Deutsche Namenkunde (Kluge)/004: Unterschied zwischen den Versionen

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Großen oder Friedrich Schillers, der Name <tt>Wolfgang</tt> oder <tt>Helmut</tt> Eigenschaften Goethes oder Moltkes wünscht. Und wenn oft der Kalenderheilige die Namengebung bestimmt, so wird der Geistliche, der bei der Namengebung anwesend ist, bedeutungsvolle Eigenschaften des Heiligen gebührend hervorheben. Und so war es auch in den alten Zeiten der Einnamigkeit. Dem Griechen <tt>Thrasybulos</tt> wie dem Deutschen <tt>Konrad</tt> wünschte der Name Kühnheit im Rat; dem Griechen <tt>Nikomachos</tt> und dem Deutschen <tt>Sigmar</tt> Sieg im Kampf. Der Name <tt>Hermann</tt> oder <tt>Herwart</tt> sollte den Namensträger zum Kriegsmann oder zum Heerführer bestimmen. So mußte immer ein wirklicher Inhalt im Namen stecken. Aber Sinn und Bedeutung, die bei der Namengebung des Kindes eine Rolle spielten, blieben im Leben doch oft ein frommer Wunsch. Ein <tt>Sigmar</tt> oder ein <tt>Dietrich</tt> wird sich nicht oft zu Siegesruhm oder zum Volkskönigtum emporgeschwungen haben. Namen wie <tt>Fürchtegott</tt> oder <tt>Leberecht</tt> können trotz aller guten Wünsche der Namengeber im bürgerlichen Leben Bösewichtern angehören. So wird der ursprüngliche Wortverstand zum Unsinn. Und wenn dann schließlich ein Schneider <tt>Müller</tt> und ein Müller <tt>Schneider</tt>, ein Schuster <tt>Weber</tt> und ein Weber <tt>Schuster</tt> heißen kann, so ist der Name zu einer Marke, einem inhaltslosen Zeichen geworden. Jetzt kann ein kleiner Mensch <tt>Groß</tt> oder <tt>Grote</tt>, ein großer Mensch <tt>Klein</tt> oder <tt>Lütke</tt> heißen.


Großen oder Friedrich Schillers, der Name <tt>Wolfgang</tt>
{{NE}}Ein solcher Übergang bedeutungsvoller Namen zum Widersinn oder Unsinn galt schon unter der Herrschaft der Einnamigkeit. Und fehlt erst die Deutlichkeit des Inhalts, so bekommt die Mode das Anrecht auf die Bevorzugung bestimmter Namen. Sind aber <tt>Siegfried</tt> oder <tt>Dietrich</tt>, <tt>Hildebrand</tt> oder <tt>Wieland</tt>, etwa im Anschluß an die altdeutsche
oder <tt>Helmut</tt> Eigenschaften Goethes oder Moltkes wünscht.
Und wenn oft der Kalenderheilige die Namengebung bestimmt,
so wird der Geistliche, der bei der Namengebung
anwesend ist, bedeutungsvolle Eigenschaften des Heiligen
gebührend hervorheben. Und so war es auch in den alten
Zeiten der Einnamigkeit. Dem Griechen <tt>Thrasybulos</tt>
wie dem Deutschen <tt>Konrad</tt> wünschte der Name Kühnheit
im Rat; dem Griechen <tt>Nikomachos</tt> und dem Deutschen
<tt>Sigmar</tt> Sieg im Kampf. Der Name <tt>Hermann</tt> oder
<tt>Herwart</tt> sollte den Namensträger zum Kriegsmann oder
zum Heerführer bestimmen. So mußte immer ein wirklicher
Inhalt im Namen stecken. Aber Sinn und Bedeutung,
die bei der Namengebung des Kindes eine Rolle
spielten, blieben im Leben doch oft ein frommer Wunsch.
Ein <tt>Sigmar</tt> oder ein <tt>Dietrich</tt> wird sich nicht oft zu Siegesruhm
oder zum Volkskönigtum emporgeschwungen haben.
Namen wie <tt>Fürchtegott</tt> oder <tt>Leberecht</tt> können trotz aller
guten Wünsche der Namengeber im bürgerlichen Leben
Bösewichtern angehören. So wird der ursprüngliche
Wortverstand zum Unsinn. Und wenn dann schließlich ein
Schneider <tt>Müller</tt> und ein Müller <tt>Schneider</tt>, ein Schuster
<tt>Weber</tt> und ein Weber <tt>Schuster</tt> heißen kann, so ist der
Name zu einer Marke, einem inhaltslosen Zeichen geworden.
Jetzt kann ein kleiner Mensch <tt>Groß</tt> oder <tt>Grote</tt>,
ein großer Mensch <tt>Klein</tt> oder <tt>Lütke</tt> heißen.
 
{{NE}}Ein solcher Übergang bedeutungsvoller Namen zum  
Widersinn oder Unsinn galt schon unter der Herrschaft  
der Einnamigkeit. Und fehlt erst die Deutlichkeit des Inhalts,  
so bekommt die Mode das Anrecht auf die Bevorzugung  
bestimmter Namen. Sind aber <tt>Siegfried</tt> oder <tt>Dietrich</tt>,  
<tt>Hildebrand</tt> oder <tt>Wieland</tt>, etwa im Anschluß an die altdeutsche

Aktuelle Version vom 11. Oktober 2011, 20:41 Uhr

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Großen oder Friedrich Schillers, der Name Wolfgang oder Helmut Eigenschaften Goethes oder Moltkes wünscht. Und wenn oft der Kalenderheilige die Namengebung bestimmt, so wird der Geistliche, der bei der Namengebung anwesend ist, bedeutungsvolle Eigenschaften des Heiligen gebührend hervorheben. Und so war es auch in den alten Zeiten der Einnamigkeit. Dem Griechen Thrasybulos wie dem Deutschen Konrad wünschte der Name Kühnheit im Rat; dem Griechen Nikomachos und dem Deutschen Sigmar Sieg im Kampf. Der Name Hermann oder Herwart sollte den Namensträger zum Kriegsmann oder zum Heerführer bestimmen. So mußte immer ein wirklicher Inhalt im Namen stecken. Aber Sinn und Bedeutung, die bei der Namengebung des Kindes eine Rolle spielten, blieben im Leben doch oft ein frommer Wunsch. Ein Sigmar oder ein Dietrich wird sich nicht oft zu Siegesruhm oder zum Volkskönigtum emporgeschwungen haben. Namen wie Fürchtegott oder Leberecht können trotz aller guten Wünsche der Namengeber im bürgerlichen Leben Bösewichtern angehören. So wird der ursprüngliche Wortverstand zum Unsinn. Und wenn dann schließlich ein Schneider Müller und ein Müller Schneider, ein Schuster Weber und ein Weber Schuster heißen kann, so ist der Name zu einer Marke, einem inhaltslosen Zeichen geworden. Jetzt kann ein kleiner Mensch Groß oder Grote, ein großer Mensch Klein oder Lütke heißen.

      Ein solcher Übergang bedeutungsvoller Namen zum Widersinn oder Unsinn galt schon unter der Herrschaft der Einnamigkeit. Und fehlt erst die Deutlichkeit des Inhalts, so bekommt die Mode das Anrecht auf die Bevorzugung bestimmter Namen. Sind aber Siegfried oder Dietrich, Hildebrand oder Wieland, etwa im Anschluß an die altdeutsche