Moltrecht (Familienname)
Moltrecht ist der Name einer alten deutschen Familie. Ursprung der Familie ist die Region um Magdeburg im 15. Jahrhundert.
Herkunft
Der Familienname Moltrecht wird im Jahre 1486 im Bistum Brandenburg erstmals schriftlich erwähnt. Peter Moltrecht (1430-1490) war damals Propst zu Plötzky. Die Propstei hatte ihren Sitz im Kloster Georgenberg in Plötzky, einem Zisterzienserinnenkloster. Zuvor war er Pfarrer der Gemeinde Moritz.
Im 17. Jahrhundert lebte eine einflussreiche und wohlhabende Bürgerfamilie Moltrecht in Magdeburg. Ihr Begründer, der Großgrundbesitzer Joachim Moltrecht, bekam am 03.09.1642 die Bürgerrechte der Stadt Magdeburg verliehen.
Das Bürgerrecht war zur damaligen Zeit ein Privileg und in etwa mit dem niederen Adel vergleichbar. Bürger konnte nur werden, wer Hausbesitz und Eigentum in der Stadt nachwies, Steuern und Abgaben zahlte sowie Wehrdienst zur Verteidigung der Stadt leistete.
Joachim Moltrecht war Eigentümer mehrerer Häuser, Brau- und Backstuben. Zudem war er Bäckermeister und Angehöriger der Brauer- und Bäckerinnung zu Magdeburg. Seine Söhne waren ebenfalls Bürger und Angehörige der Brauer- und Bäckerinnung zu Magdeburg. Am 17.02.1678 wurde Joachim Moltrecht in der St. Johannis Gemeinde in Magdeburg beigesetzt.
Sein Sohn, Johannes Moltrecht, heiratete am 07.10.1665 Catharina Elisabetha von Hagen. Ihr Vater war Frantz von Hagen, Notar und Amtssekretär der Domvogtei Magdeburg.
Verschiedene Linien der Familie Moltrecht
Nach der Magdeburger Zeit verteilte sich die Familie Moltrecht auch über die Grenzen des Erzstifts Magdeburg hinaus. Es entstanden im Laufe der Zeit mehrere große Linien:
Magdeburger Linie Viele Moltrechts waren stetig im Großraum Magdeburg (Burg, Parchau, Gübs, Möckern) ansässig, hauptsächlich als Grundbesitzer, Handwerksmeister und Bürger (besonders in der Stadt Burg). Bis heute findet man den Namen Moltrecht in und um Magdeburg.
Brandenburger Linie Begründer der brandenburger Linie war Johann Gottfried Moltrecht (1763-1847). Er war Musketier im Altpreußischen Infanterie-Regiment 46 und Gutspächter in Rogäsen in Brandenburg. Unter seinen Nachkommen waren viele Brennermeister und Brennereiverwalter, u.a. auf dem Gut Groß Behnitz, das dem Großindustriellen August Julius Albert Borsig gehörte. Zweige der brandenburger Linie reichten im 20. Jahrhundert bis nach Westpreußen und Sachsen, wo die Moltrechts u.a. Gutsbesitzer und Fabrikanten waren.
Sächsische Linie In Leipzig und Dresden gab es im 18. und 19. Jahrhundert angesehene und wohlhabende Kaufmannsfamilien mit dem Namen Moltrecht. Ihr Begründer war Johann Christian Moltrecht, der Mitte des 18. Jahrhunderts als Handwerksgeselle nach Sachsen kam. Einige seiner Nachkommen waren ab dem 19. Jahrhundert in Hamburg ansässig.
Baltische Linie Johann Daniel Moltrecht (*26.07.1758 Brandenburg a.d.H.) wanderte ins Kurland (Lettland) aus, wo seine Nachkommen angesehene Theologen und Wissenschaftler waren. Nach dem 1. Weltkrieg und der Revolution gingen die Nachkommen von Johann Daniel Moltrecht zurück nach Deutschland. Sein Ururenkel Erich August Moltrecht war verwandt mit der russischen Zarenfamilie Romanov.
Ostasiatische Linie Johann Heinrich Moltrecht (*1723 Magdeburg) segelte 1746 als Angehöriger der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie nach Batavia. Er wurde dort Jan Henrik Moltrecht genannt und war später Ratsherr der Niederländisch-Ostindischen Regierung. Seine Nachkommen bekleideten hohe Positionen in der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie und der Regierung von Ceylon. Sie leben heute unter dem anglisierten Namen Moldrich in Australien.
Wappen
Blasonierung: In Gold zwischen einem mit drei silbernen facettiert geschliffenen Edelsteinen belegten roten Schildhaupt und einem mit sieben natürlichen Flämmchen besteckten roten Gitter im Schildfuß eine liegende rote Getreideähre. Auf dem Helm mit rechts rot-goldenen und links rot-silbernen Decken ein trapezförmiges, mit sechs (3,2,1) silbernen Edelsteinen belegtes Schirmbrett mit bogigen Kanten.
(Eingetragen in der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle unter Nr. 83328) [1]
Führungsberechtigt sind die ehelichen Nachkommen von Johann Gottfried Moltrecht (1763-1847). Er war Musketier im Altpreußischen Infanterie-Regiment 46 und Gutspächter in Rogäsen in Brandenburg.
Bekannte Namensträger
Andreas Moltrecht, Gelehrter, Buchdrucker und Verleger in Helmstedt um 1660. Er druckte u.a. Bücher über Wissenschaft, Politik, Astronomie, Astrologie und Anthologie.
Johann Heinrich Moltrecht, geb. 1723 in Magdeburg, Offizier in der Kolonialarmee Niederländisch-Ostindiens, Oberster Richter von Batavia, Ratsmitglied der obersten Regierung von Niederländisch-Ostindien in Batavia.
Hannibal Moltrecht, 1812-1882, Hamburger Maschinenbauer und Unternehmer, Konstrukteur und Erbauer einer der ersten deutschen Dampffeuerspritzen und eines ersten Eisenbahntelegraphen. Er entstammte einer angesehenen Kaufmannsfamilie aus Dresden. Der „Moltrechtweg“ in Hamburg-Fuhlsbüttel wurde nach ihm benannt. Sein Schwiegervater war der bekannte Konstrukteur und Unternehmer Johann Georg Repsold.
Karl Moltrecht, 1860-1919, deutsch-baltischer Theologe, Propst zu Pilten im Kurland. Er wurde am 20.01.1919 während des russischen Bürgerkrieges von den Bolschewisten im Gefängnis von Tuckum hingerichtet und gehört zu den sogenannten "Märtyrern der Revolution" (siehe 'Baltisches Märtyrerbuch' von D. Oskar Schabert).
Dr. Arnold Christian Alexander Moltrecht, 1873-1952, deutsch-baltischer Arzt und Entomologe. Er erforschte und entdeckte mehrere Tierarten, einige wurden nach ihm benannt.
Dr. Horst Werner Friedrich Moltrecht, 1923-2006, Ministerialdirektor im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Vertreter bei den Vereinten Nationen in New York und bei der Welternährungsorganisation in Rom, Mitglied des Verwaltungsrates der Europäischen Investitionsbank.
Hans Moltrecht, geb. 1928, Ministerialreferent im Bundeswirtschaftsministerium und persönlicher Assistent des Bundeswirtschaftsministers Karl Schiller.
Sonstige Personen
Heinrich Robert Moltrecht, † 1854, Postmeister zu Leipzig, Besitzer des Ritter- und Stadtgutes Mölkau. Die "Moltrechtstraße" in Leipzig wurde nach ihm benannt.
Friedrich Wilhelm Ferdinand Moltrecht, 1823-1887, Brennermeister und Brennereiverwalter auf Gut Groß Behnitz, Besitzer des Gutes war August Julius Albert Borsig, es war eines der größten (2.700 ha), wirtschaftlichsten und modernsten Güter seiner Zeit in Brandenburg.
Friedrich Heinrich Otto Moltrecht, 1877-1955, königlich preußischer Rittmeister der Kavallerie, Landesältester des Landkreises Lüben/Schlesien, Besitzer des Schlosses und Rittergutes Groß Krichen in Schlesien, Vorstandsmitglied der Lübener Zuckerfabrik.
Karl Hans Moltrecht, geb. 1920 in Berlin, Maschinenbauingenieur, Dozent an der Ohio State Universität, Autor mehrerer Bücher über Maschinentechnik. Ihm wurde 1983 von der Ohio State Universität der Charles-Ellison-McQuigg-Preis verliehen.
Familie Moltrecht und Kaiser Napoleon
Im Jahr 1813 informierte der Leipziger Kaufmann Moltrecht einen Handelspartner aus Frankfurt am Main in einem Brief über die Niederlagen der französischen Truppen. Dieser Brief wurde jedoch abgefangen und der Kaufmann Moltrecht auf direkten Befehl Napoleons verhaftet und wegen Verrates am Kaiser vors Kriegsgericht gestellt. Bevor es zu einem Urteil kam wurde Leipzig von preußischen Truppen befreit und der Kaufmann Moltrecht entging so knapp dem Todesurteil. Viele Zeitungen berichteten damals über diese "Heldentat", u.a. die Augsburger Allgemeine Zeitung am 31.10.1813. Handlungen gegen Napoleon waren sehr gefährlich und wurden gnadenlos mit dem Tode bestraft.
Diese Lithographie aus dem Jahre 1838 von P. Degobert trägt den Titel "La Famille Moltrecht implora la Générosité de Napoleon" (Familie Moltrecht erbittet Napoleons Gnade) und stellt sozusagen die gesamte Geschichte dar.
Namensbedeutung
Dem Familiennamen Moltrecht liegt mittelniederdeutsch Molt (Malz) zugrunde. Er zählt vermutlich zu der Gruppe der Berufsnamen aus dem Brauhandwerk (Molter = Mälzer). Zur damaligen Zeit, als die Familiennamen entstanden sind, rief man Handwerker nicht immer mit ihren Berufsnamen, sondern teilweise auch nach ihrem Werkzeug, ihrem Erzeugnis, ihrem Arbeitsplatz oder anderen berufstypischen Auffälligkeiten. Bei dem Namen Moltrecht handelt es sich möglicherweise um einen Appellativ, also einen Spitznamen in Ausrufeform. „Moltrecht“ könnte also auf neuhochdeutsch soviel bedeuten wie „malze recht“. Für den Berufsnamen Molter, aus dem der Name Moltrecht möglicherweise entstanden ist, findet sich als frühes urkundliches Beispiel 'Bertoldus dictus Moltere' (Bertold genannt Molter) um 1300 zu Hamburg.
Geographische Verteilung
Relativ | Absolut |
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Literaturhinweise
- Volltextsuche nach Moltrecht in der Familienkundlichen Literaturdatenbank
- Arbeitsgemeinschaft Genealogie Magdeburg 'Familienforschung Heute Heft 15'
- Allgemeine Deutsche Wappenrolle Band VIII
- 'Die Bistumer der Kirchenprovinz Magdeburg: Das Bistum Brandenburg' von Fritz Buenger
- Historische Nachrichten der Brau- und Bäckerinnung Magdeburg
- Magdeburger Bürgerrolle
Weblinks
Buchdrucke von Andreas Moltrecht [2]
Die elektronische Wappenrolle des Wappen-Herold [3]
Genealogie der Familie Moldrich von Ceylon [4]
Moltrecht's Green Tree Frog, benannt nach Dr. Arnold Moltrecht [5][6]
Moltrecht's Minnow, benannt nach Dr. Arnold Moltrecht [7]