Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/1/017: Unterschied zwischen den Versionen

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selbst der Edle konnte in ein Abhängigkeitsverhältniß zu Anderen sich begeben, ohne daß dies unrühmlich war, und die Nothwendigkeit erforderte dies bei dem Grundsatz, auf welchem eigentlich die ganze Verfassung beruhte: Der Hof soll nicht getheilt werden. Sich nähren und sich wehren, das ist die Aufgabe, die zu allererst von jedem Volk erkannt wird, und die ersten gesellschaftlichen Einrichtungen gehen darauf, daß es nicht nur für den Augenblick, sondern auf die Länge möglich werde. Wir erkennen in den Sachsen aber zu der Zeit, wo sie geschichtlich hervortreten, ein seßhaftes, ein sitzendes Volk, kein umherschweifendes. Es sind eben Sassen, keine Sueven. Was soll mit dem Ueberschuß der Bevölkerung werden? Diese von dem Hause ausgehende Frage ist es, die jenachdem sie beantwortet wird, aufs entschiedenste auf die ganze innere Verfassung. wie auf das äußere Schicksal eines Volkes einwirkt. Soll keine Theilung und Zerstückelung des Grundeigenthums eintreten, will man Höfe erhalten, auf welchen ein Besitzer mit Familie sich nähren, wovon er sich beim Angriff wehren kann, so scheint der Weg gewiesen durch
 
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''<tt>sistit, nobilium scilicet et liberorum libertorumque atque servorum,</tt> und somit die Sklaven als vierten Stand rechnet, so hat dies freilich insofern seine Richtigkeit, als er die Menschen-Klassen aufzählen will; aber zum Volk gehörten die Sklaven als unberechtigte nicht. Adam erwähnt noch, daß auf die Vermischung der Klassen unter einander durch Heirathen die Todesstrafe stand, und somit die Stände in völliger Geschiedenheit erhalten werden konnten. Die oben genannten <tt>Lazzi</tt> heißen sonst <tt>Letti, Liti</tt> und mochten ursprünglich zum Theil Freigelassene sein. Das Wort <tt>Liti</tt> ist ohne Zweifel Lüde, Leute, eine Benennung, an der noch jetzt vielfach die Bedeutung Abhängiger und Dienstbarer haftet. Die alte Einheitsform "ein Leut" ist unserer Sprache abhanden gekommen. Dieser Standesunterschied tritt bekanntlich auch hervor in den Strafbestimmungen, z. B. in <tt>Caroli Magni Capitulatio de partibus Saxoniae,</tt> wo es heißt: <tt>Si quis prohibitum vel illicitum conjugium sibi sortitus fuerit, si nobilis solid. LX, si ingenuus XXX, si litus XV;</tt> und so regelmäßig in anderen Fällen der Edle doppelt so viel als der Gemeinfreie, dieser (der Wehr) doppelt so viel als der Leut. In dem angeführten Beispiel aber zeigt sich, daß mit Einführung des Christenthums die Todesstrafe für die Vermischung der Stände in eine Geldstrafe verwandelt ward. Diese aber war keinesweges eine geringe, denn nach dem <tt>Capitulare</tt> von 797 war ein Sächsischer <tt>Solidus</tt> oder Schilling an Werth einem jährigen Rind gleich, oder 15 bis 20 Scheffeln Rocken, doppelt so viel Scheffeln Hafer.
Michelsen, Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins. I.''

Version vom 4. März 2008, 16:28 Uhr

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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selbst der Edle konnte in ein Abhängigkeitsverhältniß zu Anderen sich begeben, ohne daß dies unrühmlich war, und die Nothwendigkeit erforderte dies bei dem Grundsatz, auf welchem eigentlich die ganze Verfassung beruhte: Der Hof soll nicht getheilt werden. Sich nähren und sich wehren, das ist die Aufgabe, die zu allererst von jedem Volk erkannt wird, und die ersten gesellschaftlichen Einrichtungen gehen darauf, daß es nicht nur für den Augenblick, sondern auf die Länge möglich werde. Wir erkennen in den Sachsen aber zu der Zeit, wo sie geschichtlich hervortreten, ein seßhaftes, ein sitzendes Volk, kein umherschweifendes. Es sind eben Sassen, keine Sueven. Was soll mit dem Ueberschuß der Bevölkerung werden? Diese von dem Hause ausgehende Frage ist es, die jenachdem sie beantwortet wird, aufs entschiedenste auf die ganze innere Verfassung. wie auf das äußere Schicksal eines Volkes einwirkt. Soll keine Theilung und Zerstückelung des Grundeigenthums eintreten, will man Höfe erhalten, auf welchen ein Besitzer mit Familie sich nähren, wovon er sich beim Angriff wehren kann, so scheint der Weg gewiesen durch


sistit, nobilium scilicet et liberorum libertorumque atque servorum, und somit die Sklaven als vierten Stand rechnet, so hat dies freilich insofern seine Richtigkeit, als er die Menschen-Klassen aufzählen will; aber zum Volk gehörten die Sklaven als unberechtigte nicht. Adam erwähnt noch, daß auf die Vermischung der Klassen unter einander durch Heirathen die Todesstrafe stand, und somit die Stände in völliger Geschiedenheit erhalten werden konnten. Die oben genannten Lazzi heißen sonst Letti, Liti und mochten ursprünglich zum Theil Freigelassene sein. Das Wort Liti ist ohne Zweifel Lüde, Leute, eine Benennung, an der noch jetzt vielfach die Bedeutung Abhängiger und Dienstbarer haftet. Die alte Einheitsform "ein Leut" ist unserer Sprache abhanden gekommen. Dieser Standesunterschied tritt bekanntlich auch hervor in den Strafbestimmungen, z. B. in Caroli Magni Capitulatio de partibus Saxoniae, wo es heißt: Si quis prohibitum vel illicitum conjugium sibi sortitus fuerit, si nobilis solid. LX, si ingenuus XXX, si litus XV; und so regelmäßig in anderen Fällen der Edle doppelt so viel als der Gemeinfreie, dieser (der Wehr) doppelt so viel als der Leut. In dem angeführten Beispiel aber zeigt sich, daß mit Einführung des Christenthums die Todesstrafe für die Vermischung der Stände in eine Geldstrafe verwandelt ward. Diese aber war keinesweges eine geringe, denn nach dem Capitulare von 797 war ein Sächsischer Solidus oder Schilling an Werth einem jährigen Rind gleich, oder 15 bis 20 Scheffeln Rocken, doppelt so viel Scheffeln Hafer. Michelsen, Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins. I.