Dorf: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Preußen 1827 ===
=== Preußen 1827 ===
Eine [[Preußen|preußische]] Definition aus dem Jahr 1827 besagt, dass ''ein Inbegriff [...] von über zwölf Wohnungen zählenden Ortschaften als '''Dörfer''' [...] bezeichnet werden.''<ref>{{Haberkern/Wallach}}</ref>
Eine [[Preußen|preußische]] Definition aus dem Jahr 1827 besagt, dass ''ein Inbegriff [...] von über zwölf Wohnungen zählenden Ortschaften als '''Dörfer''' [...] bezeichnet werden.''<ref>{{Haberkern/Wallach}}</ref>
===Zeitzeichen Deutsches Reich 1895===
Dorf, Ortschaft in ländlicher Umgebung, offener Ort ohne Tor und Mauern, dessen Bewohner Ackerbau und Viehzucht als Hauptgewerbe betreiben oder doch früher betrieben haben. Jene Unterschiede nämlich, welche früher zwischen Stadt und Dorf insofern bestanden, als Handel und Gewerbe fast nur in den Städten betrieben werden konnten, sind mit der Befreiung des Bauernstandes und mit der Gewerbefreiheit hinweggefallen. Die Verschiedenheiten in der Beschäftigung der Dorf- und StStadtbewohner, wo sie überhaupt noch vorhanden sind, sind tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur. Meistens ist jedoch den Dörfern noch das Recht versagt, Märkte abzuhalten. Grössern Dorfschaften, welche ebendeshalb [[Marktflecken]] oder Märkte heissen, ist indessen das Marktrecht vielfach eingeräumt. Ein rechtlicher Unterschied zwischen Stadt und Land besteht hinsichtlich der Gemeindeverfassung. Der Bezirk, aus welchem ein Dorf nebst Feldern, Wiesen, Triften, Gärten, Gewässern, Holzungen etc. in sich begreift, heisst Dorfflur (Dorfmark, Feldmark); die Betreibungen derselben heissen Flurbücher. Dorfgericht (Df-Richter) heisst hier und da der Gemeindevorstand. Abgesehen von den Städten römischer Gründung haben sich die Dörfer in Deutschland früher als die Städte ausgebildet. Viele Dörfer entstanden aus freien Ansiedelungen, die bei zunehmender Bevölkerung sich zersplitterten, selbständige Gemeinden bildeten, aber das frühere gemeinsame Band oder wenigstens gewisse Güter und Rechte festhielten, z.B. Weiden und Waldungen und gemeinschaftliche oberste Leitung gemeinsamer Interessen (Marken, Gemeinheiten).
Andre Dörfer entstanden aus alten Oberhöfen, z.B. in [[Westfalen]] und am [[Niederrhein]], und aus Vereinigungen der Hofgenossen. Sehr viele Dörfer entstanden aber auch dadurch, dass ein Gutsherr Ansiedelungen (villae) anlegte. Alle, welche unter der Botmässigkeit des Herrn der Villa standen, begaben sich unter ein [[Hofrecht]], das der Herr der [[Villa]] aufstellte, und mussten dem [[Villicus]], einem von diesem Herrn eingesetzten Beamten, gehorchen. Daraus bildeten sich im Laufe der Zeit Gemeindeverfassungen. Noch jetzt finden sich da, wo viele villae waren, mit "[[Weiler]]" zusammengesetzte Ortsnamen, z.B. Buchsweiler, Gleisweiler, Eschweiler etc.; namentlich im Elsass, im badischen Oberland und in der Schweiz haben sich in solchen von dem Verbande der [[Villa]] umschlossenen Ortschaften, zum Teil nach Urkunden aus dem 10. u. 11. Jahrhundert, von der alten Gemeindeverfassung noch gewisse [[Hofrechte]] (Hofrodel) erhalten.
Endlich entstanden auch viele Dörfer bloss unter Bewilligung des Gutsherrn, der ihnen dann Schultheissen setzte, bisweilen ihnen wohl auch die Schultheissenwahl überliess. Die Entwickelung einer freiern Gemeindeverfassung stiess infolge dieses Verhältnisses auf viele Hindernisse. War ein Dorf aus alten Villen hervorgegangen, so standen dem vom Gutsherrn bestellten Schultheissen nur die Dorfschöffen als von der Gememeinde Gewählte bei den Beratungen zur Seite, und wo dies nicht infolge des Ursprungs der Fall war, waren die Dörfer in Zeiten der Gefahr unter die [[Vogtei]] eines Schutzherrn gekommen, der das Verhältnis bald in eine sogenannte Gemeindeherrschaft umzuwandeln wusste, aus der sich eine wahre Gerichtsbarkeit über das Dorf von selbst entwickelte. So kam es denn, dass die Dörfer endlich sämtlich als auf dem Gnadenweg entstanden behandelt wurden, was beim Gang der Dinge in Deutschland nach dem 30-jährigen Kriege sich kaum anders erwarten liess; denn da einmal der Zentralisationsgeist gegen alles Gemeindeleben ankämpfte und selbst die mächtigsten Städte sich der Obervormundschaft des Staates fügen mussten, so traf dies die Dorfgemeinden am härtesten. Erst durch die Gesetzgebung des 19. Jahrh. ist eine selbständigere Stellung der Dorfgemeinden herbeigeführt worden.
* Quelle: , Ver.[[Hic Leones]]


=== Bayern - heute ===
=== Bayern - heute ===

Version vom 7. Mai 2008, 19:10 Uhr

Disambiguation notice Dorf ist ein mehrfach besetzter Begriff. Zu weiteren Bedeutungen siehe unter Dorf (Begriffserklärung).


Ein Dorf ist eine menschliche Siedlung.

Der Begriff

Das Dorf, bzw. die Dorfgemeinde, auch Bauerschaft, Gemain, Gemeinde, Ortsgemeinde, communitas villae (lat.), universitas (lat.), ist im Gegensatz zur Dorfschaft ein genossenschaftlicher Verband, der auch Verwaltungsfunktionen hat und die niedere Gerichtsbarkeit ausübt. In älterer Zeit bestand die Dorfgemeinde mit wenigen Ausnahmen nur aus einem Dorf und seiner Flur.[1]

Einzelne Definitionen

Preußen 1827

Eine preußische Definition aus dem Jahr 1827 besagt, dass ein Inbegriff [...] von über zwölf Wohnungen zählenden Ortschaften als Dörfer [...] bezeichnet werden.[2]

Zeitzeichen Deutsches Reich 1895

Dorf, Ortschaft in ländlicher Umgebung, offener Ort ohne Tor und Mauern, dessen Bewohner Ackerbau und Viehzucht als Hauptgewerbe betreiben oder doch früher betrieben haben. Jene Unterschiede nämlich, welche früher zwischen Stadt und Dorf insofern bestanden, als Handel und Gewerbe fast nur in den Städten betrieben werden konnten, sind mit der Befreiung des Bauernstandes und mit der Gewerbefreiheit hinweggefallen. Die Verschiedenheiten in der Beschäftigung der Dorf- und StStadtbewohner, wo sie überhaupt noch vorhanden sind, sind tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur. Meistens ist jedoch den Dörfern noch das Recht versagt, Märkte abzuhalten. Grössern Dorfschaften, welche ebendeshalb Marktflecken oder Märkte heissen, ist indessen das Marktrecht vielfach eingeräumt. Ein rechtlicher Unterschied zwischen Stadt und Land besteht hinsichtlich der Gemeindeverfassung. Der Bezirk, aus welchem ein Dorf nebst Feldern, Wiesen, Triften, Gärten, Gewässern, Holzungen etc. in sich begreift, heisst Dorfflur (Dorfmark, Feldmark); die Betreibungen derselben heissen Flurbücher. Dorfgericht (Df-Richter) heisst hier und da der Gemeindevorstand. Abgesehen von den Städten römischer Gründung haben sich die Dörfer in Deutschland früher als die Städte ausgebildet. Viele Dörfer entstanden aus freien Ansiedelungen, die bei zunehmender Bevölkerung sich zersplitterten, selbständige Gemeinden bildeten, aber das frühere gemeinsame Band oder wenigstens gewisse Güter und Rechte festhielten, z.B. Weiden und Waldungen und gemeinschaftliche oberste Leitung gemeinsamer Interessen (Marken, Gemeinheiten).

Andre Dörfer entstanden aus alten Oberhöfen, z.B. in Westfalen und am Niederrhein, und aus Vereinigungen der Hofgenossen. Sehr viele Dörfer entstanden aber auch dadurch, dass ein Gutsherr Ansiedelungen (villae) anlegte. Alle, welche unter der Botmässigkeit des Herrn der Villa standen, begaben sich unter ein Hofrecht, das der Herr der Villa aufstellte, und mussten dem Villicus, einem von diesem Herrn eingesetzten Beamten, gehorchen. Daraus bildeten sich im Laufe der Zeit Gemeindeverfassungen. Noch jetzt finden sich da, wo viele villae waren, mit "Weiler" zusammengesetzte Ortsnamen, z.B. Buchsweiler, Gleisweiler, Eschweiler etc.; namentlich im Elsass, im badischen Oberland und in der Schweiz haben sich in solchen von dem Verbande der Villa umschlossenen Ortschaften, zum Teil nach Urkunden aus dem 10. u. 11. Jahrhundert, von der alten Gemeindeverfassung noch gewisse Hofrechte (Hofrodel) erhalten.

Endlich entstanden auch viele Dörfer bloss unter Bewilligung des Gutsherrn, der ihnen dann Schultheissen setzte, bisweilen ihnen wohl auch die Schultheissenwahl überliess. Die Entwickelung einer freiern Gemeindeverfassung stiess infolge dieses Verhältnisses auf viele Hindernisse. War ein Dorf aus alten Villen hervorgegangen, so standen dem vom Gutsherrn bestellten Schultheissen nur die Dorfschöffen als von der Gememeinde Gewählte bei den Beratungen zur Seite, und wo dies nicht infolge des Ursprungs der Fall war, waren die Dörfer in Zeiten der Gefahr unter die Vogtei eines Schutzherrn gekommen, der das Verhältnis bald in eine sogenannte Gemeindeherrschaft umzuwandeln wusste, aus der sich eine wahre Gerichtsbarkeit über das Dorf von selbst entwickelte. So kam es denn, dass die Dörfer endlich sämtlich als auf dem Gnadenweg entstanden behandelt wurden, was beim Gang der Dinge in Deutschland nach dem 30-jährigen Kriege sich kaum anders erwarten liess; denn da einmal der Zentralisationsgeist gegen alles Gemeindeleben ankämpfte und selbst die mächtigsten Städte sich der Obervormundschaft des Staates fügen mussten, so traf dies die Dorfgemeinden am härtesten. Erst durch die Gesetzgebung des 19. Jahrh. ist eine selbständigere Stellung der Dorfgemeinden herbeigeführt worden.

Bayern - heute

In Bayern ist eine Einöde eine Siedlung mit einem oder zwei Wohngebäuden. Eine Ansiedlung von drei bis neun Wohngebäuden bezeichnet man als Weiler. Ab zehn Wohngebäuden spricht man bei einer Ansiedlung von einem Dorf.[3]

Russland

In Russland wird ein Dorf ohne Kirche oder ein Landgut mit деревня [derewnja] bezeichnet. Die Verkleinerungsform dazu heißt деревенька [derewenka].[4] Eine solche Siedlung bestand aus bis zu 100 Höfen oder 1.000 Einwohnern.[5] In den Ortsverzeichnissen aus der Zarenzeit[6] werden einzelne wenige größere Siedlungen auch als деревня gekennzeichnet.[7]
Zum Vergleich: Dorf mit Kirche im Artikel Kirchdorf.

GOV-Objekttyp

55 - Dorf - {eng=village, deu=Dorf, rus=деревня}
siehe: http://gov.genealogy.net/ShowTypes.do

Siehe auch



  1. Regierungsbezirk Aachen/Statistik 1827
  2. HABERKERN, Eugen, WALLACH, Joseph Friedrich, Hilfswörterbuch für Historiker, Mittelalter und Neuzeit, Erster Teil: A-K, Zweiter Teil: L-Z, Tübingen 1987.
  3. Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 18.10.1950
  4. PAWLOWSKY, J. "Russisch-Deutsches Wörterbuch"; Riga, Leipzig 1911; 3. Auflage; S.296
  5. Russische Wikipedia: Деревня
  6. Памятная Книшка Волынской Губерний (Gedenkbuch des Gouvernements Wolhynien) 1888, 1906
  7. Beispiele aus dem Gouvernement Wolhynien in dem Artikel Derewnja aus dem VolynWiki