Deutsche und französische Kultur im Elsass/010: Unterschied zwischen den Versionen
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eine politisch und sozial herrschende Klasse, ist das Grossbürgertum nur in lokal beschränkten Bezirken, vor allem in den Industriegegenden, in Mülhausen und im Gebirg, gewesen. In den übrigen Städten und auf dem platten Land sind die | eine politisch und sozial herrschende Klasse, ist das Grossbürgertum nur in lokal beschränkten Bezirken, vor allem in den Industriegegenden, in Mülhausen und im Gebirg, gewesen. In den übrigen Städten und auf dem platten Land sind die Notabeln weder zahlreich noch übermächtig genug, um eine solche Stellung einzunehmen. Sie sind primi inter pares, aber nicht die herrschende Klasse des Landes. So wenig wie in Frankreich hat im Elsass das Grossbürgertum dauernd die politische und soziale Führung der Nation behauptet. Die weitaus wichtigste Klasse ist der gewerbliche Mittelstand der Städte, das Kleinbürgertum, dem auf dem Lande der Mittel- und Kleinbauernstand entspricht. Es ist nicht leicht, diesen Mittelstand in Stadt und Land von den Notabeln abzugrenzen. Allerdings in den Industriegebieten scheidet sich der Fabrikant scharf von dem städtischen Handwerker oder Kleingewerbsmann oder dem Bauer, aber im grössten Teil des Landes sind so scharfe soziale Gegensätze nicht gegeben, der ländliche Grossgrundbesitzer ist eben meist nur ein halbstädtisch lebender Grossbauer, und der städtische Notable ist der grösste Gerber oder Brauer; er ist also nicht qualitativ, sondern nur quantitativ von seinem kleinbürgerlichen Berufsgenossen unterschieden. Wo nicht der Stand oder die höhere Bildung den Notabeln kennzeichnet, wie z. B. beim Arzt oder Notar, ist der Übergang von einer Klasse zur andern völlig unmerklich. Nach unten schliesst sich der städtische Gewerbestand deutlich durch die wirtschaftliche Selbständigkeit seiner Angehörigen, gegenüber dem Industriearbeiter und Gewerbsgehülfen ab, aber der selbständige Bauernstand ist wieder durch die Übergangsklassen der Kleinpächter (Melker) und Zwergbauern im Gebirg mit den Land- und Industriearbeitern verknüpft. Charakteristisch für diesen gewerblichen Mittelstand ist nun zunächst seine relative Wohlhabenheit. Allerdings leidet das eigentliche Handwerk im Elsass nicht minder als in Altdeutschland unter dem Druck der grossindustriellen Konkurrenz. Aber immerhin haben es eine Reihe von Handwerkern, besonders in der Schlosserei und Schreinerei, verstanden, blühende mittlere Betriebe zu schaffen und zu erhalten. Hinzu kommen | ||
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Stellung einnehmen, und ihrer geringen Zahl wegen keine besondere Rolle spielen. Wie man sieht, ist die Mehrzahl der Notabeln, nämlich ein Teil der Fabrikanten, die Notare und die grösseren Grundbesitzer, auf dem platten Land ansässig, von den Städten besitzt nur Mülhausen einen zahlreichen und bedeutsamen Notabelnstand. Die soziale und politische Bedeutung dieser Notabeln darf nicht unterschätzt, aber auch nicht überschätzt werden. Allerdings haben sie zu Zeiten sich grosser Rücksichtnahme seitens der Regierung, sowohl der französischen wie der deutschen, zu erfreuen gehabt. Aber eine Aristokratie, d. h.
eine politisch und sozial herrschende Klasse, ist das Grossbürgertum nur in lokal beschränkten Bezirken, vor allem in den Industriegegenden, in Mülhausen und im Gebirg, gewesen. In den übrigen Städten und auf dem platten Land sind die Notabeln weder zahlreich noch übermächtig genug, um eine solche Stellung einzunehmen. Sie sind primi inter pares, aber nicht die herrschende Klasse des Landes. So wenig wie in Frankreich hat im Elsass das Grossbürgertum dauernd die politische und soziale Führung der Nation behauptet. Die weitaus wichtigste Klasse ist der gewerbliche Mittelstand der Städte, das Kleinbürgertum, dem auf dem Lande der Mittel- und Kleinbauernstand entspricht. Es ist nicht leicht, diesen Mittelstand in Stadt und Land von den Notabeln abzugrenzen. Allerdings in den Industriegebieten scheidet sich der Fabrikant scharf von dem städtischen Handwerker oder Kleingewerbsmann oder dem Bauer, aber im grössten Teil des Landes sind so scharfe soziale Gegensätze nicht gegeben, der ländliche Grossgrundbesitzer ist eben meist nur ein halbstädtisch lebender Grossbauer, und der städtische Notable ist der grösste Gerber oder Brauer; er ist also nicht qualitativ, sondern nur quantitativ von seinem kleinbürgerlichen Berufsgenossen unterschieden. Wo nicht der Stand oder die höhere Bildung den Notabeln kennzeichnet, wie z. B. beim Arzt oder Notar, ist der Übergang von einer Klasse zur andern völlig unmerklich. Nach unten schliesst sich der städtische Gewerbestand deutlich durch die wirtschaftliche Selbständigkeit seiner Angehörigen, gegenüber dem Industriearbeiter und Gewerbsgehülfen ab, aber der selbständige Bauernstand ist wieder durch die Übergangsklassen der Kleinpächter (Melker) und Zwergbauern im Gebirg mit den Land- und Industriearbeitern verknüpft. Charakteristisch für diesen gewerblichen Mittelstand ist nun zunächst seine relative Wohlhabenheit. Allerdings leidet das eigentliche Handwerk im Elsass nicht minder als in Altdeutschland unter dem Druck der grossindustriellen Konkurrenz. Aber immerhin haben es eine Reihe von Handwerkern, besonders in der Schlosserei und Schreinerei, verstanden, blühende mittlere Betriebe zu schaffen und zu erhalten. Hinzu kommen
- Bildunterschrift:
- TH. SCHULER: MÄDCHEN AUS HUNSPACH.