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Version vom 3. Dezember 2010, 10:15 Uhr
Status 2010: Noch bei unsern Großeltern oder Urgroßeltern war Licht ein Problem, man wollte nicht mehr im Haushalt, Beruf und Umfeld im Dunkeln sitzen und arbeiten oder mit tränenden Augen gezwungenermaßen schlafen gehen, wenn die Sonne untergegangen war (besonders im Winter). Vertrieb man anfänglich die Dunkelheit durch Anzündung von Kienspänen oder Kerzen, setzte man vor 1930 zur Straßen- u. Hausbeleuchtung bereits Kerzenlicht, Öllampen, Petroleum und Leuchtgas ein....
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Einleitung
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren selbst die engen Gassen und gepflasterten Wege in den größeren Städten in den finsteren Winternächten äußerst dunkel. Hinzu kam als Hindernisse Wagenspuren, Vertiefungen auch bei gepflasterten Straßen, die ungegemäßien Gossen und der herumliegende Unrat. In den Haushalten dienten Kerzen, Fackeln und Öllampen (auch in Laternen) als Beleuchtungsmittel, was bei Unachtsamkeiten zu Feuersbrünsten in ganzen Stadtvierteln führen konnte.
Bereits im vorhergehenden 18. Jahrhundert entwickelte sich jedoch allmählich die verbesserte Gewinnung von Leuchtgas aus Steinkohle. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der französische Ingenieur Philipp Lebon d'Humbersin aus Bruchay im Jahre 1799 ein Patent für eine mit Gas betriebene Thermolampe anmeldete, die wohl zur Beleuchtung und ebenso zur Raumheizung diente.
Straßenbeleuchtung
Straßenbeleuchtung gab es in Deutschland 1825 in Hannover, Berlins Prachtstraße "Unter den Linden" wurde 1826 von Gaslaternen erhellt. Rudolf Sigismund Blochmann verdanken wir die ersten dieser Gaslaternen, welche 1828 am Schloss in Dresden standen. 1837 leuchteten in der Altstadt bereits 538 Gaslaternen und in der Neustadt 129. 1828 folgte Frankfurt, 1838 Aachen und Leipzig. 1850 verfügten bereits 26 deutsche Städte über Gasanstalten, darunter Stuttgart, Hamburg, Breslau, Düsseldorf, München und Mannheim. Deren Gaslaternen mußten zunächst jeweils von Hand von den zuständigen Nachtwächtern angezündet und ausgestellt werden.
Mit der Koksgewinnung aus Steinkohle zum Einsatz als Reduktionsmittel in Hüttenwesen stand ein preiswertes Betriebsmittel zur Straßenbeleuchtung zur Verfügung. Bochum nahm seit 1856 zum Betrieb der Straßenbeleuchtung den Ferngasbezug von den Zechen Hannover und Hannibal in Anspruch, die eigenständige kommunale Dortmunder Gaswerk AG für Gasbeleuchtung wurde 1857 gegründet.
Kostenvergleich von Beleuchtungsmatrialien 1872
- Wachskerze v.7,75 Gramm (g), Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde: 1,48 Kreuzer
- Stearinkerze v. 9,95 g, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde: 0,81 Kreuzer
- Paraffinkerze v. 7,20 g, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:1,42 Kreuzer
- Amerikanisches Erdöl 15,10 g, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:0,19 Kreuzer
- Photogen 14,39 g, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:0,23 Kreuzer
- Rüböl 19,90 g, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:0,27 Kreuzer
- Leuchtgas b. 21mm Druck, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:0,27 Kreuzer
- Leuchtgas b. 8mm Druck, Lichkosten n. Leuchtkraft v. 1 Kerze per Stunde:0,16 Kreuzer
Beleuchtungen vor 1930, teilweise noch vor 1950 bei Stromausfall und Stromabschaltungen genutzt
Leuchtgas
In den ersten Gasfabriken – so wurden Gaswerke teilweise auch benannt – wurde auch sogenanntes Holzgas für Beleuchtungszwecke produziert. Die Umstellung auf Steinkohlengas erfolgte dann danach.
Das Leuchtgas entsteht in der Kokerei und im Gaswerk durch erhitzen von Steinkohle in luftdicht abgeschlossenen Kammern. Neben den brennbaren Gasen bilden sich Teer, Wasser, Salmiakgeist, Naphtalin, Schwefelwasserstoff und auch giftige Stoffe, z.B. geruchloses Kohlenoxydgas. Die meisten dieser Nebenprodukte wurden in Folge der technischen Weiterentwickling für andere Anwendungen erschlossen.
Die Gasproduktion für Beleuchtungszwecke (später auch für Küchenherde) stand aber für die Kommunen im Vordergrund. Von daher wurde das erzeugte Gas folglich als «Leuchtgas» bezeichnet. Die zur Erzeugung des Gases benötigten beträchtliche Mengen von Entgasungsmaterial mußten herangeschafft wozu die Nähe zu den damaligen Massentransportmitteln Eisenbahn oder Schiff erforderlich war. Der Einsatz von Holz als Rohmaterial für die Gaserzeugung kam nur beschränkt in Westfalen zum Einsatz.
Rohstoffzufuhr durch Massentransportmittel
Mit der fortschreitenden Erschliessung Preußens durch die Eisenbahnen und Steigerung der Kohleförderung durch den Einsatz der Dampfmaschine wurde die Zufuhr qualitativ genügender Steinkohle wirtschaftlich möglich. Damit war die Nutzung des Energieträgers Gas auch in Gewerbe und Industrie zu einem berechenbaren Faktor geworden.
Gas auch für Kochzwecke
Fast zeitgleich mit dem Aufkommen des elektrischen Lichtes anfangs des 20. Jahrhunderts, welches zunächst lokal teilweise in Konkurrenz zum Leuchtgas stand, fand das Leuchtgas eine weitere Nutzung als sogenanntes «Kochgas». Die zahlreichen um 1900 entstandenen Gaswerke richteten sich auf die Gasproduktion für Kochzwecke und die Warmwasseraufbereitung aus. Für die Raumheizungen oder Kesselfeuerungen der Fabrikationsbetriebe standen fortan beträchtliche Mengen Koks, ein Nebenprodukt aus der Gasproduktion, sowie das heimische Holz zur Verfügung.
Elektrizität in Konkurrenz zum Leuchtgas
1930 setzte dann in Deutschland ein großflächiger Anschluss der privaten Haushalte an das öffentliche Stromnetz ein. Das Ende der Gasbeleuchtung war mit dem Aufkommen der Elektroenergie besiegelt. Das ist eigentlich der Zeitpunkt, seit dem der elektrische Strom aus dem Leben der Menschen überhaupt nicht mehr wegzudenken ist.
Beispiel: Gaswerk Recklinghausen
Im Jahre 1865 das von der Privatgesellschaft errichtete Gaswerk der Stadt Recklinghausen in Betrieb genommen. Der Preis für 1.000 Kubikfuß Gas betrug 2 Taler, 20 Silbergroschen.
30 Laternen für die Gesamtstadt 1865
Für die öffentliche Beleuchtung, die für das gesamte Stadtgebiet Recklinghausen aus 30 auf Kandelabern montierten Laternen bestand, wurden 44 Pfg. pro Stunde an das Gaswerk bezahlt. Wegen der schlechten Beschaffenheit des Gases bestanden dauernd Meinungsverschiedenheiten zwischen der Stadtverwaltung und der Betriebsgesellschaft, so daß das Werk im Jahre 1891 von der Stadt übernommen wurde. Damals betrug die höchste Tagesproduktion 500 cbm.
Umstellung auf Fremdbezug in Recklinghausen
Die schnelle Entwickelung des Gasverbrauchs zwang dauernd zu Vergrößerungen, so daß in den Jahren 1904-1906 eine durchgreifende Erweiterung auf eine Tagesleistung von 24.000 cbm vorgenommen wurde. Im Jahre 1912 schloß die Stadt einen Gaslieferungsvertrag mit der Gewerkschaft König Ludwig und legte ihr eigenes Gaswerk still. Die Gesamtabgabe betrug im Jahre 1912 rd. 2% Millionen cbm bei einer Rohrnetzlänge von rd. 62 km.
1927 Hochdrucksystem mit Reglerstationen
Die Benutzung des Gases zu Koch- und Heizzwecken nahm ständig zu, so daß im Jahre 1927 ein vollständiger Umbau der Versorgung erfolgen mußte. Um das Verteilungsnetz nicht erneuern zu müssen, ging man dazu über, eine Hochdruckleitung zu verlegen, welche mittels sieben Reglerstationen das hochkomprimierte Gas auf den Betriebsdruck herabsetzt. Von den Reglerstationen wird das Verteilungsnetz gespeist. Durch die Errichtung dieser Reglerstationen wird erreicht, daß das Verteilungsnetz mit Ausnahme ganz kleiner Strecken allen Ansprüchen genügt und das Gas mit gleichmäßigem Druck geliefert wird.
1.000 Straßenlaternen 1927
Im Jahre 1927 wurden insgesamt abgegeben 6 ¼ Mill. cbm Gas, die Gesamt-Rohrnetzlänge betrug rd. 113 km, für die öffentliche Beleuchtung waren rd. 1.000 Laternen in Recklinghausen vorhanden, die mittels automatischer Zündun:g und durch Zündwelle ein- und ausgeschaltet werden. Die Zahl der Konsumenten stellte sich am Ende des Jahres 1927 auf 11.033.
Hinweise für Familienforscher
- Deutsches Städtebuch: Das Deutsche Städtebuch liefert unter dem Oberbegriff Wohlfahrtspflege bei den Städten die notwendigen Daten zur Veränderung lokaler Situationen im Umfeld der jeweiligen Vorfahren, welche sich dann erst verzögert im ländlichen Umfeld dieser Städte auswirkten.