Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/071: Unterschied zwischen den Versionen

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<center>'''IV.</center>
==IV.==


<center>'''Der Slavische Volksstamm, deffen Eigenthümlichkeit,<br></center>
===Der Slavische Volksstamm, dessen Eigenthümlichkeit,===
<center>'''Verfassung, Religion.'''</center>
===Verfassung, Religion.===


Von dem großen, weit durch den Osten Europas verbreiteten Volksstamme der Slaven reichte der äußerste Zweig, wie vorhin schon erwähnt, in unser Land hinein, die Völkerschaft der Wager-Wenden, zunächst den benachbarten Obotriten verwandt und von ihnen ohne Zweifel ausgegangen. Es ist nicht ohne Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß dies erst ums Jahr 804 geschehen fei, als Karl d. Gr. viele der Norbalbingischen Sachsen wegführte und ihr Land den Obotriten, mit deren König oder Fürsten Thracico er im Bündnisse stand, einräumte. Dafür scheint zu sprechen der Umstand, daß bei der alten Abgränzung des Verdenschen Bischofssprengels, die ins Jahr 786 gesetzt wird, die Bille und Trave als Gränzflüsse genannt werden, Nordalbingien mithin ausgeschieden ward ,<ref> ''Die Aechtheit dieser Stiftungsurkunde des Bisthums Verden ist freilich sehr bezweifelt: jedenfalls aber rührt gewiß die genaue Gränzbestimmung, welche in dieselbe aufgenommen ist, aus sehr alter Zeit, und es muß abermals daran erinnert werden, daß man bei den Abgränzungen der Bisthümer sich an die vorhandenen Landesgrenzen in der Regel anschloß. Vergl. Asmussens krit. Unters. im 1. Heft des Arch. f. St u. K. G. S. 154 ff. Abgedruckt ist die Urkunde unter andern in Schlöpkens Chronik von Bardewick S. 128 ff. Die hier in Betracht kommende Stelle lautet: — <tt>trans Albiam ubi Bilena mergitur in Albiam. Dehinc in ortum Bilene inde ubi Travena absorbetur a</tt><tt>mari, deinde quo perveniatur ubi Pene fluvius currit in mare barbarum. Inde in ortum ejusdem fluminis. Hinc in Eldam. Dehinc in Albiam.</tt> Dem Stift Verden war also auf dem rechten Elbufer ein sehr beträchtliches Stück des Slavenlandes zugelegt. Dessen südliche Grenze (Peene, Elde, Elbe) sehen wir noch in viel späterer Zeit als eine der inneren Hauptscheiden des Slavenlandes festgehalten, nicht nur indem an die Elde auch die Gränze des Havelberger Bisthums 946 gesetzt ward, sondern in dem, was nördlich von der Elde und Elbe belegen sogar 1214 vom Deutschen Reiche an Waldemar II. von Dänemark abgetreten wurde. Das Land zwischen der Ostsee, Peene (wo zum öfteren Demmin als Gränzpunkt genannt wird), Elde und Elbe erscheint fortwährend als das Gebiet der nördlichsten Slavenstämme, nämlich der Obotriten und der mit ihnen zunächst Verbündeten, und wenn wir nun nordwestlich Trave und Bille genannt finden, so möchte es doch als wahrscheinlich sich herausstellen, daß damit die damalige Gränze dieser Volksgenossenschaft nach dieser Seite hin habe bezeichnet werden sollen.''</ref>
Von dem großen, weit durch den Osten Europas verbreiteten Volksstamme der Slaven reichte der äußerste Zweig, wie vorhin schon erwähnt, in unser Land hinein, die Völkerschaft der Wager-Wenden, zunächst den benachbarten Obotriten verwandt und von ihnen ohne Zweifel ausgegangen. Es ist nicht ohne Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß dies erst ums Jahr 804 geschehen fei, als Karl d. Gr. viele der Norbalbingischen Sachsen wegführte und ihr Land den Obotriten, mit deren König oder Fürsten Thracico er im Bündnisse stand, einräumte. Dafür scheint zu sprechen der Umstand, daß bei der alten Abgränzung des Verdenschen Bischofssprengels, die ins Jahr 786 gesetzt wird, die Bille und Trave als Gränzflüsse genannt werden, Nordalbingien mithin ausgeschieden ward ,<ref> ''Die Aechtheit dieser Stiftungsurkunde des Bisthums Verden ist freilich sehr bezweifelt: jedenfalls aber rührt gewiß die genaue Gränzbestimmung, welche in dieselbe aufgenommen ist, aus sehr alter Zeit, und es muß abermals daran erinnert werden, daß man bei den Abgränzungen der Bisthümer sich an die vorhandenen Landesgrenzen in der Regel anschloß. Vergl. Asmussens krit. Unters. im 1. Heft des Arch. f. St u. K. G. S. 154 ff. Abgedruckt ist die Urkunde unter andern in Schlöpkens Chronik von Bardewick S. 128 ff. Die hier in Betracht kommende Stelle lautet: — <tt>trans Albiam ubi Bilena mergitur in Albiam. Dehinc in ortum Bilene inde ubi Travena absorbetur a</tt><tt>mari, deinde quo perveniatur ubi Pene fluvius currit in mare barbarum. Inde in ortum ejusdem fluminis. Hinc in Eldam. Dehinc in Albiam.</tt> Dem Stift Verden war also auf dem rechten Elbufer ein sehr beträchtliches Stück des Slavenlandes zugelegt. Dessen südliche Grenze (Peene, Elde, Elbe) sehen wir noch in viel späterer Zeit als eine der inneren Hauptscheiden des Slavenlandes festgehalten, nicht nur indem an die Elde auch die Gränze des Havelberger Bisthums 946 gesetzt ward, sondern in dem, was nördlich von der Elde und Elbe belegen sogar 1214 vom Deutschen Reiche an Waldemar II. von Dänemark abgetreten wurde. Das Land zwischen der Ostsee, Peene (wo zum öfteren Demmin als Gränzpunkt genannt wird), Elde und Elbe erscheint fortwährend als das Gebiet der nördlichsten Slavenstämme, nämlich der Obotriten und der mit ihnen zunächst Verbündeten, und wenn wir nun nordwestlich Trave und Bille genannt finden, so möchte es doch als wahrscheinlich sich herausstellen, daß damit die damalige Gränze dieser Volksgenossenschaft nach dieser Seite hin habe bezeichnet werden sollen.''</ref>

Version vom 31. März 2008, 12:45 Uhr

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IV.

Der Slavische Volksstamm, dessen Eigenthümlichkeit,

Verfassung, Religion.

Von dem großen, weit durch den Osten Europas verbreiteten Volksstamme der Slaven reichte der äußerste Zweig, wie vorhin schon erwähnt, in unser Land hinein, die Völkerschaft der Wager-Wenden, zunächst den benachbarten Obotriten verwandt und von ihnen ohne Zweifel ausgegangen. Es ist nicht ohne Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß dies erst ums Jahr 804 geschehen fei, als Karl d. Gr. viele der Norbalbingischen Sachsen wegführte und ihr Land den Obotriten, mit deren König oder Fürsten Thracico er im Bündnisse stand, einräumte. Dafür scheint zu sprechen der Umstand, daß bei der alten Abgränzung des Verdenschen Bischofssprengels, die ins Jahr 786 gesetzt wird, die Bille und Trave als Gränzflüsse genannt werden, Nordalbingien mithin ausgeschieden ward ,[1] ferner, daß im


  1. Die Aechtheit dieser Stiftungsurkunde des Bisthums Verden ist freilich sehr bezweifelt: jedenfalls aber rührt gewiß die genaue Gränzbestimmung, welche in dieselbe aufgenommen ist, aus sehr alter Zeit, und es muß abermals daran erinnert werden, daß man bei den Abgränzungen der Bisthümer sich an die vorhandenen Landesgrenzen in der Regel anschloß. Vergl. Asmussens krit. Unters. im 1. Heft des Arch. f. St u. K. G. S. 154 ff. Abgedruckt ist die Urkunde unter andern in Schlöpkens Chronik von Bardewick S. 128 ff. Die hier in Betracht kommende Stelle lautet: — trans Albiam ubi Bilena mergitur in Albiam. Dehinc in ortum Bilene inde ubi Travena absorbetur amari, deinde quo perveniatur ubi Pene fluvius currit in mare barbarum. Inde in ortum ejusdem fluminis. Hinc in Eldam. Dehinc in Albiam. Dem Stift Verden war also auf dem rechten Elbufer ein sehr beträchtliches Stück des Slavenlandes zugelegt. Dessen südliche Grenze (Peene, Elde, Elbe) sehen wir noch in viel späterer Zeit als eine der inneren Hauptscheiden des Slavenlandes festgehalten, nicht nur indem an die Elde auch die Gränze des Havelberger Bisthums 946 gesetzt ward, sondern in dem, was nördlich von der Elde und Elbe belegen sogar 1214 vom Deutschen Reiche an Waldemar II. von Dänemark abgetreten wurde. Das Land zwischen der Ostsee, Peene (wo zum öfteren Demmin als Gränzpunkt genannt wird), Elde und Elbe erscheint fortwährend als das Gebiet der nördlichsten Slavenstämme, nämlich der Obotriten und der mit ihnen zunächst Verbündeten, und wenn wir nun nordwestlich Trave und Bille genannt finden, so möchte es doch als wahrscheinlich sich herausstellen, daß damit die damalige Gränze dieser Volksgenossenschaft nach dieser Seite hin habe bezeichnet werden sollen.