Handbuch der praktischen Genealogie/341: Unterschied zwischen den Versionen

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(automatisch angelegt)
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
{{Handbuch der praktischen Genealogie|340|377|342|unvollständig}}
{{Handbuch der praktischen Genealogie|340|377|342|unkorrigiert}}
__NOEDITSECTION__
__NOTOC__
Die ältesten erhaltenen fränkischen Gesetze stammen aus der Zeit der merowingischen Dynastie. Es ist darin den Königen und ihrem Geschlecht — und zwar ist offenbar ausschließlich an den Mannesstamm gedacht — eine exzeptionelle Stellung eingeräumt. Durch äußerliche Kennzeichen schon sind die Königssöhne vom übrigen Volk unterschieden. Man wird gut tun, diese gesetzlichen Merkmale nicht für zu ursprünglich zu halten. Ebenso wie die Überlieferung vom göttlichen Ursprung der germanischen Dynastien ist die rechtlich fest umrissene Sonderlage des Königshauses ein Produkt der tyrannischen Herrschaft, die das merowingische Geschlecht usurpiert hatte. Das lehren uns rechtsvergleichende Untersuchungen; jede Usurpation eines Thrones stützt sich, wenn irgend möglich, auf besonders vornehme Abstammungskonstruktionen oder wird von gleichzeitigen oder späteren Schriftstellern durch solche Konstruktionen unterstützt, aus denen sich in primitiven Epochen leicht eine Tradition nachträglich entwickelt Die altgermanische Anschauung vom Adel der Abkömmlinge ausgezeichneter Männer ist trotzdem nicht ganz ausgestorben. Wir finden Spuren davon wieder in der deutschen Kaiserzeit; in anderen germanischen Staaten sogar noch später. In gewisser Weise, kann man sagen, blüht sie noch heute fort in Island und einigen Gegenden Norwegens, wo bis auf unsere Tage Bauernfamilien, allein auf die Kenntnis weit zurückreichender genealogischer Blutszusammenhänge gestützt, sich als Adel fühlen, untereinander verbinden und gegen andere Familien streng abschließen.
 
Es scheint und liegt ja auch nahe anzunehmen, daß Chlodwig mit den etwa außer ihm selbst bei den Franken vorhandenen Abkömmlingen edler Genealogien gründlich aufräumte; jedenfalls bekamen solche Aristokraten in seinem Reich (in den übrigen Germanenreichen ging es ähnlich her) keine privilegierte Stellung vor dem neuen Adel, den er schuf:<ref>Wenn man immer noch hie und da liest, daß es in karolingischer Zeit oder gar noch später in Deutschland Nachkommen des germanischen „Volksadels" gegeben (vorzüglich für die Sachsen wird das gern behauptet), so ist das einfach aus der Luft gegriffen. Genealogisch ist der Nachweis eines derartigen Zusammenhangs auch nur für ein einziges Geschlecht ganz ausgeschlossen. Institutionell ist die Verbindung erst recht undenkbar.</ref> einen Beamten- und gleichzeitig Militäradel, den er erblich mit überaus stattlichem Grundbesitz dotierte. Schon für das 6. und 7. Jahrhundert können wir vereinzelt bei Franken, Angelsachsen und Langobarden einige solche Magnatenfamilien durch Generationen verfolgen und dabei feststellen, daß sie einen sehr deutlich über die Masse der Volksgenossen hervorragenden Stand bildeten, wenn auch ihre Sonderstellung rechtlich noch nicht fest umrissen erscheint; denn die Nachrichten von einem besonderen Wergeld des Adels sind sehr mit Vorsicht auszulegen. In der Form, wie die Überlieferung sie uns zeigt, sind sie sicher nicht wörtlich zu nehmen. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, daß die Bestimmungen etwa des salischen oder bayrischen Gesetzbuchs über Wergeldstufen im frühen Mittelalter unter den damaligen Kulturzuständen praktisch hätten durchgeführt werden  können.    Tatsächlich
 
----
<references />

Version vom 6. August 2007, 17:02 Uhr

GenWiki - Digitale Bibliothek
Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
<<<Vorherige Seite
[340]
Nächste Seite>>>
[342]
Datei:Handbuch der praktischen Genealogie.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: unkorrigiert
Dieser Text wurde noch nicht korrekturgelesen und kann somit Fehler enthalten.



Die ältesten erhaltenen fränkischen Gesetze stammen aus der Zeit der merowingischen Dynastie. Es ist darin den Königen und ihrem Geschlecht — und zwar ist offenbar ausschließlich an den Mannesstamm gedacht — eine exzeptionelle Stellung eingeräumt. Durch äußerliche Kennzeichen schon sind die Königssöhne vom übrigen Volk unterschieden. Man wird gut tun, diese gesetzlichen Merkmale nicht für zu ursprünglich zu halten. Ebenso wie die Überlieferung vom göttlichen Ursprung der germanischen Dynastien ist die rechtlich fest umrissene Sonderlage des Königshauses ein Produkt der tyrannischen Herrschaft, die das merowingische Geschlecht usurpiert hatte. Das lehren uns rechtsvergleichende Untersuchungen; jede Usurpation eines Thrones stützt sich, wenn irgend möglich, auf besonders vornehme Abstammungskonstruktionen oder wird von gleichzeitigen oder späteren Schriftstellern durch solche Konstruktionen unterstützt, aus denen sich in primitiven Epochen leicht eine Tradition nachträglich entwickelt Die altgermanische Anschauung vom Adel der Abkömmlinge ausgezeichneter Männer ist trotzdem nicht ganz ausgestorben. Wir finden Spuren davon wieder in der deutschen Kaiserzeit; in anderen germanischen Staaten sogar noch später. In gewisser Weise, kann man sagen, blüht sie noch heute fort in Island und einigen Gegenden Norwegens, wo bis auf unsere Tage Bauernfamilien, allein auf die Kenntnis weit zurückreichender genealogischer Blutszusammenhänge gestützt, sich als Adel fühlen, untereinander verbinden und gegen andere Familien streng abschließen.

Es scheint und liegt ja auch nahe anzunehmen, daß Chlodwig mit den etwa außer ihm selbst bei den Franken vorhandenen Abkömmlingen edler Genealogien gründlich aufräumte; jedenfalls bekamen solche Aristokraten in seinem Reich (in den übrigen Germanenreichen ging es ähnlich her) keine privilegierte Stellung vor dem neuen Adel, den er schuf:[1] einen Beamten- und gleichzeitig Militäradel, den er erblich mit überaus stattlichem Grundbesitz dotierte. Schon für das 6. und 7. Jahrhundert können wir vereinzelt bei Franken, Angelsachsen und Langobarden einige solche Magnatenfamilien durch Generationen verfolgen und dabei feststellen, daß sie einen sehr deutlich über die Masse der Volksgenossen hervorragenden Stand bildeten, wenn auch ihre Sonderstellung rechtlich noch nicht fest umrissen erscheint; denn die Nachrichten von einem besonderen Wergeld des Adels sind sehr mit Vorsicht auszulegen. In der Form, wie die Überlieferung sie uns zeigt, sind sie sicher nicht wörtlich zu nehmen. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, daß die Bestimmungen etwa des salischen oder bayrischen Gesetzbuchs über Wergeldstufen im frühen Mittelalter unter den damaligen Kulturzuständen praktisch hätten durchgeführt werden können. Tatsächlich


  1. Wenn man immer noch hie und da liest, daß es in karolingischer Zeit oder gar noch später in Deutschland Nachkommen des germanischen „Volksadels" gegeben (vorzüglich für die Sachsen wird das gern behauptet), so ist das einfach aus der Luft gegriffen. Genealogisch ist der Nachweis eines derartigen Zusammenhangs auch nur für ein einziges Geschlecht ganz ausgeschlossen. Institutionell ist die Verbindung erst recht undenkbar.