Herforder Chronik (1910)/032: Unterschied zwischen den Versionen
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ihm jedoch die Ausführung der Herforder Gründung gänzlich überlassen hat. Beide Brüder haben dann durch Opferung ihres Vermögens für die Ausstattung ihrer Gründungen Sorge getragen. In diesem Wala erblickt Wilmans den von der Legende gefeierten Walderus, welchen Namen er aus dem althochdeutschen Wala erstanden erklärt. | |||
Wie es möglich gewesen, daß sich der ursprüngliche Name des Stifters so verändern und die Stiftungsvorgänge eine so legendenhafte Gestalt annehmen konnten, wie sie die Lebensbeschreibung Waltgers darbietet, erklärt sich zum Teil aus dem harten Geschick des jungen Stiftes. | |||
Hundert Jahre hatte es in fröhlichem Gedeihen sich fortentwickelt, als ein Sturmwetter es heimsuchte und das sorgsam Errichtete von Grund aus zerstörte. Es waren das die im ersten Viertel des zehnten Jahrhunderts wiederholten Einfälle jener wilden Horden, der Ungarn oder Hunnen, die überall in Deutschland fürchterlich hausten und, durch die Wohlhabenheit des Herforder Klosters angelockt, darüber herfielen, um es rein auszurauben, die Bewohner hinzumorden und keinen Stein auf dem andern zu lassen. Da war denn bei den Nachkommen die Erinnerung an frühere Zeiten dunkel geworden, die Urkunden, die von den ehemalige» Personen, Zuständen und Vorgängen sicheres Zeugnis hätten geben können, waren vernichtet, und damit war der Legendenbildung breitester Spielraum gegeben. Auf diese Weise veränderte sich im Munde des Volkes der Wala in den Walderus, und die Ereignisse wurden an ganz andere Personen geknüpft. Später hat der Wunsch der Klosterfrauen, ein mit den nötigen Wundererzählungen ausgestattetes Werk über den Stifter und die Stiftung zu besitzen, zu der Zusammenfassung der mündlichen Überlieferungen geführt, die in der von Wigand geschriebenen <tt>vita Waltgeri</tt> vorliegt. Nach Wilmans läge dieser mit Legenden ausgeschmückten Erzählung ein geschichtlicher Kern zugrunde, den wir oben mitgeteilt haben. Ein Widerspruch mit der „<tt>vita Waltgeri</tt>“ scheine ihm zwar darin zu liegen, daß Wala nach der <tt>vita Walae</tt> im Kloster Bobbio in Oberitalien beerdigt worden ist, Waltger dagegen in Herford; doch wäre es nach seiner Ansicht nicht unmöglich, daß, da im neunten Jahrhundert mehrere Verwandte Walas oder Waltgers in Herford Äbtissinnen gewesen, eine von ihnen seinen Körper aus Bobbio nach Herford habe überführen lassen, wie es damals mit den Leichnamen von Heiligen öfters und in Herford mit den Gebeinen der hl. Pusinna geschehen war, wovon wir weiter unten berichten werden. | |||
Die Herforder Abtei war dem Willen des kaiserlichen Schirmherrn zufolge nach dem Muster des Venediktinerinnenklosters zu Soifsons in der Champagne eingerichtet und somit das erste Frauenstift dieser Art auf sächsischem Boden. In ihm sollten, wie in zahlreichen ähnlichen Stiftern des Frankenlandes, die unter der Roheit ihrer Umgebung leidenden weiblichen Mitglieder der edlen Geschlechter eine Zufluchtstätte finden, wo sie ungestört ein gottgeweihtes Leben führen, aber auch in Wissenschaften und Handfertigkeiten Unterricht erhalten konnten. Das Herforder Stift stand unmittelbar unter dem Kaiser, nicht unter |
Version vom 18. März 2009, 20:22 Uhr
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ihm jedoch die Ausführung der Herforder Gründung gänzlich überlassen hat. Beide Brüder haben dann durch Opferung ihres Vermögens für die Ausstattung ihrer Gründungen Sorge getragen. In diesem Wala erblickt Wilmans den von der Legende gefeierten Walderus, welchen Namen er aus dem althochdeutschen Wala erstanden erklärt.
Wie es möglich gewesen, daß sich der ursprüngliche Name des Stifters so verändern und die Stiftungsvorgänge eine so legendenhafte Gestalt annehmen konnten, wie sie die Lebensbeschreibung Waltgers darbietet, erklärt sich zum Teil aus dem harten Geschick des jungen Stiftes.
Hundert Jahre hatte es in fröhlichem Gedeihen sich fortentwickelt, als ein Sturmwetter es heimsuchte und das sorgsam Errichtete von Grund aus zerstörte. Es waren das die im ersten Viertel des zehnten Jahrhunderts wiederholten Einfälle jener wilden Horden, der Ungarn oder Hunnen, die überall in Deutschland fürchterlich hausten und, durch die Wohlhabenheit des Herforder Klosters angelockt, darüber herfielen, um es rein auszurauben, die Bewohner hinzumorden und keinen Stein auf dem andern zu lassen. Da war denn bei den Nachkommen die Erinnerung an frühere Zeiten dunkel geworden, die Urkunden, die von den ehemalige» Personen, Zuständen und Vorgängen sicheres Zeugnis hätten geben können, waren vernichtet, und damit war der Legendenbildung breitester Spielraum gegeben. Auf diese Weise veränderte sich im Munde des Volkes der Wala in den Walderus, und die Ereignisse wurden an ganz andere Personen geknüpft. Später hat der Wunsch der Klosterfrauen, ein mit den nötigen Wundererzählungen ausgestattetes Werk über den Stifter und die Stiftung zu besitzen, zu der Zusammenfassung der mündlichen Überlieferungen geführt, die in der von Wigand geschriebenen vita Waltgeri vorliegt. Nach Wilmans läge dieser mit Legenden ausgeschmückten Erzählung ein geschichtlicher Kern zugrunde, den wir oben mitgeteilt haben. Ein Widerspruch mit der „vita Waltgeri“ scheine ihm zwar darin zu liegen, daß Wala nach der vita Walae im Kloster Bobbio in Oberitalien beerdigt worden ist, Waltger dagegen in Herford; doch wäre es nach seiner Ansicht nicht unmöglich, daß, da im neunten Jahrhundert mehrere Verwandte Walas oder Waltgers in Herford Äbtissinnen gewesen, eine von ihnen seinen Körper aus Bobbio nach Herford habe überführen lassen, wie es damals mit den Leichnamen von Heiligen öfters und in Herford mit den Gebeinen der hl. Pusinna geschehen war, wovon wir weiter unten berichten werden.
Die Herforder Abtei war dem Willen des kaiserlichen Schirmherrn zufolge nach dem Muster des Venediktinerinnenklosters zu Soifsons in der Champagne eingerichtet und somit das erste Frauenstift dieser Art auf sächsischem Boden. In ihm sollten, wie in zahlreichen ähnlichen Stiftern des Frankenlandes, die unter der Roheit ihrer Umgebung leidenden weiblichen Mitglieder der edlen Geschlechter eine Zufluchtstätte finden, wo sie ungestört ein gottgeweihtes Leben führen, aber auch in Wissenschaften und Handfertigkeiten Unterricht erhalten konnten. Das Herforder Stift stand unmittelbar unter dem Kaiser, nicht unter