Schichau-Werft (Elbing): Unterschied zwischen den Versionen

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=== Königsberger Hartungsche Zeitung ===
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  | 07.10.1912
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  | Zu Gast bei F. Schichau
| style="vertical-align:top" | Zu Gast bei F. Schichau
  | Ich komme am Vorabend des Jubiläumstages in Elbing an und finde die Stadt ruhiger und alltäglicher als ich gedacht. Der Zug, mit dem ich gekommen bin, bringt zwar noch einige andere Herren mit der Zylinderhutschachtel, aber sie nehmen gleich mir die vor dem Bahnhof wartenden Droschken und bald biegt der eine Wagen hier, der andere da ab, und die Straßen sehen wieder aus, wie sie wohl an allen Werktagen des Jahres aussehen. Vielleicht ist der „Bummel“ der jungen Leute und der kleinen Elbinger Damen auf den beiden sich kreuzenden Hauptstraßen etwas reger als sonst; aber wer’s nicht weiß, daß sich in einer Stunde ein Fackelzug, den die Arbeiter ihrem Chef, dem Geheimrat Ziese, bringen, in Bewegung setzen soll, der wird aus diesem geringfügigen Anwachsen des Verkehrs nicht erraten, daß heute in Elbing etwas „los“ ist. Zu dem Fremden in der Stadt sprechen die Zeugen der Vergangenheit, zunächst stärker als die Verkünder der Gegenwart. Die Baudenkmäler aus früheren Jahrhunderten reden in den Straßen der Stadt, die doch den Eindruck machen, als siedle sich moderne „Schaufenster-Kultur“ eben erst zaghaft in ihnen an, eine vernehmliche Sprache. Niederländische Renaissancegiebel erzählen von einer Hochblüte des Handels, von ganz anderer Art und Betätigungsweise, als der, der die Stadt heute untertan ist und gotische Kirchenschiffe und Türme heben ich über die Dächer, der niedrig zusammengeduckten Häuser. Der alte Markt hat noch ganz die Anlage der mittelalterlichen Stadt bewahrt und der wehrhafte Marktturm, auf dem heute vier Fahnen im Winde flattern, trägt die Erinnerung in eine Zeit zurück, die Hellebarde und Hasenbüchse, aber nicht die Lokomotiven und Torpedos kannte. Man vergißt fast, daß man gekommen ist, bei F. Schichau zum fünfundsiebzigsten Jubiläumstage zu Gast zu sein, und man spürt Luft, sich in die Intimitäten dieser reizvollen Stadtstimmung zu versenken und Kirchen und alten Giebeln ihr Geheimnis abzulauschen. Aber sobald man mit Einwohnern zusammenkommt, wird man wieder daran erinnert, weshalb und wozu man da ist. Der Name Schichau liegt heute auf allen Lippen und besonders die Erinnerung an den „alten Herrn“, der ein Original gewesen sein muß, ist es, die in einer Menge kleiner Anekdoten und Geschichtchen aufflackert. Sie gelten vor allem der Charakterisierung seiner Einfachheit, seiner Bescheidenheit und seiner persönlichen Tüchtigkeit. Ich lasse mir erzählen, daß der alte Schichau auch als Kommerzienrat sich nicht scheute, eine verlorene Kohle vom Boden aufzuheben und daß er sich die Aermel aufkrempelte, um einen ungeschickten Arbeiter die richtigen Handgriffe zu lehren. Das sind mehr rührende Züge; es gibt auch boshaftere kleine Geschichten. Es soll einmal vorgekommen sein, daß der alte Schichau am Abend eines Tages, an dem er von einer ausländischen Regierung einen Millionenauftrag erhalten hatte, im Kasino aufgefordert wurde, „etwas auszugeben“. Darauf hin soll Schichau in seiner Westentasche die Groschen nachgezählt und dann schmunzelnd gesagt haben: „Na, ja, Kellner, geben Sie mir noch’n Schnitt helles!“ – eine andere Geschichte ist bissiger. Ein Arbeiter bei Schichau war fünfzig Jahre im Dienst. Der alte Herr hatte es auf die Vorstellungen seines Oberingenieurs abgelehnt, dem Arbeiter eine Geschenk zukommen zu lassen. Am Jubiläumstage des Arbeiters aber ließ er ihn zu sich kommen und sagte: „Nun, ich höre, Sie sind heute fünfzig Jahre bei mir im Dienst?“ „Jawohl, Herr Geheimrat,“ lautete die Antwort. Darauf Schichau: „Na, da haben Die ja schon ein schönes Geld bei mir verdient!“ – Solches und Aehnliches flüstert die Fama. Aber man spürt doch, aus der ganzen art, wie diese Geschichten erzählt werden: Ferdinand Schichau ist von allen bewundert und von seinen Untergebenen geliebt worden.
  | Ich komme am Vorabend des Jubiläumstages in Elbing an und finde die Stadt ruhiger und alltäglicher als ich gedacht. Der Zug, mit dem ich gekommen bin, bringt zwar noch einige andere Herren mit der Zylinderhutschachtel, aber sie nehmen gleich mir die vor dem Bahnhof wartenden Droschken und bald biegt der eine Wagen hier, der andere da ab, und die Straßen sehen wieder aus, wie sie wohl an allen Werktagen des Jahres aussehen. Vielleicht ist der „Bummel“ der jungen Leute und der kleinen Elbinger Damen auf den beiden sich kreuzenden Hauptstraßen etwas reger als sonst; aber wer’s nicht weiß, daß sich in einer Stunde ein Fackelzug, den die Arbeiter ihrem Chef, dem Geheimrat Ziese, bringen, in Bewegung setzen soll, der wird aus diesem geringfügigen Anwachsen des Verkehrs nicht erraten, daß heute in Elbing etwas „los“ ist. Zu dem Fremden in der Stadt sprechen die Zeugen der Vergangenheit, zunächst stärker als die Verkünder der Gegenwart. Die Baudenkmäler aus früheren Jahrhunderten reden in den Straßen der Stadt, die doch den Eindruck machen, als siedle sich moderne „Schaufenster-Kultur“ eben erst zaghaft in ihnen an, eine vernehmliche Sprache. Niederländische Renaissancegiebel erzählen von einer Hochblüte des Handels, von ganz anderer Art und Betätigungsweise, als der, der die Stadt heute untertan ist und gotische Kirchenschiffe und Türme heben ich über die Dächer, der niedrig zusammengeduckten Häuser. Der alte Markt hat noch ganz die Anlage der mittelalterlichen Stadt bewahrt und der wehrhafte Marktturm, auf dem heute vier Fahnen im Winde flattern, trägt die Erinnerung in eine Zeit zurück, die Hellebarde und Hasenbüchse, aber nicht die Lokomotiven und Torpedos kannte. Man vergißt fast, daß man gekommen ist, bei F. Schichau zum fünfundsiebzigsten Jubiläumstage zu Gast zu sein, und man spürt Luft, sich in die Intimitäten dieser reizvollen Stadtstimmung zu versenken und Kirchen und alten Giebeln ihr Geheimnis abzulauschen. Aber sobald man mit Einwohnern zusammenkommt, wird man wieder daran erinnert, weshalb und wozu man da ist. Der Name Schichau liegt heute auf allen Lippen und besonders die Erinnerung an den „alten Herrn“, der ein Original gewesen sein muß, ist es, die in einer Menge kleiner Anekdoten und Geschichtchen aufflackert. Sie gelten vor allem der Charakterisierung seiner Einfachheit, seiner Bescheidenheit und seiner persönlichen Tüchtigkeit. Ich lasse mir erzählen, daß der alte Schichau auch als Kommerzienrat sich nicht scheute, eine verlorene Kohle vom Boden aufzuheben und daß er sich die Aermel aufkrempelte, um einen ungeschickten Arbeiter die richtigen Handgriffe zu lehren. Das sind mehr rührende Züge; es gibt auch boshaftere kleine Geschichten. Es soll einmal vorgekommen sein, daß der alte Schichau am Abend eines Tages, an dem er von einer ausländischen Regierung einen Millionenauftrag erhalten hatte, im Kasino aufgefordert wurde, „etwas auszugeben“. Darauf hin soll Schichau in seiner Westentasche die Groschen nachgezählt und dann schmunzelnd gesagt haben: „Na, ja, Kellner, geben Sie mir noch’n Schnitt helles!“ – eine andere Geschichte ist bissiger. Ein Arbeiter bei Schichau war fünfzig Jahre im Dienst. Der alte Herr hatte es auf die Vorstellungen seines Oberingenieurs abgelehnt, dem Arbeiter eine Geschenk zukommen zu lassen. Am Jubiläumstage des Arbeiters aber ließ er ihn zu sich kommen und sagte: „Nun, ich höre, Sie sind heute fünfzig Jahre bei mir im Dienst?“ „Jawohl, Herr Geheimrat,“ lautete die Antwort. Darauf Schichau: „Na, da haben Die ja schon ein schönes Geld bei mir verdient!“ – Solches und Aehnliches flüstert die Fama. Aber man spürt doch, aus der ganzen art, wie diese Geschichten erzählt werden: Ferdinand Schichau ist von allen bewundert und von seinen Untergebenen geliebt worden.


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<ref>Verfasser: . (unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 06.10.1912, Morgen-Ausgabe 2. Blatt 470, S. 10, bereitgestellt durch [http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz]</ref>
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  | 07.10.1912
| style="vertical-align:top" | 07.10.1912
  | Zu Gast bei F. Schichau
  | style="vertical-align:top"  | Ordensverleihungen im Rahmen der Feierlichkeiten der Schichauwerke
  | die infolge des Umzugs kein eigenes Heim auftreiben können, hat nach den „E. N. N.“ die Höhe von 148 Personen erreicht. Die Stadt hat diese Personen im Asylhaus, dem Magazingebäude und in der Turnhalle vorläufig untergebracht.<ref>Verfasser:E.S. (unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 07.10.1912, Abend-Ausgabe 471, S. 9, bereitgestellt durch [http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz]</ref>
  | Außer Herrn Geheimrat Ziese dem, wie wir schon meldeten, der Stern zum Kronenorden 2. Klasse verleihen wurde, sind folgende Ordensauszeichnungen vergeben worden:
* Dem Betriebs-Oberingenieur Friedrich Fischer und
* dem Schiffsbaudirektor Leux in Elbing der Kronenorden 3. Klasse,<br><br>
* dem kaufmännischen Direktor der Schichauwerke
* und Prokuristen Otto Kienast der rote Adlerorden 4. Klasse,<br><br>
* dem Oberingenieur Heinrich Beuke,
* dem Betriebs-Oberassistenten Wilhelm Mühle,
* dem Ober-Ingenieur Heinrich Fritz,
* dem Prokuristen und Ober-Buchhalter Max Jantke und
* dem Ober-Ingenieur Johannes Arppré der Kronenorden 4. Klasse,<br><br>
* dem Bureauvorsteher Heinrich Menning und
* dem Materialienverwalter Bernhard Weiß das Verdienstkreuz in Gold<br><br>
* dem Werkmeister Gustav Paulin das Kreuz des Allgemeinen Ehrenzeichens in Gold<br><br>
* den Werkmeistern Albert Quandt
* und Johann Koske,
* Schlosser Leo Komosso,
* Arbeiter Johann Domke,
* Schmied Friedrich Ewald,
* Schlosser Karl Stösser,
* Modelltischler Karl Basner,
* Dreher Wilhelm Grünhagel,
* Former Friedrich Dietrich und
* Schlosser August Migowski das Allgemeine Ehrenzeichen in Silber,<br><br>
* dem Dreher Ferdinand Schmidt,
* Arbeiter August Ehm,
* Pfannenarbeiter Johann Brandt,
* Schlosser Heinrich Koch,
* Former Ferdinand Janzen,
* Former Julius Chrobock,
* Schmied Johann Unger und
* Tischler Friedrich Schultz das allgemeine Ehrenzeichen in Bronze.<ref>Verfasser:(unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 07.10.1912, Abend-Ausgabe 471, S. 9, bereitgestellt durch [http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz]</ref>
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Version vom 1. April 2019, 16:35 Uhr


Info

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Hierarchie



Einleitung

Allgemeine Information

Politische Einteilung

Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

Evangelische Kirchen

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Geschichte

Genealogische und historische Gesellschaften

Genealogische und historische Quellen

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Königsberger Hartungsche Zeitung

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07.10.1912 Zu Gast bei F. Schichau Ich komme am Vorabend des Jubiläumstages in Elbing an und finde die Stadt ruhiger und alltäglicher als ich gedacht. Der Zug, mit dem ich gekommen bin, bringt zwar noch einige andere Herren mit der Zylinderhutschachtel, aber sie nehmen gleich mir die vor dem Bahnhof wartenden Droschken und bald biegt der eine Wagen hier, der andere da ab, und die Straßen sehen wieder aus, wie sie wohl an allen Werktagen des Jahres aussehen. Vielleicht ist der „Bummel“ der jungen Leute und der kleinen Elbinger Damen auf den beiden sich kreuzenden Hauptstraßen etwas reger als sonst; aber wer’s nicht weiß, daß sich in einer Stunde ein Fackelzug, den die Arbeiter ihrem Chef, dem Geheimrat Ziese, bringen, in Bewegung setzen soll, der wird aus diesem geringfügigen Anwachsen des Verkehrs nicht erraten, daß heute in Elbing etwas „los“ ist. Zu dem Fremden in der Stadt sprechen die Zeugen der Vergangenheit, zunächst stärker als die Verkünder der Gegenwart. Die Baudenkmäler aus früheren Jahrhunderten reden in den Straßen der Stadt, die doch den Eindruck machen, als siedle sich moderne „Schaufenster-Kultur“ eben erst zaghaft in ihnen an, eine vernehmliche Sprache. Niederländische Renaissancegiebel erzählen von einer Hochblüte des Handels, von ganz anderer Art und Betätigungsweise, als der, der die Stadt heute untertan ist und gotische Kirchenschiffe und Türme heben ich über die Dächer, der niedrig zusammengeduckten Häuser. Der alte Markt hat noch ganz die Anlage der mittelalterlichen Stadt bewahrt und der wehrhafte Marktturm, auf dem heute vier Fahnen im Winde flattern, trägt die Erinnerung in eine Zeit zurück, die Hellebarde und Hasenbüchse, aber nicht die Lokomotiven und Torpedos kannte. Man vergißt fast, daß man gekommen ist, bei F. Schichau zum fünfundsiebzigsten Jubiläumstage zu Gast zu sein, und man spürt Luft, sich in die Intimitäten dieser reizvollen Stadtstimmung zu versenken und Kirchen und alten Giebeln ihr Geheimnis abzulauschen. Aber sobald man mit Einwohnern zusammenkommt, wird man wieder daran erinnert, weshalb und wozu man da ist. Der Name Schichau liegt heute auf allen Lippen und besonders die Erinnerung an den „alten Herrn“, der ein Original gewesen sein muß, ist es, die in einer Menge kleiner Anekdoten und Geschichtchen aufflackert. Sie gelten vor allem der Charakterisierung seiner Einfachheit, seiner Bescheidenheit und seiner persönlichen Tüchtigkeit. Ich lasse mir erzählen, daß der alte Schichau auch als Kommerzienrat sich nicht scheute, eine verlorene Kohle vom Boden aufzuheben und daß er sich die Aermel aufkrempelte, um einen ungeschickten Arbeiter die richtigen Handgriffe zu lehren. Das sind mehr rührende Züge; es gibt auch boshaftere kleine Geschichten. Es soll einmal vorgekommen sein, daß der alte Schichau am Abend eines Tages, an dem er von einer ausländischen Regierung einen Millionenauftrag erhalten hatte, im Kasino aufgefordert wurde, „etwas auszugeben“. Darauf hin soll Schichau in seiner Westentasche die Groschen nachgezählt und dann schmunzelnd gesagt haben: „Na, ja, Kellner, geben Sie mir noch’n Schnitt helles!“ – eine andere Geschichte ist bissiger. Ein Arbeiter bei Schichau war fünfzig Jahre im Dienst. Der alte Herr hatte es auf die Vorstellungen seines Oberingenieurs abgelehnt, dem Arbeiter eine Geschenk zukommen zu lassen. Am Jubiläumstage des Arbeiters aber ließ er ihn zu sich kommen und sagte: „Nun, ich höre, Sie sind heute fünfzig Jahre bei mir im Dienst?“ „Jawohl, Herr Geheimrat,“ lautete die Antwort. Darauf Schichau: „Na, da haben Die ja schon ein schönes Geld bei mir verdient!“ – Solches und Aehnliches flüstert die Fama. Aber man spürt doch, aus der ganzen art, wie diese Geschichten erzählt werden: Ferdinand Schichau ist von allen bewundert und von seinen Untergebenen geliebt worden.

Sein Nachfolger und Schwiegersohn, Geheimrat Ziese, hat nicht nur das Werk, er hat auch diese Anhänglichkeit der Arbeiter geerbt, Man hörte es aus mancherlei Gesprächen und Reden vielleicht besser und deutlicher, als man es aus dem imposanten Fackelzug der Arbeiterschaft vor der Villa Lärchenwalde entnehmen konnte. Und doch gab man sich willig dem eindrucksvollen Bilde hin: die zwei großen Lichtarme der im ungeheuren Halbkreis aufgestellten, nach Tausenden zählenden Fackelträger, der Chef der Firma und seine Familie auf der Balkonterasse der Villa, und an der Brüstung mit gezogenem Hut der Arbeiter, der mit warmem ehrlichen Empfinden die Rede vor störrischen Lippen kam. Es war eine Rede im schönsten Albinger Dialekt. Aber das tat nichts, und wenn in der Sprache des einfachen Mannes aus dem Festtag, der morgen sein sollte, ein „Fasttag“ wurde, so gab es wenige, denen das in der herzlichen Stimmung des Augenblicks noch auffiel.

De Vormittag sah die Gäste zur Gratulationscour im Hauptsaal des Verwaltungsgebäudes, wo Schichaus Büste unter Lorbeeren aufgestellt war. Der Gesellschaftsrock dominierte, ein paar Marineuniformen glänzten auf, kamen aber nicht auf gegen die dekorative Figur des Kommandierenden und Totenkopfgenerals von Mackensen. Bald, nachdem die Damen sich eingefunden hatten, begann der Reigen der offiziellen Ansprachen, den der Vertreter des Reichsamts des Innern eröffnete. So viele der Reden auch folgten, sie hoben sich kaum über das in solchen Fällen übliche Maß hinaus und waren nur schattiert durch Temperament und Charakter des Redenden. Nur die Ansprache des Vertreters des Vereins deutscher Ingenieure und des deutschen Museums in München, die des bayerischen Reichsrats Dr.-ing von Miller, hatte Farbe und schien von persönlicher Empfindung getragen. Am eindrucksvollsten waren indessen auch hier die einfach-treuherzigen Worte des Arbeiterführers, die dem Chef des Hauses die Augen feuchteten. Herr Ziese beschränkte sich hier, wie auch am Abend, nur auf die nötigsten Worte. Rednerische Lorbeeren liegen weder auf seinem Wege noch in seiner Absicht.

Die zweite Nachmittagsstunde stand vollkommen im Zeichen des Arbeiterfestzuges. Mit drei Musikkapellen ging es in schier endlosem Zuge nach dem Festplatz in Vogelsang. Die Riesenburger Kürassierkapelle eröffnete den Festzug. Dem Werftbanner schlossen sich an die Arbeiter der Gießerei, der neuen Werft, der alten Werft, der Lokomotivfabrik Trettinkenhof und die Maschinenbauer. Alle Gewerke wurden angekündigt durch bekränzte Schilder und gewerkliche Abzeichen. Da zeigte die Stahlgießerei ihre Erzeugnisse: Schrauben, Maschinenteile. Zahnräder, Formkasten, Platten; die Elektrischen Werkstätten Bogenlampen und Glühlicht; die Zimmerleute und die Tischler Schiffsausstattugnsteile; die Schmiede einen gewaltigen, rotglühenden Eisenblock, gehalten durch eine Riesenzange. Die Maschinebauer führten das Modell der bei Schichau erbauten 2000. Lokomotive mit dem zugehörenden 2000. Tender im Zuge. Die Reederei war vertreten durch die Kapitäne mit Anker, Steuerrad; die Takler mit Segelzeug und Zubehör. Die Schlosser, Bohrer, Stemmer, Nieter, Maler, Lackierer, Dreher, Blecharbeiter, Kesselschmiede, Kupferschmiede und wie sie sonst noch heißen mögen, wetteifern miteinander in der Hervorhebung ihres Könnens.

In Vogelsang war „des Volkes wahrer Himmel“. Dort schwang sich die Albingerin mit ihrem Albinger, und die Musik spielte „Mariechen, zu süßes Viehchen“; dort juchheiten Jugend und Alter gleicherweise auf dem Karussell, das zur Abwechslung die Melodie spielte: „Dann wandelt leise …“ , und dort waren zum Ansporn für ehrgeizige Jungens zwei Kletterbäume errichtet, an deren Spitzen sich Hosenträger und Gürtel, Portemonnaies und Mundharmonikas verlockend im Winde wiegten. Da waren natürlich viele berufen, aber wenige waren nur auserwählt. Und die hatten sich dann wahrscheinlich die Hosen zerrissen. Immerhin, jeder wird sagen: ‘s war halt doch ein schönes Fest. Und vielleicht ist die Fortsetzung dieses schönen Studenteliedes später auch noch eingetroffen.

Wer zum Festmahl geladen war, konnte natürlich nicht so lange bleiben. Oder er hätte sich sehr beeilen müssen. Uebrigens sollte es im Kasino, wo es mit Deutz Geldermann anfing und mit Heidsieck aufhörte, auch noch „hochgestimmt“ werden. Nur die ersten offiziellen Ansprechen, die des Oberpräsidenten v. Jagow, die des Geheimrats Ziese, und die des Herrn v. Tirpitz fanden ein einigermaßen andächtiges Auditorium. Die folgenden Redner, die oft hinter Blumenarrangements nicht zu entdecken waren, mußten mit steigender Anstrengung gegen den immer schäumender daherbrausenden Strom der Stimmung ankämpfen. Zuletzt schlugen die Wogen selbst über den kräftigsten Organen zusammen und außer denjenigen, an die die Reden insbesondere gerichtet waren, oder denjenigen, die in einem Umkreis von 10 Metern zufällig um den Sprecher herumsaßen, dürften nicht allzuviel andere etwas gehört oder verstanden haben. Uebrigens schadet das auch nicht. Denn man fühlte sich bei vielen guten Dingen und in der Gesellschaft der Ingenieure, die gegen ihre Gäste von allergrößter Liebenswürdigkeit waren, überaus wohl. Gegen ½ 10 Uhr brach der Gastgeber mit seinen Damen auf, um in der Bürgerressource, wo für die Meister und jüngeren Beamten ein Fest stattfand, seinen Pflichten zu genügen. Dort sam man ihn noch um Mitternacht auf seinem Posten, immer mit demselben ein wenig grütznerischen Lächeln auf den roten Bäckchen und immer mit derselben leicht chevalresken Liebenswürdigkeit, die hinter diesem Mann eigentlich eher einen Diplomaten als einen Großunternehmer und Industriellen vermuten läßt. - - Heue rauchen wieder die Schlote über den Schichauwerken, die feiernden Hände haben die Arbeit wieder aufgenommen, neue Erfolge zu erringen. Daß ihnen das gelingen möge, war der Kern aller Wünsche, die den Schichauwerken in diesen Tagen dargebracht wurden; es kann der Wunsch aller sein, denen die Entwickelung der deutschen Industrie und die Entwickelung der deutschen Marine zu Kriegs- und Friedenszwecken am Herzen liegt. [1]

07.10.1912 Ordensverleihungen im Rahmen der Feierlichkeiten der Schichauwerke Außer Herrn Geheimrat Ziese dem, wie wir schon meldeten, der Stern zum Kronenorden 2. Klasse verleihen wurde, sind folgende Ordensauszeichnungen vergeben worden:
  • Dem Betriebs-Oberingenieur Friedrich Fischer und
  • dem Schiffsbaudirektor Leux in Elbing der Kronenorden 3. Klasse,

  • dem kaufmännischen Direktor der Schichauwerke
  • und Prokuristen Otto Kienast der rote Adlerorden 4. Klasse,

  • dem Oberingenieur Heinrich Beuke,
  • dem Betriebs-Oberassistenten Wilhelm Mühle,
  • dem Ober-Ingenieur Heinrich Fritz,
  • dem Prokuristen und Ober-Buchhalter Max Jantke und
  • dem Ober-Ingenieur Johannes Arppré der Kronenorden 4. Klasse,

  • dem Bureauvorsteher Heinrich Menning und
  • dem Materialienverwalter Bernhard Weiß das Verdienstkreuz in Gold

  • dem Werkmeister Gustav Paulin das Kreuz des Allgemeinen Ehrenzeichens in Gold

  • den Werkmeistern Albert Quandt
  • und Johann Koske,
  • Schlosser Leo Komosso,
  • Arbeiter Johann Domke,
  • Schmied Friedrich Ewald,
  • Schlosser Karl Stösser,
  • Modelltischler Karl Basner,
  • Dreher Wilhelm Grünhagel,
  • Former Friedrich Dietrich und
  • Schlosser August Migowski das Allgemeine Ehrenzeichen in Silber,

  • dem Dreher Ferdinand Schmidt,
  • Arbeiter August Ehm,
  • Pfannenarbeiter Johann Brandt,
  • Schlosser Heinrich Koch,
  • Former Ferdinand Janzen,
  • Former Julius Chrobock,
  • Schmied Johann Unger und
  • Tischler Friedrich Schultz das allgemeine Ehrenzeichen in Bronze.[2]

Anmerkungen

  1. Verfasser: . (unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 06.10.1912, Morgen-Ausgabe 2. Blatt 470, S. 10, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz
  2. Verfasser:(unbekannt), Quelle: Königsberger Hartungsche Zeitung, 07.10.1912, Abend-Ausgabe 471, S. 9, bereitgestellt durch ZEFYS-Zeitungsinformationssystem der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz

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