Gästebitter: Unterschied zwischen den Versionen
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Ein Gästebitter hatte in Westfalen die Aufgabe, die gewünschten Gäste zur Hochzeit einzuladen. Dies war in erster Linie die traditionell festgefügte Nachbarschaft und ebenso die im Kirchspiel wohnende Verwandtschaft mit dem zugehörigen Gesinde. | Ein Gästebitter hatte in Westfalen die Aufgabe, die gewünschten Gäste zur Hochzeit einzuladen. Dies war in erster Linie die traditionell festgefügte Nachbarschaft und ebenso die im Kirchspiel wohnende Verwandtschaft mit dem zugehörigen Gesinde. | ||
Dabei gab er, für jedermann erkenntlich, eine ganz wichtige öffentliche Person ab. Gekleidet war er demgemäß feierlich mit blauem Kittel, weißem (Unter-) Hemd und rotem Halstuch, der üblichen Hose und Holzschuhen. Dazu trug er einen blumenverzierten Hutund mit bunten Bändern verzierten Stab (Schultenstab) und schritt stolz wie ein Pfau durch das Dorf. Um 1900 und danach fuhren bereits einige wenige Gästebitter mit dem Fahrrad, trugen wegen ihers „hohen Standes“ einen Vatermörder | Dabei gab er, für jedermann erkenntlich, eine ganz wichtige öffentliche Person ab. Gekleidet war er demgemäß feierlich mit blauem Kittel, weißem (Unter-) Hemd und rotem Halstuch, der üblichen Hose und Holzschuhen. Dazu trug er einen blumenverzierten Hutund mit bunten Bändern verzierten Stab (Schultenstab) und schritt stolz wie ein Pfau durch das Dorf. Um 1900 und danach fuhren bereits einige wenige Gästebitter mit dem Fahrrad, trugen wegen ihers „hohen Standes“ als eigene Karrikatur einen Bratenrock mit "Vatermörder" und Schlips, wie auch schon einen Zylinder. | ||
Jedenfalls konnte sich diese Tätigkeit wegen der Vielzahl der persönlich zu bewerkstelligenden Einladungen und dem jeweiligen Bewirtungsumfang (prostevieren) gegenüber dem Gästebitter über mehrere Tage erstrecken (20 bis 40 Familieneinladungen). | Jedenfalls konnte sich diese Tätigkeit wegen der Vielzahl der persönlich zu bewerkstelligenden Einladungen und dem jeweiligen Bewirtungsumfang (prostevieren) gegenüber dem Gästebitter über mehrere Tage erstrecken (20 bis 40 Familieneinladungen). |
Version vom 13. Mai 2007, 13:51 Uhr
Gästebitter
- Berufsbezeichnung
- Bedeutung: Bittet Gäste zur Teilnahme an Hochzeitsfeierlichkeiten
Erläuterung
Ein Gästebitter hatte in Westfalen die Aufgabe, die gewünschten Gäste zur Hochzeit einzuladen. Dies war in erster Linie die traditionell festgefügte Nachbarschaft und ebenso die im Kirchspiel wohnende Verwandtschaft mit dem zugehörigen Gesinde.
Dabei gab er, für jedermann erkenntlich, eine ganz wichtige öffentliche Person ab. Gekleidet war er demgemäß feierlich mit blauem Kittel, weißem (Unter-) Hemd und rotem Halstuch, der üblichen Hose und Holzschuhen. Dazu trug er einen blumenverzierten Hutund mit bunten Bändern verzierten Stab (Schultenstab) und schritt stolz wie ein Pfau durch das Dorf. Um 1900 und danach fuhren bereits einige wenige Gästebitter mit dem Fahrrad, trugen wegen ihers „hohen Standes“ als eigene Karrikatur einen Bratenrock mit "Vatermörder" und Schlips, wie auch schon einen Zylinder.
Jedenfalls konnte sich diese Tätigkeit wegen der Vielzahl der persönlich zu bewerkstelligenden Einladungen und dem jeweiligen Bewirtungsumfang (prostevieren) gegenüber dem Gästebitter über mehrere Tage erstrecken (20 bis 40 Familieneinladungen).
Wenn der Gästebitter in ein Haus trat, meist über die Deele zur Küche hin, stellte er sich – den buntgeschmückten Stock mit beiden Händen vor sich haltend oder sich darauf stützend – breitbeinig in die Küchen- oder Wohnstube und sprach dann salbungsvoll sein Sprüchlein auf, so etwa in verschiedenen lokalen Versionen und mit zusätzlichen Erweiterungen in der Soester Börde:
Soester Börde
“Guodden Dag in`t Hus, Här un Frau,
Süönne un Döchter, Gesinde därtau!
Ik sall jiu fröndlik seggen:
(N.N.) Hochtuid) is in (N.N.) Wiäken –
Ossen un Schwiune sind all schlacht`
Un oek all`s opt fuinste herut gebracht.
Aower Messer un Gaofel nit vergiäten,
Süs könnt jiu et Floisk me de Fingers iäten!
Det Owends giät n` kollen Drunk
Un dobui oek n` lust`gen Sprunk.
De Musukanten spiält met Hörns un Floiten,
Dann jeddereen danzen met suiner Groiten.
Niu makt jiu fuin, aower nit to fuin,
De Briut well garn de suinste suin!”
Westmünsterland
- Auch hier gibt es kürzere odere längere persönlich gefärbte Versionen der einzelnen Hochzeits- oder Gästebitter:
Goden Dag in't Quartier!
De Gästebidder is wiär hier.
Hadden Ej et al vernommen,
Dat de oek all` wull kommen ?
Hier sett ick mienen Staff
un nemm mien Käppken aff.
Ick söll ju seggen, dat ....
Un wet net wat.
Ick soll ju seggen daor
Un wet net waor.
Ick hadde´t mej noch up'n Stock eschriäwen,
Daor häw ick't met de Mau afriäwen.
Dag un Daotum is mej vörgäten,
De Müse häbt mej den Kalender upefriäten.
No wick mej es besinnen,
Ick möcht noch finnen.
(N.N.) äs Brüdigam, (N.N.) äs Bruut,
De schickt mej äs Gästebidder ut.
Ick soll token Wäke, Dinsdag un Gunsdag,
To rechter Tied,
Ou inloden to öhre Hochtied,
Allemaole, klein un grot,
Jung un old, so as Ej gaoht,
Sölws dat kleinste Kind,
Wat sick in de Weege find',
Makt Ou daorto recht fien,
Maor ok net all te fien,
Brut un Brüdigam willt gern de fiensten sien.
Komm Ej up de Brutlacht an,
Giff et gllcks ne Klaoren dann,
Dann gifft Koffie met n` Klünteken,
Dat giff oek n` söt Mündeken.
Dorbej ne Botteram met Schinken,
Do könn Ej god up drinken.
En Piepken met Tabak
schmökt jeder nao sienen Geschmack.
Dann gäwt wej uns up de Föte
Un gaoht de Brutlöh in de Möte.
Fähnken un Musik vörut,
So gaoht Brüdigam un Brut
Un denn den ganzen Tropp
Up de Dìäl herop.
De Aollers van den Brüdigam führt
De Brut an Öhren nejen Herd.
Dann wünßet wej den Brutlöh Sägen
Un en lang Löwen.
Met de Tied sodann
Funk dat Middagäten an:
Suppe, Fleeßk, Gemös un Schinken,
Un dorbej giff et wat te drinken;
N`Stück van n` gebraoden Kalf,
Is`t ken heel, so isst doch half;
Prumen un Rosinen
Do sall net de Mund nao schrlenen,
Puddlnk un Leckerej,
Alles gifft dorbej;
As Proppen n` Stück Stuten,
Daor will wej de Maoltied met besluten.
De Jungen Gäste vor allen Dingen
Wüllt ganz gerne danßen un springen.
Tien Musikanten un tien Tunnen Bier,
Dat giff up te Brutlacht n` wahn Pläsier.
Well dat danßen net met will dohn,
kann ganz gern hen karten gaohn.
De aollen Wiewer, dat muck noch seggen,
De will ick ok gern n` Söten brengen.
Un Naomidags to Vespertied
Gifft Koffie met Botteram, nao Aptit,
Un aowens Erdäppel met Braoden,
Dat`t sick jeder kann smaken laoten.
Van morgens bis to`t nao Hus hengaohn
Will ick sicher mien Beste dohn.
Ok den twedden Dag, dor staok vör in,
Sallt wäsen, dat`t net biäter wäsen künn.
Häw Ej mej no recht verstaohn ?
Dat Ej te rechten Tied könnt gaohn ?
Sünß möcht net mer so t`rechte staohn.
N` Lint an 'n Hot
Dat geht net got;
Maor `n got Drinkgeld in de Hand,
Dao is den Gästebidder met kontant.