Rochow (Adelsfamilie): Unterschied zwischen den Versionen

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:Quelle: Friedrich Wilhelm Hermann Wagener: Staats- und Gesellschafts-Lexikon: neues Conversations-Lexikon, in Verbindung mit deutschen Gelehrten und Staatsmännern. 17 Band. Verlag F. Heinicke, Berlin 1864
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Version vom 2. Januar 2011, 12:29 Uhr

Das Adelsgeschlecht der von Rochow's

Wappen der von Rochow


Wie die Urgeschichte der alten Geschlechter von einem undurchdringlichen Schleier verhüllt ist, so auch die des R.'schen. Eine wilde, fabelhafte Sage läßt es schon um's Jahr 875 in Reckahn ansässig sein und eine andere, die sich in den Traditionen der Familie erhalten hat, läßt sie mit Kaiser Heinrich 926 nach Brandenburg kommen. Glaubwürdigere Vermuthungen halten die R. für ein altmärkisches Geschlecht, welches wahrscheinlich aus dem südlich von Osterburg im Stendalschen Kreise belegenen Dorfe Rochau (Rocgawe, Roggau) stammt und mit Albrecht dem Bären in den Krieg gegen die Slawen gezogen war. In der That besagt eine Familienüberlieferung, daß „Herr Henning von Rochow, Markgraf Alberti Ursi zu Brandenburg geheimer Rath und Kriegs-Obrister wegen seiner treu geleisteten Dienste wider die Obotriten und Wenden den alten Rittersttz Goldsee oder Goldsen, zwei Meilen von Brandenburg, nebst andern Gütern bekommen hat, ist auch Landeshauptmann über Zauche geworden" — was zwischen 1141 und 1170 stattgefunden haben muß. Diese Tradition hat die Glaubwürdigkeit für sich, wenn man den bedeutenden Güterumfang erwägt, in dessen Besitz wir das R.'sche Geschlecht in den folgenden Jahrhunderten erblicken. So weit wir die Urkunden aufwärts zu verfolgen im Stande sind, wird der erste R. 1217 und ein zweiter, Heinrich mit Vornamen, im Jahre 1253 als bischöflicher Vogt zu Lebus, und wiederum ein Heinrich 1259 in einer Dahnsdorfer Urkunde genannt, in der er als Zeuge auftritt. In gleicher Eigenschaft kommt in einer ähnlichen Urkunde Wedego v. Richow 1273 vor. Der Vorname Wedego, Wedegon, verändert in Wittich, Witticho, Wetego, Wedekin wird bald durch „Waldkind", bald durch „Wiltekind, weißer Junge" erklärt. Ein anderer R. jener Zeit hieß Olzan mit Vornamen, was auch in den Formen Olze und Oelze ein Deminutiv ist von Odalrich, Ulrich, d. h Güterreich. Das Geschlecht der R. war in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ebensowohl in der Mark Brandenburg, als auch im Erzstifte Magdeburg zu Luckenwalde begütert und bekleidete gleichzeitig ansehnliche Aemter. Es gehörte auch zu denjenigen Geschlechtern der märkischen Ritterschaft, die, weil sie mit festen, von Mauern, Wällen und Gräben bewehrten Burgen belehnt waren, seit dem 13. und besonders seit dem 14. Jahrhundert die „beschloßten" oder „beschlossenen" genannt wurden, zum Unterschiede der unbeschloßten" oder „unbeschlossenen" Familien oder der „Zaunjunker", welche ihre Wohnsitze auf dem platten Lande nur auf die allergewöhnlichste Weise mit einem hölzernen Zaun umgeben hatten. Die Familie R. stand in der Reihe der Burggesessenen der Mittelmark an der Spitze und empfing mit allen ihren Standesgenossen, eben so gut wie die Ganse zu Putlitz in der Priegnitz, das Prädikat „Edle". Einzelne Glieder dieser alten Familie sind in den Freiherrnstand erhoben worden, so Moritz August und Samuel Friedrich, auf die wir gleich zurückkommen werden. Wiederholt sind Theilungen in den Gütern der Familie vorgekommen und haben sich dadurch Linien gebildet, und zwar bestehen jetzt nur noch die Golzower und die Plessower, die zusammen an Liegenschaften ein Areal von 2,37 Q,-M., zum größeren Theil im Zauch-Belziger, zum kleineren im Jüterbog-Luckenwalder Kreise des Regierungs - Bezirks Potsdam gelegen, besitzen. Die R. führen im Wappen drei doppelte schwarze Pferdeköpfe im silbernen Felde, und über dem Helme einen von der Rechten zur Linken springenden Ziegenbock, in früheren Zeiten findet man jedoch auch ein goldenes Feld und in der frühesten Zeit statt der doppelten Pferdeköpfe diejenigen lilienförmigen Lanzeneisen, welche in französischen Wappen und vielen andern vorkommen. Unter der großen Zahl hervorragender Männer aus dieser Sippe nennen wir aus der älteren Zeit nur zwei, nämlich Wichard VIII. und seinen Enkel, Hans VIII. Der Erstere hatte Golzow und Potsdam mit den festen Schlössern, von zwanzig Dörfern umgeben, ererbt, um die Zeit, wo Friedrich VI. von Zollern, Burggraf von Nürnberg, vom Kaiser Sigismund die Mark Brandenburg erhielt. Da dies gegen den Gubner Vertrag war, in welchem den Ständen vom Hause Luxemburg zugesichert worden war, daß die Mark von der Krone Böhmen nie getrennt werden sollte, so widersetzte sich dem neuen Markgrafen ein Theil des Adels. An der Spitze desselben standen der Landeshauptmann Kasper Gans, Edler zu Putlitz, Wichard VIII. v. R., der dessen Tochter Anna zur Gemahlin hatte, und Hans und Dietrich v. Quitzow. Als Friedrich von Zollern 1412 ein Heer unter dem Grafen Johann von Hohenlohe in's Feld rücken ließ, gingen diesem Wichard v. R. und Dietrich v. Quitzow mit ihrer Mannschaft und einigen pommerschen Hilfsvölkern entgegen, schlugen dasselbe auf dem Damme bei der Stadt Kremmen in die Flucht und ließen die Wahlstatt durch ein Kreuz bezeichnen. Der Graf v. Hohenlohe und die markgräflichen Befehlshaber Kraft v. Lautersheim und Philipp v. Uttenhofen blieben auf dem Platze. 1413 fielen Wichard und die Quitzower dem Erzbischof Günther von Magdeburg, welcher sich mit dem Markgrafen verbunden hatte, in's Land und trieben bei Jüterbog und Dahme Alles vor sich her. Als des Erzbischofs Hauptmann Gebhardt v. Plotho ihnen Stand halten wollte, wurde er (den 30. Novbr.) in einem Treffen an dem Flusse Stremme geschlagen und mit Peter v. Kotzen, seinem Unterbefehlshaber, gefangen. Endlich aber, als die vier Ritter der durch Bündnisse heranwachsenden Uebermacht nicht mehr im freien Felde Widerstand leisten konnten, mußten sie sich in ihre festen Schlösser werfen. Alle gingen nach und nach über bis auf Golzow, in welchem sich Wichard v. R. gegen den Kurfürsten Rudolf von Sachsen, der ihn am Tage St. Agnes 1414 eingeschlossen hatte, vertheidigte. Doch auch Golzow fiel endlich, das nunmehr als erobertes Gut betrachtet und dem Hans v. Schierstedt, einem magdeburgschen oder sächsischen Vasallen, als Pfand für 1700 rheinische Gulden, die er dargeliehen hatte, vom 1. Mai 1414 an in Amtmannsweise übergeben wurde. Indeß schon zwei Jahre später erhielt Wichard v. R. „auf fleißige Fürbitte von Herrn Mannen und Städten der Mark" sein Schloß Golzow, „wie es seine Eltern und Vorfahren von den Markgrafen gehabt hatten", zurück, unter der Bedingung, daß es dem Markgrafen immer ein offen Schloß sein und mit sammt der Mannschaft, seinen Zubehörungen und Gütern, wie früher von ihm zu Lehen gehen solle, mußte aber dagegen Potsdam abtreten und außerdem 600 böhmische Groschen zahlen. 1417 ging er bereits mit seinem neuen Landesherrn nach Konstanz und als dieser daselbst den 18. April vom Kaiser feierlich mit der Mark beliehen wurde, ritt Wichard neben dem Kurfürsten, das Banner von Brandenburg tragend. Sein Enkel Hans VIII. bekleidete, nachdem die Ritterwürde während mehrerer Generationen nicht in der Familie gewesen war, dieselbe wieder und wird daher in den Stammbäumen der Gutsarchive, zur Unterscheidung von den vielen anderen, welche denselben Vornamen geführt haben, gewöhnlich Hans der Ritter genannt. 1487 sandte ihn der Kurfürst Johann Cicero mit dem Grafen Johann v. Lindow und Peter Burgsdorf nach Hamburg, um daselbst wegen seines Schwagers, des Herzogs Johann von Sachsen, zu unterhandeln. In dem darauf folgenden Jahre begleitete n den Kurfürsten nach der Altmark, wo mehrere Städte sich wegen der Einführung einer neuen Steuer empört hatten, und war gegenwärtig, als Seehausen und Gardelegen nach ihrer Unterwerfung begnadigt wurden. Aber dies waren nicht die einzigen Üeberreste mittelalterlicher Zustände in dortiger Gegend. Die Straßen waren immer noch sehr unsicher und wurden deshalb von den Kaufleuten, welche sonst von Lüneburg und Hamburg über Salzwedel gezogen waren, gemieden. Um diesen Verkehr zu erneuern, brachte der Kurfürst das Schloß Salzwedel wieder an sich und setzte 1490 „seinen lieben und getreuen Rath", den Ritter Hans, als Amtmann darauf zum Schutz und zur Vertheidigung der Gegend. Als im Jahre 1494 ein blutiger Kampf zwischen den Herzogen von Braunschweig und ihrer Stadt Braunschweig ausgebrochen mar, übernahmen der Kurfürst von Brandenburg und der Erzbischof von Magdeburg die Vermittelung. Brandenburgischer Seite wurden dazu der Bischof und ein Geistlicher von Lebus, Hans v. R. und der Dr. Stauffmehl abgesandt, welche gemeinschaftlich mit den magdeburgischen Räthen den Frieden zu Stande brachten. Hans v. R. und seine Gemahlin, Anna v. Holleben, sind die Stammeltern der vier Haupilinien des Geschlechts und haben fünf Söhne gehabt, von denen Dietrich II. (geb. 1513, + 1551) die Reckahnsche, Jacob I. (geb. 1520, + 1564) die Golzowsche, Joachim I. (geb. 1522. + 1573) die Golwitzsche und Hans VIII. (geb. 1529, + 1569) die Plessow'sche Linie stiftete. Unter den Gliedern der Reckahn schen Linie hat sich besonders Friedrich Eberhard (geb. zu Berlin den 11. Oktober 1734, + zu Reckahn den 16. Mai 1805) ausgezeichnet. Er besuchte die Ritterakademie in Brandenburg, trat früh schon in Kriegsdienste, kämpfte im siebenjährigen Kriege und, durch Wunden zum Kriegsdienste untauglich geworden, begab er sich nach Reckahn und lebte fortan den Wissenschaften und der Verbesserung des Schulunterrichts namentlich des Landvolks, welches in der tiefsten Unwissenheit und im Aberglauben erzogen und erhalten worden war. In dem stillen Dorfe Reckahn blühten bald Musterschulen, deren Ruf weithin sich verbreitete; zu ihnen sandte das In- und Ausland seine hoffnungsvollen Jünglinge, um den in einer Menschenliebe thätigen und aufgeklärten Menschenfreund zum Segen des armen Landvolkes wirken zu sehen und von ihm zu lernen. Reckahn und die umliegenden Güter waren seit 1773 Muster- und Pflanzschulen einer reichen, Segen bringenden neuen Unterrichtsmethode, die, wo sie bekannt wurde, schnelle Aufnahme fand. Bei seinen vielen Arbeiten hatte R. an seinem trefflichen Sekretär Burns einen treuen, rastlosen Gehilfen, und denen, welche der eigenen Anschauung entbehren mußten, war Reimann's „Beschreibung der Reckahn'schen Schulen" (1798) ein willkommener und treuer Rathgeber. Zum Erlernen des Lesens und zugleich als Belehrung über allerlei nützliche Dinge schrieb er seinen „Kinderfreund" (Berlin 1776—80, neu bearbeitet von Schlez, Leipzig 1836) in zwei Theilen und schlug vor, daß derselbe unter obrigkeitlicher Autorität erscheinen und allgemein in den Landschulen eingeführt werden möge; dies Buch fand aber bei den Behörden eine verschiedenartige Beurtheilung und man verlangte daran mehrfache Veränderungen; dazu wollte er sich nicht verstehen und gab es selbst heraus, wodurch es eine sehr große Verbreitung erhielt. Es ist in vier Ausgaben in mehr als 100.000 Exemplaren erschienen, acht- bis zehnmal nachgedruckt und in's Französische, Dänische und Polnische übersetzt worden. Als sonstige Hülfsmittel hatte er schon 1772 „Versuch eines Schulbuchs für Kinder der Landleute" (Berlin, 4. Aufl. 1814) erscheinen lassen und gab dann noch folgende Schriften heraus: „Handbuch der katechetischen Form für Lehrer, die aufklären wollen und dürfen" (Halle 1783, 5. Aufl. 1818), gegen die Meinung gerichtet, daß Aufklärung für die niederen Stände nicht tauglich sei, „Catechismus der gesunden Vernunft, oder Versuch in faßlichen Erklärungen wichtiger Wörter nach ihren gemeinnützigen Bedeutungen“ (Berlin 1786, 3. Ausg. 1806), worin der Verfasser von dem Grundsätze ausgeht, daß alle unklaren Begriffe und Vorstellungen berichtigt werden müßten, um dadurch die Menschen weiser, tugendhafter und praktischer zu machen, „Stoff zum Denken über wichtige Angelegenheiten des Menschen" (1775), eine strenge Kritik der damaligen Zustände und Sitten mit Ermahnungen, daß Fürsten und höhere Stände zur Verbesserung derselben wirksam sein sollten, besonders durch vervollkommnete Erziehung, ein Büchlein, welches nicht ohne Verstand und geistigen Schwung geschrieben ist, und „Berichtigungen, erster Versuch 1792, zweiter Versuch 1793" vornehmlich auf dem religiösen Gebiete sich bewegend, unverkennbar von der damaligen rationalistischen Richtung beherrscht und von der Lust der französischen Revolution angeweht, wobei sich jedoch der Edelmann und Christ noch merkwürdig genug über Wasser hält. Außerdem hat er noch herausgegeben: „Versuch über Armenanstalten und Abschaffung der Bettelei", „Ueber das Kreditwesen", „Versuch über die Regierungskunst", „Ueber den Naitonalcharakter der Volksschulen", „Versuch eines Entwurfs zu einem deutschen Gesetzbuch nach christlichen Grundsätzen zum Behuf einer besseren Rechtspflege" und „Geschichte meiner Schulen". Diese Schriften mußten ihm nothwendig viele Gegner erwecken, und auch den guten Erfolg der Schulen, die von Neugierigen so häufig besucht wurden, daß dies oft störend auf den Unterricht wirkte, wollte man nicht allgemein zugestehen. In der genannten Beschreibung der Reckahn'schen Schulen von Reimann wird gesagt: der Prediger Rudolf, welcher bei der Einrichtung derselben mitgewirkt hatte, habe sich nach deren fünfundzwanzigjährigem Bestehen darüber in folgender Art geäußert: „Die Leute seien bedeutsamer geworden, man könne sich mit ihnen besser unterhalten, und sie seien weniger schüchtern als sonst. In sittlicher Hinsicht spüre man mehr, als auf andern Dörfern der Fall sein möge, äußere Zucht und Enthaltsamkeit von wilden, zügellosen Ausschweifungen, hervorstechende Sittlichkeit sei aber noch nicht allgemein herrschend. Einzelne vorzüglich gute Handlungen, z. B. Diensttreue und Aceuratesse in Abwartung der Berufspflichten, kämen wohl vor, zumal von Soldaten." Mit wenigen Worten, mehr äußere als innere Bildung. Die neuen Schuleinrichtungen hatten also nicht die erwarteten Flüchte getragen und wirkten, wie angedeutet wird, weniger als die damalige sonst eben nicht belobte militärische Dressur. Unzweifelhaft aber ist es, daß den größten Erfolg die Rochow'schen Reformen eben dadurch gehabt haben, daß sie in den preußischen Landen den ersten Anstoß gaben, die Schulen, welche in dem traurigsten Zustande waren, zu verbessern. Auch nach anderer Hinsicht war Friedrich Eberhard v. R. thätig und spendete überall seine Wohl« thaten. Er war Domherr zu Halberstadt und Ritterschaftsdirector der Mittelmark, deren Kreditwesen er errichten half. Er starb ohne Kinder und mit ihm erlosch die älteste Linie der Familie. Seine Lehngüter Reckahn, Krahne, Göttin, Mesdunk und Rotscherlinde fielen an seine nächsten Lehnsvettern. Aus der Golzowschen Familie nennen wir hier zuerst Wolf Dietrich I. (geb. den 13. Mai 1577, + zu Berlin den 28. März 1653). Nachdem er in Wittenberg studirt hatte, mit dem Prinzen von Brandenburg, aus Kurfürst Johann Georg dritter Ehe, nach Frankfurt und Straßburg gereist war und seine Bildung in Genf und am französischen Hofe vollendet hatte, war er auf dem Landtage zu Berlin Commissarius des Kurfürsten Joachim Friedrich, wurde Kammerjunker, Rath und unter Johann Sigismund 1614 Präsident des Kirchenraths. In mehreren besonderen Aufträgen: auf dem Fürstentage zu Breslau wegen des Herzogthums Jägerndorf, auf einem Collegiattage zu Regensburg, und als Gesandter bei den Generalstaaten verfocht er seines Landesherrn Rechte, zog sich aber unter Georg Wilhelm wegen der Ministerialdespotie des Grafen Schwarzenberg von den öffentlichen Geschäften zurück, bis ihn der große Kurfürst mit allen Zeichen der Gunst wieder auf seinen Posten rief, so daß er vier Regenten hinter einander gedient hat. Sein Vetter Moritz August (geb. den 28. Juni 1609, + zu Schloß Königsberg oder Kinsburg den 25. August 1653) war erst in kurbrandenburgischen und darauf in österreichischen Diensten, [1] und sein vierter Sohn, Hans Zacharias (geb. zu Grüneiche den 23. Oktober 1603, + zu Heidelberg den 7. November 1654) studirte in Frankfurt a. d. O., ging zuerst in niederländische, dann in schwedische Dienste, wo er dem Feldzuge in Polen rühmlich beiwohnte, verließ dieselben aber, als Gustav Adolf gegen die Mark zog, wurde Geheimer Rath des Herzogs Albrecht von Mecklenburg-Strelitz und zuletzt Kanzler und Premierminister des Kurfürsten Ludwig von der Pfalz. Er hinterließ sieben Söhne, von denen Samuel Friedrich geb. zu Hamburg den 15. Februar 1641, + zu Erbesbiedesheim den 22. Februar 1728) in Heidelberg studirte, dann im dänischen Heere stand, später kurpfälzischer Hof- und Gerichtsrath wurde, sich bei dem französischen Einfall in die Pfalz hervorthat, darauf hessen - kasselscher Ober - Consistorialrath, später Regierungspräsident und endlich Staatsminister wurde. Im 63. Lebensjahre zog er sich aus dem Staatsdienste auf das von ihm erworbene Gut Erbesbiedesheim zurück. Wegen desselben gehörte er zur unmittelbaren reichssreien Ritterschaft und nahm den Titel Freiherr, den seine Nachkommen, die freiherrliche Linie in Sachsen, noch bis jetzt fortführen, an. Ferner sind aus der Golzowschen Linie hier noch fünf Glieder anzuführen, von denen Friedrich Wilhelm IV. (geb. den 11. August 1689, + zu Golzow den 22. December 1757) zuerst in savoyenschen, seit 1725 aber in preußischen Diensten war und sich hier in den beiden schlesischen Kriegen, so wie im siebenjährigen Kriege auszeichnete. Als Friedrich der Große zu Anfang des zweiten schlesischen Krieges seine Kräfte auf einen Punkt vereinigte und Oberschlesien deshalb verlassen wurde, mußten die großen Magazine von Troppau und Jägerndorf nach Neiße transportirt werden, und der General v. R. erhielt den Auftrag, diesen Convoi mit 1266 Pferden und einem Bataillon Grenadiere zu decken. 4666 Ungarn, zur Hälfte Husaren, zur Hälfte Panduren, griffen ihn an, wurden aber zurückgeschlagen. Friedrich II. sagt hierüber in seiner Histoire de mon temps: „Die Cavallerie machte hier die erste Erfahrung ihrer neuen Beweglichkeit und erprobte deren Nützlichkeit." Aemilius Friedrich (geb. zu Kassel, den 9. December 1692, + zu Wien den 1. September 1759) und Friedrich Ludwig II. (geb. zu Kassel den 31. März 1761, + zu Pirna den 13. August 1766), Söhne des oben genannten Freiherrn Samuel Friedrich, thaten sich als Soldaten hervor, und zwar in sächsischen Diensten. Letzterer begleitete im spanischen Erbfolgekriege den Prinzen Maximilian von Hessen als dessen Brigade-Adjutant nach Sicilien, wo er bei der Belagerung von Castina schwer verwundet wurde. Zwei andere Brüder aus dieser Linie, Gustav Adolf Rochus (geb. zu Nennhausen den 1. October 1792, + den 11. September 1847) und Theodor Heinrich Rochus (geb. zu Nennhausen den 21. April 1794, + zu Petersburg den 19. April 1854), zeichneten sich im Civildienste aus, nachdem sie an dem Befreiungskriege Deutschlands vom Napoleonischen Joche den rühmlichsten Antheil genommen hatten. Beide erhielten ihre erste Erziehung im Hause ihres Großvaters, unter den Augen ihrer geistreichen Mutter und deren zweiten Gemahls, des Dichters Friedrich v. Fouque, welche Nennhausen zum Schauplatz eines lebendigen literarischen Verkehrs machten. Die weitere wissenschaftliche Bildung fand Gustav Adolph Rochus auf dem Gymnasium zum grauen Kloster zu Berlin, auf der Universität von Heidelberg und später auf der von Göttingen, wo er sich unter Zacharts, Hugo und anderen berühmten Lehrern der historischen Rechtsschule zuwandte. Diese Studien wurden durch den Befreiungskrieg gegen Frankreich unterbrochen. Als Freiwilliger in die Jäger - Escadron des brandenburgischen Kürassierregiments eingetreten, wohnte er mehreren Schlachten bei, wurde zum Offizier befördert, erhielt bei Leipzig das eiserne Kreuz, machte den Feldzug in Frankreich mit und verließ nach dem Frieden den Militärdienst, um die Verwaltung der ererbten Güter zu übernehmen, der er aber bald zu Gunsten einer umfassenderen Thätigkeit entzogen wurde. Diese begann damit, daß man ihn mit andern bedeutenden Männern zur Berathung über die Wiederherstellung und Erweiterung der Provinzialverfassungen berief. Als der Kronprinz sich vermählte, wurde er bei dessen Gemahlin dienstthuender Kammerherr, zugleich aber Geh. Regierungsrath und Mitglied der Staatsschuldentilgungskommission. In einer andern Kommission, welche unter dem Vorsitze des Kronprinzen dazu bestimmt war, die Gutachten und Anträge der unterdessen zusammengetretenen Provinziallandtage zu prüfen, erhielt er den Vortrag. Darauf (1826) wurde er vortragender Rath für die ständischen Angelegenheiten im Ministerium des Innern, 1831 Chefpräsident der Regierung zu Merseburg und 1834 Staatsminister des Innern und der Polizei, an Stelle des in den Ruhestand versetzten Ministers v. Brenn. Während der Regierung Friedrich Wilhelm's III. verwaltete R. sein Amt zur völligen Zufriedenheit und im vollkommensten Einverständniß mit den Grundsätzen seines Herrn. Dies änderte sich bald nach dem Regierungsantritt seines königlichen Nachfolgers und kam zuerst zu Tage bei Erörterung der großen Principienfrage, welcher Antheil fortan den Regierten an der Regierung zugestanden werden sollte. Friedrich Wilhelm III. hatte nicht die Absicht, den Wünschen durch Verleihung einer sogenannten Constitution nachzugeben, und war mit seinem Minister des Innern der Meinung, daß es genüge, Institutionen zu schaffen, durch welche die Bedürfnisse des Landes aus allen Provinzen unmittelbar und ohne das Mittel der Beamten zur Kenntniß der Krone kämen, um sie dann, soweit es zum Besten desselben dienlich sei, wohlwollend zu erfüllen. Von seiner Soveränetät wollte er aber nichts aufgeben, von parlamentarischen Formen wollte er nichts wissen. Daraus entstand die Wiederbelebung der Provinzialstände, denen neben dem Petitionsrechte nur eine berathende Stimme beigelegt wurde. Auch Friedrich Wilhelm IV. wollte sich seiner Souveränetät nicht entäußern und glaubte dieselbe durch sinnreich combinirte Einrichtungen, welche die Stände aller Landestheile in zwei allgemeine Versammlungen mit verschieden ausgedehnten Rechten unter der Benennung des vereinigten Landtags und dessen Ausschusses verschmelzen sollte, zu bewahren. Zu einer solchen Schöpfung war R. kein geeignetes Werkzeug. Er sagte mit Bestimmtheit voraus, daß sie den gemachten Anforderungen nicht entsprechen und zur Folge haben würde, was durch die Märztage des Jahres 1848 eingetroffen ist. Von da ab wurde das Aufgeben seiner Stellung nothwendig. Der König stellte ihm die Wahl, ob er den Gesandtschaftspoften beim deutschen Bundestage oder die zweite Präfidentenstelle des Staatsraths annehmen wolle. Er wählte das letztere und starb im Bade Aachen, wo er Hilfe gegen körperliche Leiden gesucht hatte. In Gustav Adolf Rochus v. R. fand sich eine seltene Vereinigung schätzbarer Eigenschaften: im Felde war er ein tapferer Soldat, am Hofe ein liebenswürdiger Gesellschafter, im Staatsdienste ein talentvoller thätiger Beamter, auf dem Lande ein brandenburgischer Junker im besten Sinne des Wortes, seiner Familie und seinen Freunden treu und unverändert anhänglich. Seines Bruders Erziehung wurde in der Academie militaire zu Berlin vollendet, worauf er als Offizier in das Regiment der Gardes du Corps trat und als Adjudant desselben an den Befreiungskriegen Theil nahm. 1835 zum Oberstlieutenant befördert, wurde er zum Gesandten in der Schweiz und in Württemberg ernannt, in welcher Stellung er verblieb bis zum Mai 1845, wo er als Gesandter nach Petersburg ging. Ohne von diesem Hofe abberufen zu werden, vertrat er Preußen vom Mai bis zum Juni 1851 am Bundestage und kehrte hierauf wieder auf seinen Gesandtschaftsposten nach Petersburg zurück. Seine militärische Beförderung ging neben seiner diplomatischen her; er stieg 1843 zum Generalmajor und 1849 zum Generallieutenant. Seine durch das ungünstige Klima Petersburgs geschwächte und durch vielfache geistige Anstrengung untergrabene Gesundheit hielt nicht länger vor; er starb kurz vor erreichtem 60. Jahre. Seine diplomatische Sendung in Petersburg fiel in die Zeit, wo der Kaiser Nikolaus äußerst gereizt war durch die beabsichtigten Veränderungen in den ständischen Verhältnissen Preußens, weil er darin große Gefahren für sein eigenes Reich und die Auflösung der heiligen Allianz, welche bisher den äußeren und inneren Frieden der Staaten erhalten hatte, erblickte. Er hatte den Gesandtschaftsposten in Petersburg nicht gewünscht. Bei dem Antritt desselben schrieb er an seinen Bruder: „Ich glaube mich in keiner Beziehung für den Posten geeignet, fühle in mir nicht die Fähigkeiten dazu. Ich war allenfalls gut für die deutschen Verhältnisse, weiß aber nichts von der europäischen Politik — ich bin einmal kein großer Geist, noch große Seele." — Aber er beurtheilte sich selbst zu bescheiden. Niemand konnte geeigneter sein als er für die überaus schwierigen Verhältnisse, welche dort zu bewältigen waren, und schwerlich hätte ein Anderer daselbst eine bessere und seinem Vaterlande günstigere Stellung erlangen können als er. Die strenge Rechtlichkeit, welche den Grundton seines Charakters bildete, verbunden mit seinem Takt und liebenswürdigen Formen, gewann ihm leicht die Herzen und öffnete ihm dieselben zum großen Vortheil seines diplomatischen Verkehrs. Die dritte Hauptlinie, die Golwitzsche, erlosch 1714 mit Melchior Heinrich (geb. den 11. November 1658) und von der vierten, der Plessowschen, machen wir hier nur drei Glieder namhaft, nämlich Hans XIII. (geb. zu Caput 1550, + zu Kloster Zinna den 1. November 1622). Hans Friedrich II. (geb. zu Plessow den 11. October 1698, + zu Brandenburg den 29. November 1787) und Adolf Friedrich August (geb. zu Berlin 1788). Der Erstere brachte seine ritterlichen Lehrjahre als Page der Pfalzgrafen Ludwig und Philipp, des Kurfürsten Friedrich in Heidelberg und endlich des Pfalzgrafen Kasimir zu. Mit diesem zog er nach Prag und 1567 zur Belagerung von Gotha. Nachdem er kurze Zeit zu Hause gewesen war und vernahm, daß Pfalzgraf Philipp, unter Wolfgang von Zweibrücken, den Protestanten zu Hilfe nach Frankreich zöge, ging er und sein älterer Bruder mit in diesen Krieg. Am 3. Oktober 1569 fochten sie hier in der Schlacht von Montcontour unter dem Admiral Coligny, und als in derselben der Pfalzgraf blieb, setzten sie den Kampf unter dem Obersten Otto v. Plotho bis zum Religionsfrieden von St. Germain en Laye fort. Dann lebte Hans am Hofe des Kurfürsten Johann Georg von Brandenburg, als aber nach der Pariser Bluthochzeit die französischen Protestanten 1573 wieder zu den Waffen griffen, zog er noch einmal für sie ins Feld, zuerst unter dem Obersten Ernst v. Mandelsloh, später unter Heinrich v. Staupitz. Der zweite, Hans Friedrich II. v. R., trat 1714 in preußische Kriegsdienste, war beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges Generallieutenant und Gouverneur von Berlin, brachte die königliche Familie nach Spandau in Sicherheit, mußte den Oesterreichern Berlin übergeben und wurde bei dem zweiten Angriff auf Berlin 1766 von den Russen gefangen genommen. Der dritte der obengenannten Glieder der Plessowschen Linie, Adolf Friedrich August, nahm an dem Befreiungskriege den rühmlichsten Antheil, widmete sich darauf der Verwaltung seiner umfangreichen Besitzungen, die in Folge des Ablebens eines Vetters und des Erbvergleichs mit seinem Bruder durch die Stülpeschen Güter vermehrt wuden, ward Hofmarschall beim Prinzen Wilhelm von Preußen, Landtagsmarschall von Brandenburg und lebt seit dem Tode des Prinzen Wilhelm auf Stülpe. Er ist der Verfasser des bereits erwähnten vorzüglichen Familienbuchs der Rochowschen Familie.

  1. Adolf Friedrich August v. R. sagt in den „Nachrichten zur Geschichte des Geschlechts der von Rochow und ihrer Besitzungen" (Berlin 1861) in der Biographie dieses Gliedes seiner Familie sehr richtig: „Daß August Moritz sich zum Freiherrn machen ließ, bezeichnet die aufkommende Titelsucht der damaligen Zeit. Die Edelleute fingen an, den Unterschied zwischen Ur-Adel und Brief-Adel zu verkennen und scheuten sich nicht, ihre alte Abstammung durch neue Diplome herabzusetzen."


Quelle: Friedrich Wilhelm Hermann Wagener: Staats- und Gesellschafts-Lexikon: neues Conversations-Lexikon, in Verbindung mit deutschen Gelehrten und Staatsmännern. 17 Band. Verlag F. Heinicke, Berlin 1864