Volljährigkeit
Mündigkeit bzw. Volljährigkeit (Majorennität) im 19. Jahrhundert in den deutschen Staaten
Es lag den Regelungen das neuere römische Recht zugrunde, nach dem unterschieden wurde:
- Kindesalter (Infantia): unter 7 Jahre, keine Rechtsgeschäfte, Handlungen ohne rechtliche Bedeutung;
- Unmündigkeit (impubertas) unter 14 Jahre (bei weiblichen Personen 12 Jahre), Handlungen zum Erwerb von Rechten (z.B. Grundbesitz-Erwerb, aber nicht Verkauf), d.h. man kann Gläubiger werden, aber nicht Schuldner, Haftung nur bei Bereicherung und nur in Höhe der Bereicherung
- Mündigkeit (pubertas) unter 18 Jahre
- volle Mündigkeit (plena pubertas) unter 25 Jahre. Bis zum 25. Lebensjahr galt man als "minderjährig" (minoren), d.h. wenn man nicht unter "elterlicher Gewalt" stand, war die Bestellung eines Altersvormundes notwendig. Die Rechte des Großjährigen konnten auch an Minderjährige (ab dem 20, bei weibl. Personen ab dem 18. Lebensjahr) durch landesherrliches Reskript verliehen werden, unter der Voraussetzung, daß "verständiger und sittlicher" Lebenswandel nachgewiesen wurde. (Aber auch dann gab es bzgl. Verkauf von Immobilien, Testament u.ä. besondere Bestimmungen).
- Volljährigkeit (aetas legitima oder Majorennität) ab 25 Jahre, alle Rechtshandlungen des bürgerlichen Lebens (soweit nicht durch besondere Gesetze anders geregelt).
Stand 1874:
- Baden, Bayern, Hessen, Preußen (als letztes, 17.2.1875): Volljährigkeit 21 Jahre
- Hamburg: Volljährigkeit für Männer 22 Jahre
- Oldenburg: Volljährigkeit 24 Jahre
Hinsichtlich der Heirat gab es besondere Bestimmungen, nach denen auch bei Volljährigkeit die Einwilligung des Vaters (!) notwendig war (nach sächsischem Recht auch der Mutter).
Das deutsche Reichsgesetz vom 6.2.1875 forderte für die Ehefähigkeit (d.h. Heirat auch mit elterlicher Erlaubnis) ein Alter von 20 Jahren für Männer und 16 Jahren für Frauen (nach altem römischen Recht 14 bzw. 12 Jahre).
Nach diesem Gesetz durften Witwen auch erst nach 10 Monaten nach dem Tod des Ehemannes heiraten, bei Verurteilung durch Ehebruch war eine zweite Heirat verboten.
Auch nach dem Gesetz von 1875 war trotz Volljährigkeit eine Einwilligung notwendig, und zwar durch den Vater, nach dessen Tode durch die Mutter, bei unehelichen Kindern die Mutter (bei Minderjährigen ohne Vater war die Einwilligung eines Vormundes notwendig, auch wenn die Mutter lebte):
Einwilligung war notwendig bei
- Söhnen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres
- Töchtern des 24. Lebensjahres
Bei Versagen der Einwilligung konnte ein richterlicher Entscheid herbeigeführt werden.
Personen im Militärdienst (auch im kirchlichen Dienst) bedurften der Einwilligung (Ehekonsens) der vorgesetzten Behörde.