.
  • Giseke, Das dt. Rotgeld 1915-21 (1922), Nr. 333 a-f.
  • Glöckener, Erich: Das Wappen unserer Stadt, in: Mülheimer Jb. (1954).
  • Höfel, Rudolf op ten: Alte Flur- und Straßennamen, in Mülheimer Jb. (1954).
  • Kamp, Hermann Adam von: Das Schloß und die Herrschaft Broich (1851).
  • Klanke u. Richter: Geschichte der bergischen Unterherrschaft Broich sowie der Stadt Mülheim an der Ruhr, Mülheim a. d. Ruhr, Bädeker, Ausgaben: 1891 Online, 1892
  • Langfeldt, Joh.: Lebten im Mittelalter Juden in Mülheim ? (1940).
  • Maurmann, E.: Grammatik der Mundart von M. (1898).
  • Maurmann, Emil: Die Laute der Mundart von Mühlheim a. d. Ruhr, (1889), Online
  • Mülheim-Ruhr, hg. von E. Stein, in: Z. für Kommunalwirtschaft 24, Sonderheft (1924).
  • Mülheimer Jahrbücher (1940-42 und 1949 ff.).
  • Mülheimer Statistik, Statistische Monatsberichte der Stadt Mülheim Statistisches Jb. V. (1954).
  • N.N.: Quellen und Forschujngen zur Gesch. der Stadt M. a. d. Ruhr (1939 ff.).
  • Neuse, Studien zur niederrheinischen Dialektgeographie in den Kreisen Rees, Dinslaken, Hamborn, Mülheim, Duisburg, in: DDG 8 (1915).
  • Noß, A. Die Münzen von Berg und Jülich-Berg I (1929), 49-51.
  • Numismatisch-Sphragistischer Anzeiger (1895), 45.
  • Redern, Von: Ein Stiller im Lande (1920).
  • Redlich, Otto: Mülheim a. d. Ruhr. Seine Gesch, von den Anfängen bis zum Übergang an Preußen 1815 (1939).
  • Revue beige (1862), 334f.; (1909), 143.
  • Rühl: Das Werden einer Großstadt, Mülheim-Ruhr (1939).
  • Schubert, Urkunden und Erläuterungen zur Geschichte der Stadt M. a. d. Ruhr 796-1508 (1926).
  • N.N.: Verwaltungsbericht der Stadt Mülheim (1945 ff.).
  • N.N.: Zeitung des Geschichtsvereins Mülheim (1906-37)
  • N.N.: Postkarten - Gruss aus Saarn, 1900-1925 Mülheim an der Ruhr, Hoppe & Werry, (1974)
  • N.N.: Bericht über das ... Schuljahr .. - Real-Gymnasium mit Gymnasialklassen, Mülheim (Ruhr), Mülheim, Ruhr, (1885 - 1887), Online
  • N.N.: Bericht über das Schuljahr ... - Gymnasium und Realschule, Mülheim (Ruhr), Mülheim, R., (1892 - 1908), Online
  • N.N.: Bericht über das Schuljahr ..., Jahresbericht Nr. ... - Königliches Gymnasium mit Real-Gymnasium zu Mülheim (Ruhr), Mülheim, (1912 - 1915), Online

Bibliografie-Suche

Genealogische Bibliografie

Periodika

  • Mülheimer Jahrbücher, Mülheim an der Ruhr,
  • Mülheimer Zeitung - Amtliches Kreisblatt für den Stadtkreis Mülheim a. d. Ruhr, 1894 - 1916, Online

Genealogische und historische Quellen

Genealogische Quellen

Volkszählung

Projekt Auswertung der Mülheimer Volkszählung von 1861 des Stadtarchives, siehe: http://wiki-de.genealogy.net/Mülheim_an_der_Ruhr/Volkszählung_1861


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