Gedenkblätter Friedrich Wölbling/036: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Jahre 1894 verlebte man einen besonders schönen Erholungsaufenthalt in Schreiberhau im Riesengebirge im Hause Sunem zusammen mit Pator Fricks aus Barmen. Er, der Vater und Senior, konnte dort noch so manches zu Fuß erreichen, und zählte man 17 Ausflüge, die er mitzumachen im Stande war. Auf der Heimreise nach Berlin wurde die neue Heimat von Mangers in Cunau aufgesucht. Die köstlichen Tage des Beisammenseins sind uns unvergeßlich geblieben. Gerade beim Wiederkommen aus der Sommerfrische begrüßte er den Trubel der Großstadt mit Freuden; so auch beim Spaziergang mit ihm zog er stets die belebten Straßen der einsamen Romantik vor. Desto auffallender erschien es allen, als er auf einmal vorschlug, Berlin zu verlassen, um an einem schönen stillen Ort "Lebensluft"atmen zu können. Es war die abnahmende Lebenskraft bei dem lieben Vater, welche die Berliner Luft so schwül und drückend, die Wege so weit und den Lärm so angeifend empfinden ließ. Trotz sorgfältiger Pflege kränkelte er den Winter hindurch anhaltend. Doch hoffte man im folgenden Sommer in Cunau auf eine Sterkung und Hebung des Allgemeinbefindens. Leider brachte der Aufenthalt dort kein Kräftigung und mit großer Sorge sahen wir den liebne Vater und Großvater leiden ohne helfen zu können. Denn zu den kleinen Begrechen kam jetzt ein quälendes wenn auch nicht lebensgefährliches  Leiden. Beim Anschied aus Cunau, welcher den Abreisenden sowohl als uns Zurückbleibenden schwer wurdem traten Allen die Tränen ins Auge. Zurückgekehrt nach Berlin war der Zusand doch noch so, daß Berthold und Hanning eine Erholungsreise in die Schweiz antreten konnten. Aber in den letzten Tagen des August wurde das Befinden weniger gut und die Nächte unruhig. Sterbegedanken bewegten ihn und die Seinen, und er fing an, das Ende mit Sehnsucht herbeizuwünschen. Der ferne Sohn kehrte aus der Schweiz zurück, auch die anderen Kinder kamen, so oft es anging. Er erfreute sich auch an den seelsorgerischen Besuchen der Pastoren von Moabit; aber die Sehnsucht heimzugehen wurde größer und größer. Bewußt wurde von Allem, was ihm sonst im Leben lieb war, Anschied genommen: so von der Kreuzzeitung, den geliebten Büchern und

Aktuelle Version vom 5. April 2010, 18:55 Uhr

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Gedenkblätter Friedrich Wölbling
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Im Jahre 1894 verlebte man einen besonders schönen Erholungsaufenthalt in Schreiberhau im Riesengebirge im Hause Sunem zusammen mit Pator Fricks aus Barmen. Er, der Vater und Senior, konnte dort noch so manches zu Fuß erreichen, und zählte man 17 Ausflüge, die er mitzumachen im Stande war. Auf der Heimreise nach Berlin wurde die neue Heimat von Mangers in Cunau aufgesucht. Die köstlichen Tage des Beisammenseins sind uns unvergeßlich geblieben. Gerade beim Wiederkommen aus der Sommerfrische begrüßte er den Trubel der Großstadt mit Freuden; so auch beim Spaziergang mit ihm zog er stets die belebten Straßen der einsamen Romantik vor. Desto auffallender erschien es allen, als er auf einmal vorschlug, Berlin zu verlassen, um an einem schönen stillen Ort "Lebensluft"atmen zu können. Es war die abnahmende Lebenskraft bei dem lieben Vater, welche die Berliner Luft so schwül und drückend, die Wege so weit und den Lärm so angeifend empfinden ließ. Trotz sorgfältiger Pflege kränkelte er den Winter hindurch anhaltend. Doch hoffte man im folgenden Sommer in Cunau auf eine Sterkung und Hebung des Allgemeinbefindens. Leider brachte der Aufenthalt dort kein Kräftigung und mit großer Sorge sahen wir den liebne Vater und Großvater leiden ohne helfen zu können. Denn zu den kleinen Begrechen kam jetzt ein quälendes wenn auch nicht lebensgefährliches Leiden. Beim Anschied aus Cunau, welcher den Abreisenden sowohl als uns Zurückbleibenden schwer wurdem traten Allen die Tränen ins Auge. Zurückgekehrt nach Berlin war der Zusand doch noch so, daß Berthold und Hanning eine Erholungsreise in die Schweiz antreten konnten. Aber in den letzten Tagen des August wurde das Befinden weniger gut und die Nächte unruhig. Sterbegedanken bewegten ihn und die Seinen, und er fing an, das Ende mit Sehnsucht herbeizuwünschen. Der ferne Sohn kehrte aus der Schweiz zurück, auch die anderen Kinder kamen, so oft es anging. Er erfreute sich auch an den seelsorgerischen Besuchen der Pastoren von Moabit; aber die Sehnsucht heimzugehen wurde größer und größer. Bewußt wurde von Allem, was ihm sonst im Leben lieb war, Anschied genommen: so von der Kreuzzeitung, den geliebten Büchern und