Handbuch der praktischen Genealogie/319: Unterschied zwischen den Versionen
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Bei Orten, deren Namen in verschiedenen Gegenden wiederkehren, wird man natürlich zunächst bei gleichlautenden Familiennamen im allgemeinen nicht ohne weiteres bestimmt wissen, welcher Ort als Heimat der betreffenden Familie anzunehmen sein wird. So gibt es z. B. mehrere Berge und Orte des Namens „Freiberg" in Deutschland und Österreich; man kann den Namen als den freigelegenen Berg oder als den von Grundlasten freien Berg oder als den heiligen Berg der Freya deuten; auf die Berghauptstadt Freiberg des Königreichs Sachsen z.B. passen die zwei ersten Deutungen, auf den Freiberg bei Meran wohl am besten die dritte Deutung. Wenn nun in Freiberg i. Sa. eine Familie Freiberger seit den ältesten Zeiten vorkommt, so ist damit natürlich noch keineswegs gesagt, daß diejenigen Familien „Freiberger", die nach Siebmachers Wappenbuch in Gries, Bozen, Kempten und Graz vorkommen, zu der sächsischen Familie Freiberger irgend eine verwandtschaftliche Beziehung haben. | |||
Es ist bekannt, daß die adligen Geschlechter des Mittelalters sich mit Vorliebe nach ihrem Stammsitz nannten.<ref>Auch bürgerliche und bäuerliche Familien nannten sich nach dem Wohnsitz. Das gilt z. B. von den meisten alteingesessenen Bauernfamilien in der Altmark.</ref> So taten es, um nur wenige Beispiele anzuführen, die Herren von Salzwedel, von Krakau [dieses Cracau liegt in der Nähe von Magdeburg auf der slavischen Elbseite, vgl. von Ledebur, Märkische Forschungen, 3. Bd. 1847], von Jagow [„der Name ist ohne Zweifel dem in der Uckermark zwischen Prenzlau und Strasburg gelegenen Städtchen und Schlosse entlehnt", Ledebur a. a. o. S. 333 ff.]. Eine große Erschwerung der Forschung ist es, daß schon in früherer Zeit zahlreiche gleichnamige Ortschaften existierten. Mit Recht klagt Leopold von Ledebur: „Die Namen der Topographie, der die Mehrzahl der adligen Geschlechter ihre Namen zu verdanken hat, wiederholen sich so oft." | |||
Wie schwierig solche Herkunftsfragen häufig sind, dafür mag die Familie von Wedel als Beispiel dienen, die uns, zumal im 14. Jahrhundert, in den Landen über der Oder in einer Mächtigkeit und Bedeutung entgegentritt, die ihresgleichen in den Marken nicht findet. Die Orte Wedel bei Königsberg i.N., Alten-Wedel bei Reetz und Neu-Wedel sind ohne Zweifel nach ihnen benannt und auch von ihnen gegründet worden. Der Name selbst kann aber seinen deutschen Ursprung, das Sachsenland, als seine eigentliche Heimat nicht verleugnen. Wir wenden uns jedoch nicht an das im Holsteinischen an der Elbe gelegene Städtchen Wedel als die Wiege des Geschlechtes, wiewohl auch diesem Orte eine gleichnamige ritterliche Familie entsprossen ist. Nach Ledebur a. a. O. S. 109 ist das unfern Stendal gelegene Dorf Welle als Stammsitz des Wedelschen Geschlechtes festzuhalten. Jedenfalls finden wir in dieser Gegend den Namen des Geschlechts in den variierenden Formen Welle, Weddele, Wedele zuerst vor. | |||
Selbstverständlich dürfen in solchen Herkunftsfragen nicht die heutigen Formen der Familien- und Ortsnamen, sondern nur deren älteste Gestaltung maßgebend sein, wie wir solche in Urkunden und sonstigen alten Niederschriften finden. | |||
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Version vom 5. August 2007, 09:03 Uhr
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Handbuch der praktischen Genealogie | |
Inhalt | |
Band 2 Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI | |
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Bei Orten, deren Namen in verschiedenen Gegenden wiederkehren, wird man natürlich zunächst bei gleichlautenden Familiennamen im allgemeinen nicht ohne weiteres bestimmt wissen, welcher Ort als Heimat der betreffenden Familie anzunehmen sein wird. So gibt es z. B. mehrere Berge und Orte des Namens „Freiberg" in Deutschland und Österreich; man kann den Namen als den freigelegenen Berg oder als den von Grundlasten freien Berg oder als den heiligen Berg der Freya deuten; auf die Berghauptstadt Freiberg des Königreichs Sachsen z.B. passen die zwei ersten Deutungen, auf den Freiberg bei Meran wohl am besten die dritte Deutung. Wenn nun in Freiberg i. Sa. eine Familie Freiberger seit den ältesten Zeiten vorkommt, so ist damit natürlich noch keineswegs gesagt, daß diejenigen Familien „Freiberger", die nach Siebmachers Wappenbuch in Gries, Bozen, Kempten und Graz vorkommen, zu der sächsischen Familie Freiberger irgend eine verwandtschaftliche Beziehung haben.
Es ist bekannt, daß die adligen Geschlechter des Mittelalters sich mit Vorliebe nach ihrem Stammsitz nannten.[1] So taten es, um nur wenige Beispiele anzuführen, die Herren von Salzwedel, von Krakau [dieses Cracau liegt in der Nähe von Magdeburg auf der slavischen Elbseite, vgl. von Ledebur, Märkische Forschungen, 3. Bd. 1847], von Jagow [„der Name ist ohne Zweifel dem in der Uckermark zwischen Prenzlau und Strasburg gelegenen Städtchen und Schlosse entlehnt", Ledebur a. a. o. S. 333 ff.]. Eine große Erschwerung der Forschung ist es, daß schon in früherer Zeit zahlreiche gleichnamige Ortschaften existierten. Mit Recht klagt Leopold von Ledebur: „Die Namen der Topographie, der die Mehrzahl der adligen Geschlechter ihre Namen zu verdanken hat, wiederholen sich so oft."
Wie schwierig solche Herkunftsfragen häufig sind, dafür mag die Familie von Wedel als Beispiel dienen, die uns, zumal im 14. Jahrhundert, in den Landen über der Oder in einer Mächtigkeit und Bedeutung entgegentritt, die ihresgleichen in den Marken nicht findet. Die Orte Wedel bei Königsberg i.N., Alten-Wedel bei Reetz und Neu-Wedel sind ohne Zweifel nach ihnen benannt und auch von ihnen gegründet worden. Der Name selbst kann aber seinen deutschen Ursprung, das Sachsenland, als seine eigentliche Heimat nicht verleugnen. Wir wenden uns jedoch nicht an das im Holsteinischen an der Elbe gelegene Städtchen Wedel als die Wiege des Geschlechtes, wiewohl auch diesem Orte eine gleichnamige ritterliche Familie entsprossen ist. Nach Ledebur a. a. O. S. 109 ist das unfern Stendal gelegene Dorf Welle als Stammsitz des Wedelschen Geschlechtes festzuhalten. Jedenfalls finden wir in dieser Gegend den Namen des Geschlechts in den variierenden Formen Welle, Weddele, Wedele zuerst vor.
Selbstverständlich dürfen in solchen Herkunftsfragen nicht die heutigen Formen der Familien- und Ortsnamen, sondern nur deren älteste Gestaltung maßgebend sein, wie wir solche in Urkunden und sonstigen alten Niederschriften finden.
- ↑ Auch bürgerliche und bäuerliche Familien nannten sich nach dem Wohnsitz. Das gilt z. B. von den meisten alteingesessenen Bauernfamilien in der Altmark.