Saugen/Bewohner/Familie Kalley: Unterschied zwischen den Versionen
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==Friedrich Ewald Kalley== | |||
==Memelland, seine Heimat== | |||
==Berufsleben== | |||
==Der 2. Weltkrieg und Internierung in Sibirien== | |||
==Eine neue Heimat== | |||
==Anekdötchens== | |||
===Enttäuschung=== | |||
Am 1. Mai 1915 wurde Ewald zum Bayerischen 8. Infanterie Regiment, 11. Kompanie, einberufen. Bevor er den Soldatenrock anzog, wollte er seinen Lieben zuhause noch schnell etwas Gutes tun. Er schickte ihnen ein paar Flaschen guten Wein und glaubte, damit seiner Familie eine Freude bereitet zu haben. Ewald hatte sich in der Pfalz zu einem Weinliebhaber entwickelt und blieb diesem Getränk auch lebenslang treu. Etwas enttäuscht war er, als er von zuhause kein Dankeschön erhielt. Bei seinem ersten Fronturlaub erkundigte er sich, ob denn sein Wein überhaupt angekommen sei. Nur allmählich konnten sich seine Lieben daran erinnern, dass da mal ein paar Flaschen Wein angekommen waren. Auf die Frage, wie ihnen der Wein geschmeckt habe, kam die große Ernüchterung. Du meinst wohl das „saure Zeug“, das du uns aus der Pfalz schicktest. In Ostpreußen hatte man im Allgemeinen die Vorstellung, dass guter Wein süß und süffig sein müsse. Nur in gehobenen gesellschaftlichen Kreisen genoss man Wein von Weintrauben. Der normale ostpreußische Bürger trank seinen Obstwein. Nach Rückkehr aus Krieg und sowjetischer Internierung zog es Ewald gerne nach Bodenheim bei Mainz hin, wo sich sein Töchterchen Anneliese verheiratet hatte. Hier im Rheinhessischen wurde er an seine Zeit in der Pfalz erinnert, denn der Wein in Bodenheim schmeckte ihm noch genau so gut, wie der damals in Schifferstadt. | |||
===Elchbullen=== | |||
Ausflug der Familie Kalley zu Sohn Bernhard in Kinten. Die Straße von Saugen nach Kinten führte durch ein größeres Wald- und Elchrevier. Am Tage war die Straße gefahrlos, nur nachts konnten Pferdefuhrwerke von den Elchbullen belästigt werden, wenn sie in ihrem Schlaf gestört wurden. Da die Rückfahrt von Kinten meist schon in der Dunkelheit erfolgte, mussten vor allem die Kinder ruhig gehalten werden. Denn die Elchbullen konnten die Pferde zum Scheuen und so die Kutsche ins Schleudern bringen. Ein solcher Unfall ist wohl nie geschehen, aber die Kinder nahmen die Drohung sehr ernst.<br> | |||
===Besuch=== | |||
Ewald besuchte gerne Verwandte und Bekannte, aber genau so gern freute er sich, wenn er liebe Gäste empfangen konnte. Dann legte er großen Wert darauf, dass auch „sein Garten“ in Lüttringen keinen Grund für Beanstandungen bot. Schon Tage zuvor war er eifrig dabei, alles aufs Feinste herzurichten. Als er dann fertig war, teilte er seiner Familie nicht ohne einen gewissen Stolz mit: „der Garten ist fertig, Besuch kann kommen“.<br> | |||
===Wacholdertour=== | |||
Große Freude kam bei Ewald auf, wenn sich Emil und Co. aus dem hohen Norden Deutschlands zum Besuch angesagt hatten. Die traditionelle Wanderung hatte immer den Besuch einiger Gasthäuser in der Gemeinde zum Ziel, in denen der Wacholderschnaps besonders gut gemundet haben muss, denn die Wandertruppe kam stets in einer recht seligen Stimmung nachhause. Um dem Kind einen Namen zu geben, beschlossen die Wandergesellen einstimmig diesen Rundgang „Wacholdertour“zu nennen.<br> | |||
===Skatspiel=== | |||
Sehr unterhaltsam war es, wenn Ewald, Nachbar Albert und Herbert mit Schwiegersohn Fredi Skat spielten. Während Ewald seine Karten ordnete und überlegte, ob er mit einem solchen „Blatt“ ein Spiel gewinnen könnte, äußerte er sich meist mit dem Hilferuf: „Spinne, du webst“. Manchmal wurde auch eine solche Bitte von unbekannten Kräften erhört. Die Zeit flog meist nur so dahin, und ehe man sich versah, war es Mitternacht. Manchmal konnte die Spielerei kein Ende finden; und erst als bereits die Sonne den neuen Tag ankündigte, war auch Ewald bereit, mit der Spielerei aufzuhören.<br> | |||
===Enkelsohn=== | |||
Über die Geburt von Enkelsohn Stefan hat sich Ewald ganz besonders gefreut. Vor allem, weil dieses Ereignis in seiner unmittelbarer Nähe, im damaligen Krankenhaus in Ense-Bremen, stattfand. Die meisten seiner Enkelkinder waren in der Zeit geboren, während er fernab der Heimat in Sibirien in sowjetischer Internierung lebte. Deshalb empfand er die Geburt von Stefan, als wenn es sein eigener Sohn wäre. Elf Jahre lang hat er Stefan aufwachsen gesehen, und für Großvater und Enkel war es eine schöne Zeit. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass der Großvater seinen Enkel mit „mein Sohn“ ansprach.<br> | |||
[[Kategorie:Memelland]] | |||
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Version vom 30. Januar 2016, 07:46 Uhr
Bitte beachten Sie auch unsere Datensammlung aller bisher erfassten Personen aus dem Memelland |
Familie Kalley
Friedrich Ewald Kalley
Memelland, seine Heimat
Berufsleben
Der 2. Weltkrieg und Internierung in Sibirien
Eine neue Heimat
Anekdötchens
Enttäuschung
Am 1. Mai 1915 wurde Ewald zum Bayerischen 8. Infanterie Regiment, 11. Kompanie, einberufen. Bevor er den Soldatenrock anzog, wollte er seinen Lieben zuhause noch schnell etwas Gutes tun. Er schickte ihnen ein paar Flaschen guten Wein und glaubte, damit seiner Familie eine Freude bereitet zu haben. Ewald hatte sich in der Pfalz zu einem Weinliebhaber entwickelt und blieb diesem Getränk auch lebenslang treu. Etwas enttäuscht war er, als er von zuhause kein Dankeschön erhielt. Bei seinem ersten Fronturlaub erkundigte er sich, ob denn sein Wein überhaupt angekommen sei. Nur allmählich konnten sich seine Lieben daran erinnern, dass da mal ein paar Flaschen Wein angekommen waren. Auf die Frage, wie ihnen der Wein geschmeckt habe, kam die große Ernüchterung. Du meinst wohl das „saure Zeug“, das du uns aus der Pfalz schicktest. In Ostpreußen hatte man im Allgemeinen die Vorstellung, dass guter Wein süß und süffig sein müsse. Nur in gehobenen gesellschaftlichen Kreisen genoss man Wein von Weintrauben. Der normale ostpreußische Bürger trank seinen Obstwein. Nach Rückkehr aus Krieg und sowjetischer Internierung zog es Ewald gerne nach Bodenheim bei Mainz hin, wo sich sein Töchterchen Anneliese verheiratet hatte. Hier im Rheinhessischen wurde er an seine Zeit in der Pfalz erinnert, denn der Wein in Bodenheim schmeckte ihm noch genau so gut, wie der damals in Schifferstadt.
Elchbullen
Ausflug der Familie Kalley zu Sohn Bernhard in Kinten. Die Straße von Saugen nach Kinten führte durch ein größeres Wald- und Elchrevier. Am Tage war die Straße gefahrlos, nur nachts konnten Pferdefuhrwerke von den Elchbullen belästigt werden, wenn sie in ihrem Schlaf gestört wurden. Da die Rückfahrt von Kinten meist schon in der Dunkelheit erfolgte, mussten vor allem die Kinder ruhig gehalten werden. Denn die Elchbullen konnten die Pferde zum Scheuen und so die Kutsche ins Schleudern bringen. Ein solcher Unfall ist wohl nie geschehen, aber die Kinder nahmen die Drohung sehr ernst.
Besuch
Ewald besuchte gerne Verwandte und Bekannte, aber genau so gern freute er sich, wenn er liebe Gäste empfangen konnte. Dann legte er großen Wert darauf, dass auch „sein Garten“ in Lüttringen keinen Grund für Beanstandungen bot. Schon Tage zuvor war er eifrig dabei, alles aufs Feinste herzurichten. Als er dann fertig war, teilte er seiner Familie nicht ohne einen gewissen Stolz mit: „der Garten ist fertig, Besuch kann kommen“.
Wacholdertour
Große Freude kam bei Ewald auf, wenn sich Emil und Co. aus dem hohen Norden Deutschlands zum Besuch angesagt hatten. Die traditionelle Wanderung hatte immer den Besuch einiger Gasthäuser in der Gemeinde zum Ziel, in denen der Wacholderschnaps besonders gut gemundet haben muss, denn die Wandertruppe kam stets in einer recht seligen Stimmung nachhause. Um dem Kind einen Namen zu geben, beschlossen die Wandergesellen einstimmig diesen Rundgang „Wacholdertour“zu nennen.
Skatspiel
Sehr unterhaltsam war es, wenn Ewald, Nachbar Albert und Herbert mit Schwiegersohn Fredi Skat spielten. Während Ewald seine Karten ordnete und überlegte, ob er mit einem solchen „Blatt“ ein Spiel gewinnen könnte, äußerte er sich meist mit dem Hilferuf: „Spinne, du webst“. Manchmal wurde auch eine solche Bitte von unbekannten Kräften erhört. Die Zeit flog meist nur so dahin, und ehe man sich versah, war es Mitternacht. Manchmal konnte die Spielerei kein Ende finden; und erst als bereits die Sonne den neuen Tag ankündigte, war auch Ewald bereit, mit der Spielerei aufzuhören.
Enkelsohn
Über die Geburt von Enkelsohn Stefan hat sich Ewald ganz besonders gefreut. Vor allem, weil dieses Ereignis in seiner unmittelbarer Nähe, im damaligen Krankenhaus in Ense-Bremen, stattfand. Die meisten seiner Enkelkinder waren in der Zeit geboren, während er fernab der Heimat in Sibirien in sowjetischer Internierung lebte. Deshalb empfand er die Geburt von Stefan, als wenn es sein eigener Sohn wäre. Elf Jahre lang hat er Stefan aufwachsen gesehen, und für Großvater und Enkel war es eine schöne Zeit. Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass der Großvater seinen Enkel mit „mein Sohn“ ansprach.