Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/160: Unterschied zwischen den Versionen

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In unserer Landeskirche hat seit der Reformation, die von Wittenberg ihren Ausgang nahm, Alles, was hinsichtlich theologischer
Richtungen und Streitigkeiten sich auf dem Boden des protestantischen Deutschlands begab, seine mehr oder minder starke Abspiegelung gefunden. Dies konnte in der That nicht anders sein, zumal so lange es eine einheimische Hochschule nicht gab, und auch selbst nachdem die Kieler Universität ins Leben getreten war, die zunächst nur für den Fürstlichen Antheil des Landes bestand. Es ist daher ganz natürlich, wenn die Kirche unseres Landes auch von den Streitigkeiten bewegt worden ist, welche unter dem Namen der pietistischen seit Spener's Zeiten auf eine so tief eingreifende Weise die lutherischen Länder Deutschlands erschütterten. Die Wirkung dieser Bewegung auf dem kirchlichen Gebiete ist bis auf unsere Zeiten eine so nachhaltige gewesen, daß an dieser Stelle eine ausführlichere Darstellung derselben nicht fehlen darf.
 
Bei uns wie anderswo, und zwar zu jener wie in späterer Zeit, ist aber das Wesen dieser Bewegung nicht selten unrichtig oder doch sehr unvollständig aufgefaßt, ja, der Ausdruck „Pietismus“ und „pietistisch“ selbst in sehr unbestimmter Weise verstanden und angewendet worden. Schon Spener selbst meldet, daß der Name „Pietisten“ bereits 1681 in der Umgegend von Frankfurt gebräuchlich gewesen sei, und daß Diejenigen, welche die von Spener zu Frankfurt am Main von 1670—1682 in seinem Hause gehaltenen <tt>Collegia pietatis</tt> besuchten, sich anfangs gern diesen Namen gefallen ließen. Noch 1699 erschien eine Schrift unter dem Titel: „Der aufrichtige Pietist“; ja es wurde für die Gegner der Name Antipietisten gebraucht in dem Sinne, als ob es solche wären, die der Frömmigkeit widerstrebten. Auch um 1689 kam zu Leipzig, wo August Hermann Francke und mehrere seiner Freunde das <tt>Collegium philo-biblicum</tt> eingerichtet hatten, der Name „Pietisten“ recht in Uebung, seitdem J. B. Carpzov bei der Beerdigung eines Studenten, welcher daran Theil genommen hatte, in der Leichenpredigt desfalls eine Erinnerung that, auch schon bereits mehrere

Aktuelle Version vom 3. Januar 2009, 13:43 Uhr

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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V.

Pietistische Bewegungen.

In unserer Landeskirche hat seit der Reformation, die von Wittenberg ihren Ausgang nahm, Alles, was hinsichtlich theologischer Richtungen und Streitigkeiten sich auf dem Boden des protestantischen Deutschlands begab, seine mehr oder minder starke Abspiegelung gefunden. Dies konnte in der That nicht anders sein, zumal so lange es eine einheimische Hochschule nicht gab, und auch selbst nachdem die Kieler Universität ins Leben getreten war, die zunächst nur für den Fürstlichen Antheil des Landes bestand. Es ist daher ganz natürlich, wenn die Kirche unseres Landes auch von den Streitigkeiten bewegt worden ist, welche unter dem Namen der pietistischen seit Spener's Zeiten auf eine so tief eingreifende Weise die lutherischen Länder Deutschlands erschütterten. Die Wirkung dieser Bewegung auf dem kirchlichen Gebiete ist bis auf unsere Zeiten eine so nachhaltige gewesen, daß an dieser Stelle eine ausführlichere Darstellung derselben nicht fehlen darf.

Bei uns wie anderswo, und zwar zu jener wie in späterer Zeit, ist aber das Wesen dieser Bewegung nicht selten unrichtig oder doch sehr unvollständig aufgefaßt, ja, der Ausdruck „Pietismus“ und „pietistisch“ selbst in sehr unbestimmter Weise verstanden und angewendet worden. Schon Spener selbst meldet, daß der Name „Pietisten“ bereits 1681 in der Umgegend von Frankfurt gebräuchlich gewesen sei, und daß Diejenigen, welche die von Spener zu Frankfurt am Main von 1670—1682 in seinem Hause gehaltenen Collegia pietatis besuchten, sich anfangs gern diesen Namen gefallen ließen. Noch 1699 erschien eine Schrift unter dem Titel: „Der aufrichtige Pietist“; ja es wurde für die Gegner der Name Antipietisten gebraucht in dem Sinne, als ob es solche wären, die der Frömmigkeit widerstrebten. Auch um 1689 kam zu Leipzig, wo August Hermann Francke und mehrere seiner Freunde das Collegium philo-biblicum eingerichtet hatten, der Name „Pietisten“ recht in Uebung, seitdem J. B. Carpzov bei der Beerdigung eines Studenten, welcher daran Theil genommen hatte, in der Leichenpredigt desfalls eine Erinnerung that, auch schon bereits mehrere