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Zwei Gedichte | |||
von H. P. C. Rethwisch, gebürtig in Fahren, Kunstgärtner in Schönberg 1838. | |||
Osterwisch | |||
(Eine Sage.) | |||
Dem Strande nicht fern, in Wald und Gebüsch - Noch zeiget man allerlei Spuren -Lag früher das große OsterwischAuf seinen gesegneten Fluren.Auf üppige Wiesen der muntere Hirt'Zahlreiche Herden von Osterwisch führt:Feiste Kühe uud Kälber und Pferde.Und weiter hinaus am Baltisch Meer,Da weidet das weiße, wollige Heer,Sucht abends die schützende Hürde. | |||
Ein lustig „Hussah!“ der Jäger erschallt Dem schäumenden Keuler zum Spott und Hohn.Sie folgen der Fährte im Eichenwald;Für nichts man achtet di sumpfige Bahn.Und - horch! zu den Ohreu dringt tief und dumpfRöcheln des sterbenden Schwarzwilds im SumpfZur Freude der Buben im Thale.Sie eilen, sie jubeln ins Dorf hinein:„Schon wieder fiel eben ein wildes Schwein,Auf, auf ! und bereitet's zum Mahle!“ | |||
Die Frauen rief ab das feige GeheulDes Wolfes aus Stall und aus Stube.Bewaffnet mit Spieß, mit Bogen und PfeilEilen sie im Lauf au die Grube.Im Netz lag gefangen der Isegrim;Es nahten mutige Weiber sich ihmUnd schossen laut lachend ihn nieder,Kehrten zum Dorf triumphierend zurück,Und sangen von Liebe, von Waffenglück;Sie sangen gar lustige Lieder. | |||
War gleich die göttliche Lehre vom HeilSchon lange auch hieher gedrungen;Hatt' mancher auch an der Gnade teil,Die für uns der Heiland errungen.Doch wurden viele, die eben belehrt,Durch böse Exempel wieder bethörtUnd dienten von neuem den Sünden.So schwand im Dorfe Osterwisch hinDie gute Sitte, der biedere Sinn;Treu' und Glauben war kaum noch zu finden. | |||
Kein Wand'rer entrann der Plünderung dort,Kein Fahrzeug, wenn sie es ereilten;Drinnen im Walde, da war der Ort,Wo gierig die Beute sie teilten.Es lebten die Menschen, als wär' kein GottUnd trieben mit allem, was heilig, Spott,Und lachten des Greises Belehren,Der sich, laut Sage, auf göttlich GeheißMit Thränen, Arbeit, Mühe und FleißBestrebte, dies Volk zu bekehren. | |||
Schon früher war durchs zürnende MeerEin großer Strich Landes verloren.„Auf! bauet den Deich, der den Fluten wehr',Der sich're das Dorf, Schutz geb' den Mooren !“So mahnte, so bat der lautere Greis.„Laßt durch Gemeinsinn, durch eisernen FleißDer Weisung des Himmels uns fügen.Ersticket die Bosheit, den bösen Neid,Und seid als Christen zu handeln bereit,Das Dienen sei euch ein Vergnügen.“ | |||
„Verscherzt nicht Gottes Langmut und Huld,Damit wir der Strafe entgehen!Blutrot, ihr Brüder, ist unsere Schuld!“So hörte man täglich ihn flehen, -Man lachte der Warnung. „Grämlicher Thor!“So rief der Frechste der Rotte hervor,„Der Kahlkopf ist längst schon von Sinnen!“Doch in der Nacht noch dem Greise erschienEin himmlischer Bote . „Auf, du muß flieh'n!Auf! eile,“ so sprach er, „von hinnen.“ | |||
Wehe den Frevlern, der Herr ist gerecht!Der Heilige läßt sich nicht spotten! -Er flieht, er flieht, der getreue Knecht;Aengstiglich rufen Osterwischs Rotten.Was stürzet heraus mit Windes Gebraus?Gott läßt des Ozeans Furien aus,Den menschlichen Frevel zu rächen. -Weinend betet der Greis in der Zelle,Liegt aus den Knieen in der Kapelle:„Gnade, o Herr, denSeelen der Frechen!“ |
Version vom 13. März 2008, 13:10 Uhr
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Zwei Gedichte von H. P. C. Rethwisch, gebürtig in Fahren, Kunstgärtner in Schönberg 1838. Osterwisch (Eine Sage.) Dem Strande nicht fern, in Wald und Gebüsch - Noch zeiget man allerlei Spuren -Lag früher das große OsterwischAuf seinen gesegneten Fluren.Auf üppige Wiesen der muntere Hirt'Zahlreiche Herden von Osterwisch führt:Feiste Kühe uud Kälber und Pferde.Und weiter hinaus am Baltisch Meer,Da weidet das weiße, wollige Heer,Sucht abends die schützende Hürde. Ein lustig „Hussah!“ der Jäger erschallt Dem schäumenden Keuler zum Spott und Hohn.Sie folgen der Fährte im Eichenwald;Für nichts man achtet di sumpfige Bahn.Und - horch! zu den Ohreu dringt tief und dumpfRöcheln des sterbenden Schwarzwilds im SumpfZur Freude der Buben im Thale.Sie eilen, sie jubeln ins Dorf hinein:„Schon wieder fiel eben ein wildes Schwein,Auf, auf ! und bereitet's zum Mahle!“ Die Frauen rief ab das feige GeheulDes Wolfes aus Stall und aus Stube.Bewaffnet mit Spieß, mit Bogen und PfeilEilen sie im Lauf au die Grube.Im Netz lag gefangen der Isegrim;Es nahten mutige Weiber sich ihmUnd schossen laut lachend ihn nieder,Kehrten zum Dorf triumphierend zurück,Und sangen von Liebe, von Waffenglück;Sie sangen gar lustige Lieder. War gleich die göttliche Lehre vom HeilSchon lange auch hieher gedrungen;Hatt' mancher auch an der Gnade teil,Die für uns der Heiland errungen.Doch wurden viele, die eben belehrt,Durch böse Exempel wieder bethörtUnd dienten von neuem den Sünden.So schwand im Dorfe Osterwisch hinDie gute Sitte, der biedere Sinn;Treu' und Glauben war kaum noch zu finden. Kein Wand'rer entrann der Plünderung dort,Kein Fahrzeug, wenn sie es ereilten;Drinnen im Walde, da war der Ort,Wo gierig die Beute sie teilten.Es lebten die Menschen, als wär' kein GottUnd trieben mit allem, was heilig, Spott,Und lachten des Greises Belehren,Der sich, laut Sage, auf göttlich GeheißMit Thränen, Arbeit, Mühe und FleißBestrebte, dies Volk zu bekehren. Schon früher war durchs zürnende MeerEin großer Strich Landes verloren.„Auf! bauet den Deich, der den Fluten wehr',Der sich're das Dorf, Schutz geb' den Mooren !“So mahnte, so bat der lautere Greis.„Laßt durch Gemeinsinn, durch eisernen FleißDer Weisung des Himmels uns fügen.Ersticket die Bosheit, den bösen Neid,Und seid als Christen zu handeln bereit,Das Dienen sei euch ein Vergnügen.“ „Verscherzt nicht Gottes Langmut und Huld,Damit wir der Strafe entgehen!Blutrot, ihr Brüder, ist unsere Schuld!“So hörte man täglich ihn flehen, -Man lachte der Warnung. „Grämlicher Thor!“So rief der Frechste der Rotte hervor,„Der Kahlkopf ist längst schon von Sinnen!“Doch in der Nacht noch dem Greise erschienEin himmlischer Bote . „Auf, du muß flieh'n!Auf! eile,“ so sprach er, „von hinnen.“ Wehe den Frevlern, der Herr ist gerecht!Der Heilige läßt sich nicht spotten! -Er flieht, er flieht, der getreue Knecht;Aengstiglich rufen Osterwischs Rotten.Was stürzet heraus mit Windes Gebraus?Gott läßt des Ozeans Furien aus,Den menschlichen Frevel zu rächen. -Weinend betet der Greis in der Zelle,Liegt aus den Knieen in der Kapelle:„Gnade, o Herr, denSeelen der Frechen!“