Berlin-Wartenberg/Rittergut I. Anteil: Unterschied zwischen den Versionen
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Andreas Erasmus von Seidel war ein Sohn des Kammergerichts- und Konsistorialrates Martin Friedrich von Seidel (* 18. Februar 1621 in Berlin, † Mai 1693 ebd.), der am 3. Dezember 1649 Martha Sophia Kohl (≈ 8. September 1624 in Berlin, † 25. September 1650 ebd.) geheiratet hatte. | Andreas Erasmus von Seidel war ein Sohn des Kammergerichts- und Konsistorialrates Martin Friedrich von Seidel (* 18. Februar 1621 in Berlin, † Mai 1693 ebd.), der am 3. Dezember 1649 Martha Sophia Kohl (≈ 8. September 1624 in Berlin, † 25. September 1650 ebd.) geheiratet hatte. | ||
Um sich mit den Behrfeldischen Nachkommen zu vergleichen, bat von Seidel am 4. Februar 1704 den Kurfürsten um Belehnung mit dem Gut in Wartenberg, das sein Großvater 1654 auf 60 Jahre wiederkäuflich erworben hatte.<ref name="seidel1">BLHA, Rep. 78 II S 129</ref> | Um sich mit den Behrfeldischen Nachkommen zu vergleichen, bat von Seidel am 4. Februar 1704 den Kurfürsten um Belehnung mit dem Gut in Wartenberg, das sein Großvater 1654 auf 60 Jahre wiederkäuflich erworben hatte.<ref name="seidel1">BLHA, Rep. 78 II S 129</ref> Nachdem er dann aber - immerhin schon 55jährig - geheiratet hatte und ihm ein Sohn geboren worden war, trug er am 22. Oktober dem Kurfürsten die Bitte vor, ihn und seinen Sohn nebst seinen männlichen Nachkommen mit dem Beerfeldischen Gut in Wartenberg zu belehnen und falls er ohne männliche Erben verstürbe, sein Vetter Gottfrid Ludwig von Seidel und dessen männliche Nachkommen lehnsberechtigt wären. Kurfürst Friedrich III. (regierte von 1688 bis 1713) gab am 26. Januar 1706 seine Einwilligung dazu. | ||
Andreas Erasmus von Seidel war ein gelehrter Mann, sammelte Handschriften und Münzen und hatte acht Sprachen gelernt. Im Gefolge hochgestellter Persönlichkeiten verbrachte er sein Leben hauptsächlich auf Reisen, u.a. "als Dolmetscher bei Griechen und Türken" und war dann Legationsrat in Frankfurt/Main.<ref name="seidel3">Zieringer Nachrichten, 51/2003, S. 28</ref> Er zog sich durch viele beschwerliche Reisen und häufige Nachtarbeit, wie es in einer zeitgenössischen Quelle heißt, einen gefährlichen Gesundheitszustand zu und starb, noch keine 57 Jahre alt, am 26. August 1707 in Berlin. Sein Leichnam wurde daraufhin nach Wartenberg in die Kirchengruft gebracht.<ref name="seidel2">Beck/Buxtorff, ''... Lexicon'', S. 396</ref> | Andreas Erasmus von Seidel war ein gelehrter Mann, sammelte Handschriften und Münzen und hatte acht Sprachen gelernt. Im Gefolge hochgestellter Persönlichkeiten verbrachte er sein Leben hauptsächlich auf Reisen, u.a. "als Dolmetscher bei Griechen und Türken" und war dann Legationsrat in Frankfurt/Main.<ref name="seidel3">Zieringer Nachrichten, 51/2003, S. 28</ref> Er zog sich durch viele beschwerliche Reisen und häufige Nachtarbeit, wie es in einer zeitgenössischen Quelle heißt, einen gefährlichen Gesundheitszustand zu und starb, noch keine 57 Jahre alt, am 26. August 1707 in Berlin. Sein Leichnam wurde daraufhin nach Wartenberg in die Kirchengruft gebracht.<ref name="seidel2">Beck/Buxtorff, ''... Lexicon'', S. 396</ref> |
Version vom 17. Oktober 2010, 14:32 Uhr
von Berfelde 1518
Joachim Botyn verkaufte 1518 "schwachheit seines leibs halber" und "weil seine vettern etwas zu dienen ungeschickt" das "halbe dorff Wardenberg" an Cristoff Bernfelde zu Trebnitz, der dieses Lehen am 30. Juni vom Kurfürsten Joachim I. "Nestor" (regierte von 1499 bis 1535) empfing.[1]
Einige Jahre später (1536) wird erstmals in Wartenberg ein Wohnsitz der Familie Berfelde erwähnt,[2] bestehend aus "ausgekauften"[3] Bauerngütern.[4]
Nach Christoff Bernfelts Tod schworen seine Söhne Liborius und Anthonius zu Trebnitz, auch für ihren unmündigen Brüder Mathias und Jörgen, am 2. Februar 1532 dem Kurfürsten den Lehneid. 1565 wird Liboriuß Berfelde zu Wartenbergk genannt.[5]
Der Besitz wurde vergrößert, als 1602 den beiden Rittergutsbesitzern Christoph Beerfelden und Hans Röbeln 5 Hufen "freigewilligt" wurden.[6] Der Landreiterbericht von 1608 gibt Christoff Berfelde zu Trebnitz, der mit Anna, geb. von Pfuel, verheiratet war, als Besitzer dieses Rittergutes an.[7] Die herrschaftlichen Familien von Berfelde und von Röbel stifteten der Wartenberger Kirche eine reichhaltige Ausstattung, z. B. 1605 eine Kanzel, versehen mit den Wappen der Familien von Berfelde, von Pfuel, von Röbel und von Krummensee.[8]
Kurfürst Johann Sigismund (regierte von 1608 bis 1619) belehnte nach Christoffs von Behrfelden Tod seine Söhne sowie seine Brüder zu Trebnitz am 24. April 1618 u. a. mit "dem halben dorff Wartenbergk, auf den Barnimb, bey Berlin gelegen."[9] Der neu angetretene Kurfürst Georg Wilhelm (regierte von 1619 bis 1640) erneuerte das Lehen am 16. Oktober 1620. Auch Kurfürst Friedrich Wilhelm (regierte von 1640 bis 1688) belehnte am 22. Juni 1644 die Gebrüder und Vettern von Berfelde, nämlich Christoph und Friderich (Christophs Söhne) sowie Ernst (Georgens Sohn), mit dem halben Dorf Wartenberg.
Kohl und Kemnitz 1654/55
Im Jahre 1654 veräußerte Christoph von Beerfelde auf Lossow sein Gut in Wartenberg mit kurfürstlichem Konsens wiederkaufsweise auf 60 Jahre an Dr. jur. Andreas Kohl (* 14. November 1568 in Zittau) und seine Erben.[10] Kohl bekleidete das Amt des brandenburgischen Vizekanzlers, war allerdings durch einen 1650 erlittenen Schlaganfall arbeitsunfähig.
Als er bald darauf am 17. Juni 1655 in Berlin im Alter von fast 87 Jahren starb, erbte sein Schwiegersohn, der Konsistorialpräsident Dr. iur. Joachim Kemnitz (* 13. Mai 1600 in Berlin), das Gut in Wartenberg. Er hatte am 6. Dezember 1640 Anna Margaretha Kohl (* 1. Mai 1619 in Berlin) geheiratet und wurde am 24. Mai 1663 in Berlin in der Nikolaikirche begraben; seine Witwe, die "Frau Baronin Kemnitz", folgte ihm am 24. November 1680.
Sie wurde von ihren beiden Kindern Maria Ursula und Heinrich Friedrich beerbt. Schon einige Jahre darauf verschuldete sich die Tochter bzw. "die Jungfer Kemnitz", wie sie genannt wurde, immer mehr und setzte dabei mit kurfürstlichem Konsens ihre Lehngüter Reinickendorf, Wartenberg, Biesdorf und Lüdersdorf (beide bei Wriezen) sowie ihr Wohnhaus in Berlin als Pfand ein:[11]
- Zunächst kaufte sie am 4. März 1685 beim "Schutz-Juden" Mosis Benjamin Wulff in Berlin drei Armbänder mit Tafeldiamenten für 140 Taler, zahlbar innerhalb von drei Wochen. Nach einem halben Jahr war jedoch noch keine Bezahlung erfolgt, da "die Jungfer Kemnitz nun sehr krank lag".
- Außerdem erwarb sie am 23., 25. und 27. April 1685 beim Hofgoldschmied Daniel Mänlich Silbergeschirr im Wert von 741 Talern, für deren Bezahlung ihr vier Monate Zeit gegeben wurde. Sie versprach dem Kreditor auch die Einwilligung ihres Bruders, sobald dieser wieder aus Italien zurückkehren werde.
- Am 1. Mai 1685 erhielt sie von Andreas Seger 360 Taler, am 1. Juli von demselben 6 Wispel Roggen "zu ihrer eigenen Haushaltung und notwendigen Wirtschaft", am 2. Juli weitere 40 Taler und am 19. Juli wieder 120 Taler für "Reisekosten" ihres Bruders. Als Rückzahlungstermin war Michaelis (29. September) desselben Jahres angesetzt. Seger erbat vom Kurfürsten ein Pfandrecht am Lehngut in Wartenberg, da "gedachte J[ungfer] Kemnitzin sehr schwerlich krank danieder lieget, und ihr H[err] Bruder auch noch in fremden Landen."
- Dann borgte sich die Jungfer Kemnitz am 9. Juni 1685 von Friederich Zorn, einem "vornehmen" Apotheker und Handelsmann in Berlin, 968 Taler, am 24. Juli 1685 vom Juden Moses Benjamin Wulff 100 Taler und letztlich am 29. Juli von Zorn noch einmal 598 Taler, wobei Wulff seine Forderung an Zorn abtrat. Zur Rückzahlung der Verbindlichkeit inkl. Zinsen an Zorn erhielt die Jungfer Kemnitz drei Monate Zeit. Doch hielt sie die Frist nicht ein, sondern empfing am 16. Januar 1686 auf "inständiges Begehren" einen zusätzlichen Betrag von 234 Talern. Die Gesamtsumme von nunmehr 1800 Talern sollte sie bis zum 28. Februar zurückzahlen.
- Bei den Berliner Handelsleuten Nicolaus Heuschkel und Gottfried Apfelstedt verschuldete sie sich am 18. Juli 1685 mit 250 Talern, rückzahlbar bis Michaelis inkl. 6 % Zinsen. Sie leistete allerdings erst am 23. Dezember eine Teilzahlung von 100 Talern.
Da die Jungfer Kemnitz diese vielen Schulden aus eigener Kraft nicht mehr begleichen konnte, überließ sie 1686 das Gut in Wartenberg samt den darauf ruhenden Forderungen ihrem Cousin.
von Seidel 1686
Der Hof- und Legationsrat Andreas Erasmus von Seidel (* 23. September 1650 in Berlin), verheiratet mit Elisabeth Charlotte geb. von Runckel, übernahm im Jahre 1686 von seiner verschuldeten Cousine das Gut in Wartenberg, beglich aber erst 1703, als er sein Haus in der Spandauer Straße in Berlin verkaufte, die Schulden beim Apotheker Zorn.[12]
Andreas Erasmus von Seidel war ein Sohn des Kammergerichts- und Konsistorialrates Martin Friedrich von Seidel (* 18. Februar 1621 in Berlin, † Mai 1693 ebd.), der am 3. Dezember 1649 Martha Sophia Kohl (≈ 8. September 1624 in Berlin, † 25. September 1650 ebd.) geheiratet hatte.
Um sich mit den Behrfeldischen Nachkommen zu vergleichen, bat von Seidel am 4. Februar 1704 den Kurfürsten um Belehnung mit dem Gut in Wartenberg, das sein Großvater 1654 auf 60 Jahre wiederkäuflich erworben hatte.[13] Nachdem er dann aber - immerhin schon 55jährig - geheiratet hatte und ihm ein Sohn geboren worden war, trug er am 22. Oktober dem Kurfürsten die Bitte vor, ihn und seinen Sohn nebst seinen männlichen Nachkommen mit dem Beerfeldischen Gut in Wartenberg zu belehnen und falls er ohne männliche Erben verstürbe, sein Vetter Gottfrid Ludwig von Seidel und dessen männliche Nachkommen lehnsberechtigt wären. Kurfürst Friedrich III. (regierte von 1688 bis 1713) gab am 26. Januar 1706 seine Einwilligung dazu.
Andreas Erasmus von Seidel war ein gelehrter Mann, sammelte Handschriften und Münzen und hatte acht Sprachen gelernt. Im Gefolge hochgestellter Persönlichkeiten verbrachte er sein Leben hauptsächlich auf Reisen, u.a. "als Dolmetscher bei Griechen und Türken" und war dann Legationsrat in Frankfurt/Main.[14] Er zog sich durch viele beschwerliche Reisen und häufige Nachtarbeit, wie es in einer zeitgenössischen Quelle heißt, einen gefährlichen Gesundheitszustand zu und starb, noch keine 57 Jahre alt, am 26. August 1707 in Berlin. Sein Leichnam wurde daraufhin nach Wartenberg in die Kirchengruft gebracht.[15]
Nach seinem Tod wurde sein erst zweijähriger Sohn Friedrich der nächste Gutsbesitzer in Wartenberg, erhielt aber zunächst einen Vormund; seine Witwe ehelichte den Generalfeldmarschall Hans von Lewald.
weitere Besitzer
- 1736 Otto Günther von Hertzberg,[16]
- 1761 Marie Charlotte von Wegier, verw. von Hertzberg, geb. von Lehwaldt,
- 1774 George Wilhelm von Hertzberg,
- 1784 der preußische Staatsminister Otto Carl Friedrich von Voß.
Er legte 1792 die beiden Adelssitze zusammen und ließ ein neues Gutshaus mit Wirtschaftsgebäuden errichten.
Quellen
- Historisches Ortslexikon (HOL) für Brandenburg. Teil VI: Barnim. Bearbeitet von Lieselott Enders, unter Mitarbeit von Margot Beck. Leipzig 1980 (Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam, Band 16).
- Codex diplomaticus brandenburgensis (CDB). Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Quellen für die Mark Brandenburg. Herausgegeben von Adolph Friedrich Riedel. 4 Hauptteile (A-D) mit 35 Bänden, Supplementband, 5 Registerbände. Berlin 1838 - 1869.
- Beiträge zu einem neueren Landbuch der Mark Brandenburg. Prälaten, Ritter, Städte, Lehnschulzen oder Roßdienst und Lehnwahr. Zusammengestellt und herausgezogen von C. v. Eickstedt. Magdeburg, 1840.
- Friske, Matthias: Die mittelalterlichen Kirchen auf dem Barnim [Auszug]. Geschichte - Architektur - Ausstattung. Lukas Verlag, Berlin 2001.
- Familie von Berfelde, Lehnbriefe 1618 - 1644. BLHA, Rep. 78 II B 46.
- Kittel, Erich: Die Erbhöfe und Güter des Barnim 1608 / 1652. Verzeichnisse der Lehnsleute, Bauern, Kossäten und Knechte. Herausgegeben im Auftrage des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg, mit Unterstützung des Kreises Niederbarnim und der Landesbauernschaft Kurmark. Bernburg 1937.
- Niemann, Arnold: Paul Gerhardt ohne Legende [Auszug]. Untersuchungen zum gesellschaftlichen Umfeld Paul Gerhardts. Göttingen 2009 (darin: genealogische Daten zu den Familien Kohl und Kemnitz).
- Bahl, Peter: Der Hof des Großen Kurfürsten [Auszug]. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens. Köln, Weimar, Wien 2001 (Veröffentlichungen aus den Archiven Preußischer Kulturbesitz: 8; Beiheft) [darin: genealogische Daten zu den Familien Kohl, Kemnitz und von Seidel].
- Familie Kemnitz, Konsense 1685 - 1686. BLHA, Rep. 78 II K 36.
- Familie von Seidel, Lehnsakten ab 1704. BLHA, Rep. 78 II S 129.
- Beck, Jacob Christoff / Buxtorff, August Johann: Neu vermehrtes Historisch und Geographisches Allgemeines Lexicon. 3. Auflage, Supplement 2. Theil, Ru - Z, 1744. [darin: Angaben zu Andreas Erasmus zu Seidel].
- Zieringer Nachrichten. Sonderausgabe, 51. Jahrgang, 2003. [darin: Angaben zu Andreas Erasmus von Seidel].
- Special Carte von des wirklich Geheimen Etates Krieges und dirigenden Ministers Freiherren Herren Domprobst von Voss Excellenz gehörigen Feldmarck Wartenberg (enthält auch Dorfkern), aufgenommen 1792, angefertigt 1809. LAB, F Rep. 270 Nr. 3706.
Fußnoten
- ↑ CDB, C 2, S. 445
- ↑ HOL, S. 598
- ↑ "Ausgekaufte" Bauernhöfe und "freigewilligte" Hufen waren dem Kurfürsten nicht mehr schoß- bzw. steuerpflichtig.
- ↑ Landreiterbericht von 1608, in: Kittel, Erich, Die Erbhöfe ..., S. 30
- ↑ neueres Landbuch, S. 36
- ↑ neueres Landbuch, S. 361
- ↑ Landreiterbericht von 1608, in: Kittel, Erich, Die Erbhöfe ..., S. 30
- ↑ Friske, Matthias, Die mittelalterlichen Kirchen ..., S. 341
- ↑ BLHA, Rep. 78 II B 46
- ↑ BLHA, Rep. 78 II S 1129
- ↑ BLHA, Rep. 78 II K 36
- ↑ BLHA, Rep. 78 II K 36
- ↑ BLHA, Rep. 78 II S 129
- ↑ Zieringer Nachrichten, 51/2003, S. 28
- ↑ Beck/Buxtorff, ... Lexicon, S. 396
- ↑ Kittel, Erich, Die Erbhöfe ..., S. IX
Wartenberg | |
1 | Rittergut 1. Anteil | 2 | 3 | 4 | 5 | vereinigtes Rittergut | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | Kirche | 12 | 13 | 14 | 15 | 16 | 17 | 18 | 19 | Rittergut 2. Anteil | 20 | Schule | 22 | 23 | 24 | 25 | 26 | 27 | 28 | 29 | 30 | 31 | 32 | 33 | 34 | Chausseehaus |