Jena/Entwicklung 1889-1912-3: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 2. Oktober 2005, 13:51 Uhr

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Recht gut entwickelt hatten sich in Jena die Schulen. Als älteste reichte die Bürgerschule in ihren Anfängen bis in die Reformationszeit, ja sogar noch weiter zurück. Die Schülerzahl war natürlich gewachsen; man stand daher schon 1887 vor der schwerwiegenden Frage, ein neues Schulhaus bauen zu müssen, und zwar legte man dem Ministerium den Plan für ein Schulhaus vor, in dem man 26 Klassen hätte unterbringen können. Infolge allerlei Bedenken entschloß man sich aber 1889, das Haus kleiner zu bauen, so daß nur 18 Klassen Platz gefunden hätten, während man die alte Bürgerschule hinter der Kirche mit 8 Klassen beizubehalten sich entschloß. Für die höhere Ausbildung der Knaben sorgte das Pfeiffersche Institut, das 1832 von dem Schweizer Dr.Herzog hier errichtet worden und seit 1882 unter dem Direktor Dr.Pfeiffer mächtig emporgeblüht war. Daneben bestand die Stoysche Erziehungsanstalt seit 1880 und seit 1876 das Gymnasium, das bis 1889 151 Abiturienten entlassen hatte. Für die höhere Ausbildung der Mädchen bestanden die Schmidtsche und Schülersche Schulen, die in Fräulein Strohschein und Ludewig Leiterinnen gefunden hatten, die in ihrer Vorbildung den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. Die Stadt erwog ernstlich den Plan, durch Übernahme der einen oder beider Privatschulen eine städtische höhere Mädchenschule zu gründen, schon im Jahre 1888, kam aber zu keinem Entschluß. Im Jahre 1858 war eine städtische gewerbliche Fortbildungsschule ins Leben gerufen worden, die sich unter der Leitung von Flex und seit 1863 von Papst erfreulich entwickelt hatte.

Für die Belehrung und Unterhaltung der Bevölkerung hatte Karl Köbler auf seinem Engelgrundstück 1873 sein Sommertheater gebaut, in welchem „Martin Luther“ seine Uraufführung erlebte und alljährlich die akademischen Konzerte ein musikliebendes und verständiges Publikum den bedeutendsten Künstlern lauschen ließen. Nehmen wir dazu, daß Jena seit 1879 ein Oberlandesgericht beherbergte, daß es Sitz des Amtsgerichtes, Standort des Militärs war, so wird man verstehen, daß alljährlich ein beträchtlicher Fremdenzustrom die Stadt passierte. Im Jahre 1888 belief sich deren Zahl auf 22 143 Menschen, und daran hatten die Bahnen sicherlich das Hauptverdienst. An die Bahn von Nord – Süd waren waren ja auch schon die Unstrut- und die Halle – Bebra-Bahn, aber auch Schwarza – Blankenburg, Pößneck – Judewein, Pößneck – Oppurg und Probstzella – Eichicht und an die Ost – West-Bahn Gera – Glauchau, Gera – Eichicht und Weimar – Berka angeschlossen. Zwar besorgten seit 1866 die Trautmüllern und die alten Gießler noch immer regelmäßig ihre Botengänge, aber ihre Verdienstmöglichkeiten verminderten sich von Monat zu Monat. Beide Bahnen waren Privatunternehmen, das einzige Moment, das sich schädigend, namentlich auf die Höhe der Frachtsätze, auswirkte. Mit Apolda vermittelte die Botenfrau Charlotte Thiele seit 1857 einen regelmäigen Verkehr. Das Projekt, eine Bahn zwischen Apolda und Jena herzustellen, „ hat ein lebhaftes Interesse in unserer Stadt kaum zu erwecken vermocht“. Störend empfand man in Jena immerhin, daß es keinen Fernsprechverkehr gab. Vereinzelte Betriebe, Zeiß, Pohle, Fischer , Böhme und die Stadtverwaltung hatten sich interne Anlagen geschaffen; als aber z.B. die Stadtverwaltung ihre Anlage auch dem Publikum zur Verfügung stellte, legte die Erfurter Oberpostdirektion auf Grund des Art.48 der Reichsverfassung Einspruch ein, der dann freilich im Vergleichswege zurückgezogen wurde.

Um den Fremden Jena aber noch lockender zu gestalten, hatte der Baurat Karl Botz nicht geruht, ehe er nicht eine große Zahl von Verschönerungen der Umgegend unserer Stadt durchgeführt hatte: die Bewaldung des Tatzend war seine erste Tat, es erfolgte der Bau von Zugangswegen zum Forst und zum Tatzend, die Anlage des Weges durch den Münchenrodaer Grund zum Forste; die Bewaldung an der Nordseite der Kernberge, der Bau der Horizontale bis zur Diebeskrippe, die Wege am Jenzig, an den Sonnenbergen, zur Kunitzburg, und endlich die Bepflanzung und Wegeanlage im Mühltale. Mit einer Großzügigkeit und verständnisvollem Geschmack hat sich Botz, der seit 1846 als Chausseebauinspektor in Jena wohnte, dieser seiner Lieblingtätigkeit gewidmet, daß sein Tod 1890 allgemein auf das allerlebhafteste bedauert wurde.

An der Spitze dieser aufblühenden und mannigfach interessanten Stadt stand nach Eucken-Addenhausens Abgang der Bürgermeister Dr. Thieler, dessen Geschäfte im Behinderungsfalle der stellv. Bürgermeister Eduard Polz führte. Ein herzliches Einvernehmen herrschte mit dem Gemeinderate, dessen Vorsitzender,Oberlandesgerichtsrat Dr. Krieger, die Sitzungen mit Geschick und Würde zu leiten verstand. Der Gemeinderat hatte sich 1854 eine Geschäftsordnung gegeben, die 1862 erweitert worden war. Bei dem ruhigen Verlaufe der Sitzungen und dem ungestörten Geschäftsgange hatten sie sich als völlig ausreichend die Jahrzehnte hindurch erwiesen. Gewissenhafte und arbeitsfreudige Beamte standen dem Bürgermeister hilfreich zur Seite, namentlich der Stadtschreiber Robert Bergmann, der seit 1877 in städtischen Diensten stand und 1882 anstatt des Stadtschreibers Buschmann amtierte, welcher von 1851 an diesen Posten verwaltet hatte und 1910 starb.

1888 hatte man in Cosack einen recht fähigen Stadtbaudirektor angestellt, doch machte sich seitens der Jenaer Architekten schon bald eine gewisse Gegnerschaft bemerkbar, weil dem Stadtbaudirektor die Entwürfe und Ausführung von Bauten überlassen wurden, an denen bisher jene mitgearbeitet hatten. Nach der Gemeindeordnung von 1869, die sich in vielen Punkten als recht unpraktisch erwiesen hatte, und an deren Revision Regierung und Landtag arbeiteten, waren die Städte die Inhaber der Polizeigewalt. Demgemäß hatte man 1887 das Meldewesen in Jena umgestaltet, hatte im Anschluß an die beiden Hochwasser des Jahres 1888 mit Saalfeld und Saalburg einen Hochwassernachrichtendienst eingerichtet, hatte man den neuen Friedhof geschaffen, vor allem aber am 22.Juni 1881 den Stadtbauplan genehmigt und am 31.August 1887 die Kanalisation beschlossen. Beide Beschlüsse wirkten sich in der Folgezeit erst richtig aus und führten Streitigkeiten herbei, wie sie das vergangene Jahrzehnt nicht für möglich gehalten hätte. Der Stadtbauplan war von einem Ausschuß bearbeitet worden, der aus den Herrren Timler, Botz , Spittel, Uhlitzsch und Hartung bestand; er war 1873 von Regierungsbaumeister Wilckens durchgearbeitet und endlich am 12.September 1882 vom Staatsministerium genehmigt worden; dreizehn Jahre lang hatte man daran gearbeitet. Aber da hier ebenso wie bei der Kanalisation der Einzelne zugunsten der Allgemeinheit geschädigt wurde, verstehen sich von selbst die Abneigung und das Aufbegehren gegen den Stadtbauplan und Kanalisation von seiten weiter Kreise der Bürgerschaft.

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