Herforder Chronik (1910)/276: Unterschied zwischen den Versionen

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Herfords Reichsunmittelbarkeit.
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In dem vorher erzählten Kampfe gegen Dietrich von Köln sahen wir, als es die Bezahlung der Brandschatzungsgelder galt, die Geistlichkeit Hand in Hand mit der Bürgerschaft gehen. Die Bereitwilligkeit der Geistlichen und ihre Hilfe hatte den Bürgern Wohlgefallen und man sah eine Fortsetzung der geistlichen Beisteuern zu den Lasten der Stadt nicht ungern. Es kam 1467 zu einem Vergleiche, worin ausgesprochen wurde, daß die Geistlichen ebenso wie die Bürger verbindlich seien, Steuern an die Stadt, deren Schutz sie genössen, zu entrichten. Der Kaiser Friedrich III. (1440-1493) billigte dies Abkommen, und das kam so:
 
Als der Kaiser 1474 zum Kampf gegen Karl den Kühnen von Burgund auszog, bedurfte er der Hilfe der Reichsstädte, die ihn mit Geld und Geschützen versehen mußten. Auch Herford beteiligte sich daran, verlangte aber als Gegenleistung, daß der Kaiser ihre Rechte bestätige und erweitere, ihre Unmittelbarkeit anerkenne und ihr die Befugnis zuspräche, Zinsen und Abgaben, auch indirekte Steuern auf Lebensmittel und Waren nach Bedürfnis zu erheben, so oft und in solchem Maße, als zum Nutzen der Stadt erforderlich sei. Auch wünschte die Stadt, der Kaiser möge bestimmen, „daß die Geistlichen von allen bürgerlichen Gütern, die sie besäßen oder noch erwerben möchten, Schoß, d. i. direkte Abgabe und Steuer, d. i. indirekte Steuer, entrichteten, ferner Wacht, d. i. Verpflichtung zum Nachtdienst und andere bürgerliche Lasten übernähmen, oder daß sie diese bürgerlichen Güter binnen drei Jahren an Bürger verkaufen und so aus der toten Hand <ref>Unbewegliche Kirchengüter durften nicht veräußert werden, waren durch diese Bestimmung dem öffentlichen Verkehr entrückt, für ihn in gewisser Beziehung abgestorben.</ref> bringen sollten; geschähe das nicht, solle der Rat über solche Güter frei verfügen“.
 
Der Kaiser muß auf die Unterstützung der Herforder hohen Wert gelegt haben, da er nicht nur auf alle ihre Wünsche einging, sondern auch die Bestimmung hinzufügte, es sollten die der Äbtissin früher erteilten Privilegien (Sonderrechte) auch für die Stadt Geltung haben. Die Genugtuung über die erlangten kaiserlichen Bewilligungen war groß in der Stadt, der Äbtissin dagegen gefielen diese Bestimmungen ganz und gar nicht, weshalb sie sich ihnen zu entziehen suchte. Der Streit darüber setzte sich in derselben Heftigkeit unter ihrer Nachfolgerin
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Anna v. Hunolstein (1484-1494)
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fort und wurde erst durch den Vergleich von 1492 geschlichtet. Als nämlich die Äbtissin den Rat um leihweise Vorstreckung von 906{{Bruch|1|2}} Goldgulden, welche sie zum Besten der abteilichen Mühle zwischen Alt- und Neustadt verwenden wollte, anging, machte der Rat sein Darlehn davon abhängig, daß die Äbtissin jene kaiserliche Bestimmung anerkenne. Das geschah, und die Stadt war nun
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2.
Herfords Reichsunmittelbarkeit.

In dem vorher erzählten Kampfe gegen Dietrich von Köln sahen wir, als es die Bezahlung der Brandschatzungsgelder galt, die Geistlichkeit Hand in Hand mit der Bürgerschaft gehen. Die Bereitwilligkeit der Geistlichen und ihre Hilfe hatte den Bürgern Wohlgefallen und man sah eine Fortsetzung der geistlichen Beisteuern zu den Lasten der Stadt nicht ungern. Es kam 1467 zu einem Vergleiche, worin ausgesprochen wurde, daß die Geistlichen ebenso wie die Bürger verbindlich seien, Steuern an die Stadt, deren Schutz sie genössen, zu entrichten. Der Kaiser Friedrich III. (1440-1493) billigte dies Abkommen, und das kam so:

Als der Kaiser 1474 zum Kampf gegen Karl den Kühnen von Burgund auszog, bedurfte er der Hilfe der Reichsstädte, die ihn mit Geld und Geschützen versehen mußten. Auch Herford beteiligte sich daran, verlangte aber als Gegenleistung, daß der Kaiser ihre Rechte bestätige und erweitere, ihre Unmittelbarkeit anerkenne und ihr die Befugnis zuspräche, Zinsen und Abgaben, auch indirekte Steuern auf Lebensmittel und Waren nach Bedürfnis zu erheben, so oft und in solchem Maße, als zum Nutzen der Stadt erforderlich sei. Auch wünschte die Stadt, der Kaiser möge bestimmen, „daß die Geistlichen von allen bürgerlichen Gütern, die sie besäßen oder noch erwerben möchten, Schoß, d. i. direkte Abgabe und Steuer, d. i. indirekte Steuer, entrichteten, ferner Wacht, d. i. Verpflichtung zum Nachtdienst und andere bürgerliche Lasten übernähmen, oder daß sie diese bürgerlichen Güter binnen drei Jahren an Bürger verkaufen und so aus der toten Hand [1] bringen sollten; geschähe das nicht, solle der Rat über solche Güter frei verfügen“.

Der Kaiser muß auf die Unterstützung der Herforder hohen Wert gelegt haben, da er nicht nur auf alle ihre Wünsche einging, sondern auch die Bestimmung hinzufügte, es sollten die der Äbtissin früher erteilten Privilegien (Sonderrechte) auch für die Stadt Geltung haben. Die Genugtuung über die erlangten kaiserlichen Bewilligungen war groß in der Stadt, der Äbtissin dagegen gefielen diese Bestimmungen ganz und gar nicht, weshalb sie sich ihnen zu entziehen suchte. Der Streit darüber setzte sich in derselben Heftigkeit unter ihrer Nachfolgerin

Anna v. Hunolstein (1484-1494)

fort und wurde erst durch den Vergleich von 1492 geschlichtet. Als nämlich die Äbtissin den Rat um leihweise Vorstreckung von 9061/2 Goldgulden, welche sie zum Besten der abteilichen Mühle zwischen Alt- und Neustadt verwenden wollte, anging, machte der Rat sein Darlehn davon abhängig, daß die Äbtissin jene kaiserliche Bestimmung anerkenne. Das geschah, und die Stadt war nun

  1. Unbewegliche Kirchengüter durften nicht veräußert werden, waren durch diese Bestimmung dem öffentlichen Verkehr entrückt, für ihn in gewisser Beziehung abgestorben.